Believe the hype!

Test: Warwick RockBass Corvette Multiscale 5

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(Bild: Dieter Stork)

Instrumente mit Multiscale und somit gefächerten Bünden, auch Fanned Frets genannt, sind voll im Trend und längst keine Seltenheit mehr. Neben ergonomischen Aspekten stehen vor allem ein ausgewogenerer Klang und straffere Bässe auf der Liste der Verkaufsargumente. Und vielleicht auch einfach ein wenig der Hype. Mit Warwick folgt nun der nächste Traditionshersteller dem Trend und präsentiert uns einen Corvette im neuen, gefächerten Gewand.

Zugegeben, die ersten Rufe nach einem Multiscale-Modell aus dem Hause Warwick sind schon vor vielen Jahren laut geworden, und obwohl Abweichungen von der Standard34“-Mensur klare Ausnahmen im Portfolio des vogtländischen Herstellers darstellen, wurden sie nun erhört. Vielleicht um einen Zeh ins Wasser zu halten, hat man sich dazu entschieden, zunächst nur ein Modell mit Fächerbünden auf den Markt zu bringen.

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ERSTKONTAKT

Der fünfsaitige Corvette gehört zur preisbewussteren Rockbass-Serie und wird als solcher in China hergestellt. Mit etwas über € 1100 liegt das Instrument zwar deutlich im oberen Mittelpreissegment, aber dennoch im durchaus normalen Bereich für ein hochwertiges Instrument mit Fächerbundierung. Da die Qualität der RockBässe in den letzten Jahren stetig zugenommen hat, bin ich beim Auspacken des Testgerätes guter Dinge. Außer dem Instrument befinden sich im Karton noch ein einfaches Gigbag, eine Ersatzbatterie, die zum Bass passenden, arretierbaren Gurtpins sowie einige Sechskantschlüssel zum Einstellen des Halsstabs und der Brücke.

Obwohl das Design des Basses, gerade für eingefleischte Warwick-Fans, zunächst ungewohnt ist, entsteht schnell ein sehr positiver erster Eindruck, der, zumindest in Sachen Optik, auch bei näherer Betrachtung erhalten bleibt. An der Satinlackierung, die den Korpus wie auch den Hals überzieht, gibt es nichts auszusetzen: Alles fühlt sich sehr gleichmäßig und angenehm an. Neben der offensichtlichen Fächerbundierung fallen noch zwei weitere, für Warwick untypische Elemente auf, deren Verwendung wohl dem Multiscale-Design geschuldet sein dürften.

(Bild: Dieter Stork)

Besonders die Bridge zieht einige Aufmerksamkeit auf sich. Anstelle der für den Hersteller typischen zweiteiligen 3D-Brücke sorgen hier fünf massive Single-Pieces für den nötigen Halt der Saiten. Leider sieht es immer etwas unsauber aus, wenn diese nicht auf Stoß montiert werden und ungleichmäßige Abstände zueinander aufweisen. Ein weiterer, wenn auch kleiner Nachteil: Anders als bei 3D-Brücken kann der Saitenabstand nicht variiert werden und liegt fix bei schmalen 16,5 mm. Davon abgesehen gehen Einstellarbeiten problemlos vonstatten. Auch der einstellbare Just-a-Nut-Sattel hat es leider nicht in dieses Modell geschafft und man muss sich mit einem normalen Grafitsattel zufriedengeben, der unauffällig seine Arbeit verrichtet. Für zukünftige Multiscale-Instrumente würde ich mir angepasste Versionen von 3D-Brücke und Just-a-Nut-Sattel wünschen, denn sie sind einfach praktisch, sehen sauberer aus und gehören – zumindest für mich – ebenso zu einem Warwick, wie die markante Kopfplatte.

Wobei ein Headless-Modell durchaus auch seinen Reiz hätte, um der Kopflastigkeit entgegenzuwirken. So stark ausgeprägt wie bei den Modellen mit schwerem Wenge-Hals ist diese hier zwar nicht, aber definitiv vorhanden. Sowohl auf dem Bein liegend als auch am Gurt hängend, möchte das Instrument eher in eine waagerechte Haltung fallen.

(Bild: Dieter Stork)

MODERN MIT BISS

Dank gewissenhafter Abrichtung der Bünde bietet das Instrument eine tolle Bespielbarkeit und Haptik. An den rund geschliffenen Kanten des Griffbretts und der Bünde besteht keine Gefahr, hängen zu bleiben. Zusammen mit dem recht flachen Hals entsteht so ein angenehmes Spielgefühl, wie man es von einem modernen Bass erwartet. Ab Werk ist die Saitenlage bereits recht flach, jedoch schnarrfrei eingestellt. Durch die etwas längere Mensur auf den tiefen Saiten besitzen gerade H- und E-Saite schon beim trockenen Anspielen etwas mehr Straffheit, was mir sehr gut gefällt.

