G&B Basics

Saitenwechsel bei Konzertgitarren

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(Bild: Hausmann)

Das Saitenwechseln ist bei einer Konzertgitarre eine richtig komplexe Angelegenheit. Obendrein gibt es verschiedene Methoden, die Schlingen und Knötchen in die Saiten zu knüpfen.

Doch egal wie verschieden die jeweilige Herangehensweise aussehen mag, der Erfolg der Methode wird am Ende des Tages von zwei Kriterien bestimmt: die Saite soll a) möglichst verstimmungsfrei fest sitzen und b) flott wieder zu lösen sein. Ohne Werkzeug, versteht sich!

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Wann?

Als erstes wäre der richtige Zeitpunkt für den Saitenwechsel zu bestimmen. Amateure lassen sich meist erst zu einem Tausch der Saiten überreden, wenn eine Saite reißt, und ersetzen womöglich nur, was akut kaputtgegangen ist. Der Profi wechselt hingegen den gesamten Satz, wenn die Saiten nicht mehr gut klingen, die Bässe dumpf werden, oder die korrekte Intonation langsam nachlässt.

Einige wechseln sogar die Basssaiten doppelt so häufig wie die Diskantsaiten. Alles relativ und Geschmackssache. Abgesehen vom Saitenreißen wären sichere Verschleißmerkmale durch häufigen Anschlag aufgeraute Diskantsaiten oder spürbare Dellen in den umwickelten Saiten vom häufigen Greifen. Vielleicht sind die Bässe sogar schon korrodiert, leichte Verfärbungen hingegen sind nicht unbedingt ausschlaggebend.

Bei mir persönlich wird generell der ganze Satz getauscht, sobald Klang oder Intonation nachlassen. Die Häufigkeit variiert deutlich zwischen einer Woche und zwei Monaten, abhängig davon, wie sehr sich die tägliche Spielzeit auf verschiedene Instrumente verteilt.

Vorbereitung

Im Prinzip ist es egal, ob man die Saiten einzeln nacheinander wechselt, oder erst alle Saiten komplett entfernt. Letzteres hat den Vorteil, dass das Griffbrett gleich gesäubert werden kann. Also runter damit, aber keinesfalls bei voller Spannung einfach durchschneiden, denn darunter leiden die Mechaniken und außerdem bekäme die Decke eventuell Macken.

Sobald wir die Saiten los sind, bringen wir die Bohrungen in den Walzen der Mechaniken nach vorne, also in einen Winkel von 90 Grad zur Kopfplatte. Wer einen Bleistift griffbereit hat, könnte noch schnell mit etwas abgeriebenem Grafit die Sattelkerben schmieren, denn das reduziert die Quietsch- und Knack-Geräusche beim Stimmen später deutlich.

Achterknoten am Steg

Gerade am Steg scheiden sich die Geister. Denn entweder wird die einzelne Saite jeweils fest genug geknüpft, dass sie nicht herausrutschen kann (was besonders bei den Diskant-Saiten schnell passiert), oder man sorgt dafür, dass sie sich gegenseitig halten. Ich bevorzuge Letzteres, denn damit bin ich schneller und habe so auch gleich die Enden fixiert, was weitere Knoten oder ein Abschneiden überflüssig macht. Darüber hinaus wird die Wahrscheinlichkeit reduziert, später mit der Kleidung daran hängen zu bleiben.

Das lose Ende der dünnen e-Saite wird von außen unter die Saite und dann von oben in die Schlaufe am Saitenhalter mit zwei Windungen geführt. Anschließend hält man das Ende am Block bei der Bohrung der b-Saite fest, sodass es sich mit der nächsten Saite festklemmen lässt. Mit der anderen Hand muss man die Saite dann nur noch festziehen.

Diese Methode gilt für alle drei Diskantsaiten, wobei die g-Saite erst festgezogen werden sollte, wenn der entsprechende Schritt mit den Bass-Saiten bereits erfolgt ist. Auch hier sollte man von außen, also mit der E-Saite, anfangen.

Der Einfachheit halber kann man bei den umwickelten Saiten analog verfahren: Also auch das lose Ende von außen unter die zu spannende Saite und von oben in die Schlaufe am Block führen. Hier reicht diesmal eine Windung. Das Ergebnis sieht somit aus wie eine Acht. Die D-Saite kann eine Windung mehr vertragen, wenn man mag. Am Ende halten sich dann g- und D-Saite gegenseitig und alle Enden zeigen nach innen.

Sollen sich die Saiten nicht gegenseitig halten, müsste man bei den Diskantsaiten eine Windung mehr nehmen. Ansonsten wäre es bei den Basssaiten eine Alternative, statt der beschriebenen Acht die Saiten durch eine einfache Schlaufe am Steg zu fixieren. Dafür ist es empfehlenswert, das lose Ende von innen unter die Saite zu führen, damit das Ende am Schluss auch wieder nach innen zeigt.

Die E1-Saite wird von hinten durch den Steg geführt und...
... zweimal um sich selbst gewickelt.
Das Ende legt man in Richtung B2-Saite und ...
...zieht die Saite stramm. Das Ende wird von der B2-Saite fest gehalten. Genauso verfährt man mit der B-2-Saite, deren Ende von der G3-Saite festgehalten wird.
Die E6-Saite bekommt einen Achterknoten, wird fest gezogen und ihr Ende in Richtung A5-Saite gelegt.
Ebenso verfährt man mit den A5- und D6-Saiten.
Schön gewickelt!

