Die Klasse von 2022

Test: Sadowsky MetroLine & MasterBuilt M/J 4&5 LTD 2022

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(Bild: Dieter Stork)

Bei Warwick haben die limitierten Jahresauflagen schon Tradition, warum nicht auch bei den in Markneukirchen gefertigten Sadowskys zeigen, wozu man imstande ist? Also gibt es auch für 2022 wieder besondere Bässe in einer kleinen Auflage, mit Features, die es im regulären Sadowsky-Programm so nicht gibt. Schlangenholz und ungewöhnliche Pickups erwarten uns …

Von der MetroLine Limited Edition 2022 in Natural Transparent Satin wird es weltweit 150 Stück geben, vom MasterBuilt Limited Edition 2022 in Natural Transparent High Polish gar nur 40 Stück, Vier- und Fünfsaiter jeweils zusammengerechnet.

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METROLINE

Basis des Sadowsky-typisch leicht verkleinerten J-Bass-ähnlichen Korpus ist Sumpfesche, die torrefiziert wurde. Bei diesem thermischen Prozess, der unter Bezeichnungen wie Roasting, Thermo-Treatment oder Karamellisierung gehandelt wird, verflüchtigen sich Öle, Harze, Zucker und andere Stoffe aus dem Holz, die Zellstruktur verändert sich, und neben einer dunkleren Optik ergibt sich ein leichteres, stabileres Material.

Die mit einer dunklen Zwischenlage aufgeleimte Snakewood-Decke hat eine auffällige, helle Mitte, mit einer markanten Maserung zu beiden Seiten. Jeder Bass dieser Auflage bekommt so ein ganz eigenes Gesicht. Geröstet ist auch der mit liegenden Jahresringen geschnittene Ahornhals, ebenso das Griffbrett aus Vogelaugenahorn. Neben den strukturellen und klanglichen Vorteilen passt die so entstehende dunklere Färbung sehr gut zum Gesamtbild, finde ich.

(Bild: Dieter Stork)

Warwicks eigene Invisible-Fret-Technology sorgt dafür, dass die Bundschlitze nicht durchgehen und die Griffbrettkanten ungebrochen bleiben. Das sieht optisch gut aus und verhindert ein eventuelles zukünftiges Überstehen der Bundenden. 21 Nickel-Silber-Bünde sind hier eingesetzt, perfekt abgerichtet und verrundet, zwischen denen schwarze Dots die üblichen Lagen markieren. Für den letzten Bund hängt das Griffbrett etwas über, das praktische Speichenrad zum Einstellen der Halskrümmung ist natürlich trotzdem frei erreichbar. Ebenso praktisch ist der Just-A-Nut-III-Sattel, der über zwei kleine Madenschrauben eine präzise Justage der Saitenlage über dem ersten Bund erlaubt, ohne dass gefeilt werden müsste.

Offene Sadowsky-Light-Mechaniken im Hipshot-Stil sorgen für leichtes Stimmen und stabile Stimmung, den korrekten Druck im Sattel stellt ein Niederhalter her, in den die drei hohen Saiten einfach eingehängt werden. Aufgezogen sind Blue-Label-Saiten in den Stärken 45 auf 105, die an der Quick-Release-Brücke nicht mühsam durchgefädelt werden müssen, sondern ebenfalls einfach eingehängt sind.

Die drei hohen Saiten des Metroline teilen sich einen Niederhalter. (Bild: Dieter Stork)

Wer mit Rogers Bässen auch nur ein wenig vertraut ist, wird sofort die ungewöhnliche Tonabnehmer-Bestückung bemerkt haben. Die MM/J-Kombination, die Warwick übrigens 1989 beim Dolphin Pro I serienmäßig angeboten hat, sieht man bei Sadowsky sehr, sehr selten, auch wenn ich habe munkeln hören, diese Bestückung habe Roger ursprünglich für seine Bässe im Sinn gehabt.

Der MM-Pickup mit seinen typischen großen Magnetpolen ist mit einem Dreiwege-Minischalter zwischen dem Betrieb als Singlecoil und mit beiden Spulen parallel oder seriell schaltbar. Der Rest der Elektrik entspricht dem Standard: Dem Volume-Regler folgt der, wie bei Sadowsky üblich, „falsch herum“ angeschlossene Balance-Regler, der Richtung Hals gedreht den Steg-Pickup betont und umgekehrt.

Nachdem ich jetzt ein paar mehr Erfahrungen mit „Sados“ sammeln konnte, hat mein Hirn das auch abgespeichert und ich drehe instinktiv in die richtige Richtung, das wäre sonst aber auch leicht umgebaut. Doppelstöckig sind die aktiven Regler für Bässe und Höhen untergebracht, die ausschließlich boosten können. Die Vintage-Tone-Control (VTG) ist dagegen die traditionelle passive Tonblende, wird dieser Regler gezogen, funktioniert der Bass auch rein passiv.

