Vintage Guitar Stories: 1960 Fender Telecaster

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(Bild: Franz Holtmann)

So simpel ihre Konstruktion auch sein mag, Telecaster-Modelle verschiedener Produktionsphasen binden sich an charakteristische Merkmale und natürlich auch an bestimmte Spieler. Der Blues-Magier Robben Ford etwa gilt als Protagonist der „Slab Board“-Telecaster.

Bis Ende der 50er-Jahre hatte Fender mit den beiden Modellen Telecaster und Stratocaster lediglich zwei Gitarren für professionelle Anwendungen im Programm, und die verfügten über einen einteiligen aufgeschraubten Ahornhals. Erst das neu entwickelte und mit viel Hoffnung an den Markt gebrachte JazzmasterModell bekam ein Griffbrett aus Palisander.

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Fender-Mitentwickler Freddy Tavares 1979 in einem Interview mit dem Guitar-PlayerMagazin: „Als wir die Stratocaster bauten, dachten wir, es sei die großartigste Gitarre der Welt. Dann sagten wir, lass uns etwas noch besseres machen und bauten die Jazzmaster.“

Die Jazzmaster sollte als superkomfortables Top-Modell ihre Vorgänger ablösen, was Leo Fender eigentlich schon von der Stratocaster im Verhältnis zu seinem Erstling Telecaster erwartet hatte. Die 1958 in Fenders Preisliste zu 329,50 Dollar erstmals angebotene Jazzmaster war sogar 50 Dollar teurer als eine Stratocaster. Leo glaubte über die optischen oder auch haptischen Annäherungen mittels eines Palisandergriffbretts dem Erzrivalen Gibson Klientel abjagen zu können, da Gibson-Spieler an dunkle Griffbretter gewöhnt waren.

Die 1958 mit der Jazzmaster eingeführten Änderungen am Design waren aber auch bedeutsam für die älteren Modelle, denn aus wirtschaftlichen Gründen stellte Fender die Halsproduktion auch für die zuvor ausnahmslos mit einteiligen Ahornhälsen gefertigten Modelle Telecaster und Stratocaster etwa ab Mitte 1959 komplett auf Palisander-Griffbretter um.

„SLAB“-FINGERBOARD

In den ersten Jahren nach Einführung kam das dicke „Slab“-Fingerboard zum Einsatz, so genannt wegen seiner flachen Unterseite, mit dem es auf den Ahornhals geklebt wurde. Da nun der Halsstab mithilfe einer Fräsung von oben in den Hals eingesetzt und nachfolgend vom aufgeleimten Griffbrett abgedeckt werden konnte, machte diese Konstruktion den bis dahin nötigen „Skunk Stripe“ auf der Halsrückseite und auch den „Teardrop“-Stopfen an der Kopfplatte überflüssig.

Bei den Palisandergriffbrettern – und natürlich handelte es sich dabei um das heute streng geschützte Rio-Palisander (Dalbergia Nigra) – ersetzten nun auch helle „Clay Dot Markers“ die vorherigen schwarzen Markierungspunkte. Die Produktionsphase mit den dicken Slab Boards währte allerdings nur kurz. Bereits im August 1962 begann Fender mit der kostensparenden Verwendung eines Palisander-Griffbretts mit gewölbter Basis, und diese immer noch Brett genannten Furniere wurden im folgenden Jahr sogar nochmals dünner. 1966 wechselte Fender dann in der Produktion von Griffbrettern prinzipiell von Rio-Palisander auf ostindischen Palisander.

ROBBEN FORD

Unser Protagonist Robben Ford hat in seiner Karriere viele Gitarren gespielt, aber keiner blieb er so treu wie seiner Telecaster aus 1960. Die hatte er Anfang der 90er-Jahre in einem Gitarrenladen in San Francisco für sich entdeckt und bereits für das 1993 erschienene The-Blue-Line-Album ‚Mystic Mile‘ eingesetzt.

In einem Interview mit dem Magazin Guitarist schwärmt er von seiner Tele:

„Das ist wirklich meine Blues-Gitarre. Da glänzt sie für mich. Ich bin mit Gibson-style-Gitarren aufgewachsen. Meine erste gute Gitarre war eine Guild Starfire III, danach hab ich eine L5 gespielt, eine Super 400, eine ES-335 – alles Gibsons mit Humbucker-Pickups. Alle hatten ein ähnliches String Spacing und identische Mensuren. Die Tele bietet wegen der längeren Mensur etwas mehr Widerstand, und das ist gut für mich im Blues-Kontext, das erfordert etwas mehr Kampf. Fürs Blues-Spiel darf es nicht zu leicht sein. Ich spiele 10er-Saiten, kein wirklich harter Satz. Für mich brauche ich auch eine etwas höhere Saitenlage. Das ist also mein Blues-Instrument mit tollem Hals- und Steg-Pickup-Sound. Es hat einen – für eine Telecaster – sehr starken Steg-Pickup, das ist für mich ein echtes Geschenk. Die Mittelposition klingt auch demgemäß super. Alle drei Positionen haben wirklich großartige Sounds.“

Das nebenstehende Exemplar aus der kurzen Brazilian-RosewoodSlab-Board-Phase ähnelt dem von Robben und ist noch in vollkommenem Originalzustand. Es verfügt über einen leichten EscheKorpus mit sehr schön patiniertem „Blonde“ Finish und wiegt lediglich knapp 3,2 kg. Die in dieser Zeit noch per Hand aufgetragenen Pencil Neck und Body Dates 1/60 vermitteln Januar 1960 als Baujahr. Die Pickups zeigen die üblichen Widerstandswerte von 6,8 kOhm in Hals- und 7,0 kOhm in Stegposition.

