Blaues Wunder

Test: Ibanez Prestige RG5120M-FCN

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Ibanez Prestige RG5120M-FCN(Bild: Dieter Stork)

Seit gut fünf Jahren hat Acoustic-Pickup-Spezialist Fishman auch Tonabnehmer für E-Gitarren im Programm, die vor allem in der Metal-Szene hart gefeiert werden. Ibanez stattet in seinem 2019er Line Up gleich sieben seiner Gitarrenmodelle damit aus.

Im Rahmen der Prestige-Reihe präsentiert Ibanez die in Japan gefertigte RG5120-FCN, die mit der Kombi aus Vogelaugenahorngriffbrett und interessantem Frozen Ocean Finish direkt ins Auge sticht. Die Farbe entpuppt sich als semitransparentes Metallic-Blau mit Blattsilbereffekt und einem Hauch von Türkis, selbstverständlich spiegelglatt poliert.

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zutaten

Für ein RG-Modell ist die 5120M recht schwer, was offenbar primär dem Body aus afrikanischem Mahagoni anzulasten ist. Ob für die Eschendecke Furnier oder dickeres Material Verwendung fand, ist selbst in den Pickup- und Vibratofräsungen nicht auszumachen. Auf der Rückseite finden wir vier Kammern, drei davon – Vibrato, Elektrik und Rohrklinkenbuchse – werden von Kunststoffplatten bündig abgedeckt. Die in einem separaten Schwenkfach hausende 9-Volt-Batterie, die die aktiven Fishman-Pickups speist, lässt sich blitzschnell auswechseln. Der Body besitzt das typisch kantige RG-Shaping mit großzügig geschnittener Rippenrampe, komfortabler Armschräge und ergonomischem Halsübergang.

Der ultra-flache Super-Wizard-HP-Hals, aus drei Ahornstreifen und zwei Wenge-Layern gesperrt, klemmt unverrückbar in seiner präzisen Aufnahmefräsung und wird zudem von vier Schrauben gehalten. Auf dem eingefassten Griffbrett aus Vogelaugenahorn machen die hellen Perlmutt-Dots nicht wirklich Sinn, dafür stören sie aber auch nicht die Optik. Extrem praktisch sind indes die schwarz umrandeten Luminlay Sidedots, die im Dunkeln grünlich leuchten.

Ibanez Prestige RG5120M-FCN
Fluoreszierende Sidedots und vorbildlich bearbeitete Bundkanten (Bild: Dieter Stork)

Das mit 17″ recht flache Griffbrett trägt 24 perfekt abgerichtete Edelstahl-Jumbobünde, die inklusive der angenehm verrundeten Kanten sorgfältig poliert wurden. Den Klemmsattel hat man extrem knapp ausgerichtet, sodass nicht erst nach hartem Anschlag frei schwingende Saiten auch gerne mal den ersten Bund berühren. Ein dünnes Unterlegblech würde Abhilfe schaffen.

Obwohl die gesperrte Halskonstruktion extreme Stabilität besitzt, hat Ibanez dem Übergang zur Kopfplatte einen stabilisierenden Kragen spendiert. Sicher ist sicher. Unter dem Stringbar hindurch geführt, erreichen die Saiten geschmeidig und präzise arbeitende Gotoh-Tuner.

Am anderen Ende dient ein schwebend justiertes Ibanez Lo-Pro Edge Vibrato als Steg. Der Hebel wird gesteckt, ein Kunststoffring garantiert geschmeidige spielfreie Führung.

Ohne Frage stellen die Fishman Fluence Modern Humbucker die Besonderheit der RG5120M dar. Auf Moosgummi lagernd direkt im Korpus verschraubt, sind die modernen Doppelspuler mit leistungsstarken Keramik-VIII-Magneten bestückt. Verwaltet werden sie per Master-Volume, Master-Tone und Dreiwegschalter. Ein weiterer kleiner Schalter wechselt zwischen den Betriebsarten Voice 1 und Voice 2, in denen verschiedene Peak-Frequenzen (720 Hz bzw. 1,8 kHz) unterschiedliche Klangfarben und Ausgangspegel liefern.

Auf der Unterseite eines jeden Pickups gibt es ein Anschlussfeld und Lötstellen für diverse Anschlusskonfigurationen, Voice1 Low Gain (-6 dB), High Frequency Tilt (HF Tilt) und Coil Split. Werkseitig hat sich Ibanez für die Standardkonfiguration entschieden. Somit stehen im Auslieferungszustand weder Voice1 Low Gain noch HF Tilt oder Coil Splits zur Verfügung.

Ibanez Prestige RG5120M-FCN
Schicke Pickup-Kappen (Bild: Dieter Stork)

Fishman Fluence – eine Revolution im Pickup-Design

Seit den Anfängen von Gitarrentonabnehmern in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts bestehen deren Spulen aus den Wicklungen dünner Drähte. Für das völlig neue Konzept von Fishman werden mehrere quasi mit den Spulenwicklungen bedruckte Platinen übereinandergeschichtet. Konventionelle Spulendrähte haben hier somit ausgedient.

Zudem besteht jede einzelne Spule eines Fluence-Pickups, egal ob Singlecoil oder Humbucker, aus zwei übereinander angeordneten Spulen, die wie traditionelle Humbucker funktionieren: Brummunterdrückung durch Phasenverdrehung, die durch die gegenläufige Wicklung der zweiten Spule und die Addition beider Signale wieder ausgeglichen wird. Auf diese Weise bildet bei Humbucker-Coil-Splits jede Spule selbst einen kompletten Humbucker und arbeitet somit völlig brumm- und nebengeräuschfrei und ohne Induktivitätsprobleme.

