Back to the Roots

Test: Gibson Les Paul Studio Heritage Cherry Sunburst

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(Bild: Dieter Stork)

Schon wieder 10 Jahre her, dass wir zuletzt eine Les Paul Studio im Test hatten. Diese Budget-Line-Les-Paul wurde von Gibson 1983 eingeführt, um das Sortiment um eine abgespeckte, aber traditionell gebaute und von den Grundeigenschaften her dem Standard-Modell durchaus ähnliche Les Paul zum erschwinglichen Preis zu ergänzen.

Die Les Paul Studio Standard der frühen Jahre hatte noch bis 1986 ein Decken-Binding, die parallel gefertigte Les Paul Studio Custom sogar ein Multi-Binding. Im Griffbrett fanden sich Dot Markers, in späteren Ausführungen dann Trapezoid Inlays. Im Lauf der Jahre gab es eine Reihe unterschiedlich ausgestatteter Versionen mit Namen wie Lite, GEM, SmartWood, Swamp Ash, Gothic, Voodoo, Pro Plus, Premium Plus, bis hin zu Robot. Die Studio war letztlich ein Jahr lang nicht mehr im Programm, jetzt ist sie zurück in der Modern Collection.

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IN ALTER FRISCHE NEU GEDACHT …

Sind wir Gitarristen traditionell veranlagte Typen? Offenbar, denn Gibson bleibt, mal abgesehen von kleineren, beim Publikum zumeist wenig geliebten Versuchen der Modernisierung, in Sachen Materialwahl und Ausstattung prinzipiell bei seinen Wurzeln. Wie es die Tradition verlangt, ist die vorliegende Les Paul Studio aus Mahagoni gefertigt. Allerdings wurde die Korpusbasis, kaum erkennbar, aus drei Teilen gefügt.

Schlichte Ahorndecke ohne Binding (Bild: Dieter Stork)

Die aufgesetzte, zweiteilige Decke aus Ahorn schlichter Zeichnung und leichter Wölbung muss in der aktuellen Studioversion ohne Binding auskommen. Dem am Halsansatz 4,6 cm starken Body, etwas schmaler also im Verhältnis zu einem Standard Modell, wurde das Ultra Modern Weight Relief zur Gewichtsreduktion beigebracht.

Der einteilige Hals aus Mahagoni mit Slim-Taper-Halsprofil ist in Höhe des 16. Bundes in den Korpus geleimt. Im gebundenen Palisandergriffbrett finden wir Trapeze Inlays aus Arcyl und 22 bestens verarbeitete Bünde, seitlich von Binding Nibs abgeschlossen – ein eher aufwändiger Arbeitsgang.

Etwas Luxus darf sein: Gebundenes Palisandergriffbrett mit Nibs als Bundkantenabschluss (Bild: Dieter Stork)

Die klassisch gehaltene „Open Book”-Kopfplatte ist aktuell mit Vintage Deluxe Tuners mit Keystone Buttons ausgestattet (zuvor Grover). Der Sattel ist von GraphTech; am Body werden die Saiten über die modernisierte Nashville Tune-O-Matic Bridge zum konternden Stop Bar aus Aluminium geführt.

Elektrik: Zwei traditionell angelehnte Burstbucker Pro Pickups mit AlNiCo-5-Magneten stehen für die Tonwandlung bereit – vorhergehende Ausführungen kamen mit dem moderner abgestimmten 490/498 Humbucker-Set. Über den 3-Weg-Schalter Schalter lassen sich die Pickups konventionell einzeln und in Kombination aufrufen. Verwaltet wird mit jeweils zwei Volume- und Tone-Reglern, wovon die ersteren über Push-Pull-Funktionen für ein Coil Tap (Teilabgriff der zweiten Spule) ihres jeweiligen Pickups verfügen.

Schaltung mit Push/Pull-Funktion für Coil Tap (Bild: Dieter Stork)

Die Gitarre kam tadellos verarbeitet und praxisgerecht eingerichtet zum Test, lediglich die Pickups wurden etwas nachlässig in der Höhe eingestellt. Zum Lieferumfang gehört ein Soft Case.

