Blues aus New York City

Interview: Jane Lee Hooker

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(Bild: Roland Kämpfer)

Sie stammen nicht aus dem Süden der USA, sondern aus New York City, Connecticut und Kanada. Sie sind keine Töchter von John Lee Hooker, haben aber trotzdem den Blues: Jane Lee Hooker. Genau betrachtet sind sie aber viel mehr als bloß „just another Bluesband“.

Thomas Ruf, Namensgeber und Gründer des Labels Ruf Records, hat ein Händchen für Blues-orientierte Bands. Neben bekannten Größen wie Luther Allison, Aynsley Lister oder Devon Allman hat er mit seiner „Blues Caravan“-Tour immer wieder auch jungen Gitarristinnen wie Samantha Fish, Joanne Shaw Taylor oder Sue Foley den Weg geebnet.

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Längst auf eigenen Beinen stehen auch Jane Lee Hooker, die inzwischen mehrmals im Jahr die deutschen Clubs bereisen und sich mit Acts wie Henrik Freischlader, Stacie Collins oder Colin Blunstone die Klinke in die Hand geben.

Auf ihrem ersten Album ,No B!‘ spielten die fünf Ladies aus New York City tatsächlich noch viele Blues-Cover von Johnny Winter, Albert King oder Muddy Waters.

Doch auf ihrem zweiten, aktuellen Album ,Spiritus‘ haben sie sich hörbar freigeschwommen vom typischen Blues-Fahrwasser.

Ihre neuen, eigenen Songs atmen zwar den Blues, bestechen aber mit frechen Roots-Gitarren mit ganz wenig Effekten, aber umso mehr Drive.

Wir trafen die komplette Saitenfraktion von Jane Lee Hooker vor ihrem Gig im Karlsruher „Jubez“: die beiden Gitarristinnen Tracy „Hightop“ Almanaz und Tina „T-Bone“ Gorin sowie Bassistin „Hail Mary“ Zadroga.

Alle drei sind schon länger im Geschäft und spielten früher bei US-Bands wie Bad Wives, Helldorado oder der legendären Heavy-Combo Nashville Pussy. Trotz langer, staugeplagter Anreise im kleinen Bandbus waren sie gleich bereit zum Gespräch.

Interview

In euren Songs lassen sich viele unterschiedliche Einflüsse feststellen. Eure Musik also als Bluesrock zu bezeichnen wäre da ein wenig zu kurz gegriffen, oder?

Tracy: Also, ich finde, wir sind einfach eine tolle Rockband! Jede Art von Rock’n’Roll die wir mögen, basiert ohnehin auf dem Blues. Unsere ursprünglicher Idee war aber tatsächlich, dass wir eine kleine Bluesband zusammenstellen, damit Tina und ich stundenlang Soli spielen konnten.

Als dann die anderen drei hin-zukamen, ist uns erst klar geworden, dass wir eigentlich eine Rockband sind.

Wir bekommen eine Menge unterschiedlicher Label verpasst – so lange die gut sind, ist es uns egal, welche das sind. Ich höre bei uns Blues, Punk und Rock, also was soll’s.

Tracy Hightop spielt am liebsten eine 76er-Gold-Top-Deluxe.
Echt Vintage, kein Fake: Tracys Gold Top Deluxe

Kommt ihr alle aus New York City?

Tina: Ja, Tracy und ich sind beide in NYC geboren.

Mary: Ich komme aus Connecticut, das ist ja gleich um die Ecke.

Tina: Unsere Drummerin kommt aus Kanada, und …

Tracy: … Dana ist auch aus New York.

Gibt es überhaupt eine Bluesrock-Szene in New York?

Tracy: Ich denke, es gibt zumindest eine Blues-Szene, aber ich habe gehört, dass das B.B.King’s, der große Blues-Club am Times Square, dichtmachen muss. Allerdings ist die Rock-Szene inzwischen auch weniger beeindruckend als noch vor zehn Jahren.

Der Bass von Mary Zadroga besteht aus einem 66er-Pre-CBS-Precision-Body und einem 72er-Jazz-Neck.
Marys P-Bass: Jazz-Neck mit Precision-Schriftzug

Gebt ihr mehr Konzerte in den Staaten oder in Europa?

Tracy: Im Moment ist das Verhältnis ziemlich ausgeglichen. Zuletzt waren es vielleicht etwas mehr Gigs in Europa, aber das hält sich ganz gut – auch in den Staaten.

Ihr habt bis jetzt zwei Alben gemacht. Das erste ist ein Cover-Album mit nur einem eigenen Song. Auf der neuen Platte ,Spiritus‘ habt ihr fast nur Eigenkompositionen.

Tracy: Ja, da haben wir zehn Songs drauf, acht eigene und nur zwei Covers, ,Turn On Your Lovelight‘ und ,Black Rat‘.

Wie kam es, dass ihr zuerst ein typisches Bluesrock-Programm hattet und jetzt auf eigene Songs setzt?

Tina: Das hat wohl mit dem Entstehen der Band zu tun. Als wir die Idee hatten, zusammen etwas auf die Beine zu stellen, machte es durchaus Sinn, das zu spielen, was wir alle mögen: Blues. Der macht es einem leicht, zusammenzukommen.

