Flachbett-Toaster

Test: Kemper Profiler Stage

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Kemper Profiler Stage(Bild: Tom Schäfer)

Endlich zieht Kemper nach und liefert den ersten Profiler als „Stage“- Version, also direkt als All-In-One Lösung für den Boden. Und mit dabei sind natürlich all die wunderbaren Möglichkeiten der Toaster Version.

Das Format und Gehäuse des liebevoll „Toaster“ genannten Profilers hat von Beginn an polarisiert. Entscheidender war aber natürlich schon immer die Technik innendrin, und die konnte zu jedem Zeitpunkt überzeugen. Nachdem es ja schon eine ganze Weile eine Profiler-Rack-Version gibt, kommt nun also die Stage-Variante und kann so hoffentlich für den ein oder anderen den Profiler plus Remote Floorboard ersetzen. Kann der Profiler Stage denn auch alles was die großen Brüder können? Na mal schauen.

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DURCHDACHTE OBERFLÄCHE

Der Profiler Stage wird sicher verpackt in einem schlichten Karton geliefert und kommt mit einer hochwertig gedruckten, mehrsprachigen Anleitung. Diese liefert einen guten Schnelleinstieg in die wichtigsten Funktionen und Anschlüsse. Wer tiefer in die Materie einsteigen will, der kann „Das Große Handbuch“ mit seinen ganzen 321 Seiten von der Homepage herunterladen. Hier werden alle Geräte in einem Manual beschrieben, sodass man natürlich nicht alle Seiten lesen muss (alleine 13 Seiten Inhaltsverzeichnis, wow). Die Anleitung selber ist gut verschlagwortet und verständlich geschrieben.

Mit seinen viereinhalb Kilo Lebendgewicht ist der Profiler alles andere als ein Leichtgewicht und wirkt spätestens hierdurch vertrauenerweckend robust. Durch die Gummifüße steht er zudem sicher auf jedem Untergrund. Zunächst darf er in meinem Zimmer platznehmen und da ein Kaltgerätekabel mitgeliefert wird, kann es auch sofort losgehen.

Im ersten Schritt schließe ich einfach mal meine Gitarre und einen Kopfhörer an. Für Letzteren ist ein Miniklinken-Anschluss vorgesehen. Als weitere Anschlüsse finden wir zwei Sends und vier Returns, hierüber kann das Profiling stattfinden, oder man schleift externe Effekte ein. Ist das Signal fertig bearbeitet, so kann es über die beiden XLR Main Outs, zwei Klinken Main Outs, zwei Klinken Monitor Outs oder S/PDIF ausgeleitet werden. Die Monitor Outs dienen hier in erster Linie dazu, sich selber ein Bühnensignal geben zu können und dies auch einzeln in der Lautstärke und den Effekten einzustellen.

Wem die integrierten Fußschalter nicht reichen, der findet vier Pedalanschlüsse vor, an die auch Taster angeschlossen werden können. Und wen die ganzen Fußschalter erst gar nicht interessieren, der kann natürlich auch MIDI In und Out nutzen um den Kemper fernzusteuern. Zuletzt finden sich noch zwei USB-Anschlüsse. Einer von Typ A, für USB-Sticks, mit denen Backups und Updates eingespielt werden können, und einer von Typ B, der dazu dient, das Stage mittels Rig Manager mit neuen Amps anzureichern.

Kemper Profiler Stage(Bild: Tom Schäfer)

Auf der Front gibt es einige Veränderungen zu den Toaster- und Rack-Geräten, aber grundsätzlich ist auch hier vieles gleich. Präsent ist natürlich das Display, welches man – wie bei den großen Brüdern auch – gut ablesen und bedienen kann, aber im Gegensatz zu Line6-, Headrush- oder (kommenden) Fractal-Audio-Produkten etwas altbacken wirkt.

Durch die vier Potis unter dem Display, welche die jeweils dargestellten Werte ändern können, ergibt sich eine sehr einfache und intuitive Steuerung. Die größeren Potis mit LED-Ringen sind immer für Gain und Master-Volume zuständig, sodass man bei einem Amp nun wirklich die direkte Kontrolle über Gain, Bass, Mid, Treble, Presence und Volume hat. Über dem Display gibt es vier kleine Buttons, die wiederum auf dem Display angezeigte Aktionen auslösen. Easy peasy interface also.

Ebenso intuitiv fällt der Zugriff auf Amps, Cabs und Effekte aus. Auf der rechten Seite findet sich eine Reihe an Buttons, welche hier einen Direktzugriff liefern. Du willst das Drive im Preset ausschalten? Einfach auf den Button drücken.

