Progressives Meeresrauschen

Test: Mooer Ocean Machine

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Mooer-Ocean-Machine
(Bild: Dieter Stork)

Mooer ist vielen wohl eher als Hersteller von günstigen und platzsparenden Kopien bekannter Effekte geläufig. Nun haben sich die Chinesen mit dem Progressive-Zauberer Devin Townsend zusammengetan und veröffentlichen die Ocean Machine – zwei Delays, Reverb und Looper in einem.

Devin Townsend dürfte vielen Lesern entweder als Sänger von Steve Vai (auf ‚Sex and Religion‘), Megamind hinter Strapping Young Lad, oder durch eines seiner zahlreichen Soloprojekte bekannt sein. Eines davon war ‚Ocean Machine‘. Unter diesem Pseudonym veröffentlichte Devin das Album ‚Biomech‘. Und wer schon einmal Musik von Herrn Townsend gehört hat, dürfte hohe Erwartungen an das Pedal haben. Hier sollten schon komplexe Sounds möglich sein.

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Konzept und Bedienung

Multieffekte sind ja beileibe keine neuartige Erfindung. Etwas seltener sind dann wiederum Pedale, die zwar verschiedene Effekte vereinen, aber nicht probieren, gleich das ganze Spektrum abzudecken. Mooer hat sich hier dafür entschieden, zwei unabhängig regelbare Delays, ein Reverb und einen Looper in ein Gehäuse zu verfrachten – Effekte die vom Typ her auch sehr gut zueinander passen und sich in der Anwendung ja ohnehin zu Teilen überlappen.

Bemerkenswert ist die Kombination aus digitaler und analoger Bedienbarkeit. Alles was man so an Einstellmöglichkeiten für „normale“ Delay- und Reverb-Pedale erwarten würde, findet sich tatsächlich direkt als Poti auf der Oberseite. Ergänzt wird dies durch einige Möglichkeiten, welche nur über das kleine LC-Display einzustellen sind. Insgesamt kommt man so auf 16 Potis und vier Buttons auf der Oberseite. Wenn man bedenkt, dass hier auch noch das Display, sowie die drei Fußschalter Platz finden müssen, kann man Mooer erneut bestätigen, sehr kompakte Geräte bauen zu können. Vielleicht ist dies ja schon das Kriterium für den ein oder anderen, genau dieses Gerät für sein enges Board zu wählen.

Für uns Mitteleuropäer ist es vermeintlich zunächst seltsam, dass Delay A rechts von Delay B angeordnet ist. Allerdings nutzen wir nun schon seit Jahrzehnten Effektgeräte bei denen der Input genau so angeordnet ist. In der Bedienung macht es auch kaum einen Unterschied; man kann auf Wunsch die Reihenfolge, in der die Effekte durchlaufen werden, digital ändern. Die Delays bieten neben den Standards wie Digital, Analog und Tape auch Spezialformen wie Dyna, Galaxy, Rainbow oder Fuzzy, welche es dann auch jeweils nur bei Delay A oder B gibt. Insgesamt kommt die Ocean Machine hier auf 15 verschiedene Delay-Arten. Den gewünschten Typ stellt man bequem am großen Poti ein, im Anschluss lassen sich Feedback, Time, Tone und Mix über dedizierte, kleinere Potis regeln. Ähnliches gilt für den Reverb. Hier stehen neun Modelle zur Auswahl, die meisten davon ebenfalls Klassiker wie beispielsweise Room, Plate oder Spring. Durch kleine Potis lassen sich hier nun noch Shimmer, Decay, Tone und Mix regeln. Auf den Looper greift man einfach über die Fußschalter zu.

Somit kann man das Mooer auch als vier getrennte Effektgeräte betrachten und nutzen, die man jeweils über einen der Fußschalter ein- und ausschaltet. Aber natürlich gibt es hier auch eine Preset-Funktion, mit der man seine Lieblingseinstellungen in acht Bänken zu je drei Presets abspeichern kann. Diese können dann auch on-the-fly wieder angepasst werden, natürlich zeigen hierbei die Hardware-Potis dann zunächst nicht die aktuell aktive Einstellung.

Die dritte Schaltebene ist der Bedienung des Loopers vorbehalten. Dieser kann bis zu 44 Sekunden aufnehmen und verfügt über Optionen für eine Half-Speed Wiedergabe und einen Reverse-Effekt. Das Gerät ist sowohl Eingangs- als auch Ausgangsseitig auf die Nutzung in Stereo ausgelegt. Zudem kann ein Expression-Pedal angeschlossen werden. Über MIDI-In und -Thru können Schaltsignale empfangen oder die Firmware aktualisiert werden.

