Immer noch innovativ

Test: Epiphone Jack Casady Fretless Bass

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BUNDLOS GLÜCKLICH

Meinen bundierten Casady habe ich seit zwanzig Jahren, entsprechend wenig überrascht mich, wie der große, etwas kantige Korpus sowohl im Sitzen wie im Stehen anliegt, oder wie sich am Gurt leichte, aber beherrschbare Kopflastigkeit bemerkbar macht.

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Neben der offensichtlichen Tatsache, dass ich es hier mit einem bundlosen Exemplar zu tun habe, kommt eins aber für mich unerwartet, was ich so noch nie bei einem Bass hatte: wer auch immer das Griffbrett bearbeitet hat, muss im Nebenjob Messerschleifer:in sein! Die Kanten sind so akkurat scharf gearbeitet, dass es je nach Handhaltung wirklich unangenehm werden kann.

Andererseits ist aber auch die Oberfläche so gut bearbeitet, dass mit den Stainless Steel Flats von Gibson eine flache Saitenlage möglich ist und der Ton in allen Lagen schön und mit gutem, aber nicht überbordenden Sustain ausschwingt – dank der Bauweise sogar ohne Verstärkung schon gut hörbar fürs Üben alleine.

Am Amp und mit der 50-Ohm-Einstellung klingt es sehr akustisch, mit reichlich Details in den Höhen und tiefem Bass. Ein intimer Ton, der vor allem gut zur Geltung kommt, wo der Bass entsprechend Platz hat.

Mehr Fokus auf die Mitten legt Stellung 2 bei 250 Ohm. Die Tiefmitten gewinnen deutlich dazu, auf Kosten der sich etwas zurückziehenden feinen Höhen. Kein Jaco-Sound, aber näher am Standard-Fretless. Lauter wird es dabei auch, aber der Casady hat Abhilfe an Bord: Ein gut gemachter Treble Bleed am Volume-Regler lässt die Höhen beim Zurückdrehen der Lautstärke weiterhin durch.

Auf ca. 8 runtergedreht ist der Ton angepasst, ohne matt oder leblos zu werden. Noch ein wenig weiter muss abgeregelt werden bei der 500-Ohm-Stellung, die vor allem den hohen Mitten nochmals zusätzlichen Schub gibt.

(Bild: Dieter Stork)

In jeder Schalterposition arbeitet die passive Tonblende schön mit den Höhen, neben dem Potiwert ist auch der Kondensator sorgfältig an die spezielle Schaltung angepasst. Von eher akustisch bis deutlich elektrisch sind mehr Sounds möglich, als an zunächst annimmt, auch Anschlagsposition und -härte wird gut aufgenommen und dynamisch sensibel umgesetzt.

Für noch kontrabassigeren Ton könnte man die Saitenlage hochlegen, wobei darauf zu achten ist, die beiden großen Schrauben nicht gegeneinander zu verkanten, sondern gleichmäßig peu à peu hochzudrehen. Mit den angenehm weich zu spielenden Flats verträgt der Bass das bestens. Dass wie üblich die Seidenumwicklung am Ende der Saiten auf den Reitern aufliegt, macht sich so oder so nicht negativ bemerkbar.

RESÜMEE

Halbakustik-Bässe mit Longscale-Mensur sind nicht eben häufig. Hätte man das gerne noch bundlos, wird die Auswahl extrem klein. Der neue Epiphone Jack Casady Fretless Bass besetzt also eine überschaubare Marktlücke, in der Mitbewerber rar gesät sind – seine Qualitäten spielt er aber auch ganz für sich genommen aus.

An der Sauberkeit der Fertigung gibt es nichts zu meckern, was sich in einer sehr guten Bespielbarkeit, in der guter Ton mühelos in jeder Lage des sauberst abgerichteten Griffbretts ausgespielt werden kann, bestätigt.

An die extrem eckigen Kanten kann man sich gewöhnen – oder sie nacharbeiten (lassen). Die Tonwandlung bringt mit der sehr speziellen, aber leicht zu bedienenden Schaltung eine charakteristische Eigennote – perfekt für quasi-akustische, genau wie deutlich elektrische Sounds und für solide Bassarbeit genauso wie für innovatives Spiel auf den Spuren von Jack Casady selbst. Feines Gerät, zum fairen Preis!

Plus

● Sounds
● Werkeinstellung
● Gewicht
● Optik
● Verarbeitung

Minus

● extreme Griffbrettkanten

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2025)

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