2006 bei Peter Weihe: zwei 58er Les Pauls sowie eine 50s Goldtop (Bild: Udo Pipper)
Angeregt durch die heimischen Erlebnisse mit den in der letzten Ausgabe beschriebenen Vintage-Les-Pauls, wollte ich natürlich die Zeit auch nutzen, um an den Ursachen für die festgestellten Klangergebnisse zu forschen.
Im Jahr 2006 hatte ich zusammen mit Andreas Kloppmann den Studio-Gitarristen Peter Weihe schon einmal in Hamburg besucht. Damals hatte ich eine 1958er Les Paul im Gepäck, die einst Dickey Betts auf den legendären Aufnahmen zum ‚Live At Fillmore East‘- Album der Allman Brothers gespielt hatte. Vermutlich war es auch die Gitarre, mit der er seinen Instrumental-Hit ‚Jessica‘ einspielte. Und die wollte Peter unbedingt mit seiner eigenen 58er Les Paul vergleichen.
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Um die Sache abzukürzen: Obwohl aus dem gleichen Baujahr und Material klangen die Gitarren sehr unterschiedlich. Die Dickey-Betts-Paula klang hell und offen, relativ stringent im Bass, aber in der Summe recht hart und „scooped“ in den Mitten. Man könnte sogar soweit gehen und behaupten, dass sie ein regelrechtes Mittenloch besaß. Die Gitarre von Weihe hingegen sprach besser an, tönte insgesamt weicher und hatte diese ausgeprägte Mittenpalette wie man sie von einer herausragenden Les Paul erwartet. Sie hatte diesen verführerischen „Schmatz“ im Anschlag und klang in jeder Lage ausgewogener.
Die Allman-Brothers-Gitarre hatte jedoch diesen unverkennbar, leicht nasalen Charakter im Clean-Bereich. Doch welche war nun typisch?
Darauf wussten wir damals keine Antwort, staunten über die Unterschiede jedoch nicht schlecht. Im direkten Vergleich mochten Peter und Andreas Kloppmann die 58er von Weihe viel lieber, während ich in ihr eher das Allround-Talent zu erkennen glaubte und in der Betts-Les-Paul den Charakter-Kopf, der auf seine ganz eigene Art eine unverkennbare Stimme besaß. Doch gilt das auch für alle anderen Vintage-Les-Pauls?
Zuhause verhielt es sich ähnlich mit den drei Probanden aus Berlin. Die 58er Goldtop klang wunderbar offen und klar mit sehr prägnantem Anschlag und so einem verführerischen „Glitzern“ im Hochton, die amberfarbene 59er dagegen fett und mittig mit sehr rockigem Antritt und die 59er Sunburst, genannt „Fritze“, süß, zart und singend. Jetzt höre ich die Kritiker schon wieder unken aufgrund meiner recht abgedroschenen Beschreibungen. Sei’s drum. Es ist eben verdammt schwer, solche Unterschiede verbal zu beschreiben. Für Klang gibt es eben keine Worte.
Peter Weihe testet eine 59er Les Paul mit Bigsby. (Bild: Udo Pipper)
UND NOCH DREI WUNDERBARE BURSTS…
Als Peter davon hörte, dass ich drei alte Les Pauls geliehen hatte, erteilte er mir eine Einladung der besonderen Sorte, denn wir verabredeten uns mit Thomas Weilbier von Nr. 1 in Hamburg, Peters langjährigem Gitarren-Berater und Burst-Experten Harald Schliekelmann aus Walsrode, Pickup-Legende Andreas Kloppmann und Udo-Lindenberg-Gitarristin Carola Kretschmer, die auch eine Burst zur Hörprobe beisteuern wollte. Und darauf hatte ich mich besonders gefreut, da ich Kretschmers Ton seit jeher liebte.
Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Carola tauchte nicht auf. Sie sei schwer an einer Grippe erkrankt, hieß es. Nur wenige Tage nach unserem Treffen erreichte uns die schockierende Todesnachricht. Aufgrund dessen habe ich auch beim Schreiben dieser Zeilen einen gewaltigen Kloß im Hals. Dazu später mehr. Ich versuche das Schaffen von Carola Kretschmer an anderer Stelle noch zu würdigen.
Andreas Kloppmann und Harald Schliekelmann (Bild: Udo Pipper)
Zum Treffen hatte Thomas Weilbier zwei wunderschöne und perfekt erhaltene 59er Bursts mitgebracht, bei Peter standen noch seine von Gitarrenbauer Stefan Zander präparierte Historic-Collection-Les-Paul mit neuem Honduras-Mahagoni-Hals samt zertifizierten Rio-Palisander-Griffbrett mit zwei Double-White-59er-PAF-Pickups, seine Collectors Choice STP mit einem Kloppmann-Peter-Weihe-Set sowie eine wirklich umwerfende 1960er Les Paul ebenfalls mit Double-White-PAFs. Die drei Leihgaben habe ich aus Sicherheitsgründen zuhause gelassen. Ich wollte keinen Transportunfall riskieren, obwohl ein möglicher Vergleich natürlich verlockend erschien.
Peter Weihe hat ein System entwickelt, um Burst-Sounds zu archivieren. Er nimmt so viele alte Les Pauls wie möglich mit den jeweils gleichen Licks „trocken“, das heißt unverstärkt in seinem Studio auf, und schickt diese Licks dann via Re-Amping über verschiedene Amp-Settings zurück in seine Abhöranlage. Die Boxen stehen schalldicht im Keller und sind entsprechend mikrofoniert. Die Licks spielt er dabei jeweils an verschiedenen Tagen zu verschiedenen Uhrzeiten, da er auf kleinste Variationen im Anschlag Rücksicht nehmen möchte („morgens klinge ich anders als abends…“).
So kann man auf Knopfdruck bei gemäßigter Lautstärke ganz entspannt die verschiedenen Gitarren hören. Nun spielte Peter uns verschiedene Aufnahmen vor, ohne zu sagen, welche Gitarre man hört. Wir sollten dann in einer Art Blindtest unsere Vorlieben und Eindrücke schildern.
Zwei 59er Les Pauls und eine von 1960 (Mitte) (Bild: Udo Pipper)