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Blues Bootcamp: Dur- vs. Moll- vs. Dominant-Blues

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(Bild: William P.)

Greetings and salutations, my dear blues friends! Na, was geht ab bei euch? In dieser Episode von BBC möchte ich erst mal ein paar Begriffe klären, die gerne in der Kommunikation zum Thema Blues verwechselt werden. Die Frage ist: Welche unterschiedlichen Blues-Sorten gibt es eigentlich?

Spricht man – vielleicht auch deshalb, weil man noch nicht so tief in die Materie eingedrungen ist – von einem Blues, ist in der Regel die ganz normale 12-taktige Form gemeint, mit der wir uns in den ersten Folgen dieser Serie beschäftigt haben. Dabei werden ausschließlich Dominantseptakkorde verwendet, also Durdreiklänge mit einer kleinen Septime (und deren Varianten wie Dom9, Dom11, Dom13).

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Ist man schon etwas weiter im Thema, kommt dann schnell die Frage auf: „Moll oder Dur?“. Das ist die Stelle, an der es dann oft etwas nebulös wird. Lautet die Antwort „Moll!“ ist die Sache recht klar, es werden ausschließlich Mollakkorde benutzt. Mit diesem Thema und seinen Varianten werden wir uns an dieser Stelle übrigens noch ausgiebig beschäftigen! Lautet die Antwort „äh …Dur?!“, wird die Unsicherheit größer. Genau genommen müsste man den „normalen“ Blues eigentlich Dominant-Blues nennen, da er ausschließlich aus den oben genannten Dom7-Akkorden besteht und keine echten Dur-Akkorde wie Maj7, Sextakkord, Maj9 etc. vorkommen.

DUR/MAJOR-BLUES – PARKER BLUES – NEW YORK STYLE BLUES

Jetzt gibt es natürlich auch den Begriff Dur-Blues – und es stellt sich die Frage, was das denn dann wohl ist. Hier kommt die Antwort: Unter einem Dur- oder Major-Blues, bzw. den oben genannten Synonymen, versteht man eine Bluesform, die auf der Charlie-Parker-Komposition ‚Blues For Alice‘ basiert. Es handelt sich dabei um einen Blues in F mit einigen zusätzlichen harmonischen Modulen, der zu den populärsten Kompositionen Parkers zählt.

Stilprägende BebopIkone: Charlie „Bird“ Parker, 1947 (Bild: William P.)

Wer war eigentlich Charlie Parker? Zusammen mit dem Trompeter Miles Davis und dem Tenorsaxophonisten John Coltrane war „Bird“, der Altsaxophon spielte, eine der stilprägenden Kräfte der BeBop-Ära des Jazz in den 1940/50er-Jahren. Natürlich gab es noch andere, aber wenn man diese drei einordnen kann, ist man schon einen Schritt weiter. Es gibt übrigens einen sehr sehenswerten Spielfilm über ihn mit dem Titel „Bird“.

(zum Vergrößern klicken!)

In Beispiel 1 findest du die Akkordfolge von ‚Blues For Alice‘, das 1951 veröffentlicht wurde.

Wenn du die vergangenen Episoden von BBC zum Thema Wes Montgomery verfolgt haben solltest, werden dir die chromatisch nach unten gerückten II-V-Kadenzen schon bekannt vorkommen, die wir ja schon bei Wes-Titeln wie ‚Twisted Blues‘, ‚Four On Six‘ oder ‚West Coast Blues‘ hatten. Historisch gesehen sind diese Rückungen aber nicht auf Wes, sondern auf Parker und Co. zurückzuführen. Parker spielte insgesamt überwiegend in F, Bb und C, und diese speziellen Changes nur in F. Auf die Transponierung dieser Akkordfolge in unsere beliebten Gitarristentonarten kann man an dieser Stelle also verzichten.

In Beispiel 2 findest du eine Akkordbegleitung zu ‚Blues For Alice‘. Sie ist rhythmisch gesehen sehr einfach gehalten. Das Originaltempo ist ungefähr 168bpm. Je nach Geschwindigkeit kannst du diese Akkordfolge sehr gut mit den in BBC Ausgabe 09/2022 vorgestellten Rhythmusfiguren kombinieren.

SLOW DOWN!

Apropos Tempo – die Blues-Akkordfolgen der letzten BBC sind wirklich nicht einfach zu bespielen und die Originaltempi sind doch oft sehr hoch. Es spricht absolut NICHTS dagegen alles langsam, also SEHR langsam zu üben. Das Umschaltspiel zwischen den Konzepten, die man für die Changes braucht, erfordert eine Menge Kapazität und gelingt einem eigentlich nicht, wenn man es von Anfang an in annäherndem Originaltempo versucht. Also ruhig alles in einem Tempo spielen, das einem erlaubt, keine Fehler mehr zu machen. Wenn das 60bpm sind: gut! Sind es nur 45bpm : auch gut, Hauptsache man bekommt es fehlerfrei hin.

In Beispiel 3 findest du ein Solo über die Parker-Blues-Changes, das viele Elemente der letzten Monate anwendet. Hier sind die Highlights (alles alte Bekannte aus den vorherigen Folgen):

  • Takt 2: Terz-b9-Lick und D-Harmonisch-Moll über die II-V in D-Moll
  • Takt 3: Ein BeBop-Lick (G7/Dm7 BeBop-Skala)
  • Takt 4: F7/Cm7 BeBop-Skala
  • Takt 5: Bb-Dominant-Pentatonik
  • Takt 6 bis 8: ein auf Akkordtönen basiertes Motiv wird entsprechend der Akkorde chromatisch abwärts gerückt.
  • Takt 9: Bbmaj7-Arpeggio über Gm7 (à la Wes Montgomery) und etwas Chromatik
  • Takt 10: C alteriert über C7
  • Takt 11 und 12: Akkordtöne und etwas Chromatik

NOCH EIN BISSCHEN TECHNIK?