Sowohl sämtliche Fishman-Fluence-Humbucking- als auch Singlecoil-Pickups sind mit Aktivschaltungen ausgestattet und bieten jeweils zwei verschiedene Voicings, die sich durch unterschiedliche Peak-Frequenzen und Ausgangspegel unterscheiden und per Pull-Push-, Kipp- oder Multi Pickup Switch angewählt werden können.

Da die Basisplatinen aller Fluence-Tonabnehmer mit SMD-Bauelementen und diversen Anschüssen bestückt sind, können durch mitgelieferte Jumper (steckbare Überbrückungen) bestimmte Festeinstellungen wie Voice1 Low Gain (-6 dB), High Frequency Tilt (HF Tilt, Höhenabsenkung) und Kill-Switch-Funktion vom User vorgenommen werden. Dieses flexible Konzept ermöglicht Fishman auch relativ einfach das Realisieren von Modifikationen z. B. für Signature-Pickups, von denen inzwischen bereits eine breite Palette zum Fluence-Programm zählt.


und action!

Hinsichtlich Ergonomie, Haptik und Bespielbarkeit lässt unsere Probandin keine Wünsche offen, obgleich sie mit ihren 4 kg eher zu den Schwergewichten unter den Ibanez RGs zählt. Allein der extrem flache Super-Wizard-HPHals dürfte nicht jedermanns Sache sein, für User, die beim Solieren gerne den Daumen am Halsrücken abstützen allerdings das Nonplusultra. Der Trockentest erweckt in Kooperation mit dem flachen Halsprofil berechtigte Hoffnungen für die kommende Formel-1-Saison. Shredder‘s Heaven quasi.

Die Gitarre gibt sich überaus schwingfreudig, jeder Ton kommt spontan und akzentuiert aus den Startlöchern, entfaltet sich blitzschnell und klingt langsam und gleichförmig ab. Offenbar greift auch das Lo-Pro Edge Vibrato dem Sustain tatkräftig unter die Arme. Klanglich – der Amp noch im Standby-Mode – kommt die RG5120M jedoch etwas schwachbrüstig und zurückhaltend daher, auch wenn das Klangbild mit präziser Saitentrennung ausgewogen, drahtig, luftig und obertonreich mein Ohr erfreut.

Doch hoppla, was ist das? Eingebauter Federhall?! Die Vibratofedern reagieren sensibel auf einzelne Töne wie G und C und schwingen bereits bei schnellen Melodie- oder Skalenläufen spontan mit. Es empfiehlt sich eine Dämpfung mittels entsprechender Schaumgummieinlagen o. ä.

Schon am cleanen Amp wird deutlich, wie klar, ausgewogen, transparent und spritzig die Fluence Modern Humbucker klingen und sich durch straffe definierte Bässe, prägnante Mitten, klare Höhen, seidige Obertöne und exzellente Dynamik auszeichnen. Dabei geben sie sich im Voice-2-Mode nicht wesentlich leistungsstärker bzw. lauter als beispielsweise klassische PAF-Typen.

Die Bässe des Hals-Pickups neigen weder zum Wummern noch zu anderen Undifferenziertheiten. Die Voice-2-Peak-Frequenz von 720 Hz verleiht beiden Pickups angenehme Wärme, während im Voice-1-Mode die Peak-Frequenz von 1,8 kHz für kraftvollere, durchsetzungsstärkere Mitten bei leicht erhöhtem Ausgangspegel sorgt und sich damit für druckvoll punchende High-Gain-Sounds empfiehlt.

Auch hier liefern beide Fluence-Humbucker transparente, definierte, durchsetzungsstarke Klangbilder mit bissigem Attack, endlosem Sustain, präziser Saitentrennung, und – wirklich bemerkenswert – null Nebengeräuschen. Solche lassen sich allein etwaigen Effektpedalen und dem Amp anlasten. Während der Tone-Regler gleichmäßig wenn auch eher nuanciert ans Werk geht, bereitet die Arbeit mit dem Volume-Poti wahre Freude. Über den gesamten Regelbereich arbeitet es nicht nur völlig kontinuierlich, sondern kehrt beim Herunterregeln auch keinerlei Höhen unter den Teppich. Toll.

Ibanez Prestige RG5120M-FCN(Bild: Dieter Stork)

resümee

Mit seiner Prestige RG5120M-FCN läutet Ibanez nicht nur hinsichtlich der Pickups eine neue Runde ein. Geschmackvolles Design, Eyecatcher-Finish, erstklassige Tonhölzer und Hardware, hoher Spielkomfort und vorbildliche japanische Verarbeitung – vom einen Hauch zu tief eingepassten Klemmsattel abgesehen. Als echtes Highlight entpuppen sich die Fishman-Fluence-Pickups, die an Klarheit, Transparenz, Durchsetzungsvermögen, Dynamik und Nebengeräuschverhalten schwerlich zu übertreffen sind.

Um die klanglichen Möglichkeiten der Pickups für den User besser zugänglich zu machen, wäre es wünschenswert, wenn Ibanez die von Fishman angebotenen steckbaren Jumper für eventuelle Sound-Modifikationen mitliefern würde. Kurz und bündig: Eine erstklassige moderne Gitarre zum fairen Preis.

PLUS
• Sounds & Transparenz
• klanglich flexibel
• Sustain & Dynamik
• Fishman Fluence Pickups
• Edelstahlbünde
• Optik
• Spielbarkeit
• Verarbeitung
MINUS
• Einrichtung Klemmsattel

Ibanez Prestige RG5120M-FCN

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2019)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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