Boutique-Qualität zum kleineren Preis

Flotter Dreier: JHS 3 Series Phaser, Flanger, Hall Reverb im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Boutique-Effektgeräte werden nicht zuletzt dadurch begehrenswert, dass sie schön aussehen, außergewöhnlich klingen und einen gewissen Preis kosten. Was aber, wenn einer DER Boutique-Hersteller überhaupt, an diesen Grundsätzen rüttelt?

Mit den Pedalen der 3 Series hat JHS ein neues Segment in der Welt der teuren und exklusiven Boutique-Geräte geschaffen. Die Idee: Der Kunde bekommt die volle JHS-Qualität zu einem Preis, der eher vergleichbar mit der Serienfertigung richtig großer Hersteller ist. Aber wie soll das gehen?

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JHS hat für dieses Projekt auf maximale Vereinheitlichung der Geräte gesetzt. Alle Pedale kommen mit identischer Bedienoberfläche, keinerlei graphischem Design, sowie einem schlichten, weißen Gehäuse und sind so optisch nur anhand der Beschriftung voneinander zu unterscheiden. Alle Geräte sind mit drei Potis und einem Mini-Switch für jeweils eine Extrafunktion ausgestattet. Während wir den Großteil dieser Reihe bereits Anfang des Jahres 2021 besprochen haben, wird die Serie nun mit einem Flanger, einem Phaser und dem Hall Reverb noch einmal um drei weitere Geräte aufgestockt.

(Bild: Dieter Stork)

Das Innenleben der drei Pedale gibt wenig über die verwendeten Bauteile Preis, da alle Platinen nur ihre Unterseite zeigen. Zumindest die Lötarbeiten sind aber blitzsauber. Alle Klinkenbuchsen packen fest zu, während die Drehregler ein sahnig laufendes Gefühl vermitteln. Der Fußschalter gibt ein knackiges Feedback und so bleibt nur festzuhalten, dass sich alle drei Kandidaten in puncto Verarbeitung ohne Fehl und Tadel präsentieren.

FLANGER

Ein Flanger darf natürlich in keinem Hersteller-Portfolio fehlen – so hat also auch die 3 Series von JHS nun ein solches Gerät. Neben den beiden Potis für Rate und Intensity, bekommt man mit dem Blend-Regler die Möglichkeit, das trockene Signal mit dem Effektanteil zu Mischen. Der Minischalter mit der Bezeichnung Tape sorgt für eine Art Flattern im Wet-Signal, das an ein stark ausgeleiertes Tonband erinnern soll. Mit allen Reglern in Mittelstellung und dem Rate-Poti im ersten Viertel des Regelweges, ist ein weiches und durchaus angenehmes Modulieren zu hören, welches aber den Klangcharakter der Gitarre nicht zu stark beeinflusst. Dreht man den Intensity-Regler weiter auf, tritt das Flanging immer deutlicher in den Vordergrund und geht langsam in eine Art Vibrato-Effekt über. Grundsätzlich kann man schon festhalten, dass der Flanger sich an den alten Klassikern wie beispielsweise EHXs Electric Mistress orientiert und nicht die klangliche Tiefe eines etwas moderneren Boss BF-3 aufweist. Der Tape-Effekt sorgt noch einmal für etwas Abwechslung, klingt allerdings aber auch ein wenig künstlich.

PHASER

Wo ein Flanger auftaucht ist ein Phaser meistens nicht weit weg. Dementsprechend gibt es als Erweiterung der 3 Series auch ein solches Pedal, das neben einem Blend-, einem Rate- und einem Width-Poti mit einem Feedback-Switch ausgestattet wurde. Hier wird ein Teil des Signals abermals in den Schaltkreis zurückgeführt, was einen deutlichen Einfluss auf den Sound hat. Grundsätzlich orientiert sich auch der Phaser ganz klar an klassischen Vorbildern, wie beispielsweise dem Phase 90 von MXR. Der Phasing-Effekt klingt über den gesamten Regelweg des Width-Reglers angenehm weich und greift nicht substanziell in den Gesamtsound ein. Das ändert sich schlagartig, wenn man den Feedback-Schalter in die obere Position bewegt. Der Effekt wird sofort um einiges intensiver und nimmt ein wenig den Charakter eines Wah-Pedals an. Hier hat man die Möglichkeit, dem Pedal deutlich moderne Phaser-Sounds zu entlocken. Am besten hat mir das Pedal im Test übrigens als eine Art Leslie/Uni-Vibe-Substitut gefallen. Dreht man das Rate-Poti voll auf und bewegt sich mit dem Width-Regler im letzten Drittel des Regelwegs, erhält man einen herrlich psychedelischen 60er-Jahre Vibrato-Effekt. Der Trick liegt hier darin, sich mit dem Blend-Poti vorsichtig an eine perfekte Mischung aus dem trockenen und dem Effekt-Signal heranzutasten.

