The Low Riders

Interview: Andy Fairweather Low & Dave Bronze

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(Bild: Hans Ernst)

„I don’t like what I do – I love what I do”: Das ist das Credo von Andy Fairweather Low, einem der profiliertesten britischen Gitarristen der letzten Jahrzehnte. Auch wenn er als Sideman par excellence meist im Schatten von Eric Clapton oder Roger Waters stand, die beide seit vielen Jahren auf seine Unterstützung zählen. Genauso wie Bassist Dave Bronze, der neben Clapton ebenfalls eine Vielzahl weiterer Acts mit seinem Viersaiter bediente. Wir trafen das Duo beim Konzert mit der eigenen Combo The Low Riders, mit der es zeitlose Rockmusik zwischen Blues, Rock’n’Roll, Folk und Pop zelebriert.

Der „Hirsch“ in den Hügeln oberhalb von Metzingen südlich von Stuttgart ist schon ein kleines Mekka für Gitarristen fast jeglicher Stilrichtung: von Albert Lee über Thomas Blug und Yasi Hofer bis Aynsley Lister. Zu den jedes Jahr wiederkehrenden Acts zählen auch The Low Riders, zu der auch noch Drummer Paul Beavis und Saxofonist Nick Pentelow gehören. Andy ist seit Jahrzehnten regelmäßig als Gitarrist an der Seite von Clapton zu sehen – neben anderen berühmten Namen wie Derek Trucks oder früher Albert Lee. Und Dave Bronze ist der Bassmann, der nach Nathan East am häufigsten in den Live- wie Studio-Bands von Clapton spielte. Das will schon etwas heißen, denn schließlich finden sich in dessen Bassisten-Line-up auch noch so illustre Namen wie Donald „Duck“ Dunn, Pino Palladino oder Willie Weeks.

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Sideman vs. Frontman

Wie seid ihr eigentlich zu den Live- und Studio-Gigs mit Clapton gekommen?

Andy: Ich spielte mit Eric das erste Mal bei der ARMS-Tour, so um 1983/84. Danach passierte nicht viel, bis 1991. Da bekam ich das Angebot, mit George Harrison auf eine Japan-Tour zu gehen – aber mit Erics Band. Ab da ging’s für mich richtig los.

Dave: Nachdem ich mit Eric einige Jahre lang bei etlichen Benefizkonzerten gespielt hatte, wurde ich 1994 als Sessionmusiker für sein ‚From The Cradle‘-Album engagiert. Seitdem spielte ich immer wieder mit ihm, inklusive dem unglaublichen ‚Concert For George‘.

Andy, du bist beim letzten Crossroads-Konzert von Clapton 2013 zusammen mit vielen anderen berühmten Gitarristen aufgetreten. Wer hat dich da am meisten beeindruckt?

Andy: Da waren einige tolle Kollegen mit von der Partie. Vor allem Derek Trucks war und ist absolut phänomenal. Ich mag auch Blake Mills. Da waren so viele fabelhafte Gitarristen. Aber Derek und Blake stachen für mich einfach heraus.

Mit eurer eigenen Band The Low Riders wechselt ihr von der Sideman-Rolle in die erste Reihe. Wie fühlt sich der Unterschied an?

Andy: Der Unterschied ist gewaltig. Als Frontmann lastet wirklich alles auf deinen Schultern – das ist völlig anders als bei den Musikern im Hintergrund. Als Sideman achte ich nur darauf, dass ich möglichst gut spiele und den Künstler unterstütze, für den ich arbeite. Als Haupt-Act bist du dagegen für alles verantwortlich: Ob du genügend Tickets verkaufst, ob alles ordentlich abläuft – da sind so viele Faktoren, die eine Rolle spielen. Wenn du der Typ im Hintergrund bist, dann wirst du gut bezahlt, schläfst gut, isst gut, trinkst gut, reist gut – alles Dinge, die ich nicht habe, wenn ich mit meiner eigenen Band unterwegs bin.

Dave: Bei den Low Riders dreht sich alles darum, dass wir spielen, was wir wollen – diese Freiheit ist besonders wichtig. Als Sideman hast du das nicht: Da geht es darum, dass der Künstler gut klingt. Es ist also wichtig, hier selbst nicht zu übertreiben und sich in den Vordergrund zu spielen.

Covers vs. Originals

Mit den Low Riders spielt ihr eigene Stücke genauso wie Coverversionen: ,It Hurts Me Too‘, ,Baby What You Want Me To Do‘, ,Route 66‘ oder ,Bye Bye Johnny‘. Hört ihr euch die Originale an – oder startet ihr sofort mit einer Neuinterpretation?