 

… BLEIBT GIBSON-SOUND, WÄR DOCH GELACHT!

Does humor belong in music? Naja, profan gereimt, ist jedenfalls schon halb verloren. Zur Sache: Das vorgelegte, aktuell ins Modern-Collection-Programm gehobene Les-Paul-Studio-Modell ist trotz Ultra Modern Weight Relief, bestehend aus einer ganzen Reihe gezielt in den Korpus gesetzter Fräskammern, mit 3,9 kg nun zwar nicht gerade ein Leichtgewicht, aber für eine Les Paul natürlich gut tragbar.

Slim Taper galt in den frühen 60er-Jahren als etwas schwieriges Halsprofil, unter diesem Begriff kommt heute eine gar nicht so flache und seitlich gut verrundete Halsform zum Einsatz, die zusammen mit den nicht sehr hohen und eher schlanken Vintage-style-Bünden rundum komfortable Spielbedingungen bietet.

Erfreulich ist das gute Resonanzverhalten der Studio mit leichter Ansprache und schneller Tonentfaltung, Eigenschaften, die wohl auch den Hohlkammern im Body zu danken sind. Da wir uns beim Sustain und auch in Sachen Tonfestigkeit absolut im grünen Bereich bewegen, können wir diesen konstruktiven Eingriff keineswegs bedauern.

Die Burstbucker Pro Pickups setzten in klaren Verstärkereinstellungen die gut gestaffelte akustische Klangauflösung der Les-Paul-Studio-Konstruktion in sauber gegliederte elektrische Sounds um. Über den Hals-Pickup hören wir saftige Gibson-Sounds, ausgestattet mit guten Bässen, zentriert warmen Mitten und offenen Höhen – seriös allemal, dabei breit aufgelöst und auch irgendwie unaufgeregt verlässlich. Die Tonlänge ist gut, die akzentuierte Ansprache mit semiakustischem Hauch lässt die Kammerfräsungen ahnen.

Der Burstbucker am Steg kommt da schon etwas prägnanter daher. Schön trockene Bässe und das kraftvoll zupackende Höhen-Top laden ein zu rhythmischer Arbeit. Plektrumaktionen werden sauber umgesetzt, der Ton löst sich schnell und Akkorde lassen sich dynamisch austanzen. Damit ist folglich gut zocken!

In den Volume-Reglern sind nun per Push/Pull aufzurufende Coil-Tap-Funktionen für den jeweiligen Pickup angelegt. Vorteile gegenüber Coil Split (Single Coil) sind bei Kombination der ersten Spule mit der angezapften zweiten Spule ein nicht zu starker Lautstärkeabfall und Brummfreiheit. Beim Burstbucker am Hals erweist sich das Klangverhalten bei aktiviertem Coil-Tap dann schon deutlich schlanker. Weniger Bass- und untere Mittenanteile werden transportiert. Allerdings erscheint der Sound nun auch leicht bedeckt, ist seiner offenen Präsenz beraubt.

Der Wechsel zum Kollegen auf der Südseite lässt da schon mehr Sonne ins Spiel. Der Steg-Pickup tönt lichter und kehliger, ist aber keinesfalls mit einem Single Coil zu verwechseln. Eine klangfarbliche Erweiterung ist das aber allemal.

Kehren wir zurück in den normalen Schaltstatus und gehen in den Overdrive, so können wir uns, was den Hals-Pickup angeht, in deftigem Les-Paul-Schlamm suhlen. Sounds wie von dicken Lippen gesungen, schnalzend und saftig ineinander schmelzend kennzeichnen das Solospiel. Wer mit Powerchords ein sattes Rockbrett legen will – bitteschön: kernig dunkel lassen sich mit Tiefgang tragende Fundamente legen. Das sind nicht weniger als klassische Rock-Sounds in typischem Les-Paul-Gewand!

