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Kabelsalat und seine Zutaten

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Wenden wir uns nun dem zweitwichtigsten und dennoch am meisten vernachlässigten Thema zu: den Kabeln. Mit ihnen ist es tatsächlich wie mit dem Essen. Man wird mit ständigem Junkfood zwar nicht gerade verhungern, wer aber Wert auf Gesundheit und Qualität legt, wird sich wohl kaum mit Fastfood zufrieden geben. Ähnliches gilt für Kabel; ein billiges wird das Signal natürlich auch transportieren. Ob es aber die künstlerische Präsenz in all ihren Facetten wiedergibt, bleibt zu bezweifeln.

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Ich kenne das Dilemma, in dem sich viele wähnen, nur zu genau: Man gibt ungern Geld für eine Sache aus, die man nicht so richtig zu schätzen weiß. Warum € 150 und mehr für gute Kabel investieren, wenn ich für das gleiche Geld ein tolles neues Effektgerät kaufen könnte? Die alten Kabel tun es doch noch! Doch schlechte Kabel können die beste Elektronik dieser Erde soundmäßig zum Desaster werden lassen.

Wir bekamen einmal den Auftrag, für einen Kunden sein Effekt-Board zu optimieren. Ihm klang sein Ton zu belegt, alles fühle sich an wie durch einen Filter gepresst, außerdem habe er immer wieder Signalaussetzer. Er habe zwar schon in Buffer (Aufholverstärker) investiert, aber leider ohne Erfolg. Dabei war die Lösung recht simpel. Er hatte eine Menge guter Geräte im Wert von über € 2000 auf seinem Board. Verkabelt war das Ganze aber mit Patch-Kabeln vom Wühltisch: 10 Stück für € 14,90. Wir haben diese Kabel durch gut klingende Profiware ausgetauscht, und das WahWah mit einem Real Bypass versehen. Das Resultat waren 2 dB (!) mehr Signal, und zwar ohne (!) Buffer-Amp. Weg war der Schleier, der Ton viel offener, unerwünschte Nebengeräusche nicht mehr hörbar und die Aussetzer komplett verschwunden.

STROMVERSORGUNG

Bei den DC-Patch-Kabeln kann man getrost auf die konfektionierten der diversen Hersteller zurückgreifen. Aber was tun, wenn man ein älteres Gerät mit Miniklinken-DC-Stecker in sein Set integrieren möchte? Die eleganteste Lösung wäre sicherlich der Umbau des Gerätes auf eine 2,1-mm-DC-Buchse, die sich weitgehend als Norm herauskristallisiert hat. Sollte man aber, aus Nostalgiegründen oder um den Vintage-Wert des Gerätes nicht zu mindern, die alte Buchse weiterhin nutzen wollen, muss ein spezielles Kabel angefertigt werden (am besten gleich zwei, um im Fall der Fälle immer eins als Ersatz dabei zu haben). Wenn man Glück hat und das übliche DC-Patchkabel lang genug ist, schneidet man den vorhandenen Stecker ab und lötet einen Mono-Miniklinkenstecker (3,5 mm) an.

Sollte dies von der Länge her jedoch nicht reichen, kann man einen Löt- oder Schraubstützpunkt auf dem Board vorsehen, von wo aus alle DC-Kabel abgezweigt werden. Hierzu besorgt man sich eine Aufputz-Verteilerdose aus dem Baumarkt. Es ist absolut wichtig, auf die richtige Polung zu achten, denn bei den Miniklinken liegt Plus immer auf dem Tipp. Sollte man sich aus Versehen verpolen, kann dies der Tod für das Netzteil bedeuten. Bei den Anbietern von Netzgeräten mit Einzelausgängen (z. B. Dunlop, Ciok, Voodoo Lab etc.) sind Anschlusskabel verschiedener Typen mit im Programm, da ist ein Verpolen dann ausgeschlossen.

LINE & PATCH

Auch das Line-Kabel sollte von guter Qualität sein, d. h. dass die verwendeten Materialien und die Verarbeitung im Vordergrund stehen sollten. Das Kabel muss flexibel, trittfest und gut abgeschirmt sein. Es wird häufig geschrieben, dass die Kabelkapazität hier nicht so entscheidend sei, da die niederohmigen Ausgänge der Effektgeräte Einstreuungen bedämpfen und Kabelkapazitäten entkoppeln. Dies ist aber nur bedingt richtig. Unter der Voraussetzung, dass alle verwendeten Geräte auch im ausgeschalteten Zustand das Signal über eine Bufferschaltung schicken würden, wäre dies korrekt.

Mittlerweile gehen aber sehr viele Hersteller, besonders die sogenannten Boutique-Anbieter, dazu über, ihre Produkte mit einer Real-Hardware-Bypass-Schaltung zu versehen. Dies ist auch gut so, damit das Signal so neutral und unverfälscht wie möglich bleibt, wenn sich das Gerät im Bypass-Modus befindet. Dadurch wird aber die Kabelkapazität wieder wichtig, denn jetzt bildet das jeweilige, nicht benutzte Effektgerät nur eine einfache Verlängerung des Gitarrenkabels.

Aufgrund der (meist) hochohmigen Tonabnehmer und der hohen Verstärkung im Gitarren-Amp sollte das Kabel kapazitätsarm sein, um ungewollte Bedämpfung (Dynamik- und Höhenverluste) klein zu halten. Ich rate aus diesem Grund dazu, die Patch-Kabel auf Pedalboards mit gutem Gitarrenkabel-Material aufzubauen.

Die verwendeten Stecker sollten von hoher Qualität sein, denn die besten Kabel nützen wenig, wenn beim Steckermaterial gespart wird. Gute Stecker vermeiden Kontaktprobleme und gewährleisten auch bei hartem Bühneneinsatz eine dauerhafte Verbindung. Ich persönlich bevorzuge die Produkte der Firma Neutrik.

Hier ist die Masse-Leitung aus einem Stück gedreht und reicht bis zur Verschraubung. Die Stecker halten extremen mechanischen Belastungen stand und besitzen eine hervorragende Zugentlastung. Außerdem lassen sie sich perfekt verlöten. Das einzige Manko ist, je nach Ausführung, ihre zum Teil beachtliche Größe.

Wer selber Kabel bauen möchte, aber lieber aufs Löten verzichten will, kann mit speziellen Steckern arbeiten, die einfach über die Enden der abgelängten Kabel gestülpt und mit Hilfe einer Rändelschraube verquetscht werden.

Sollten fertige Kabel mit Neutrik-Winkelklinkensteckern in den Längen 15 und 30 cm genügen, kann man diese Kabeltypen in bester Qualität z. B. von den Herstellern Cordial oder Sommer verwenden.

GITARRENKABEL

Hier gibt es keine Richtlinien. Bei Gitarrensignalen verhält es sich anders als im audiophilen Bereich. Grundsätzlich ist alles in Ordnung, was gefällt. Ich möchte mir deshalb nicht anmaßen, spezielle Kabeltypen als gut oder schlecht zu deklarieren. Zu unseren persönlichen Favoriten zählen die Produkte aus dem Hause Cordial sowie Vovox.

Als grobe Faustregel für die Länge gilt: Das Gitarrenkabel zum Board sollte sechs Meter nicht überschreiten. Das abführende Kabel zum Amp – ungebuffert – sollte ebenfalls nicht länger als sechs Meter sein. Für die meisten von uns wird dies ausreichen, für Stadion-Rock mit großen Bühnen sollten wir dann aber Alternativen wie einen Buffer im Ausgang bzw. einen Impedanzwandler im Eingang andenken.


(erschienen in Gitarre & Bass 11/2005)

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