Andy: Sicherlich hörst du dir immer die Originale an. Das ist ja das Vorbild, wie in Stein gemeißelt. Aber du musst es schaffen, den Song ein bisschen zu deinem eigenen zu machen. Egal, von wem er ist, ob Jimmy Reed oder Chuck Berry: Du musst dich da hineinversetzen, aber mit dem nötigen Respekt, den der Song verdient.

Dave: Persönlich höre ich mir auch immer zuerst das Original genau an. Es gibt ja einen Grund, weshalb wir diese Platten mögen und es ist deshalb ratsam, diese Magie zu bewahren, die sie nun mal haben. Sobald man vertraut mit den Songs ist, kann man beginnen, eigene Interpretationen hinzuzufügen, aber nicht davor!

Wenn ihr jungen Musikern einen Rat geben müsstet: Kann man künftig noch seinen Lebensunterhalt bestreiten als Gitarrist?

Andy: Wenn es wirklich in dir steckt, dann wird es sich zeigen. Es steht mir nicht zu, da einen Rat zu geben. Denn glaub mir: Alles was man mir geraten hat, war negativ. Wenn du von dieser Sache nicht so besessen bist, dass du alles andere ignorierst, dann wirst du nirgendwo hinkommen. Deshalb: einen Rat von mir? Nö!

Dave: So etwas werde ich immer wieder gefragt, und in der Regel sage ich etwas wie „Spiel Musik, weil du’s gerne machst. Und idealerweise sorge dafür, dass du eine gute Berufsalternative in petto hast, einen Plan B. Wenn du wirklich gut genug bist, absolut besessen davon und eine Menge Glück hast, dann könntest du es schaffen.“ Aber es ist nicht einfach – und die meisten kommen nie so weit.

Gear Talk

Andy, du spielst beim Low-Riders-Konzert sowohl akustische wie elektrische Gitarren. Was hat es mit dieser schwarzen Knight und der Martin auf sich? Und wieso ist die Martin getaped?

Andy: Meine elektrische Hauptgitarre ist eine Knight Arena, gebaut von Gordon und Robert Wells. Meine absolute Lieblingsgitarre, die ist einfach sagenhaft gut. Dann spiele ich eine Martin-Akustik, das Eric-Clapton-Modell, die ist aus dem Heck eines Vans gefallen und ging zu Bruch. Ich habe sie deshalb mit Gaffa-Tape repariert. Das Tape mag ich auch, weil es dem Sound tatsächlich eine gewisse Softness verleiht. Der Bruch wurde zwar repariert, aber ich mochte den Sound danach nicht, bis ich das Gaffa wieder drauf geklebt habe. Das ist wirklich wahr!

Ganz spezielle Akustik: Martin Eric Clapton Signature mit „Gaffa-Tuning“
Die Hauptgitarre von Andy Fairweather Low ist eine Knight Arena.

Auch auf der E-Gitarre spielst du viel mit den Fingern, mehr als mit Plektrum. Kommt das von deinem Akustik-Fingerpicking?

Andy: Der Grund dafür, dass ich meine Finger benutze – abgesehen davon, dass es auch viele andere Blues- und Country-Spieler machen: Ich kann das Plektrum einfach nicht in der Hand behalten. Das ist ein störendes kleines Ding, mit dem ich mich immer wieder mal abfinden muss. Klar: Wenn ich mit anderen Leuten deren spezielle Songs spiele, dann nutze ich ein Plektrum. Sonst lasse ich sofort die Finger davon.

Das erste Mal habe ich dich gesehen auf einer VHS-Kassette zum ARMS-Benefizkonzert in den 80er-Jahren. Da hast du noch eine Stratocaster gespielt. Bist du danach mehr zur Halbakustischen gewechselt?

Andy: Ja, das war eines der phänomenalsten Konzerte. Es gab mehrere Shows in London und dann eine US-Tournee. Mit Eric, Bill Wyman, Charlie Watts, Jimmy Page, Jeff Beck. Ich spielte damals meine 62er-Strat und bin dann auf eine halbakustische Gibson umgestiegen, weil ich meine Stratocaster verkaufen musste. Ich hatte einige schlechte Zeiten zu überstehen in den 80er-Jahren und musste vieles verkaufen: meine Gibson Les Paul, das Fender Rhodes Piano, die Strat. Johnny Marr von den Smiths hat diese Strat gekauft, er hat sie immer noch. Aber inzwischen mag ich die Knight Arena so sehr, dass ich irgendwie sogar dankbar bin, wie sich die Dinge entwickelt haben.

Dave, was ist dein Lieblings-Bass, etwa der schwarze Duesenberg?

