Charakterkopf

Test: Hartke LX8500

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(Bild: Dieter Stork)

Billy Sheehan, Victor Wooten, Dave Ellefson, Frank Bello, Nate Watts – nur ein kleiner Auszug aus Hartkes Endorserliste. Mit seinen Speakern mit Alumembran wurde Larry Hartke berühmt (und indem er seine Telefonnummer in Anzeigen publik machte – und selbst ranging, wenn man anrief!), sein Hartke 3500 Top ist seit fast 30 Jahren auf dem Markt und ein moderner Klassiker.

Die neueste Kreation Hartkes ist die LX-Serie, das stärkere LX8500-Top steht heute auf dem Prüfstand. Vielleicht hat ja auch das das Zeug zum langlebigen Dauerbrenner?

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LET THERE BE LIGHT

Och, denke ich mir so beim Auspacken, sehr modern und stylisch, aber irgendwie auch etwas dröge. Und ob die Regler gut ablesbar sind? Der Zeiger der schwarzen Potiknöpfe ist doch sehr unauffällig, der Kontrast der Beschriftung gerade mal ausreichend. Da sehe ich schon einen, möglicherweise fetten, Minuspunkt auf das Top zukommen. Der sich dann auch sofort wieder erledigt, denn beim Anschalten des LX8500 geht mir buchstäblich ein Licht auf. Um jeden Regler erscheint ein Kranz aus elf weißen LEDs (eine mehr als zehn!) und der Zeiger erweist sich als transparent – besser ablesbar geht’s gar nicht. Dabei ist die Balance perfekt, auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen hat man immer beste optische Kontrolle, trotzdem ist es unauffällig und blendet nie.

Eingepackt ist das Top in leichtes, stabiles Aluminium, mit einem robusten Kunststoffgriff an der Seite, der es zum schicken Henkelmann macht. Leider fehlt auf der gegenüberliegenden Seite etwas zum Abstellen. Dafür sind die Füße mit Filz gedämpft, damit hinterlässt man definitiv keine Eindrücke auf Boxen, wogegen auch das Gewicht des Tops von unter vier Kilo spricht.

Andere Amps dieser Leistungs- und Gewichtsklasse sind deutlich kleiner, aber ein Blick ins Innere verrät, dass hier keineswegs Platz verschwendet wurde. Um diesen Einblick zu gewinnen, müssen nur 24 Schrauben rausgedreht werden, aber was tut man nicht alles als Tester … Dasselbe Prozedere wäre auch nötig, um die Vorstufenröhre zu wechseln, die samt metallener Abschirmhülle quer zur Vorstufenplatine montiert wurde, aber zum Glück halten die ja über Jahre.

Nach der Eingangsbuchse macht auf der Frontplatte ungewöhnlicherweise der Drive-Regler den Anfang, der für die Zerre zuständig ist. Danach folgt der Mute-Schalter, um z.B. stumm stimmen zu können. „Compressor“ ist selbsterklärend, erst als drittes kommt das Gain-Poti. Wie Mute leuchtet auch der „Brite“-Schalter bei Betätigung, der Sound bekommt ein Preshaping mit starker Höhenbetonung. Während die Regler für Bass und Treble selbsterklärend zu sein scheinen, sind Shape und Frequency weniger vordergründig, außer dass es offensichtlich um die Mitten geht. Dazu gleich im Sound-Teil mehr!

Master ist wieder klar, zum Abschluss der Front finden sich noch Miniklinkenbuchsen für Phones und Aux In sowie LEDs, um anzuzeigen, ob der Effektweg an ist und ob der DI-Out Direct, also Pre, oder Post geschaltet ist. Auf der Rückseite kann also entsprechend der XLR-Ausgang Pre (nach dem Gain-Regler) oder Post (nach EQ und Effekten, aber vor dem Master) beschaltet werden.