Die Batterie für den aktiven EQ findet sich im E-Fach, das von der Rückseite aus zugänglich ist und ohne Werkzeug geöffnet werden kann. Wie erwartet sind Verkabelung und Verarbeitung hier absolut akkurat ausgeführt.

E-Fach mit Gewindehülsen und Federmechanismus (Bild: Dieter Stork)

MASTERBUILT

Ist der MetroLine LTD schon eine prächtige Erscheinung, legt der MasterBuilt noch eine Schippe drauf. Das geht schon mit dem tadellosen High-Polish-Finish los, das die Hölzer noch spektakulärer präsentiert als das matte Finish des MetroLine. Die Holzzusammenstellung beim Korpus ist die gleiche, allerdings ist die Eschenbasis zusätzlich noch gekammert, um Gewicht einzusparen. Die Abdeckung des E-Fachs ist hier aus passendem Holz.

Die Schrauben fassen in Gewinde, sodass auch nach Jahren nichts ausleiern wird, der Deckel wird von Federn hochgedrückt. Damit geht ein Batteriewechsel nicht ganz so flott wie beim MetroLine oder mit separatem Batteriefach, aber die Optik wäre es mir wert. Sollte sich die eine oder der andere Sorgen ob der Haltbarkeit eines Holzdeckels machen: er hat eine überaus stabile und noch dazu abschirmende untere Lage aus Metall.

Der Röstahorn für den Hals ist überaus spektakulär geflammt und mit stehenden Jahresringen aufgeschnitten. Auch das Griffbrett aus Snakewood kommt alles andere als unauffällig rüber, die Einlagen sind hier aus Perlmutt. Ein Aufleimer auf der Kopfplatte, ebenfalls aus Snakewood, komplettiert den edlen Look. Bei der elektrischen Ausstattung ist der MasterBuilt im Wesentlichen gleich aufgebaut, allerdings kommt auch der J-Bass-Abnehmer hier mit einem Minischalter mit drei Stellungen, dazu gleich mehr.

GEWOHNTE QUALITÄT, UNGEWOHNTE SOUNDS

Wer davon ausgeht, Bässe dieser Klasse nicht blank aus einem schnöden Karton zu pulen, hat natürlich recht. Getreu Rogers Credo, dass der bassspielende Mensch mit einem stabilen und dennoch gut tragbaren Gigbag (nicht nur in der New Yorker Metro) mobil sein möchte, kommt der MetroLine im 30 mm gepolsterten Portabag. Darin finden sich ein Zertifikat, ein Sadowsky-Ledergurt, Gegenstücke für die Security-Lock-Pins und natürlich das nötige Einstellwerkzeug.

Der MasterBuilt kommt im noch üppiger ausgestatteten Professional-Road-Bag, ebenfalls samt Ledergurt, aber zusätzlich mit einer schicken Ledermappe. In der ist wiederum das Zertifikat plus ein Foto des Instruments, die Locks und wieder das Werkzeug, das in der großen Mappe fast etwas verloren aussieht. Bei beiden Bässen darf es auch direkt an Ort und Stelle bleiben, denn sie sind bestens eingestellt – dynamisch zu spielen und dennoch in jeder Lage schnarrfrei. Hätte ich allerdings auch nicht anders erwartet.

Mit knapp 3,4 kg zählt der Viersaiter zu den Leichtgewichten, der Fünfsaiter steht dem mit 3,7 kg in nichts nach. Beide schaffen das Kunststück, schon am rutschigen Nylongurt in die Waagerechte zu gehen ohne über mäßig nach unten zu ziehen. Mit dem gepolsterten und angerauten Ledergurt ist die Balance geradezu perfekt. Da kann sich meine Linke ganz auf die grandiosen Hälse einlassen, ohne irgendwas halten zu müssen.

Beide haben ein C-Shaping und liegen sensationell gut in der Hand, wenn man denn auf Jazz-Bass-Ähnliche steht. Beim trockenen Anspielen zeigt sich alles, was alle von mir angespielten Sadowskys bis jetzt ausgemacht hat: eine sehr klare und präzise Ansprache, eine gleichmäßige Sustain-Phase und keine Deadspots – und das durch alle Lagen und auf allen Saiten. Was ich beeindruckend finde, ist, dass der sonst übliche Unterschied zwischen Vier- und Fünfsaiter, bei dem Letzterer ein wenig kompakter, aber auch träger klingt, hier nicht zum Tragen kommt. Erstaunlich!

(Bild: Dieter Stork)

Genug Höhen gibt es auch am Amp zu hören. Schon passiv hat der MetroLine LTD, in Mittelstellung des Balance-Potis und Mittelstellung des Minischalters für den MM, davon reichlich zu bieten, aber ohne nervig zu werden. Zumal auch die Wiedergabe in Bässen und Mitten nichts zu wünschen übrig lässt. Ähnelt der Bass so, mit der stegnahen Spule des MM plus J-Pickup, am ehesten einem normalen JJ, kommt mit parallelem MM mehr Output und verstärkter „Zing“ in den Ton. Den fettesten Mittendruck gibt es dagegen in der Serienschaltung – da bleibt kein Auge trocken!