Wo wir schon bei Charlie Parker sind: Die BeBop-Ära hat viele melodische Strukturen hervorgebracht, die es wert sind, auch auf der Gitarre gespielt zu werden. Eine dieser Strukturen sind die sogenannten „Pivot-Arpeggien“, die man bei fast jedem Jazzmusiker findet. Dabei wird der Grundton eines vierstimmigen Arpeggios (in unserem Fall ein G7-Arpeggio) oktaviert (siehe Beispiel 4).

In Beispiel 5 findest du eine kleine Etüde dazu. Ich mag Etüden. Viel Spaß!

Nächsten Monat … ach mal gucken! Worauf habt ihr Lust? Die Blues-Bootcamp-Spotify-Playlist ist übrigens auch wieder ergänzt worden. Mein Spotify-Name lautet immer noch Gitarrenpeter. Viel Spaß beim Hören. Bleibt echt, und möge der Jazz mit euch sein, euer Darth Pe.


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2023)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. ,,Als Arpeggio bezeichnet man das Zerlegen eines Akkordes in seine Einzeltöne. Statt zusammen spielt man die Töne nacheinander und erhält so eine melodische Figur anstelle eines gleichzeitig erklingenden Mehrklangs. Soliert man über einen bestimmten Akkord, eignen sich diese Töne als Zieltöne, die länger stehen bleiben,,

    mehr braucht Mann , Frau nicht zu wissen, theoretisch gesehen.
    Denn eigentlichen Ton machen die befähigten Finger des jeweilig befähigten
    Gitarristen, Gitarristin.

    Musik-Theorien schön und vielleicht auch für den ein oder die andere hilfreich, notwendig, aber für den gemeinen Blues-Musiker absolut vernachlässigbar.

    Der Blues die Roots unserer modernen Musik entstand vor aller Musik-Theorien.
    Das dürfte eine unwiderlegbare Tatsache sein.
    Die ,, Akademisierung ,, dieser musikalischen Ausdrucksform ist für meine bescheidenen Musik-Theorie-Kenntnisse absolut belanglos.

    Für mich zählt nur die Ausdrucksfähigkeit des jeweiligen Blues-Spielers (m/W )

    Die daraus resultierenden Emotionen sind für mich das Ausschlaggebende an guter Musik, nicht das theoretische Wissen oder welche Tonart in welcher Art und Weise theoretisch miteinander kombinierbar gilt.

    Wenn etwas schräg, falsch klingt hat das immer auch mit dem persönlichen Empfinden, rein subjektiv zu tun.
    Free-Jazz ist für viele Ohren ein ,, no go,, aber nicht weil es theoretische Komplex ist, sondern weil das Gehörte individuell unterschiedlich wahr genommen wird, der eine empfindet das Gehörte nur ,, Disharmonisch ,, der andere wiederum leitet aus dem Gehörten seine persönliche musikalische Offenbarung ab, vielleicht auch deshalb weil besagter Hörer musik-theoretisch gebildeter ist.

    Wie schon des Öfteren von mir in meinen Kommentaren erwähnt : Alles eine Frage des persönlichen Standpunktes, der persönlichen Meinung, die wiederum keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit hat……..

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    1. Wenn ich den Beitrag so lese, beschleicht mich das Gefühl, das die Blues Bootcamp Reihe nicht verstanden wurde. Peter Fischer beleuchtet sämtliche Aspekte des Blues. Von Steve Ray Vaughn Bus Wes Montgomery. Der Blues ist halt nicht nur Delta Blues und Chicago Blues. Es kann sich jeder das herauspicken, was ihn interessiert. Das finde ich das Tolle an dieser Reihe. Für mich die beste Workshop Reihe ever. In dieser Reihe steckt ein Git-Studium und jahrelange Erfahrung als Profimusiker drin. Das sollte man nicht vergessen. Was gezeigt wird, sind Angebote, Tools die man nutzen kann , aber nicht muss. Ein Arpeggio alleine reicht natürlich nicht. Es kommt die Phrasierung und die Skalen Töne dazu. So etwas lernt man nicht an einem Tag. Man kann aber damit experimentieren. Kleine Melodien bilden. Das Wissen muss immer auf die Straße. Man sollte das immer auf dem Instrument ausprobieren. Wenn jemand mit drei Akkorden und der Mollpentatonik zufrieden ist, auch in Ordnung. Was ich aber nicht verstehe, das von den eingefleischten Chicago Blues Puritaner der Blues für sie reklamiert wird. Denen empfehle ich Aufnahmen von Lonnie Johnson und Eddie Lang. Man sollte Open Minded durchs Keben gehen, und nicht alles ablehnen, was man nicht auf Anhieb versteht. Die modernen Bluesgitarristen ala Joe Bonamassa und Josh Smith haben es verstanden. Joe Bonamassa hat mal ein Interview mit George Benson gemacht und ist fast vor Erfurcht im Stuhl versunken. Es ist eigentlich wie beim Essen. Nicht meckern, bevor man es nicht ausprobiert hat.

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