Das im Gegensatz zu den rundlichen Hälsen aus den 50er-Jahren eher flach, aber fraglos angenehm griffig gestaltete Halsprofil macht das Spiel bei einer Sattelbreite von 42 mm – nicht zuletzt auch dank einer perfekt umgesetzten Neubundierung – zur reinen Freude. Ganz zu schweigen von der Resonanzstärke und den traumhaften Schwingeigenschaften dieser Gitarre – da stimmt wirklich alles. Was Robben Ford für seine Tele propagiert, das kann diese zeitgleiche Ausführung ebenfalls für sich in Anspruch nehmen, nämlich eine hervor – ragende elektrische Kraft mit gewisser Präferenz des Steg-Pickups, der einen wunderbar holzig-trockenen Tele-Sound zu Gehör bringt.

 

STATISTIK

Da von Fender nie Produktionszahlen veröffentlicht wurden, bleiben als Anhaltspunkte nur die Seriennummern, und die geben nur bedingt Auskunft über die Menge der gefertigten Instrumente, da Fender wohl für jeden Jahrgang eine eher großzügig geschätzte Anzahl von nummerierten Neck Plates geordert hat, es aber im Dunkeln bleibt, wie viele davon wirklich Anwendung fanden. Für das Jahr 1960 reichen die Seriennummern von 40.000 bis 58.000. Was keineswegs heißt, dass bei Fender in dem Jahr tatsächlich 18.000 Instrumente gebaut wurden. Vergeben wurden z.B. auch für das Jahr 1961 schon Seriennummern ab 55.000.

Verlässlich zu sagen ist lediglich, dass mit Beginn eines jeden neuen Baujahres ein Schnitt im 1000er-Bereich stattfand. Natürlich verteilen sich die vergebenen Seriennummern auch auf das gesamte Fertigungsprogramm, was mithin keinerlei Rückschlüsse auf die Menge der etwa in diesem Rahmen erstellten Telecaster-Exemplare zulässt. Sicher dagegen ist, dass die Fender-Gitarren aus der Slab-BoardPhase – in der Preisliste von 1960 ist die Telecaster mit 209,50 Dollar aufgeführt – neben den Exemplaren der 50er-Jahre zu den begehrtesten überhaupt zu zählen sind. Entsprechend hoch setzen die Preise am Vintage-Markt für die extrem selten angebotenen Instrumente an, für die Sammler heute 30.000 Euro und mehr auf den Tisch zu legen bereit sind. Und frag besser nicht nach Custom-Color-Preisen …

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Nun,für rund schlaffe 209,-$ würde ich mir auch eine alte damalige Fender Tele zulegen. Aber,dieser künstlich globale Hype, für eine abgewetzte Vintage Fender Tele über 30.000,-$ und noch weitaus mehr hinlegen zu „müssen“, scheint mir wirklich total irreal zu sein. Mag ja durchaus sein, daß diese besagten uralten,völlig abgeschrubbten Gitarren super toll klingen,doch dies rechtfertigt absolut nicht,solche utopischen Verkaufspreise aufzurufen.

    Es ist vermutlich ein sehr leidiges Streit-Thema, jedoch sollte stets deutlich daran erinnert werden, daß auch „sehr betagte“ Gitarren über die Jahrzehnte
    technisch nicht besser werden können.Die damals verwendeten Hardwarebauteile und Hölzer bestanden nicht selten aus recht einfacher Qualität,denn verwendet wurde,was gerade zur Verfügung stand.Das betraf Korpushölzer und technische Anbauteile. Und das betraf nicht nur die Fender Gitarren, sondern auch etliche andere Gitarrenhersteller.

    Ich erinnere mich z.B. sogar noch recht gut an die alten,heutzutage immens hoch gehandelten originalen bizarr anmutenden B.C.Rich Mockingbird,Warlock,Eagle, und Bich E.-Gitarren Modelltypen, für die teilweise sogar einfaches schwarzes Bakelit für ihre Abdeckplatten und Potiknöpfe benutzt wurde.Zweifelsfrei sind diese alten seltenen B.C.Rich Gitarren aus den frühen 1975-1985er-Jahrgängen der „Golden Era“ absolute Sahneschnitten für Sammlerfetischisten,weil es dato kaum noch originale unverbastelte Originale in Mint-Condition gibt.

    Ja,auch B.C.Rich Gitarren aus den U.S.A. und Japan waren damals schon nicht günstig zu haben,weil sie überwiegend im Custom Handmade Shop gefertigt wurden,und richtig „schön heftig“ klangen.Mit dem riesigen Unterschied, daß uralte B.C.Rich im Gegensatz zu alten Fender Gitarren ausschließlich aus den besten Edelhölzern und hochwertigsten Hardwareteilen bestanden.Zudem besaßen beinahe fast alle B.C.Rich Gitarren aus jener Zeit eine elektronische Schaltung, die mit einer 9 Volt Blockbatterie gespeist wurde. Das hatten andere echte Vintage Gitarren nicht immer.
    Fender Gitarren waren hingegen mit relativ simplen Schaltungen ausgestattet,und das scheint bis heute wunderbar zu funktionieren.

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    1. Gebe ich dir völlig recht. Dieser Hype und vor allem die Preise sind völlig daneben, aber ,
      die Nachfrage bestimmt eben den Preis.

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  2. Eine Stradivari kostet das x-fache und niemand wundert sich so wirklich über den hohen Preis. Gemälde liegen in zig- fachen Millionenbereich und auch das ist offensichtlich nicht ungewöhnlich. Warum sollten also derart hervorragende Gitarren nicht auch 30.000 € oder mehr kosten!? Ich bin überzeugt, dass aufgrund der hohen Nachfrage aber des nur geringen Angebotes, die Preise zukünftig noch viel mehr steigen werden. Und: Mit Recht!

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