Um den Ton in molligere Vintage-Bereiche zu bewegen, eignet sich die passive VTC bestens, vor allem mit einer Spule oder dem seriellen MM gibt es über den ganzen Regelweg sehr gute Ergebnisse. Wird der Bass per Druck auf den VTC auf aktiv umgeschaltet, sollte man sich vorher ansehen, wie die Regler stehen.

Ab Werk wird immer voll aufgedreht, so geben es auch die Markierungen der Knöpfe vor. Das führt bei einer Boost-Only-Elektronik natürlich zu einem deftigen Anstieg des Ausgangspegels und einem ganz anderen Klangbild. Also auf Null gedreht, dann ist der Ton fast identisch mit dem passiven, nur mit einem Hauch mehr Bässen und minimal frischeren Höhen. Während mir ehrlich gesagt bei JJ- oder PJ-Bestückung der EQ schon wenig aufgedreht völlig ausreicht, um das Fundament sauber zu füllen und den Bass im Mix unauffällig aber bestimmt nach vorne zu schieben, gibt mir diese Pickup-Variation mehr Spiel, den EQ weiter auszureizen.

Der Wechsel zum MasterBuilt gibt mir im Wesentlichen die gleichen Ergebnisse. Nur dass hier noch eine fantastische H-Saite mit ins Spiel kommt und der J-Pickup ebenfalls mit einem Schalter gekoppelt ist – und die „neuen“ Sounds wissen zu gefallen. Werden beide Pickups seriell geschaltet, nimmt das Mittenbrett nochmal zu – aber nicht überhand, dafür sorgt schon die typische klare Aussprache. Der J alleine gibt seriell eine sehr gute, rockige Figur ab, vor allem wenn er mit der VTC etwas gezügelt wird.

Wer es dagegen gerne sehr klar mag, wird die parallele Schaltung lieben. Werden beide Pickups so gefahren, hat der MasterBuilt LTD eine tolle, pianomäßige Offenheit. Weniger inspirierend finde ich die Singlecoil-Schaltung des J-Pickups. Die klingt solo etwas indirekt, in Kombination mit jeder MM-Variante teilweise wie out-of-phase. Durchaus möglich, dass das aber auch dem Prototyp-Charakter meines Testinstruments geschuldet ist.

Zurück zu den positiven Dingen: Der Balance-Regler arbeitet bei beiden sehr fein, sodass viele Nuancen abrufbar sind. Und last but not least kann ich noch dem MM-Pickup attestieren, dass er in der Tat in der Lage ist, Stingray-eske Sounds abzuliefern, vor allem im Aktivbetrieb und mit dezent (oder undezent, ganz nach Geschmack) geboosteten Bässen und Höhen, bei denen beide Sadowskys immer eine edle Note behalten.

Die Rückseiten von Metroline
... und MasterBuilt

 

RESÜMEE

Bei einem Test in dieser Preisklasse sind die Erwartungen groß – und beide Bässe erfüllen sie! Wohlfühlfaktoren wie Balance, Gewicht, die Einstellung und die daraus resultierende Bespielbarkeit sind auf allerhöchstem Niveau. Auch die Optik, die natürlich Geschmackssache ist, finde ich fantastisch, die Holzauswahl ist vom Feinsten.

Die Verarbeitung passt dazu: Wie bei der Fertigung in Markneukirchen nicht anders gewohnt, ist alles ohne Fehl und Tadel, da gibt es nichts zu meckern. Das alles wäre natürlich wenig wert, würde die Klangausbeute nicht stimmen. Die bei Sadowskys bisher selten anzutreffende Pickup-Kombination ist gegenüber üblicheren JJ- und PJ-Bestückungen deutlich flexibler. Auch von ähnlich bestückten Mitbewerbern setzen die Bässe sich ab, denn ein nicht unwesentlicher Bestandteil des Sadowsky-Sounds ist der eigene Preamp, der auch hier die Tonabnehmer kongenial in Szene setzt.

Die Preise sind hoch, da gibt’s nichts zu diskutieren, aber die Bässe sind streng limitiert und in der Verarbeitung über jeden Zweifel erhaben. Für uns Normalsterbliche ist die gute Nachricht, dass die Pickup-Konfiguration auch in das normale Sadowsky-Programm Eingang finden wird.

PLUS

● flexible Pickup-Konfiguration
● Bespielbarkeit
● Balance & Gewicht
● Holzauswahl
● Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2022)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2023
Gitarre & Bass 12/2023
IM TEST: Nik Huber Piet +++ Jackson American Series Virtuoso +++ Guild Polara S-100 Kim Thayil +++ Squier Sonic Precision Bass +++ Fender Tone Master Pro +++ Blackstar HT Club 40 MK III +++ Aguilar SL 110 +++ Beetronics Seabee +++ 901SOUND Fulcrum EXP

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