Blockhütte

Gretsch G5622T Electromatic Center Block Double-Cut im Test

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Gretsch hat mit seinen Center Block Guitars eine Reihe weitgehend Feedback-resitenter Instrumente an den Markt gebracht. Die vorgestellte Electromatic Double Cut mit Bigsby ist nicht nur erschwinglich, sie erfüllt auch so gut wie alle Erwartungen, die man vom Sound her an eine Gretsch nur stellen kann.

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(Bild: Dieter Stork)

Center-Block-Modelle gibt es inzwischen bei Gretsch in verschiedenen Ausführungen. Von der preisgünstigen Streamliner ab ca. € 450 bis hin zur teuren White Falcon Double Cutaway aus der Professional Edition, die bei € 3500 liegt, reicht das Programm an Semi-Acoustics mit massivem Mittelblock.

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Klassischer Look – erneuertes Innenleben

Von der Optik her haben wir es mit einem rundum klassischen Double- Cutaway-Thinline-Modell von etwa 4,5 cm Zargentiefe aus dem Hause Gretsch zu tun. Den Unterschied macht der Center Block aus Fichte, welcher bei der G5622T Electromatic die gesamte Korpusmitte füllt und, da er „chambered“ genannt wird, wohl auch Hohlräume aufweist, um Gewicht zu sparen.

Interessant, mit einem gehöhlten Block der Hollowbody das Feedback austreiben = doppelte Höhlung ergibt Festigkeit. Wie üblich ist dieser Korpus aus laminiertem Ahorn in seine leicht gewölbte Form gepresst, der interne Block wurde an die entsprechenden Rundungen von Decke und Boden sauber angepasst. Die Zargenränder zeigen sich von cremefarbenen (Aged White) Bindings eingeschlossen, was auch für die zwei traditionell geschnittenen f-Löcher, die Kopfplatte und das Griffbrett gilt. Der in Höhe des 18. Bundes eingeleimte Hals aus Ahorn mit „Standard U Neck Shape“ trägt ein Griffbrett aus Palisander mit 12,5″-Radius, in das 22 sauber verarbeitete Medium- Jumbo-Bünde gesetzt wurden. Die ebenfalls klassischen Perloid Thumbnails zur Lagenkennung setzen bündig seitlich an das Binding auf der Sichtkante an. Die schlicht gehaltene Gretsch-Kopfplatte mit schwarzer Front verfügt über hübsche Vintage Style Open Back-Mechaniken, von denen aus die Saiten über den Graph-Tech-NuBone-Sattel mit 62,5 cm Mensurlänge hinüber zur Anchored Adjusto- Matic Bridge laufen, um dann vom Bigsby Vibrato gekontert zu werden.

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Spezielle Sounds: Hilo‘Tron Pickups (Bild: Dieter Stork)

Die Elektrik rekrutiert sich aus zwei Super Hilo‘Tron Pickups, jenen originellen Singlecoils mit seitlich angebrachten Magneten und einzelnen Reihen justierbarer Pol-Schrauben also, die Gretsch schon seit den 50er-Jahren einsetzt. Regler mit griffigen G-Arrow Control Knobs sorgen für bekannte Verwaltung: Volume 1 Neck Pickup, Volume 2 Bridge Pickup plus Master- Volume und Master-Tone. Schalter: 3- Position-Toggle für die Einzel- oder Zusammenschaltung der Pickups.

Zu erwähnen bleibt noch das Cream Plexi Pickguard mit Gold Gretsch Logo und die nach wie vor großen aufgeschraubten Gurt-Pins. Neben Georgia Green ist dieses in gehobenem Industriestandard gefertigte Modell auch noch in den Farben Black, Walnut und Vintage Orange zu haben.

