Markenzeichen

Test: Epiphone Slash Signature Les Paul

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(Bild: Dieter Stork)

Kaum ein Gitarrist hat es geschafft, sich selbst so geschickt als Gesamtkunstwerk zu etablieren, wie Slash. Neben der Wuschelfrisur, der Aviator-Sonnenbrille, dem Zylinder und der lässig im Mundwinkel hängenden Fluppe, ist die klassische Les Paul essentieller Bestandteil des Gesamtpakets. Natürlich kann sich nicht jeder eines der kostspieligen Signature-Modelle von Gibson leisten. Die Epiphone Slash Les Paul Standard aus der neuen Slash Collection löst dieses Problem möglicherweise.

ALLES WIE IMMER, BITTE!

Die Slash Les Paul Standard verfügt über einen Body aus Mahagoni, der eine knapp 20 mm starke Decke aus Ahorn trägt. Darauf geleimt wurde, für eine schönere Optik, wiederum ein dünnes Furnier aus Riegelahorn, dessen dezente Maserung dank der Hochglanz-Lackierung gut zur Geltung kommt. Während das grün/schwarze Sunburst den Namen „Anaconda Burst“ bekommen hat, wurde das sanfte Tobacco Sunburst in Anspielung auf Guns N’ Roses’ Megahit ‚November Rain‘ schlicht „November Burst“ getauft.

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Beide Bodys sind mit einem cremefarbenen Kunststoff-Binding versehen, welches die farbig lackierten Decken von den in einem dezenten Braunton gehaltenen Zargen und Rückseiten trennt. Das sieht zwar grundsätzlich super aus, ist aber in der Ausführung an manchen Stellen ein klein wenig unsauber. Beide Gitarren haben einen bis kurz vor den Hals-Pickup ragenden, eingeleimten Hals aus Mahagoni, der dank des breitschultrigen Slash-Custom-C-Shape ausgesprochen satt in der Hand liegt.

Das Griffbrett aus hellbraunem Indian Laurel trägt 22 Medium-Jumbo-Bünde, ist ebenfalls mit einem Kunststoff-Binding eingefasst und zur Orientierung beim Spielen mit den klassischen Pearloid-Parallelogramm-Inlays ausgestattet. Über den weißen Graph-Tech-Sattel laufen die Saiten zu den hauseigenen Vintage-Deluxe-Mechaniken, die eine satt laufende Drehung bieten. Selbstverständlich wurde die glockenförmige Abdeckung zum Halsstab mit Slashs Unterschrift versehen, während das berühmte Skully-Logo auf der Rückseite der Kopfplatte zu finden ist.

Auf dem Body verschraubt findet man die obligatorische Kombination aus vernickelter Tune-O-Matic-Brücke und Stop Tailpiece sowie die typische Les-Paul-Regelmimik, bestehend aus einem 3-Wege-ToggleSwitch und je einem Lautstärke- sowie einem Tone-Regler pro Tonabnehmer.

Während das Modell mit der November-Burst-Lackierung klassische Gold-Hat-Potiknöpfe spendiert bekommen hat, wurde die Variante mit Anaconda Burst mit den dezenteren Black Hats versehen. Ein Blick in das E-Fach beider Gitarren gibt den Blick auf die CTS-Potis und die dicken Orange-Drops-Kondensatoren frei – leider ist die Verdrahtung im Innenleben der Gitarren nicht ganz so sauber, wie man es sich in dieser Preisklasse wünschen würde. Hier geht mehr!

Das Herzstück beider Testinstrumente sind die Custom-ProBucker-Pickups von Epiphone, die laut Hersteller im Wesentlichen Nachbauten der von Gibson produzierten BurstBucker-Tonabnehmer sein sollen. Genau wie bei den US-Pickups kommen hier Alnico-II-Magneten und Nickel-Silber-Baseplates zum Einsatz. Die Tonabnehmer sitzen in Kunststoffrahmen, die wiederum auf die Decke geschraubt sind. Leider beschreibt die Decke einen anderen Radius als die beiden Rahmen, so dass ein Spalt entsteht. Im Großen und Ganzen machen aber beide Instrumente einen soliden Eindruck.

Starke Tonabnehmer: Custom ProBucker (Bild: Dieter Stork)

DICK & WARM

Herrlich satt liegt das nach Slashs Wünschen gestaltete Hals-Shaping in der Hand. Wer sich an die dünnen Hälse der Epiphone Les Pauls der 90er-Jahre erinnert, kann beruhigt aufatmen – hier hat man mit einer Stärke von 22 mm im ersten und 25 mm am zwölften Bund richtig was in der Hand. Trotz der massiven Bauweise sind beide Gitarren mit 3,9 kg noch im Wohlfühlbereich und hängen ausgewogen am Gurt.

Akustisch gespielt, klingen beide Slash LPs angenehm offen, mit spritzigen Obertönen und einem knackigen Attack, das in den oberen Mitten mit einem leichten „Schmatzen“ unterfüttert wird. Das Bassfundament klingt ausgesprochen solide – eben so, wie man es von einer gesunden Les Paul erwarten darf.