Darüber liegt der Anschluss für einen Tuner, rechts davon die serielle Effektschleife mit Send und Return. Send kann auch genutzt werden, um ein weiteres Signal auszugeben, dann natürlich unsymmetrisch und per Klinke, mit dem gleichen Abgriff wie die Post DI. Zwei Anschlüsse für je einen Doppelfußschalter gibt es: einer für Drive und FX, einer für Frequency und Brite, der Brite-Schalter vorne ist wirkungslos, wenn per Fuß geschaltet wird.

Die Lautsprecherausgänge sind Klinke und Twist-and-Lock (also nicht von Neutrik), wobei letzterer von Hartke empfohlen wird. Beide können parallel genutzt werden, die Gesamtimpedanz der Boxen darf nur 4 Ohm nicht unterschreiten. Neben dem temperaturgesteuerten Lüfter ist dann noch der KGS-Netzanschluss samt Sicherungshalter, hinter einer kleinen Abdeckung lässt sich die Voltzahl für die Welttournee anpassen.

(Bild: Dieter Stork)

LET THERE BE SOUND

Neben der schon erwähnten angenehmen Beleuchtung macht das LX8500-Top beim Einschalten durch ausgesprochene Ruhe auf sich aufmerksam. Der Lüfter sieht noch keinen Grund einzugreifen, das Grundrauschen ist sehr schön leise. Um mich – ohne Färbung durch Lautsprecher – mit der Vorstufe vertraut zu machen, greife ich gerne erstmal zum Kopfhörer. Sobald der eingesteckt wird, leuchtet der Mute-Schalter, eine gleichzeitige Wiedergabe über Boxen geht also, wie eigentlich immer, nicht.

So wirklich von Erfolg gekrönt ist mein Unterfangen nicht, denn der Phones Out liegt vor dem Master. Soll heißen, die Lautstärke im Kopfhörer regele ich alleine mit dem Gain-Poti, womit ich aber gleichzeitig auch Drive und Kompressor beeinflusse. So ein richtiger Soundcheck geht damit nicht, um mal eben zu üben reicht es aber, zumal der Klang grundsätzlich schon gut ist. Um die Möglichkeiten richtig auszuloten, geht es an die Box.

Etwas ungewöhnlich ist es ja, den Eingangspegel am dritten Regler einzustellen, man gewöhnt sich aber schnell dran. Wie alle Regler dreht das Poti satt und fühlt sich gut und hochwertig an. Sobald es in die Übersteuerung geht, leuchtet der LED-Kranz rot auf.

Nun hat der Hartke LX8500 aber eine Röhre in der Vorstufe (Sovtek 7025). Die darf gerne gefordert werden, je nach Geschmack und Bass hat man im roten Bereich einen schön knurrigen Rotz im Ton. Den bekomme ich auch, wenn ich den Eingang ganz clean stelle und die Verzerrungen über Drive reinregele. Hier gibt’s aber noch viel mehr abzurufen, das geht bis in den massiven Fuzz-Bereich. Bis ca. zur Hälfte ist der Lautstärkeanstieg so, dass An- und Ausschalten per Fuß Sinn macht, darüber hinaus muss entweder ein unter Umständen gehöriger Boost in Kauf genommen werden, oder es muss doch nachgeregelt werden.

Im Gegensatz zum Drive ist der Kompressor nicht fußschaltbar, was ich mal so interpretieren würde, dass Hartke ihn zum grundsätzlichen Zähmen gedacht hat. Das macht er gut, der Ton wird kompakt und griffig. Wie stark er anspricht hängt auch von der Klangregelung ab, und da wird’s beim LX8500 interessant. Das Top hat keinen aktiven EQ mit fest definierten Frequenzen und Cut/Boost für jeden Bereich, sondern ein klassisches, interaktives Tonestack. Der Bassregler „füttert“ den Mittenregler, der wiederum selbiges mit dem Höhenregler macht. Dreht man alle auf null, kommt nix mehr, einer muss mindestens etwas auf sein.

