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Test: Ibanez Premium AZ242BC-DET/AZ224F-BIG

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(Bild: Tom Schäfer)

„Designed to Inspire“ – die Erfahrungen mit der Entwicklung der aktuellen AZ-Reihe bleiben nicht auf die Prestige-Kategorie japanischer High-End-Produktion beschränkt. Die in Indonesien gefertigten AZ-Versionen der Premium-Reihe zeigen tatsächlich vergleichbare Konstruktionsmerkmale und sind auch ganz ähnlich ausgestattet. Das ist uns einen verschärften Blick wert.

In der Premium AZ Series stehen drei Modelle zur Auswahl. Zwei Versionen mit SSH-Pickup-Konfiguration und 22-Bund-Griffbrett, die sich lediglich durch ihre Farbe unterscheiden und eine weitere mit zwei Humbuckern und 24-Bund-Griffbrett.

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Konstruktion

Prinzipiell folgen die Gitarren der Premium AZ Series in fast allen Aspekten der Konstruktion und sogar der Elektrik den Ausführungen der von uns bereits vorgestellten Japan-Prestige-AZ-Reihe (Ausgabe 02/18). Wesentliche Unterschiede finden wir allerdings in der Tonholzwahl (Korpus), beim Vibrato-System und in kleineren Details.

Die Fakten: Für den optimal konturierten Double-Cutaway-Korpus der Premium-Versionen kam American Basswood (Linde) zum Einsatz. Für optimalen Spielkomfort erhielt auch er eine komfortable Anlagebucht am Korpusboden oben, sowie den sogenannten Super All Access Neck Joint, einen weich abgeglichenen Übergang zur Aufnahme des mit vier versenkten Schrauben fest im Korpus verankerten Halses.

Das Holz der einteiligen Hälse aus Roasted Maple erhält durch eine spezielle Wärmebehandlung seinen auffälligen Karamell-Farbton und wird damit vor allem stabiler und unempfindlicher gegen Temperaturschwankungen gemacht. Auch das aufgeleimte Ahorngriffbrett mit 12″ Radius wurde so behandelt und bekam neben einer perfekt gemachten Jumbo-Stainless-Steel-Bundierung (22 bei der SSH-Version; 24 bei der HH-Version) schwarze Punkteinlagen und fluoreszierende Luminlay-Side-Dots zur besseren Lagenfindung auf dunklen Bühnen eingesetzt.

Roasted Maple-Hälse mit Stainless Steel-Bundierungen (Bild: Tom Schäfer)

Die parallel nach hinten versetzte Kopfplatte im typischen Ibanez-Design gewährt Zugang zum eingelegten Halsstab. Die Saiten werden mit geradem Zug (Saitenniederhalter für E- und B-Saiten) von den Wickelzylindern der Gotoh-Magnum-Lock-Mechaniken auf den Tusq-XL-Sattel von Graph Tech geführt (bei der Prestige-Reihe Knochen) und schwingen mit einer Mensur von 64,8 cm zwischen Letzterem und der Gotoh/Ibanez T1502 Tremolo Bridge, ein Zweipunkt-System mit Einsteckarm, individuell justierbaren Stahlreitern und einem Gussblock aus Zink (bei der Prestige-Reihe mit Titanreitern und Stahlblock).

Grundsätzlich unterscheiden die vorgelegten Premium-Modelle sich durch ihre elektrische Ausstattung – hier HH-, dort SSH-Konfiguration. Wobei sie tatsächlich wie ihre großen japanischen Schwestern mit Hyperion-Pickups ausgestattet sind, die von Seymour Duncan in enger Kooperation speziell für Ibanez entwickelt wurden.

Die AZ242BC bekam zwei Hyperion-Humbucker in die Decke geschraubt, die mit einem Fünfwege Toggle geschaltet und von bestens positionierten, generell arbeitenden Volume- und Tone-Reglern verwaltet werden. Zusätzlich wurde der Gitarre noch das klangerweiternde dynaMix10-System mitgegeben. Mit Stellung des kleinen Kippschalters nach unten liegt die konventionelle Schaltebene an:

  1. Hals HB,
  2. Hals SC + Steg SC (innere Spulen),
  3. Hals HB + Steg HB,
  4. Hals SC + Steg SC (äußere Spulen),
  5. Steg HB.

Flippen wir den Schalter nach oben, so erhalten wir folgende alternative Sounds:

  1. Hals, eine Spule angezapft,
  2. Hals SC,
  3. Hals HB, eine Spule angezapft + Steg HB, eine Spule angezapft parallel,
  4. Steg SC,
  5. Steg HB, eine Spule angezapft.