Saiten auf der Walze

Nachdem die Saiten am Steg fixiert sind, kommen wir zu den Mechaniken. Damit sich die Saiten später nicht kreuzen und die jeweilige Saite in möglichst geradem Winkel über den Sattel zur jeweiligen Walze verläuft, ist es ratsam, die beiden E-Saiten nach außen zu wickeln und die übrigen vier Saiten nach innen. Hier gilt es, die Saite von vorn in die bereits ausgerichtete Bohrung zu stecken und auf der vom Sattel abgewandten Seite wieder nach vorn zu holen.

Anschließend wird das lose Ende um die Saite geführt und in die dadurch entstehende Schlaufe gesteckt und festgezogen. Wichtig: Das Ergebnis ist kein fester Knoten, den man später schlecht entfernen kann, sondern wird nur durch die Saitenspannung in Position gehalten.

Dafür muss beim Saitenwechsel zunächst die noch freie Hand sorgen. Das geschieht bei den beiden E-Saiten idealerweise von innen und bei den übrigen Saiten von außen, während unter der noch lockeren Saite am Sattel grob eine Hand breit Platz ist. Wenn man beim Aufwickeln auf der jeweils entgegengesetzten Seite anfängt, wird die Saite einmal gekreuzt und sie fixiert sich selbst. Oft ist es eine gute Idee, die herausstehenden Enden gleich abzuschneiden, damit sie nicht in der nächsten Mechanik hängen bleiben.

Das klingt in Worten zwar kompliziert, ist aber halb so wild, selbst wenn man kein Seemann ist. Wer diese Knüpfmethode nicht mag, kann alternativ die Saite in einer S-Kurve so um die Walze führen, dass sie zweimal durch die Bohrung geführt wird. Dafür ist dann aber zumindest die E-Saite zu dick.

Erst die Saite (hier: H2) an der Kopfplatte in eine Schlaufe legen und festhalten, dann..
... stramm ziehen und unter Spannung aufwickeln.
Auch die E6-Saite wird zu einer Schlaufe gelegt, ...
... unter Spannung gesetzt und ...
...sauber aufgewickelt.
Die nach innen verlaufenden Wicklungen, wie z. B. hier bei der A2-Saite, kreuzen sich jeweils einmal, was zu einer guten Fixierung beiträgt.

Feinheiten und Tipps

Dass man Knicke unter allen Umständen vermeiden sollte, ist wohl bekannt, aber Nylonsaiten geraten schon buchstäblich aus der Form, wenn sie mit bloßen Händen unsanft oder ungleichmäßig gedehnt werden. Wenn die Saite anschließend nicht mehr gleichmäßig ist und dicke und dünne Stellen hat, war es das mit der sauberen Intonation. Von daher sollte man nicht zu stark reißen, um die Knoten am Steg festzuziehen.

Auch die früher üblichen kleinen Knoten mit Zange am Saiten-ende sind keine gute Idee, es sei denn man verwendet einen „Endacht“- Achterknoten, der sich von selbst zusammenzieht. Daher sollte man zum Schluss die Saiten nur vorsichtig und sanft mit Fingerspitzengefühl über die ganze Länge mehrmals leicht dehnen, damit sie sich schneller setzt und nicht mehr so lange streckt.

Vor dem endgültigen Stimmen könnte noch darauf geachtet werden, dass die Schlaufen am Knüpfsteg möglichst tief sitzen, damit sie nicht die Auflagewinkel der Saiten auf die Stegeinlage reduzieren. Manchmal bringt dieses kleine Detail bei Instrumenten mit Tonabnehmer sogar das letzte bisschen Ausgewogenheit in der Lautstärke der einzelnen Saiten.

Fertig gewickelte Kopfplatte! (Bild: Hausmann)

Fazit

Nach meinem ersten eigenen Saitenwechsel sahen die Mechaniken aus wie Wollknäuel. Wie immer im Leben macht erst die Übung den Meister, aber jeder kann das leicht schaffen. Vielleicht helfen diese Tipps weiter, inspirieren, lassen die eigene Methode überdenken, vielleicht wird es als Anleitung wie ein Rezept genutzt. Ihr wisst schon, die Saiten müssen nur ordentlich fest sitzen und später muss man sie leicht wieder entfernen können. Der Rest ist kreativer Spielraum. Viel Erfolg dabei!


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Kommentare zu diesem Artikel

  1. merci für die wirklich ausführliche Anleitung…funzt 🙂

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  2. Gibt es einen Tipp, wie man die Zeitdauer verkürzen kann, bis die Stimmung nach Seitenwechsel bei konstanter Umgebungstemperatur ordentlich erhalten bleibt?

    Obwohl ich die Saiten gut fixiere, dauert das oft sehr lange. Vielleicht mal über Nacht deutlich höher stimmen?

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. Alle Saiten einen Halbton höher stimmen, nach einer Nacht die Diskantsaiten nochmal so nachstimmen, am folgenden Abend ist die Gitarre dann spielbereit.

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