Glücklicherweise überträgt sich das auch auf das verstärkte Klangbild: Die H-Saite ist trocken, direkt und drückend. Genau so soll es sein. Meine Erfahrung zeigt zwar, dass auch 34“-Mensuren sehr gute Ergebnisse für tiefe Tunings liefern können, nachteilig ist die längere Mensur aber keineswegs und dank den zusätzlichen eineinhalb Zoll bietet die Werksbesaitung mit einem .135er-Satz auch bei Drop-A noch ausreichend Zug. Insgesamt ist das Klangbild über alle Saiten recht ausgewogen, die moderne Ausrichtung mit Blick auf härtere Gangarten lässt sich zwar nicht leugnen, die Tonabnehmer bieten jedoch viel Flexibilität.

Bei diesen handelt es sich um waschechte, passive Humbucker und nicht um aktive Splitcoils, die sonst oft in diesem Format zum Einsatz kommen. Als solche erlauben sie also auch verschiedene Beschaltungsmöglichkeiten, die jeweils über einen Drei-Wege-Kippschalter abgerufen werden können. Zur Verfügung stehen hier pro Tonabnehmer drei Varianten, die sich klanglich recht stark voneinander unterscheiden. Meinen Favoriten stellt die serielle Verschaltung der Spulen dar, denn diese liefert den stärksten Output und vor allem starke (Tief-)Mitten, wodurch das Instrument voller und runder klingt als in den anderen Modi.

Und obwohl damit einhergehend etwas weniger Höhen vorhanden sind, bleibt die „Bissigkeit“ in den Hochmitten bestehen und trägt maßgeblich zum Durchsetzungsvermögen des Basses bei. Vor allem bei perkussiveren Spiel arten, wie Slapping, Plektrumspiel, Tapping oder auch einem harten Anschlag mit den Fingern, zeigt sich diese Hochmittenpräsenz auch im vollen Bandkontext mit verzerrten Gitarren als vorteilhaft. In Kombination mit einer passenden Zerre sind kompromisslose, moderne Bass-Sounds in tiefen Tunings möglich.

NICHT NUR FÜR METAL

Aber auch die anderen Verschaltungsmöglichkeiten können sich hören lassen. Für etwas weniger mittenbetonte Sounds bieten sich die parallelen Settings an, wodurch der Klang wieder etwas an Höhen gewinnt und einen HiFi-artigeren Charakter annimmt. Klassische Singlecoil-Sounds gehören, unter anderem wegen einer nicht vorhandenen Tonblende, eher weniger zum Repertoire des Corvette, was aber nicht heißt, dass es für die knurrig-bissigen Sounds keine Verwendung gäbe. Im Gegenteil: Gerade der Bridge-Tonabnehmer kann mit viel Charakter punkten und zeigt eine deutliche klangliche Verwandtschaft zu anderen Warwick-Modellen.

Der Halstonabnehmer liefert saubere, druckvolle Bässe und eignet sich daher sehr gut dafür, dem Klang mittels PU-Blende mehr Fülle zu verleihen. Diese Aufgabe erfüllt er sogar besser als der Bassregler des immer aktiven 2-Band-Preamps, denn dieser greift etwas zu beherzt ins Geschehen ein. Wer nicht aufpasst, erfüllt den Raum schnell mit unkontrolliertem Sub-Bass. Als Sweetspot hat sich tatsächlich die Mittenrastung herausgestellt, vielleicht mit einem Tick in Richtung Anhebung. Ganz anders sieht es beim Regler für die Höhen aus. Dieser greift deutlich weniger aggressiv in den Klang ein und erlaubt eine geschmackvolle Anhebung der Höhen, was insbesondere der seriellen Einstellung zugutekommt. In die andere Drehrichtung fallen die Änderungen und der Klanggewinn etwas kleiner und unspektakulärer aus.

E-Fach mit der aktiven RockBass-Elektronik (Bild: Dieter Stork)

Rein passiv lässt sich der Bass leider nicht betreiben, dazu fehlt ihm ein geeigneter Schalter, der sich aber bei Bedarf ohne großen Aufwand nachrüsten ließe. Sollte der sparsamen Elektronik einmal der Saft ausgehen, ist ein Batteriewechsel dank des Elektronikfachs mit Schnellverschluss unkompliziert über die Bühne gebracht.

RESÜMEE

Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis Warwick dem Wunsch nach Multiscale-Instrumenten nachgekommen ist, doch das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen. Klanglich wie auch haptisch hat der Bass viel zu bieten, wenn auch die Elektronik keinen allzu großen Mehrwert darstellt. Umso schöner, dass die verschiedenen Grundsounds deutlich die Warwick-typische Ästhetik präsentieren, aber trotzdem genug Eigenständigkeit besitzen. Mit dem RockBass Corvette Multiscale 5 ist dem Hersteller ein solider Einstieg in den Fanned-Fret-Markt gelungen, und ich hoffe, dass in Zukunft noch mehr Modelle folgen werden.

PLUS

  • Klang
  • Haptik
  • Vielseitigkeit

MINUS

  • leichte Kopflastigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2021)

Produkt: Fender Stratocaster
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