Die AZ224F verfügt über zwei Singlecoil Pickups in Hals- und Mittelposition plus einen Humbucker am Steg, montiert auf ein Strat-style Pickguard. Dort finden wir auch die Schalt- und Regelelemente in gleicher Positionierung wie bei der AZ242. Über den Kippschalter des dyna-Mix 9 Systems liegen folgende Standard-Sounds an:

  1. Hals SC,
  2. Hals SC + Mitte SC,
  3. Mitte SC,
  4. Mitte SC + Steg SC,
  5. Steg HB.

Alternative Sounds der zweiten Klangebene:

  1. Hals SC und Mitte SC in Serie,
  2. Hals SC und Einzelspule des Bridge Humbuckers parallel,
  3. Hals SC und Mitte SC in Serie plus Bridge Humbucker parallel,
  4. innere Spule des Bridge Humbuckers,
  5. Bridge Humbucker.
Exklusiv für Ibanez entwickelte Hyperion-Pickups von Seymour Duncan (Bild: Tom Schäfer)

Praxis

Die schon bei den Prestige AZs hoch gelobten Spieleigenschaften konnten auch in den Versionen aus indonesischer Produktion realisiert werden. Die für Ibanez-Verhältnisse ungewöhnlich stark und mit guter Schulterbreite ausgebauten Hälse spielen sich einfach großartig, auch wenn uns nicht wundert, dass die Kantenverrundung der Griffbretter und Bundenden bei den Premium-Ausführungen noch etwas perfekter ausgeführt wurde. Freunde flacher Halsprofile sollten sich indes besser gleich nach anderen Instrumenten umsehen, Passendes hat Ibanez ja reichlich im Angebot.

Hälse mit 24 Bünden werden in der Regel etwas tiefer in den Korpus eingesetzt (hier etwa 12 mm), als jene mit nur 22 Bünden. Das wirkt sich auf die Klangentfaltung allgemein, aber bei gleichartiger Ausstattung auch auf die elektrische Wiedergabe durch etwas differierende Positionierungen der Pickups aus. Da wir es aber mit HH-Pickup-Konfiguration (AZ242) einerseits und SSH-Konfiguration (AZ224) andererseits zu tun haben, kann in diesem Sinne nur der identisch positionierte Steg-Pickup zum direkten Vergleich herangezogen werden.

Den größten Unterschied zu den japanischen Prestige-Modellen macht die Wahl des Tonholzes. Die Gitarren der Premium-Serie kommen mit Korpus aus Linde, einem recht weichen Material, dem bemerkenswerte Eigenschaften kaum zugesprochen werden. Die hübsche Bocote-Decke, bzw. das Ahornfurnier ist zu dünn, um auf den Klang auch nur ansatzweise zugreifen zu können. Aber gemach: die mit dieser Korpusform assoziierte und bei den Prestige-Modellen auch eingesetzte Erle ist vom schlichten Schreinerholz ja auch erst durch Gewöhnung zu Tonholzehren gekommen.

Vergleicht man die vorliegenden Modelle akustisch, so sind die Unterschiede in Klangaufbau und Schwingungsentfaltung eher marginal. Was sie jedoch eint, ist eine erfreulich gute Substanz. Akkorde zeichnen sich durch bemerkenswerte Balance aus, die Stimmen fügen sich mit seidigem Ausdruck zu einem harmonisch runden Ganzen. Zudem ist die Ansprache gut, der Anschlag wird differenziert umgesetzt. Schwingverhalten und Sustain können ebenfalls durchaus beeindrucken. Soviel vorab zum angeblich charakterarmen Lindenholz.

Schauen wir auf die elektrisch erzielbaren Ergebnisse. Seymour Duncans Hyperion-Alnico-Pickups kokettieren schon dank ihres angehobenen Outputs keineswegs mit süßlicher Vintage-Seligkeit und konnten uns schon bei den Japan-Modellen beeindrucken.

Nehmen wir uns die AZ242BC mit ihren zwei Humbuckern vor, so überzeugen die zunächst in der Standardebene mit kraftvollen Klangbildern, welche neben den potenten Sounds der einzeln angewählten Pickups dank der Zwischenpositionen des 5-Weg-Schalters bereits mehr Variabilität bieten als ein übliches Modell gleicher Ausstattung mit Dreiwegschalter.