Tracy: Wir hatten keinen genauen Plan oder ein Ziel, als wir anfingen. Und das ist immer noch so: Wir spielen zusammen und schauen, was passiert. Unsere erste Platte, ,No B!’ …

Was bedeutet das eigentlich, ,No B!‘?

Tracy: Das ist eine Textzeile aus ,Mannish Boy‘. Muddy Waters sagt das, als er ,Mannish Boy‘ buchstabiert. Wir haben diese erste Platte in NYC für uns selbst und unsere Freunde aufgenommen. Und dann kamen immer mehr Leute zu unseren Shows und einer unserer Freunde schickte das Album an Thomas Ruf in Deutschland, ohne dass wir das wussten.

Und eines Tages hatte ich einen Anruf und es war ein Deutscher am Telefon: „Hier ist Thomas Ruf. Jemand hat mir eure CD geschickt, ich habe sie mir jetzt sechs Wochen lang im Auto angehört, ich mag sie, ich fliege nach New York und wahrscheinlich nehme ich euch unter Vertrag“. Nun, wir sindNew Yorker, wir hören so einiges …

Tina: Du hörst eine Menge Zeug von verschiedenen Leuten…

Tracy: Aber er hat Wort gehalten, wir haben ein bisschen für ihn gespielt, er hat einige Zeit mit uns verbracht – und so ist es passiert.

Und jetzt habt ihr eine deutsche Plattenfirma, Ruf Records.

Tina: Ja, wir hatten echt Glück.

Letztes Jahr habt ihr dann auch im „Rockpalast“ gespielt. Wie seid ihr dazu gekommen?

Tracy: Sie haben uns angerufen und gefragt, ob wir spielen wollen. Wir haben natürlich sofort zugesagt. Da ist ein Traum wahr geworden.

Tina: Ich kenne den „Rockpalast“ schon mein ganzes Leben.

In den Staaten, tatsächlich?

Tina: Ja, aus Zeitschriften und natürlich von YouTube.

Habt ihr denn eines eurer Idole, die ihr covert, schon mal getroffen?

Tina: Getroffen nicht direkt – aber ich habe Johnny Winter oft live gesehen, mindestens 30 Mal. Er ist mein absoluter Hero. Ich liebe seine Platten wie ,Progressive Blues Experiment‘. ,Second Winter‘, ,Captured Live‘ – und vor allem ,Still Alive And Well‘, das ist fantastisch. Da stehen wir alle drauf!

Tracy: Absolut!

Tina Gorin setzt fast ausschließlich ihre 78er-Telecaster-Deluxe ein.

Gear

Ihr spielt mit zwei Gitarristinnen – beide Lead?

Tracy: Ja.

Tina: Wir können nicht anders. (Gelächter)

Spielt ihr auch Double-Leads?

Tracy: Nicht im klassischen Sinn, wir spielen mehr ineinander verschlungene Lead- Passagen. Es ist wunderbar, wenn es hinhaut – und bei uns tut es das.

Logischerweise spielt ihr dann auch unterschiedliche Gitarrentypen. Tracy ist mehr der Les-Paul Typ und Tina spielt eine Telecaster Deluxe. Ist die original?

Tina: Ja, das ist eine 78er Tele Deluxe, ein sehr schweres Teil.

Tracy scheint dagegen sehr viele unterschiedliche Les Pauls zu verwenden.

Tracy: Ja, ich habe eine Gold Top dabei, insgesamt habe ich sogar drei, und eine Les Paul Custom und eine SG. Auf Tour nehme ich nur meine Lieblings-Gold-Top mit.

Und wie sieht’s mit dem Bass aus?

Mary: Ich spiele einen Fender Precision, der aber einen Jazz-Bass-Hals hat. Ich glaube, der ist von 1966, der Hals von 1972. Und er hat eine Art Pinstripe-Design, ein Freund von mir, ein Künstler, hat das gemacht.

Und wie sieht es mit Verstärkern aus?

Tina: Daheim habe ich einen 1977er-Hiwatt-Head, 100 Watt hot-rodded.

Bist du ein Marshall-Fan, Tracy?

Tracy: Nein, ich spiele einen 100-Watt-Orange mit einer 4x12er-Box.

Orange scheint auch wieder viele Fans zu haben, vor allem bei US-Bands, oder?

Ja, aber die alten Orange sind schweineteuer und sehr schwer und massiv, aber sie klingen fantastisch.

Und wie sieht’s am Bass aus?

Mary: Ich habe einen Gallien-Krüger-Head und eine 8x10er-Ampeg-Box, außerdem noch Hartkes für kleinere Shows.

 

Ihr komplettes Line-up an Vintage-Gitarren und ihr spärliches Effekt-Arsenal zeigen die drei von Jane Lee Hooker in unserem Video zum Interview – einige Ausschnitte aus ihrer rasanten, schweißtreibenden Show inklusive.

 

www.janeleehooker.com

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Gibt es Informationen darüber, dass Melissa “Cool Whip” Houston nicht mehr drums spielt. Nach 2019 sehe ich sie nicht mehr in Videos, dabei schätze ich ihr engagiertes Spiel sehr.

    Danke im Voraus und beste Grüße aus Köln!

    Jakob F. Queins

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