Da es sich hier ja um ein Stage-ready Bodenpedal handelt, kommt natürlich auch die Schaltung per Fuß nicht zu kurz. Im Prinzip wurde hier das Profiler Remote Pedal angeflanscht. So hat man dedizierte Schalter für Looper und Tuner, so wie auf der unteren Seite Direktzugriff auf fünf Presets und Tap.

Möchte man einen Effekt auf einen der Fußschalter legen, so hält man einfach den kleinen Knopf gedrückt und betätigt zugleich den Fußschalter. Fertig. Wer sich übrigens fragt, ob hier auch „gekempert“ werden kann: Na klar. Den Profiler ruft man per zeitgleichem Druck auf die Buttons „Browser“ und „Perform“ auf und kann dann die gleiche bahnbrechende Technologie wie bei den großen Brüdern nutzen.

RIG MANAGER

Mittels Rig Manager sichert man seine Rigs oder lädt neue aus der Rig Exchange herunter. Dieser kostenlose Online-Tauschplatz kann sehr bequem nach vielen Kriterien wie beispielsweise dem Amp-Hersteller durchsucht werden. Hier findet sich alles was das Herz begehrt (Soldano, VHT, Fender, Marshall). Wie bei allen unkurierten Portalen schwankt die Qualität der Profile natürlich, aber es finden sich unter den aktuell über 14.000 Rigs ohne Probleme sehr hochwertige Sounds die dann sofort per USB auf den Profiler geschoben werden können.

Was es leider nicht gibt, ist ein Preset Editor für den Rechner. Dieser ist nun schon eine Weile angeteasert, aber noch nicht veröffentlicht. Das würde natürlich insbesondere für ein Bodengerät Sinn ergeben um ein dauerndes Bücken zu vermeiden.

Kemper Profiler Stage

DER SOUND

Eigentlich könnten wir das hier sehr kurz halten. Schon seit seinem Erscheinen setzt der Kemper Maßstäbe in Sachen Sound. Und das ist hier in diesem Fall natürlich kein bisschen anders. Egal ob ich mich durch die Werks-Presets scrolle, neue Sounds aus dem Rig Exchange herunterlade oder eigene Amps Profile an den Start bringe … Der Sound ist über jeden Zweifel erhaben.

Wenn man das Volume-Poti der Gitarre bemüht, klart der Ton auch sehr gut auf. Möchte man kleinere Parameter wie Bass oder Treble ändern, so bleibt der Klang angenehm und natürlich. Hierbei darf man natürlich nicht die umfassenden Möglichkeiten der Konkurrenz erwarten, aber die Grundidee ist hier ja auch eine andere. Ich habe mich auch ein oder zweimal dabei ertappt, dass ich gerne ein anderes Mikro an dem Cab ausgewählt hätte oder Ähnliches. Hier muss man sich einfach angewöhnen ein alternatives Rig zu suchen.

Zum Test suche ich mir einige Werks-Presets verschiedener Amps aus, die ich im Ohr habe und lade noch ein paar via Rig Manager herunter. Mir hat es wie so oft der Soldano SLO angetan, und hier stehen einem direkt verschiedene Varianten an diversen Cabs zur Verfügung. Das Ergebnis ist wie erwartet Spitzenklasse. Beim A/B Vergleich mit meinem Axe-Fx III kann ich nicht sagen, dass das eine oder andere Gerät besser klingt, sie klingen halt nur etwas anders.

Durch die Morph-Funktion kann man innerhalb eines Presets Amps und Effekte mit anderen Parametern versehen und dann zwischen den beiden Einstellungen umschalten. Dies funktioniert entweder über einen erneuten Tritt auf den selben Fußschalter, oder aber stufenlos per Expression Pedal. Eine super Sache, um beispielsweise das Gain eines Rigs zu erhöhen, oder die Intensität von Effekten wie einem Delay auf Solo-Level zu bringen.

Gerade was die Effekte angeht, hat der Kemper in den vergangenen Jahren durch seine gratis Firmware-Updates sowohl in Quantität als auch Qualität enorm aufgeholt und kann sich so seit einiger Zeit bedenkenlos in die Spitzenriege einreihen. Insbesondere die Reverbs, welche vor Kurzem Ihren Weg in die Geräte gefunden haben, machen wirklich viel Spaß.

Die Kategorien „Ionosphere“ mit dem „Angel Dirty“ oder der „Cirrus Reverb“ mit „Bloom“ sind absolute Anspieltipps für Ambient-Fans. Ebenso hören lassen können sich die Delays und Modulationseffekte. Auch technisch bedingt kompliziertere Effekte wie Pitch Shiftings sind einfach einzustellen und klingen toll. Mittels Transpose lassen sich hier ohne große Einstellungen sehr gute Sounds einer tiefer gestimmten Gitarre erzeugen.

