Eastman Romeo LA im Test: She’s got the look!

Eastman ist bei uns vor allem bekannt für seine höchst achtbar traditionell gestalteten Archtops. Das Modell Romeo LA erregt da im Konzert der honorigen fernöstlichen Jazz-Boxes mit ungewohnt augenfälligem Glamour-Look doch einiges an Aufsehen.
Die Eastman Romeo ist ein Original-Design des in Los Angeles ansässigen Master-Luthier Otto d‘Ambrosio, das erstmals 2019 auf der Summer NAMM in Nashville vorgestellt wurde. In Zusammenarbeit mit Eastmans International Sales & Product Development Manager Pepijn ’t Hart entwickelte Otto die neue Romeo LA-Variante in der aufregenden Farbe Celestine Blue. Etwas andere Materialien, neue Pickups und ein Vibratosystem sorgen für differierende Sounds und erweiterte Möglichkeiten, was zusammen mit dem scharfen Look einen größeren Kreis von Spielern ansprechen soll.
HOLLOWBODY DELUXE
Sieht man sich das Repertoire der Archtop Electrics bei Eastman an, welches sich tendenziell am optisch eher dezenten amerikanischen Gitarrenbau in Gibson-Tradition orientiert, fällt das neue Modell Romeo LA tatsächlich etwas aus dem Rahmen. Auf jeden Fall macht es echt etwas her mit dem coolen Göldo Les Trem auf seinem wohlproportionierten Body, ganz zu schweigen vom leicht metallisch aufleuchtenden Finish in Gloss Celestine Blue.
TOLLE INSZENIERUNG – EIN EYECATCHER!
Details: Mit der Romeo LA haben wir eine waschechte Hollowbody Archtop (Zargentiefe 4,8 cm am Halsansatz) mit schwungvoll gestalteten Cutaways unterschiedlichen Zuschnitts in Händen. Intern verfügt der hohle Korpus lediglich über einen quaderförmigen Block, welcher von der zu stützenden Bridge bis zur Zarge hinten am Korpusende reicht.
Boden und Zargen sind aus laminiertem Mahagoni gefertigt, die von einem flachen, mittig gesetzten Brett stabilisierte und mit elegant gestalteten f-Löchern versehene Decke besteht dagegen aus laminierter Fichte anstelle des massiven Tops beim ersten Romeo-Modell. Decken- und Bodenränder zieren unterlegte Ivoroid-Bindings.
In Höhe des 16. Bundes ist der gut breit ausgebaute Hals aus Ahorn in den Korpus eingeleimt. Im Griffbrett aus Ebenholz von 12″ Radius finden wir 22 akkurat verarbeitete mittelstarke Bünde (Jescar FFW47104-P) und Pearl Dot Inlays. Die Griffbrettnavigation wird zudem durch Half Circle Pearl Dots auf der Griffbrettkante unterstützt.

Die abgewinkelte Kopfplatte mit Eastman-Logo (als PearlInlay auf schwarzer Front) ist mit K-Line-Back-Locking-Tuners von Göldo ausgestattet. Die Saiten schwingen in einer Mensurlänge von 628 mm zwischen dem Knochensattel und der Göldo 3-Point-Vario Tunamatic Bridge. Den Abschluss bildet das federgestützte Göldo-LT2-System. Das stylische Les Trem ist übrigens so konstruiert, dass es sich anstelle eines Stoptails montieren lässt.

Elektrik: Zwei in cremefarbene Rähmchen montierte Phat-CatP-90-Pickups (Humbucker-Format) mit hübschen Gold-Foil-Radiator-Kappen von Seymour Duncan werden von zwei individuellen Volume-Potis und einem nur auf den Steg-PU wirkenden Tone-Regler mit Gold-Speed-Knobs kontrolliert. Die Phat Cats arbeiten mit AlNiCo-2-Magneten und sind RW/RP (reverse wind, reverse polarity) verschaltet, sodass in der Mittelposition brummfreie Operation gewährleistet ist.

