Mehr ist mehr!

Perfekte Synthese: Glockenklang Blue Bird im Test

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(Bild: Dieter Stork)

WENIG IST (SCHON) ALLES

Für den ersten Test schalte ich den Blue Bird an und alles andere aus, was mir nur Gain und Volume lässt. Und das … reicht schon! Detailliert, klar, plastisch, musikalisch – nichts fehlt, nichts ist zu viel. Wenn der Amp nur das könnte, würde es für viele Gelegenheiten schon reichen. Sehr beeindruckend! Als Nächstes ist der Bass-Cut dran. Der entpuppt sich als nützliches Werkzeug, um den Bass-Sound von unnötigem Ballast zu befreien. Die nicht eben schäbige tiefe H-Saite meines MTD-Fünfsaiters blüht noch mal richtig auf, wenn ich den (zu) tiefen Mumpf unterhalb des eigentlichen Tons beschneide. Einfach spielen und nach dem Gehör anpassen – fertig!

Selbst bei einem schon deutlich wahrnehmbaren Cut bei 80 Hz bleibt noch genug Substanz, das kann in einem sehr boomigen Raum die Rettung sein. Und außerdem gibt es ja noch den EQ. Da kann der Bassregler genutzt werden, um trockenen Druck bei 60 Hz zuzugeben, oder – dann eher bei deaktiviertem Bass-Cut – bei 30 Hz ausgedünnt werden. Wenig macht schon viel, die Musikalität bleibt ebenso erhalten wie der Grundcharakter des angeschlossenen Instruments. Treble macht den Ton am anderen Ende des Spektrums schön luftig, oder entschärft wie eine gute, passive Höhenblende.

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Der aggressive Über-Zing meines Status-Basses ist schnell eingefangen und ein unauffällig tragender Begleitton am Start, den man dem knalligen Bass so gar nicht zutrauen würde. Den wichtigen Mittenbereich hat Glockenklang gleich fünffach aufgeteilt, mit den zwei Reglern mit jeweils schaltbarer Center-Frequenz ist schon ziemlich alles abzudecken: Punch und Growl in den tiefen, Holzigkeit und Attack in den hohen Mitten, um dann mit der Semiparametrik, mit einem weiten Einstellungsbereich von unterhalb Low Mid bis oberhalb High Mid, noch eine stufenlose Feinabstimmung vornehmen zu können.

Ein bisschen fummelig kann es dabei schon werden, die Regler liegen teilweise eng zusammen, die Knöpfe sind recht glatt, und die Druckschalter muss man auch noch im Blick haben. Dafür ist der Amp keinen Zentimeter breiter als er sein muss. Die Regelung des Effektweges funktioniert bestens in allen Mischungsverhältnissen, bis er voll aufgedreht seriell wird, über den Effect-Gain-Regler kann auch mit Patchkabel im Loop eine weitere Lautstärke schaltbar angelegt werden. So eingestellt ist der Weg mono, umgeschaltet auf MP3 geht ein Stereosignal rein und an den Kopfhörer. Der Effect/MP3-Regler wird dann zum Balance-Regler zwischen Bass und eingespieltem Signal. Zum lautlosen Spiel muss (und darf) die Box abgestöpselt werden, eine Belegung der Phones-Buchse schaltet nicht automatisch alles andere stumm.

Der danebenliegende DI-Ausgang ist mit allem ausgestattet, was man braucht, um den fantastischen Ton an Pult oder Interface abzugeben, da bleiben keine Wünsche offen. Die Drive-Sektion ist für mich ein Highlight an diesem, an Highlights nicht armen, Amp. Der einstellbare Bereich ist abhängig von der vorigen Regelung durch Gain und ggfs. Trim, geht aber grundsätzlich von komplett clean bis zu deftigem Drive. Der Drive-Level-Regler deckt von ganz aus bis zu ordentlichem Boost alles ab. Auch mit vollem Drive und ohne zugemischtes cleanes Signal bleibt immer genug stabiles Fundament erhalten. Macht der Drive so schon Spaß, geht es mit zugeschaltetem Voice-Regler noch mal richtig ab!

Mit der Beschreibung „es werden die Tiefbässe unter 45 Hz und die Höhen über 5 KHz gecuttet und zusätzlich die Mitten je nach Reglerstellung” in der gut geschriebenen Anleitung konnte ich nicht viel anfangen, real sieht das dann so aus: Ganz zugedreht sind wie beschrieben Tiefbässe und Höhen beschnitten. Je weiter ich aufdrehe, desto mehr kommen sie zurück, bevor mit fließendem Übergang die Mitten reduziert werden. Eine echte neutrale Stellung gibt es nicht, muss aber auch nicht, der Filter kann ja abgeschaltet werden. Ist der Ton also anfangs warm, rund, und Vintage-mäßig, geht es dann in Richtung Moderne und Metal. Zwar funktioniert die Voice-Regelung nur in Kombination mit dem Drive, aber da der auch unverzerrt kann, steht einer Nutzung als zweitem Clean-Kanal mit deutlich anderem Klang-Preset nichts im Wege – sogar fußschaltbar. Oder man nutzt das als Sound für einen zweiten Bass am Eingang B. Oder in Kombination mit der Effektschleife. Oder …

RESÜMEE

Was für ein Amp! Nur mit Gain und Master ist der Ton schon über jeden Zweifel erhaben. Dabei sollte alles, was am Verstärker angeschlossen wird, natürlich passende Qualitäten haben. Schwächen, z. B. am Instrument, übertüncht der Blue Bird definitiv nicht. Was auch immer dann am Blue Bird noch zugeschaltet wird, macht den Sound nicht schlechter, im Gegenteil! Maximale Flexibilität und feinste Klangkultur, von sauber und detailreich bis zu Vintagemäßigem Rotz und drückender Wärme, alles ist hier auf höchstem Niveau abrufbar. Natürlich mit größter Laufruhe und ausreichend Leistung, auch für die große Bühne. Class D in der Endstufe, aber in höchster Klasse! Der Preis macht klar, dass der Blue Bird eine ernstzunehmende Investition in guten Ton ist, aber für die gebotene Qualität, Made in Germany, ist der Kurs absolut angemessen!

PLUS

  • Sound
  • Leistung
  • geräuscharmer, temperaturgesteuerter Lüfter
  • EQ
  • Drive
  • schaltbarer Voice-Filter


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2023)

Produkt: Gitarre & Bass 5/2022 Digital
Gitarre & Bass 5/2022 Digital
IM TEST: Zoom B6 +++ Framus Wolf Hoffmann WH-1+++ Valco FX KGB Fuzz, Bloodbuzz und Five-O +++ Sandberg California Central +++ Origin Effects Bassrig +++ Lava ME 2 Freeboost & ME 3 +++ One Control Strawberry Red +++ Fender Player Plus Meteora HH & Active Meteora Bass +++ Marshall 2525H & JVMC212 Black Snakeskin LTD

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Wo ist z. B. der 9V Anschluss für meinen Kompressor, der konstant läuft und gut neben dem liegt?

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