Mooer-Ocean-Machine-1
(Bild: Dieter Stork)

Presets und Software

Mooer macht es hier so, wie viele andere Hersteller auch: Klotzen statt kleckern. Die meisten der von Werk aus eingespeicherten Presets sind überladen mit Effekten. So kann man natürlich zeigen, was das Gerät alles leisten kann. Realistisch einsetzen wird man dies wohl eher selten. Aber wenn man auf den Pfaden von Devin Townsend unterwegs ist, weiß man natürlich nie, was man womöglich alles brauchen könnte.

So schön die direkte Bedienung über die Potis auch ist, über ein paar kleine Tweaks „unter der Haube“ sollte man vielleicht doch Bescheid wissen. So empfand ich zunächst den Anteil des Effekts auch bei maximaler Einstellung des entsprechenden Potis als sehr gering – bis ich entdeckte, dass es einen globalen Effektmix gibt. Das Gerät ist eigentlich komplett selbsterklärend und einfach zu bedienen, ein anfänglicher Blick in die Anleitung schadet aber zumindest nicht.

Die Software und die Darstellung sind in Ordnung, mehr aber auch nicht. Während der Nutzung kam es ein paar Mal zu kleinen Hängern in der Darstellung.

Sounds

Fangen wir doch mal beim Reverb an. Zum Test durfte das Pedal vor meinem Fender Champ platznehmen, der ja bekanntermaßen über keinen eingebauten Hall verfügt. Was liegt also näher, als ihm mittels Ocean Machine ein Spring Reverb zu verpassen? Und das klappt auch wirklich super. Dank des anlogen Feelings durch die vielen Potis im Direktzugriff landet man sehr schnell beim gewünschten Sound. Besonders positiv tut sich hier das Tone-Poti des Reverbs hervor. Hiermit kann man den Effektanteil von voll und rund hin zu höhenreich und scheppernd einstellen. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele User mittelfristig bei einem oder zwei Arten von Reverbs landen und das Feintuning größtenteils am Tone-Poti vornehmen.

Insbesondere beim gewählten Spring-Effekt fällt nach kurzer Spielzeit jedoch leider auf, dass das initiale „Ploing“, beziehungsweise das „wobbeln“ der digital simulierten Spirale immer gleich klingt. Hier entsteht keine Dynamik im Zusammenspiel mit der Gitarre und dementsprechend bin ich auch schnell zu Room oder Plate übergegangen. Diese wissen mehr zu überzeugen. Stellt man den Reverb-Anteil sehr hoch ein, so fällt auf, dass auch hier alles etwas weniger dreidimensional klingt als es bei teureren Effekten der Fall wäre – bei einer dezenten Unterfütterung des Signals ist aber alles unkritisch. Ähnlich verhält es sich mit dem Shimmer-Effekt, welcher sogar ein eigenes Poti spendiert bekommen hat. Man kann den Anteil also direkt dem Reverb beimischen.

Als interessante Sound-Idee legt der Dist-Verb einen Distortion-Effekt auf die Hallfahne. Ebenso wie bei den Mod und FL-Verb Modellen, ist mir das persönlich ein wenig zu viel des Guten, es lassen sich aber definitiv interessante Highlights in Songs setzen.

Die Delays sind ähnlich aufgestellt. Die Klassiker wie Digital- und Analog-Delay klingen wie erwartet. Gerade bei Digital-Delays hat ein digitales Pedal natürlich keinerlei Schwierigkeiten. Bei der Analog-Einstellung wird das Signal bei jeder Wiederholung ein wenig mehr degradiert – auch dies klingt hier durchaus glaubwürdig. Insbesondere das Tape-Modeling hat mir viel Spaß gemacht. Hier wird noch ein leichter Effekt auf die Wiederholungen gelegt. Je nach Wunsch des Users tritt dies mehr oder weniger stark in den Vordergrund. Bei dezenter Einstellung verleiht dieser Effekt dem Signal eine angenehme Räumlichkeit und einen Hauch der alten Tage.

Nutzt man nun noch die Möglichkeit beide Delays zeitgleich aber mit anderen Delay-Zeiten laufen zu lassen, ergeben sich wunderbar schwebende Sounds. Auch ein Ping-Pong Effekt ist ohne Weiteres direkt im Gerät anwählbar.

Hier spielt das Mooer seine Vorzüge voll aus. Eine interessante Idee ist generell immer die Kombination verschiedener Delays die ineinander laufen. Lässt man beispielsweise ein Analog-Delay in ein digitales laufen, so werden die langsam dumpfer werdenden Wiederholungen wiederum klar wiederholt. Oder man setzt ein Delay für eine dezente Räumlichkeit des Signals ein und das andere für einen deutlichen, zusätzlichen Effekt bei Soli.