HALL REVERB

Reverb? Hatten wir das nicht schon in der ersten 3-Series-Testrunde? Jein! Auch ich dachte zunächst an eine versehentliche Überschneidung. Tatsächlich hat JHS die 3 Series um ein zweites Hall-Pedal erweitert. Während sich das bereits getestete Gerät um klassische Reverb-Sounds kümmert, ist das neue Hall Reverb für etwas modernere Shimmer- und Infinity-Sounds zuständig, in der das Reverb-Signal gefühlt unendlich groß ist. Während das Verb-Poti den Effektanteil regelt und Decay die Größe des Hallraums bestimmt, ist der Dampen-Regler für die Dämpfung des virtuellen Raumes zuständig. Im Test starte ich mit diesem Poti auf Linksanschlag und erkunde zunächst das gefühlt unendlich große Reverb-Universum, welches das Hall Reverb bereithält. Wer auf glitzernd-sphärische Klänge mit einer Portion Zuckerguss steht, ist hier genau richtig. Total spannend wird es, wenn man dem Reverb-Signal mittels des Dampen-Potis die ein oder andere Eierpappe an die virtuelle Wand hängt. So wird das Reverb-Signal zunehmend dumpfer und wärmer, was eine Menge Charme hat. Dreht man das Decay-Poti voll auf und bewegt sich mit dem Dampen-Regler in das letzte Drittel des Regelweges, entstehen dumpf vor sich hin brodelnde und durchaus experimentell klingende Sounds, die für eine beeindruckende Atmosphäre sorgen und 80er-Jahre-Sci-Fi-Soundtrack-Fans die Freudentränen in die Augen treiben dürften.

ALTERNATIVEN

Wie bereits im vorherigen Test beschrieben, ist es mit Alternativen ziemlich schwierig. Nicht etwa, weil es keine Effektgeräte in diesem Preissegment gäbe – der Bereich kurz über 100 Euro ist schließlich umkämpft wie kaum ein anderer. Hersteller wie beispielsweise Electro Harmonix liefern eine große Auswahl toll klingender Geräte für einen vergleichbaren Preis. Allerdings handelt es sich hier auch um einen der größten Hersteller für Effektgeräte, die es überhaupt gibt. Dementsprechend groß ist natürlich auch die Infrastruktur, auf die ein solcher Riese in seiner Produktion, dem Vertrieb und dem Marketing zurückgreifen kann. Bei JHS handelt es sich nach wie vor um ein vergleichsweise kleines Team, bei dem noch immer viel in Handarbeit passiert. Daher sehe ich nach wie vor keine Alternative zur 3 Series, wenn es darum geht, Boutique-Pedale zu einem vergleichbaren Preis zu finden.

RESÜMEE

In meinem ersten Test der JHS-3-Series-Pedale attestierte ich dem Hersteller, mit dieser Baureihe keinesfalls das Rad neu erfunden zu haben. Diesen Standpunkt muss ich nun zumindest in Teilen aufgeben. Sicher, die Pedale an sich sind in erster Linie eine Hommage an bekannte und beliebte Klassiker. Dass diese Baureihe aber von einem der renommiertesten Boutique-Hersteller zu einem Preis angeboten wird, der um ein Vielfaches günstiger ist als der Rest des Portfolios, ist schon eine kleine Sensation. Im Test taten sich besonders der Phaser mit seinen schönen Vintage-Sounds und das Hall Reverb positiv hervor.

Hier macht man garantiert keine Abstriche, was Verarbeitungsqualität und Klang angeht. Lediglich das nüchtern weiße Gehäuse muss man hinnehmen, was aufgrund des Preises aber völlig ok ist. Außerdem bietet die große, freie Fläche ja auch noch ausreichend Platz für die Freisetzung der eigenen Kreativität mit einem Edding oder ähnlichem Malwerkzeug.

PLUS

  • Klangqualität
  • Verarbeitung
  • Konzept
  • Preis/Leistung

UPDATE (03. Sept. 2022): Die Preise steigen aktuell auf rund € 145.


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2022)

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