Shape ist ein Notchfilter, dessen Einsatzpunkt man mit dem Frequency-Poti festlegt. Auch voll aufgedreht ist Shape nicht neutral, man hört es trotzdem, wenn Frequency durchgedreht wird. Obwohl hier nur abgesenkt wird, entstehen Boosts um den abgesenkten Bereich. Kommt mir seltsam bekannt vor … Stimmt, Nathan Easts NE-1 EQ von Yamaha bzw. dessen im BB NE-2 eingebaute Variante funktionieren ähnlich. So kommen mit ab gesenkten Hochmitten die Tiefmitten deutlich nach vorne.

Interessant ist die Möglichkeit, per Fußschalter den Frequency-Regler auszuschalten. Damit nimmt man nicht etwa das komplette Mittenregelwerk raus, Shape funktioniert weiter, und zwar so, als würde Frequency auf dem vierten Punkt stehen. Sehr gut, um sich zwei Einstellungen zu basteln. Bässe, die zum Mumpfen neigen, lassen sich mit der Brite-Schaltung gut auf Kurs bringen, die – wie die Presence-Regler alter Marshalls – an Wirkung verliert, je weiter Gain aufgedreht wird.

Der Equalizer ist flexibler als es auf den ersten Blick scheinen mag, von drückendem Rock über unauffällige Begleit-Sounds bis zu trockenem, knallhartem Funk ist alles machbar. Man muss sich einfach darauf einlassen, dass ein Dreh an einem Regler die Wirkweise der anderen Regler teilweise drastisch ändern kann. Reizt auf der anderen Seite aber auch den Spieltrieb, und die Auseinandersetzung damit lohnt sich.

Der Grundsound bekommt durch die Röhre in der Vorstufe tatsächlich eine gewisse Wärme und vermittelt ein organisches Spielgefühl, was dann von der Class-D-Endstufe sauber in Bereiche verstärkt wird, mit denen ich mir auch die Beschallung ganz großer Bühnen zutrauen würde, entsprechende Boxen natürlich vorausgesetzt. Ab und an springt dabei der Lüfter an und ist dann auch deutlich hörbar, die Steuerung funktioniert aber gut und fährt ihn auch schnell wieder runter, allerdings macht es das auch alle paar Minuten im stillen Kämmerlein, wo es weniger angebracht ist …

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Wer den Hartke LH1000 mag, wird den LX8500 lieben! Der gleiche gutmütige Grundsound mit organischem Tonestack-EQ, erweitert um den Frequenzregler für die Mitten und zusätzliche Features wie Drive, Kompressor und endlich einen DI-Abgriff, der den guten Ton komplett auf die Anlage oder ins Recording-Interface bringt. Das Ganze bei leichtem Gewicht und kleinem Preis, da kann man nicht meckern!

Um den Amp komplett ausnutzen zu können, würde ich auf jeden Fall gleich zwei Doppelfußschalter miteinplanen, das steigert die Flexibilität erheblich. Wer nach einem Amp sucht, der das fertige, vorgeformte Signal z.B. eines Pedalboards nur clean verstärkt, könnte durchaus mit dem LX8500 warm werden, aber so richtig blüht er auf bei Bassisten und Bassistinnen, die einen Amp mit Ton zu würdigen wissen. Und Ton und Wucht hat der Amp definitiv zu bieten!

PLUS

● Tonestack
● Sound
● Leistung
● Reglerbeleuchtung
● solide Bauweise
● DI pre/post schaltbar

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2023
Gitarre & Bass 12/2023
IM TEST: Nik Huber Piet +++ Jackson American Series Virtuoso +++ Guild Polara S-100 Kim Thayil +++ Squier Sonic Precision Bass +++ Fender Tone Master Pro +++ Blackstar HT Club 40 MK III +++ Aguilar SL 110 +++ Beetronics Seabee +++ 901SOUND Fulcrum EXP

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