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(Bild: Dieter Stork)

Die weiteren Delay-Modi wie Galaxy, Rainbow, Crystal, Low-Bit oder Fuzzy legen Effekte auf das Signal. Oft sind dies Pitch-Shifter durch die das Signal stufenweise tiefer oder höher wird. Ziemlich cool und so auch schon auf diversen Produktionen zu hören. Mein Anspieltipp für den ersten Test wäre hier der Rainbow-Effekt.

Ob es gewollt und Style ist, oder nicht: Die Effekte klingen zu jeder Zeit digital. Gerade Low-Bit, bei dem ein Bitcrusher hinzukommt und Fuzzy, wo das zu wiederholende Signal verzerrt wird, kamen mir beim ersten Test sehr interessant vor und können schnell beeindrucken. Jedoch merkt man nach kurzer Zeit, dass die Soundqualität nicht sehr hoch ist, es klingt einfach nach einem günstigen digitalen Fuzz. Auch das kann als Effekt zwischendurch sehr spannend sein, man sollte jedoch nicht zu viel erwarten. Auch beim Delay könnte ich mir gut vorstellen, dass der Tone-Regler für viele Nutzer sehr spannend werden könnte. Dieser regelt – wie schon beim Reverb – den Sound des Effektes und kann so das i-Tüpfelchen der Soundformung sein.

In den Einstellungen der Ocean Machine lässt sich unter anderem wählen, ob „Trails“ an oder aus sein sollen. Sprich: Soll der Hall nachklingen, wenn ich ihn ausschalte. Dieser Effekt setzt sich leider nicht über verschiedene Presets hinweg fort. Dies würde aber auch gleiche Halleffekte in den Presets (wie beispielsweise beim Axe-Fx II möglich) oder dedizierte Prozessoren (wie bei DigiTech Rack-Effekten) erfordern und ist dementsprechend selten anzutreffen.

Der Looper funktioniert genau wie man es erwartet. Er klingt überzeugend und bietet die notwendigen Einstellmöglichkeiten für fast alle Lebenslagen.

resümee

Mooer hat hier in Zusammenarbeit mit Devin Townsend ein sehr interessantes Pedal geschaffen. Auf kleinem Raum werden dem Nutzer vier unabhängig nutzbare Effekte dargeboten. Besonderer Spaß entsteht natürlich bei der Kombination der Möglichkeiten. Hier sind sowohl dezente Einstellungen, als auch völlig abgedrehte, oszillierende Sounds mit Fuzz, Pitch-Shifter und Shimmer möglich. Kein Wunder, dass der Prozessor da irgendwann in die Knie geht. Und das ist auch die Krux bei diesem Gerätes. Die Effekte, die einem geboten werden, funktionieren einwandfrei, man sollte sich aber bewusst sein, dass der Markt – zugegebenermaßen für mehr Geld – hochwertigere Angebote bereithält. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Heruntergerechnet landet man bei einem zweistelligen Betrag pro Effekttyp. Ein Strymon Gerät, welches dann „nur“ Reverb kann kostet gerne schon das Doppelte des Mooer. Und mit mehr Einzeleffekten muss man auch wieder mehr Kabel verlegen und ist dann in der Reihenfolge wieder beschränkt. Die Ocean Machine wird somit zweifelsohne ihren Platz in der Effektwelt finden.

Mooer-Ocean-Machine-3

Mooer-Ocean-Machine-4

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(erschienen in Gitarre & Bass 10/2017)

 

Produkt: Gitarre & Bass 1/2024
Gitarre & Bass 1/2024
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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Das Gerät hat keinen Bypass-Switch. Man kann nur die Effekte in
    einem Modus an/aus schalten einzeln, oder den generellen Effektanteil auf Null drehen mit Tastendrücken und Poti. Oder einen “leeren” Patch speichern, bei dem keine Effekte an sind. Ist vielleicht für alle interessant, die nicht nur ein Effektgerät nutzen, soll es ja einige Gitarristen geben …
    – Ich hab das zuerst auch nicht geglaubt was ich hier schreibe, in englischen Foren wird es aber ausführlichst diskutiert.
    Die Effekte sind wirklich toll, auch wenn die Werkseinstellungen richtig extrem “hallig” sind. Kenne kein anderes Gerät, mit dem man diese Sounds hinbekommt. Distortion hier gefällt mir auch nicht, aber dafür habe ich die O. Machine auch nicht gekauft. Wenn man sich mit dem Teil mal länger beschäftigt, bekommt man einzigartige Sounds hin. Die generelle Verarbeitung finde ich auch sehr stabil, da gibt es für mich nix zu meckern.

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