Back to the Roots

Test: Gibson Les Paul Studio Heritage Cherry Sunburst

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… BLEIBT GIBSON-SOUND, WÄR DOCH GELACHT!

Does humor belong in music? Naja, profan gereimt, ist jedenfalls schon halb verloren. Zur Sache: Das vorgelegte, aktuell ins Modern-Collection-Programm gehobene Les-Paul-Studio-Modell ist trotz Ultra Modern Weight Relief, bestehend aus einer ganzen Reihe gezielt in den Korpus gesetzter Fräskammern, mit 3,9 kg nun zwar nicht gerade ein Leichtgewicht, aber für eine Les Paul natürlich gut tragbar.

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Slim Taper galt in den frühen 60er-Jahren als etwas schwieriges Halsprofil, unter diesem Begriff kommt heute eine gar nicht so flache und seitlich gut verrundete Halsform zum Einsatz, die zusammen mit den nicht sehr hohen und eher schlanken Vintage-style-Bünden rundum komfortable Spielbedingungen bietet.

Erfreulich ist das gute Resonanzverhalten der Studio mit leichter Ansprache und schneller Tonentfaltung, Eigenschaften, die wohl auch den Hohlkammern im Body zu danken sind. Da wir uns beim Sustain und auch in Sachen Tonfestigkeit absolut im grünen Bereich bewegen, können wir diesen konstruktiven Eingriff keineswegs bedauern.

Die Burstbucker Pro Pickups setzten in klaren Verstärkereinstellungen die gut gestaffelte akustische Klangauflösung der Les-Paul-Studio-Konstruktion in sauber gegliederte elektrische Sounds um. Über den Hals-Pickup hören wir saftige Gibson-Sounds, ausgestattet mit guten Bässen, zentriert warmen Mitten und offenen Höhen – seriös allemal, dabei breit aufgelöst und auch irgendwie unaufgeregt verlässlich. Die Tonlänge ist gut, die akzentuierte Ansprache mit semiakustischem Hauch lässt die Kammerfräsungen ahnen.

Der Burstbucker am Steg kommt da schon etwas prägnanter daher. Schön trockene Bässe und das kraftvoll zupackende Höhen-Top laden ein zu rhythmischer Arbeit. Plektrumaktionen werden sauber umgesetzt, der Ton löst sich schnell und Akkorde lassen sich dynamisch austanzen. Damit ist folglich gut zocken!

In den Volume-Reglern sind nun per Push/Pull aufzurufende Coil-Tap-Funktionen für den jeweiligen Pickup angelegt. Vorteile gegenüber Coil Split (Single Coil) sind bei Kombination der ersten Spule mit der angezapften zweiten Spule ein nicht zu starker Lautstärkeabfall und Brummfreiheit. Beim Burstbucker am Hals erweist sich das Klangverhalten bei aktiviertem Coil-Tap dann schon deutlich schlanker. Weniger Bass- und untere Mittenanteile werden transportiert. Allerdings erscheint der Sound nun auch leicht bedeckt, ist seiner offenen Präsenz beraubt.

Der Wechsel zum Kollegen auf der Südseite lässt da schon mehr Sonne ins Spiel. Der Steg-Pickup tönt lichter und kehliger, ist aber keinesfalls mit einem Single Coil zu verwechseln. Eine klangfarbliche Erweiterung ist das aber allemal.

Kehren wir zurück in den normalen Schaltstatus und gehen in den Overdrive, so können wir uns, was den Hals-Pickup angeht, in deftigem Les-Paul-Schlamm suhlen. Sounds wie von dicken Lippen gesungen, schnalzend und saftig ineinander schmelzend kennzeichnen das Solospiel. Wer mit Powerchords ein sattes Rockbrett legen will – bitteschön: kernig dunkel lassen sich mit Tiefgang tragende Fundamente legen. Das sind nicht weniger als klassische Rock-Sounds in typischem Les-Paul-Gewand!

Der Burstbucker am Steg in Zerre genommen geht dann da aber noch deutlich drüber. Er spielt hier sein Blatt erst am Schluss aus, hat dafür aber auch alle Trümpfe in der Hand. Vielleicht mehr als in den anderen Schaltstellungen kommt der semiakustische Aspekt markant und perkussiv zum Tragen.

Der Ton reagiert sehr beweglich auf den Anschlag, ändert bei differenziert geführtem Plektrum Farbe und Ausdruck je nach Position. Lead-Manöver werden von den nicht übermäßig komprimierten oberen Mitten angeschoben, was uns neben großer Klarheit und Definition eine tolle dynamische Beweglichkeit an die Hand gibt. Mit fein gerümpfter Nase lässt sich das Skalpell präzise und stringent führen. Kein Problem, sich damit im Band-Kontext durchzusetzen.

Am Ende gehen wir dann noch einmal in die entfettete Coil-Tap-Ebene und tatsächlich kommt die in Zerr-Positionen nun deutlich besser als in klaren Einstellungen. Bei nicht zu starkem Lautstärkeverlust sind darüber mit schnellem Griff (solange die Finger trocken sind) deutliche Wechsel des Klangambientes zu haben. Die kehligen Sounds verfügen im Overdrive über gute Griffigkeit und die leichte Zurücknahme der Präsenz sorgt bei den etwas zugespitzten Sounds für durchaus angenehme Rundung.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Das Versprechen wird eingelöst: Gibsons aktuelle Les Paul Studio bewegt sich fraglos nah am Standard-Modell, lässt also kaum etwas missen von der sonoren Kompetenz der guten alten Single Cut. Tadellos mit Blick für das Wesentliche gefertigt, überzeugt die Neuauflage des Studio-Modells mit besten Spieleigenschaften und traditionell geerdeten Sounds, die durch Burstbucker-Pickups gewährleistet, ja betont werden.

Die Kernkompetenz dieser Gitarre liegt in der Umsetzung klassischer Rock-Sounds, die sich prachtvoll und griffig inszenieren lassen. Die Kammern im Body (Ultra Modern Weight Relief) sorgen nicht nur für ein tragbares Gewicht, sondern scheinen darüber hinaus sogar die Ansprache und dynamische Beweglichkeit zu fördern. Verlust in Sachen Tonfestigkeit und Sustain sind jedenfalls nicht zu beobachten.

Bei Coil-Tap-Abgriff lässt die Präsenz wohl merklich nach, was aber im Overdrive nicht groß nachteilig in Erscheinung tritt. Die alternativ angelegte Klangebene ist zweifellos ein nützlicher Bonus! An der Halsfertigung wurden keinerlei Abstriche gemacht, denn das keineswegs zu flach gestaltete Slim-Taper-Profil schmeichelt in Zusammenhang mit der tadellosen Bundierung der Hand. Schaut man nun auf den Preis, so muss man sagen: Diese Les Paul Studio erfüllt alle grundlegenden Erwartungen, die man an eine gute Les Paul nur haben kann (dass im Custom Shop noch etwas mehr geht, wir dennoch niemanden wundern) – gut gemacht Gibson!

Plus

● Resonanzverhalten
● Burstbucker Pro Pickups
● Traditionsbewusstes Design
● traditionell geerdete Sounds
● Spieleigenschaften
● Verarbeitung

Minus

● Präsenzverluste bei Coil Tap (nur nachteilig bei Clean)

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)

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