Und auch wenn die kleinen Taster mit „Rev“ oder „Dly“ beschriftet sind, so ist dies nur ein gut gemeinter Vorschlag und keine Vorschrift. Alles lässt sich frei mit Effekten deiner Wahl belegen, sodass du auch ein simuliertes Analog Delay in den Eingang deines Marshall Rigs schicken, oder vier Reverbs in Folge nutzen kannst.

Kemper Profiler Stage(Bild: Tom Schäfer)

ALTERNATIVEN

Natürlich bietet auch die Konkurrenz vergleichbare Funktionen und oft auch irgendeine Form des Soundmatchings. Dies sind aber meist nur EQ-Kurven, die über einen Sound gelegt werden, der sich bitteschön schon möglichst nah am Original befindet. Die Stärke der anderen Hersteller ist eher das komplette Aufbauen des eigenen Wunsch-Sounds von Null an.

Wer diesen Ansatz bevorzugt, dem seien Fractal Audio Axe-Fx III (ca. € 2800, Test in Ausgabe 06/2018; bei Fractal Audio gibt es bis zum baldigen Erscheinen des FM3 eine Lücke im Programm der Boden-Modeler), Line6 Helix Floor (ca. € 1300, Test in Ausgabe 03/2016) oder das Headrush Pedalboard (ca. € 1000, Test in Ausgabe 01/2018) empfohlen. Insbesondere Fractal Audio und Line6 sind auch in ihren Routing-Möglichkeiten flexibler, das Line6 kann sich durch die Scribble Strips noch weiter in der Bedienung auszeichnen.

RESÜMEE

Was soll man noch groß sagen? Die Legende wird erfolgreich weitergeschrieben. Und dieses Mal findet sie direkt auf dem Boden der Tatsachen statt. Durch den Kauf des Profiler Stage spart man im Vergleich zum Head und dem passenden Floorboard knapp € 550 und erhält alle wichtigen Funktionalitäten.

Der Sound sowohl der guten Profile, als auch der Effekte ist über jeden Zweifel erhaben. Wer sich einen Kemper gönnt, ist zweifelsohne in der Spitzenklasse angekommen. Und auch wenn man ein Profil mal etwas anpassen möchte, reagiert der Kemper wohlwollend auf andere EQ oder Gain-Einstellungen.

Ein Vergleich zu anderen Produkten ist etwas müßig, da hier schlicht ein anderes Konzept verfolgt wird. Wer einen Kemper kauft, möchte gerne 1:1 Abbildungen konkreter Sounds. Sei es sein eigener Röhrenamp oder das Rig aus einem professionellen Tonstudio. Anpassungen an Amp und Cab sind dann im Folgenden möglich aber eingeschränkt.

Unterm Strich gibt es nun zwar nicht mehr nur einen Kemper, aber nur die eine Kemper-Technologie und so werden Soundjünger hier ihren perfekten Spielpartner für die Bühne finden.

PLUS

  • Ampsounds
  • Effekte (insb. Pitch und Reverb)
  • Bedienung
  • Profiling-Möglichkeiten

MINUS

  • Display wirkt etwas antiquiert
  • (noch) kein Editor für den Computer

Kemper Profiler Stage


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2019)

Produkt: Jazz Amp
Jazz Amp
Realität oder Illusion?

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Brauch den Mist nicht eine Sekunde im Leben…

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Jeder kann seine Meinung vertreten
      das ist völlig ok
      Es gibt inzwischen viele Gitarristen mit Weltruf
      die ihre Amps zu Hause lassen
      und sich ihr Sounds auf den Kemper klonen um das Equipment zu verkleinern
      Aber wie um Gottes Willen kommt man auf so eine Idee sich
      Santana zu nennen?

      Auf diesen Kommentar antworten
  2. Sind wir doch mal ehrlich, viele Gitarristen sind mit ihrem Amp nie ganz zufrieden und deshalb immer irgendwie auf der Suche nach einem besseren Amp/Sound. Mit dem Kemper stehen einem alle Amps dieser Welt zur Verfügung. Ich kann per Knopfdruck von Marshall zu Mesa Boogie zu Fender zu Diezel zu Friedmann zu….wechseln inkl. aller erdenklichen Effekte und das alles mit einem spitzen Sound. Besser geht es nicht! Also erst richtig antesten und dann wahrscheinlich nicht meckern.

    Auf diesen Kommentar antworten

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