Am Verstärker zeigen die Epiphone Custom ProBucker sofort, wo eine ihrer großen Stärken liegt: auf der Halsposition gespielt, liefern beide Gitarren einen unheimlich voluminösen und ausgewogenen Clean-Sound, der neben einer charakterstarken Wärme genug Fundament hat, um beispielsweise clean gespielten Solo-Linien auf den Diskantsaiten genug Tragkraft zu verleihen.

Schaltet man auf den Steg-Humbucker um, wird der Sound deutlich drahtiger und schlanker, während in den Höhen eine gewisse Portion Twang dazukommt, wie man sie von Slash aus alten Guns-N’-Roses-Tagen durchaus gewohnt ist (man denke nur an die Eröffnungsakkorde von ‚Paradise City‘). Wer eine gute Mischung sucht, findet in der Mittelposition des Toggleswitch einen tollen Sound, der die tragfähige Wärme des Hals-Humbuckers mit dem Twang des Steg-Tonabnehmers unter einen Hut bringt, ohne dass es zu unschönen Auslöschungen kommt.

Verzerrt gespielt, brillieren beide Testgitarren abermals – auch hier zeigt sich, dass Epiphone bei der Abstimmung der einzelnen Komponenten ganze Arbeit geleistet hat. Auf der Halsposition und mit leicht zugedrehtem Tone-Regler (der Orange-Drop-Kondensator soll ruhig mal etwas tun für sein Geld) zwingen sich Licks wie beispielsweise ‚Sweet Child O’ Mine‘ nur so auf, und es macht Spaß, die Regionen jenseits des zwölften Bundes in diesem Setting zu bespielen.

Der Steg-Humbucker sorgt für ein deutlich weiter nach vorne gerücktes Mittenspektrum, was beispielsweise Riffs in den mittleren Lagen sehr zu Gute kommt. Hier hat der Sound die nötige Aggressivität, ohne aber in irgendeiner Weise harsch oder unangenehm zu klingen. Ganz im Gegenteil: Egal auf welcher Tonabnehmer-Position gespielt, lassen beide Slash Les Paul Standards eine gewisse Grundwärme nie vermissen.

An dieser Stelle sei ein großes Lob für die verbauten Epiphone Custom ProBucker ausgesprochen: Wer hier lieblose China-Stock-Pickups erwartet, die man besser gestern als heute durch Marken-Tonabnehmer ersetzt, sollte sich die Zeit nehmen und die Gitarre im Werkszustand in Ruhe ausprobieren. Man hört deutlich, dass sich der Hersteller mit der Fernost-Variante des Gibson-Klassikers durchaus Mühe gegeben hat. Lediglich bei zu tiefen Tunings kommen beide Gitarren an ihre Grenzen: Hier neigt der Ton irgendwann dazu, seine Kontur zu verlieren, was vor allem auf dem Hals-Tonabnehmer ziemlich matschig klingt.

Beide Epiphones werden in einem sehr guten Koffer geliefert. (Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Die Sub-1000-Euro-Klasse ist umkämpft wie kaum ein anderes Preissegment. Daher hat es die Epiphone Slash Les Paul Standard nicht ganz leicht. Wenn es einem nur um eine Singlecut mit gutem Preis-Leistungsverhältnis geht, könnte man beispielsweise auch eine LTD E-1000T in Betracht ziehen, wenngleich diese etwas über 1000 Euro kostet und ohne Koffer kommt. Auch die PRS SE 245er Reihe bietet interessante Instrumente zu einem vergleichbaren Preis (ca. 825 Euro inkl. Gigbag). Die der Slash zugrunde liegende Epiphone Inspired by Gibson LP Standard 50s für ca. 580 Euro (ebenfalls ohne Koffer) wäre ein Tipp für alle, die einfach nur eine Les Paul suchen und auf die speziellen Slash-Specs wie das Halsprofil oder die Pickups verzichten können.

(Bild: Epiphone)

RESÜMEE

Braucht man nun eine Epiphone Slash Les Paul Standard? Hier kann ich ein entschlossenes „vielleicht“ antworten! Ganz klar: Als eingefleischter Slash- und/oder Guns-N’-Roses-Fan mit begrenztem Budget führt an diesen beiden Instrumenten kein Weg vorbei. Wer einfach nur auf der Suche nach einer guten Les-Paul-Style-Gitarre ist, darf hier natürlich auch zugreifen, findet für einen vergleichbaren Preis aber auch Alternativen.

Es bleibt aber festzuhalten, dass Epiphone hier zwei wirklich tolle Gitarren abgeliefert hat, die vor allem klanglich zu begeistern wissen. Die Auswahl der Komponenten und besonders die Custom-ProBucker-Pickups hinterlassen einen bemerkenswert guten Eindruck. Ginge bei der Verarbeitungsqualität im Detail noch ein wenig mehr, wäre hier alles in bester Ordnung. Nicht unerwähnt soll der im Lieferumfang enthaltene, wirklich sehr robuste Koffer sein. Solch ein Case ist in dieser Preisklasse keine Selbstverständlichkeit und sorgt für ein ausgewogenes Preis-Leistungsverhältnis.

PLUS

● Optik
● Sound
● Custom-Pro-Bucker-Pickups
● Halsprofil
● sehr robuster Koffer
● Preis-Leistungsverhältnis

MINUS

● kleine Unsauberheiten im Detail

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2021)

Produkt: Fender Stratocaster
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