Gewohntes Spielgefühl – High Gain-tauglich

Die G5622T Electromatic wiegt trotz ihres Center Blocks (chambered) lediglich 3,5 kg und fühlt sich mit ihrem Thinline- Korpus auch bestens, aber natürlich keineswegs neu an. Das sogenannte Standard „U“ Neck Shaping drückt sich schon in einer tendenziell breitschultrigen Formgebung aus, hat aber ansonsten mit den gefürchteten überfetten Halsformen alter Zeiten nichts zu schaffen. Sagen wir so: Es ist flach genug für die komfortable Handhabung, ohne es an Substanz fehlen zu lassen. Die Bundierung mit Medium Frets ist sauber ausgeführt, die Kronen wurden auf Hochglanz getrimmt, was – zusammen mit der nicht zu flach, dafür nebengeräuscharm eingerichteten Saitenlage – zu spontanem Spielspaß führt. Die Einstellung erlaubt also auch dynamischen Plektrumeinsatz, ohne dass ansetzende Saiten die Tonentfaltung einschränken.

Verstärkt kommen wir als Gretsch-Fans erst recht auf unsere Kosten, was das firmentypische Klangspektrum anbelangt. Die Hilo‘Tron Pickups verfügen über nur geringe elektrische Widerstände von gut 4 kOhm und übertragen die Sounds der verschiedenen Schaltstufen erwartungsgemäß mit dem charakteristischen Jingle Jangle der Gretsch-Konstruktionen, sind aber doch schlanker als Filter‘Trons und können mit ihrem knackigen Twang besonders Freunden von Surf, Rockabilly und Co. gefallen. Über den Hals-Pickup angespielt, vermittelt sich der knackig-knorpelige Ton mit offensivem Präsenzverhalten. Der Anschlag wird also akzentuiert herausgestellt, die angeschlagene Note springt wie abgefedert vor. Der Sound ist eher geprägt von Perkussion und Stringenz, als von weicher Rundung und Sustain. Letzteres ist dennoch nicht schlecht, aber wer haltend singende Linien wünscht, der wird bei Gitarren mit anderen Pickups eher fündig. Besser aufgestellt sind da schon Leute mit eher rhythmischem Ansatz, die mit perkussiv markantem Linienspiel auf ihre Kosten kommen.

Schalten wir auf den Hilo‘Tron am Steg, so nimmt die drahtige Brisanz in der Darstellung deutlich zu. Der Ton hat Biss und Schärfe, sorgt bei akzentuiert herausgestelltem Anschlag für rasanten Twang. Das kommt über den klar eingestellten Verstärker irgendwie spirrig und auch leicht grätzig, entfaltet aber in den Hall geschickt seinen ganz besonderen Reiz im Sinne von Surf und Twang. Dieser zugespitzte Sound nimmt dann mit zunehmendem Gain an Rasanz und drückender Präsenz noch zu und haut dann in satten Zerreinstellungen mit scharfem Schwert durch den Band-Mix. Allen Einstellungen ist aber auch ein gewisser, ganz eigener Silberstreifen im Klang gemein. Das ist so speziell wie gut, aber natürlich nicht jedermanns Sache. Muss es ja auch gar nicht, denn wir reden an dieser Stelle von der Erweiterung der Ausdrucksmöglichkeiten, über Sounds, die mit Hollow-Body-Gretsch-Gitarren wegen des sich längst vorher schon aufblasenden Feedbacks früher so gar nicht denkbar waren.

Mit beiden Hilo‘Trons aktiviert eröffnen sich uns ebenfalls Kehl-Sounds der Extraklasse. Hohl, leicht glasig, aber auch silbrig offen klingelnd, rollen die Akkorde nun aus den Speakern. Das hat auch in härteren Gangarten etwas zu bieten und ist die erwartete gute Ergänzung zur schön speziellen Klangauslegung der G5622T Electromatic.

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(Bild: Dieter Stork)

Regelbedarf? Die scharfen Spitzen lassen sich mit dem gut arbeitenden generellen Tone-Regler im Übrigen auch ganz pragmatisch abgleichen. Bei stärkerer Abregelung im Zerrmodus gibt das dem Klang in allen Schaltpositionen etwas Grollendes, von innen heraus Drückendes. Auch das Zurücknehmen der einzelnen Volume- Regler bedämpft den Ton schon am Anfang des Regelwegs, was sich in diesem Fall aber gar nicht schlecht macht. Hilfreich ist bei der allgemeinen Abstimmung immer wieder auch der schnelle Zugriff auf das Dynamikverhalten der Gitarre über den Generalsummenregler vorn unten.