Dem Modell Romeo LA können wir nur eine, wie eigentlich immer bei Eastman, detailgenaue und rundum perfektionistische Fertigung einschließlich des makellosen Gloss Finish in sparkeligem Celestine Blue zugestehen.
PFIFFIG KOMBINIERTE ELEMENTE – VIELSEITIGE TALENTE
Mit 37,5 cm Korpusbreite haben wir hier ein überschaubar großes, aber nicht zuletzt auch dank gut tief geschnittener Cutaways leicht handhabbares Instrument in den Händen. Im Sitzen erscheint der Hals wegen der recht weit vorn platzierten Taille fast etwas kurz geraten, was die Schlaghand etwa über dem Hals-Pickup in Position bringt – kann man auch superkomfortabel nennen. Stehend gespielt hängt die Archtop vollkommen ausgeglichen und bestens ausgerichtet am Gurt. Die Schlaghand positioniert sich nun etwas weiter hinten zwischen den Pickups. Der perfekt verrundete Hals spielt sich bei einer ordentlichen Sattelbreite von gut 44 mm völlig zwanglos: Sauber abgeglichene Griffbrettkanten, wohlgerundete Bundenden, perfekt polierte Bundierung, tief eingerichtete Saitenlage: das ist alles Premium-Klasse.

Akustisch tritt die Archtop dann mit einer wunderbar offenen Klangentfaltung auf. Akkorde kommen satt und dennoch transparent aufgelöst zum Ohr, die Klangfarben sind von feiner Textur und obertonreicher Strahlkraft. Eine tolle Mischung aus leichter Ansprache, spontanem Tonausbau und schwingintensivstem Abklang. Hm, da rutscht uns doch schon in diesem frühen Erkundigungsstadium unversehens ein Superlativ raus. Schauen wir einmal, ob dem akustischen Verspechen auch elektrische Erfüllung folgt.
Die Phat-Cat-P-90 Pickups von Seymour Duncan sind im Grunde klassische Soapbars, nur eben in der Größe von Humbuckern und gegen diese auch leicht zu tauschen. Aber warum sollte man? Der gediegene Sound dieses Pickup-Typs hat sich mit seinen konzentrierten Mitten, trockenen Bässen und glockigen Höhen in die Gene des Rock’n’Roll eingeschrieben und kann – Brummen hin oder her – gar nicht kleingeredet werden. Was er uns wohl als Duncans Phat-Cat-Interpetation in der Romeo LA zu bieten hat?
Am Hals vermittelt er das erwartet kernig volltönende Bild, tiefgreifend und transparent. Die Stimmen im Akkord staffeln sich zu plastisch aufgelösten Mehrklängen, griffig, perlfrisch und frei. Die Hollowbody-Konstruktion sorgt für eine ungemein resonanzfreudige Darstellung, der Response wird anschlagsgerecht umgesetzt und der Ton federt sozusagen spontan vom Griffbrett. Clean ist toll, Crunch kommt wie angeschoben, nur für höhere Lautstärken ist diese Archtop natürlich nicht die beste Wahl. Es gibt noch diesen Zwischenbereich, in dem vor allem der Fan von Feedbacks glücklich werden kann, denn die lassen sich ab einem gewissen Level leicht und gezielt provozieren, und damit ist gut singen! Bei höher aufgedrehtem Amp wird es mit der Kontrolle dann schwierig. Das ist wenig überraschend und dient nur der Einordnung, denn diese Gitarre entfaltet ganz bewusst ihre Stärken in Bereichen, die der Hersteller als „its hometown’s glam and airy west coast tones“ beschreibt.