Der Burstbucker am Steg in Zerre genommen geht dann da aber noch deutlich drüber. Er spielt hier sein Blatt erst am Schluss aus, hat dafür aber auch alle Trümpfe in der Hand. Vielleicht mehr als in den anderen Schaltstellungen kommt der semiakustische Aspekt markant und perkussiv zum Tragen.

Der Ton reagiert sehr beweglich auf den Anschlag, ändert bei differenziert geführtem Plektrum Farbe und Ausdruck je nach Position. Lead-Manöver werden von den nicht übermäßig komprimierten oberen Mitten angeschoben, was uns neben großer Klarheit und Definition eine tolle dynamische Beweglichkeit an die Hand gibt. Mit fein gerümpfter Nase lässt sich das Skalpell präzise und stringent führen. Kein Problem, sich damit im Band-Kontext durchzusetzen.

Am Ende gehen wir dann noch einmal in die entfettete Coil-Tap-Ebene und tatsächlich kommt die in Zerr-Positionen nun deutlich besser als in klaren Einstellungen. Bei nicht zu starkem Lautstärkeverlust sind darüber mit schnellem Griff (solange die Finger trocken sind) deutliche Wechsel des Klangambientes zu haben. Die kehligen Sounds verfügen im Overdrive über gute Griffigkeit und die leichte Zurücknahme der Präsenz sorgt bei den etwas zugespitzten Sounds für durchaus angenehme Rundung.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Das Versprechen wird eingelöst: Gibsons aktuelle Les Paul Studio bewegt sich fraglos nah am Standard-Modell, lässt also kaum etwas missen von der sonoren Kompetenz der guten alten Single Cut. Tadellos mit Blick für das Wesentliche gefertigt, überzeugt die Neuauflage des Studio-Modells mit besten Spieleigenschaften und traditionell geerdeten Sounds, die durch Burstbucker-Pickups gewährleistet, ja betont werden.

Die Kernkompetenz dieser Gitarre liegt in der Umsetzung klassischer Rock-Sounds, die sich prachtvoll und griffig inszenieren lassen. Die Kammern im Body (Ultra Modern Weight Relief) sorgen nicht nur für ein tragbares Gewicht, sondern scheinen darüber hinaus sogar die Ansprache und dynamische Beweglichkeit zu fördern. Verlust in Sachen Tonfestigkeit und Sustain sind jedenfalls nicht zu beobachten.

Bei Coil-Tap-Abgriff lässt die Präsenz wohl merklich nach, was aber im Overdrive nicht groß nachteilig in Erscheinung tritt. Die alternativ angelegte Klangebene ist zweifellos ein nützlicher Bonus! An der Halsfertigung wurden keinerlei Abstriche gemacht, denn das keineswegs zu flach gestaltete Slim-Taper-Profil schmeichelt in Zusammenhang mit der tadellosen Bundierung der Hand. Schaut man nun auf den Preis, so muss man sagen: Diese Les Paul Studio erfüllt alle grundlegenden Erwartungen, die man an eine gute Les Paul nur haben kann (dass im Custom Shop noch etwas mehr geht, wir dennoch niemanden wundern) – gut gemacht Gibson!

Plus

● Resonanzverhalten
● Burstbucker Pro Pickups
● Traditionsbewusstes Design
● traditionell geerdete Sounds
● Spieleigenschaften
● Verarbeitung

Minus

● Präsenzverluste bei Coil Tap (nur nachteilig bei Clean)

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Heutzutage reichlich „abgespeckte“ Modelle existieren aktuell eben nicht nur bei Gibson. Wo generell Material aus Kostengründen eingespart werden kann,so wird es von den jeweiligen Gitarrenherstellern rigoros auch umgesetzt. Die Vergleiche zu früheren Modellvarianten mit noch merklich spürbar „anderen“ verwendeten Materialbestückungen scheint mir hierbei sicherlich gerechtfertigt zu sein,da stimme ich mit zu.