Es sei am Ende noch angemerkt, dass dieses tendenziell prekäre Herausstellen des Anschlags mit rhythmischen Ungenauigkeiten nicht gerade verzeihlich umgeht, besser gesagt dieselben sogar gnadenlos offen legt. Das hat fast schon etwas Erzieherisches, macht aber andererseits auch total an, also: take care! Das irgendwie elementar zu Gretsch-Gitarren gehörige Bigsby-Vibrato arbeitet in seinem begrenzten Rahmen erwartbar ordentlich und sorgt für einen modulierenden Schimmer, den man zeitlos traditionell nennen könnte.

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Traditioneller Wackelpeter: Bigsby Vibrato (Bild: Dieter Stork)

Alternativen

Hm, steht der Gretsch-Sound nicht für sich? Kann man da wirklich Alternativen mit ähnlichem Klangambiente finden? Sicher gibt es eine große Auswahl an Semiacoustics mit und ohne Sustainblock, aber dieser spezielle kehlige Gretsch-Ton bei der G5622T Electromatic Center Block ist natürlich einerseits Ergebnis der Konstruktion, aber andererseits nicht zuletzt doch auch den recht speziell konstruierten Low Output Hilo‘Tron Pickups zuzurechnen.

Gretsch griff bei diesem Tonabnehmer auf seinen Bestand zurück, verwendete eine einzelne Spule des Filter’Tron Pickups, wickelte den Bobbin aber mit dünnerem Draht und legte den Stabmagneten seitlich mithilfe einer zusätzlichen Stahlklinge (Magnet Keeper) an. Von manchen Gitarristen, vielleicht weil sie eher in den weniger teuren Gretsch-Gitarren Anwendung fanden, als vernachlässigbarer kleiner Bruder der Filter’Tron Pickups betrachtet, aber immerhin von einiger Beatles-Reputation, da George Harrison sie in seiner Tennessean zum Klingen brachte, sind Hilo’Trons doch auch erklärte Favoriten von Tom „TV“ Jones, der sich nicht ohne Grund einen Namen mit tollen Gretsch-Style Pickups machen konnte.

Wenn es darum geht, eine Alternative zu den üblichen Semis mit Humbucker-Bestückung zu finden, kann man natürlich nach halbakustischen Modellen mit P-90 Pickups suchen, wie man sie u. a. bei Duesenberg, D’Angelico oder auch Eastman findet. Die klingen aber natürlich doch alle wieder anders, was keineswegs gegen sie, aber auf jeden Fall für Gretsch spricht.

Resümee

Mit der Entwicklung der Center Block Guitars liegt Gretsch genau richtig. Klassische Gretsch Sounds ohne Reue auch bei größeren Lautstärken, davon konnte man früher nur träumen. Das sauber gefertigte Electromatic-Center-Block-Double- Cut-Modell setzt mit seinen Hilo‘Tron Pickups denn auch bestes Gretsch-Flair in Szene, das dann aber doch noch einen Tick spezieller erscheint, als das bei mit FilterTron ausgestatteten Modellversionen der Fall ist. Diese Singlecoils werfen ein besonders helles Licht, das aber mit viel Draht im Ton und bei entsprechender Disposition des Spielers mit ungemein gradlinigem Twang zu überzeugen weiß.

Das ist etwas für Leute mit stark rhythmischer Spielweise, die aber auch mal etwas mehr Dampf machen wollen – und da läuft die Electromatic Center Block dann auch zu hoher Form auf. Da die Gitarre sich jetzt auch noch lässig spielen lässt und sowieso retro-cool aussieht, kann man nur noch sagen: gut gemacht Gretsch!

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Plus

  • klassisches Design „+“
  • perkussives Anschlagsverhalten
  • Feedback-resistent durch Center Block
  • Hilo‘Tron Pickups, bissige Twang Sounds
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

Aus Gitarre & Bass 06/2017

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