Der Phat Cat P-90 am Steg liefert dann jede Menge Twang mit kompakt fokussierten Mitten und scharfem Höhenbiss, auch hier unterstützt von der Federkraft der Konstruktion. Damit lässt sich rhythmisch sehr schön pointiert arbeiten, denn die frisch aufreißende Anschlagsperkussion sorgt für besonders akkurate Darstellung. Auf den Basssaiten gespielte Riffs, Linien und Powerchords schießen knochentrocken ins Feld, sorgen in Rock’n’Roll und Rockabilly, oder auch Surf, Americana und Co. für den richtigen Energieschub von unten, bieten verlässliches Rückgrat und starke Kontur.
Solospiel geht auf diesem Hals besonders leicht von der Hand und ist bei stabiler Tonentfaltung des Steg-PUs von aufreizendem Biss und durchsetzungsfreudiger Präsenz geprägt – go Cat go! Die Kombination der Pickups ergänzt das Klangrepertoire dann noch um eine zusätzliche, wunderbar kehlige Variante. Mit leichten Auslöschungen im Frequenzbild und etwas gespreizt in der Darstellung werden hier die vorgenannten Eigenschaften der einzeln geschalteten Pickups zu einer attraktiven weiteren Farbe vereint, knusprig und glockenhell.
Bleibt noch eine Besonderheit der ansonsten tadellos funktionierenden Kontrollmimik zu erwähnen: Der einzelne Tone-Regler greift allein auf den Steg-Pickup zu.
Bonus: Das stylische Göldo Les Trem ist in Verbindung mit der Göldo 3-Point Vario Bridge eine ausgefuchste Sache. Für ein konventionelles Federvibrato bietet es in begrenztem Rahmen eine bemerkenswert stabile Funktion. Für Divebombings indes ist dieses System natürlich weniger geeignet – Schimmern und Wimmern dagegen lässt sich damit ganz hervorragend.
RESÜMEE
Mit dem attraktiv gestalteten Modell Romeo LA stößt Eastman in neues Terrain vor. Die Wandlung in der bisher eher konservativ geprägten Design-Politik des chinesischen Herstellers vom dezenten Dienstleister hin zur strahlenden Diva auf dem roten Teppich ist geradezu erstaunlich. Die Romeo LA ist aber nicht nur eine Archtop von blendendem Äußeren, diese Gitarre erfüllt mit Bravour ihre Aufgaben als Genre-Instrument im weiteren Umfeld von Rock’n’Roll und Rockabilly, wo ihr offener und federleichter Ton, verbunden mit klangfarblicher Delikatesse freudvolles Tun garantiert. Müßig zu erwähnen, dass diese leichte Hollowbody Thinline für härtere Gangarten wegen schnell einsetzender Rückkopplungen bei angehobener Lautstärke weniger geeignet ist. Das ist absolut in Ordnung, denn der Zuschnitt auf bestimmte Darstellungen im Clean- bis Crunch-Bereich ist dafür umso effektiver geglückt.
Eine perfekte Gitarre zu einem fast schon erstaunlich günstigen Preis mit lobenswerten Spieleigenschaften für alle Spieler mit Sinn für perkussive, holzgetränkte Sounds, die von Seymour Duncans hübsch eingekleideten Phat-Cat-P-90-Pickups gewährleistet werden. Diese Archtop gewordene Rhapsody in Blue singt wie ein liebestrunkener Vogel im Frühling und kann fraglos als Highlight ihrer Gitarrenkategorie gelten. Check!
PLUS
- Design & Look
- Mahagoni-Fichte-Korpus
- Pickups
- Sounds
- Bundierung
- Preis-Leistungs-Verhältnis
- Verarbeitung
MINUS
- konstruktionsbedingt nicht für höhere Lautstärken geeignet
(erschienen in Gitarre & Bass 06/2022)
sehr gute und ausführliche beschreibung, abgesehen davon, dass es bei der festlegung des namens noch leichte unsicherheiten gibt (romeo vs. rodeo).
1.900,- für ein China Produkt muss nicht sein. Schon gar nicht in Zeiten wie diesen.