    Die seit Jahren „neueste“ und simpelste Methode,die einst bleischweren hölzernen Gitarrenbodies via „Chambered Methode“ auszuhöhlen,blieb ja selbst auch bei bis dato noch relativ unbekannten Gitarrenherstellern (z.B. bei Minarik) nicht unbemerkt. Hier bediente man sich ebenfalls an der Holzfräse,und höhlte etliche Gitarrenmodelle aus,was aber im Nachhinen wegen der Klangeigenschaften als durchaus sehr positiv betrachtet werden kann. Speziell bei einer qualitativ extrem akkurat gefertigten „Goddess“ E.-Gitarre von Mark Minarik fiel mir dies sehr deutlich auf. Da war ich wirklich angenehm überrascht. Der Sound dieser hierzulande leider recht selten angebotenen Minarik „Goddess“ klang wahrhaftig „göttlich“. Ansonsten war an bei dieser besagten Elektrischen im Doublecut-Look Design hinsichtlich „Abspeckung“ erfreulicherweise rein gar nichts zu spüren,-ganz im Gegenteil,-denn Minarik Gitarren sind unter Insidern bestens dafür bekannt,daß sie oft mit hochwertigem Abalone-Binding und besten Hölzern versehen werden. Da steckt unendlich viel Liebe im Detail drin,-das ist der gravierende Unterschied zu bisweilen „einfachen“ E.-Gitarren der anderen großen Gitarrenlabel.

    Vielen Dank für euren sehr objektiven G&B-Testbericht der hier neu vorgestelltllten Gibson LP Studio Heritage Cherry Sunburst,-die,-wie eine zumindest preislich fast gleiche Minarik Goddess ebenso „nur“ mit einem leichten Softcase,anstelle eines soliden Hardshellbehältnis ausgeliefert wird.

    Fazit: irgendwo wird ja heute immer wieder „eingespart“ werden müssen. Aber,so drastisch sehe ich dies in diesem Falle wegen eines einfachen Softbags nicht unbedingt.

    Liebe Grüße aus Berlin-Schmargendorf.

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    1. Und spätestens hier fragt man sich, kn welcher geschäftlichen Beziehung ‘Heidelinde’ zu Minarik- Gitarren steht!

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      1. # Alec Wood: Ganz klar: Ich kaufte damals eine sehr seltene Minarik Goddess Gitarre in Berlin-Kreuzberg in einem winzigen Gitarrenladen,dessen damaliger Besitzer fast alle 3 Monate in die U.S.A. flog,und dort vor Ort für Berlin von vorab bestellten Kundenwünschen (z.B. B.C.Rich,Gibson,Fender,PRS etc,) die unterschiedlichsten Gitarren nach Germany orderte.

        So gelangten nicht wenige Sammler und Gitarristen aus Berlin an bis heute extrem rare E.-Gitarren,von denen bislang eigentlich nur echte Insider berichten können.

        Daß die besagte Minarik so außergewöhnlich top klingt,und qualitativ sehr hochwertig gefertigt wurde,liegt anscheinend an der Tatsache,daß Minarik ganz besonders edle Gitarren anfertigt!

        Ja,-so ist das eben.Ich habe seit dem hier in Germany nie wieder irgendwelche Gitarren von Minarik sichten können.

        In jedem Fall würde ich die Minarik stets einer Gibson LP vorziehen,-die Gründe sind ja bereits bestens bekannt. Minarik scheint halt wirklich etwas sehr Spezielles bezüglich extra-vaganter Gitarren zu sein. Da hatte ich wohl sehr großes Glück,an solch eine edle E..Gitarre heranzukommen. Leider konnte ich bislang auch rein gar nichts in G&B über Minarik lesen.

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  2. Kein Wunder das Gibson Firmen wie Dean für nichtigkeiten verklagt, wenn man selbst für viel zu viel Geld Gitarren auf den Markt wirft die den damit verbunden Standard nicht erfüllen. Kauf Dir ne Vintage V100 und mit kleinen upgrades (Brücke, Tuner, vielleicht Pickups) hast Du eine viel bessere Paula. Die Dean Thoroughbread Select Series, LTD EC 1000, Schecter Solo II sind viel bessere alternativen zu einer völlig überteuerten optisch absichtlich minderwertig präsentierten Gitarre.

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