Dave: Wie die meisten Profis habe ich eine ziemlich umfangreiche Kollektion von Instrumenten, die sich über die Jahre angesammelt haben. Ich habe mit Fender-Bässen angefangen und spiele sie immer noch oft. Mein 61er-Precision ist einer meiner liebsten Bässe, aber ich nutze auch viele andere Typen für unterschiedliche Jobs. Der Duesenberg Triton ist eine meiner neuesten Anschaffungen – und wohl der vielseitigste Bass, den ich je besessen habe. Die Bespielbarkeit und die Verarbeitung sind phänomenal. Ich habe auch einen Sadowsky Jazz Bass, einen 5-Saiter, ein absolutes Arbeitspferd.

Aktuell spielt Dave Bronze hauptsächlich den Duesenberg Triton. (Bild: Hans Ernst)

Andy, du hast zwei verschiedene Verstärker auf der Bühne. Die sehen auf den ersten Blick ungewöhnlich aus…

Andy: Ja, einen für die Akustik- und einen für die E-Gitarre. Der für die Elektrische wurde von Denis Cornell gebaut . Er basiert im Grunde auf einem Fender Vibro-King. Der Combo-Amp war aber einfach zu schwer zum Rumschleppen, deshalb habe ich mir einen Head bauen lassen, den ich an einer 2x12er-Fender-Box betreibe. Der Amp hat nur die simpelsten Bedienelemente: einen Bassregler, Volume und Tone – sonst nichts. Der Akustik-Verstärker ist ein Markacoustic. Dave hat mir den empfohlen, er spielt ja auch Markbass-Amps. Ich liebe das Teil, ich kann’s mir ohne nicht mehr vorstellen.

Dave Bronze schwört auf Markbass-Amps und -Boxen. (Bild: Hans Ernst)

Und warum bist du bei Markbass gelandet, Dave?

Dave: Ich habe auf der Bühne schon viele Jahre ausschließlich Markbass verwendet. Der klingt toll, ist relativ leicht und einfach zu transportieren und dabei grundsolide und zuverlässig. Er reproduziert den Sound meiner Instrumente perfekt. Was will man mehr?

Wie unterscheidet sich denn euer Live-Equipment von dem, was ihr im Studio benutzt? Oder macht ihr da keinen Unterschied?

Andy: Das mache ich tatsächlich nicht – ich nutze dasselbe Zeug im Studio wie auf der Bühne … mit einer Ausnahme: Ich habe einen kleinen Supro-Amp, den ich ab und zu im Studio einsetze.

(Bild: Hans Ernst)

Dave: Manchmal verwende ich mein Stage-Gear im Studio, aber normalerweise setze ich da auf meinen 62er-Ampeg-B15, weil der einfach besonders effektiv darin ist, einen klassischen Bass-Sound bei niedriger Lautstärke zu produzieren.

Und wie sieht’s bei euch aktuell mit Effekten und Pedals aus?

Andy: Ich habe ein Analog Delay für Scotty-Moore-Sachen und ein WahWah-Pedal – das ist’s auch schon. Und die Akustische geht durch ein Stereo-Bass-Pedal, das Dave für mich ausgesucht hat, und irgendwie funktioniert das wirklich toll.

Andys Pedalboard mit Wha-Wha-Pedal, MXR Carbon Copy Analog Delay für die E-Gitarren, Boss Bass Chorus für die Acoustics und je ein Stimmgerät
Auch Bronzes Pedalboard ist sehr spartanisch: Für Effekte sorgt ein Boss GT-1B, der in eine Radial-Bassbone-DI-Box eingeschleift wird.

Dave: Ich verwende nur wenige Pedals, normalerweise für Effekte in bestimmten Songs: Tremolo, Chorus, Octaver und ab und zu ein Verzerrer. Das ist alles, was ich einsetze. Ich habe kürzlich angefangen, mit einem Boss GT-1B Multi-FX zu experimentieren, während ich früher getrennte Pedals verwendet habe. Was immer ich auch nutze: Es läuft immer im Bypass-Loop, ist also nicht in der Signalkette, wenn es nicht im Einsatz ist. Dafür habe ich eine Radial Bassbone DI-Box. Das ist ein absolut cooles Teil, das mir neben dem Effekt-Loop auch noch erlaubt, zwischen zwei verschiedenen Bässen umzuschalten. Inklusive unterschiedlicher Einstellungen für Level und Equalizer. Und es ist zudem unverwüstlich, bombensicher!

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 1/2023 Digital
Gitarre & Bass 1/2023 Digital
Im Test: Mooer GTRS W 800 WH Headless +++ Soldano Super Lead Overdrive Pedal +++ Epiphone Noel Gallagher Riviera +++ Fender American Vintage II 1975 Telecaster Deluxe +++ LTD Phoenix 1000 Fishman +++ Orange Sustain, Distortion & Phaser +++ Ibanez Tom Quayle Signature +++ Maestro Sustainer, Envelope Filter, Phaser, Tremolo +++ Fender American Vintage II 1960 Precision Bass +++ Eventide H90 Harmonizer

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