Nachdem der Hals-Pickup mit saftig runder Tonentfaltung, guter Stabilität und attraktiver Tonfarbe zu überzeugen wusste und der stärker gewickelte Kollege am Steg trotz einer kleinen Wattigkeit bei der Höhenumsetzung im Klarklang dann mit erfreulich stabiler Strahlkraft und satter Obertonfarbigkeit im Overdrive aufwartete, erfreuen uns weiterhin nicht nur die glockenklaren Sounds der kombinierten Humbucker, sondern auch die der Zwischenpositionen 2 und 4 mit ihren crispen, hellen Sounds der zusammengeschalteten Einzelspulen der Humbucker. Die liegen dort in gut gewogenen Klangabstufungen mit leicht kehligen Farben an, welche sich auch im Zerrmodus sehr schön an gegebene Mixturen anpassen lassen.

Legen wir den dynaMix-Schalter nun nach vorn, so bekommen wir weitere hochkarätige Klangderivate durch Humbucker mit angezapften Spulen, Singlecoil-Schaltungen beider Pickups und die Kombination von beidem an die Hand. Diese allesamt lichter tönenden Sounds erweisen sich als echte Erweiterungen des Klangangebots und machen das Instrument enorm flexibel.

Die AZ224F mit ihrer SSH-Pickup-Konfiguration bietet ein alternatives Klangkonzept mit etwas weiter gefasster Ausrichtung. Die auf stärkeren Output gewickelten Singlecoil Pickups liefern authentische Sounds von attraktiver Tonfarbe – der Humbucker nimmt dazu eine kraftvolle Gegenposition ein. Das Gefälle zwischen den Pickups ist dennoch eher gering.

Fast schon erstaunlich ist dagegen die substanzielle Kraft, mit der sich souveräne Sounds in allen Schaltstufen abrufen lassen. Der Humbucker in dieser Gitarre setzt besonders stark und obertonsatt um. Hervorzuheben ist aber auch die Schaltposition 4 mit Tele-like zusammengeschalteten Einzelspulen von Hals- und Steg-Pickup, was den guten Klangeindruck in Pos 2 der Kombination von SC Mitte und Einzelspule Steg-PU nicht mindern soll.

In der dynaMix9-Ebene kommen dann noch einige besondere Klangextraktionen dazu, etwas spezieller aufgelöst durch zum Teil serielle Verschaltung oder Kombination von parallel und seriell, aber allesamt von gutem Praxiswert. Vor allem gilt das für Liebhaber von schnittigem Twang, der eigentlich in beiden Ebenen mit absolut tollen Sounds vorgehalten wird.

Gut gedacht ist auch die Option, aus jeder Situation heraus stracks auf volle Leistung mit dem Humbucker am Steg gehen zu können. Denn der steht in beiden Schaltebenen mit identischem Sound quasi immer in Alarmbereitschaft.

Bleibt noch kundzutun, dass auch das etwas abgespeckte, aber gut handhabbare Vibrato-System erfreulich stimmstabil funktioniert.

Resümee

Auch wenn die japanischen Prestige-Gitarren in Sachen Dynamik und forciert perkussiver Umsetzung die Nase vorn behalten, so erweisen sich die „kleinen Schwestern“ der Premium-AZ-Series zweifellos ebenfalls als leistungsstarke Instrumente von großer Klangvielfalt. Diese preisgünstigen Ausgaben ziehen eindeutig Profit aus den Entwicklungserfolgen, die Ibanez in der hochrangigen AZ-Prestige-Serie etablieren konnte.

Abgesehen von kleineren Abstrichen in der Ausstattung und in Fertigungsdetails überzeugen auch die elektrisch egalitär hochwertig ausgerüsteten Modellversionen AZ242BC und AZ224F mit profunder Tonentfaltung, bester Handhabung und uneingeschränkter Praxistauglichkeit.

Lediglich die Wahl für das eine oder andere Instrument könnte bei diesen Gitarren zur Qual werden. Erstaunlich gute Instrumente in ihrer Preiskategorie sind auf jeden Fall beide. Klare Empfehlung zum persönlichen Test!

PLUS

  • Design
  • Schwingverhalten
  • Pickups
  • Sounds
  • dynaMix-System
  • Halsprofile
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2019)

Produkt: Gitarre & Bass 6/2022 Digital
Gitarre & Bass 6/2022 Digital
IM TEST: Eastman Romeo LA +++ ESP/LTD Mike Schleibaum Signature +++ Mayones Caledonius Classic 5 +++ Hughes & Kettner StompMan +++ Darkglass Exponent 500 +++ Line 6 Catalyst 100 +++ D'Addario XS Nickel Plated Steel Electric Strings +++ JHS Preamp Overdrive +++ Mooer Preamp Model X & Cab X2

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