Im Interview

Zakk Wylde & Black Label Society: Berserker im Tanzbärmodus

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(Bild: Jen Rosenstein)

Trotz Pandemie hat Zakk Wylde gut lachen: der gutgelaunte Gitarrenheld nutzte die unfreiwillige Freizeit um das zu tun, was er am liebsten macht: Gassi gehen, Tanzschritte üben und hässliche Gitarren bauen. Und Songs schreiben, natürlich.

Diesem Mann kann selbst eine globale Pandemie nicht die Laune verderben. Im Gegenteil. Nach 30 Jahren on the road mit Ozzy, Black Label Society, Zakk Sabbath oder der Generation Axe war der bärtige Hühne nach eigenen Angaben erstmals länger als 14 Tage am Stück zu Hause bei seiner Familie in New Jersey. Lange hielt der Machertyp die Ruhe jedoch nicht aus, wie er Anfang Mai dem US-Radiosender WRIT verriet: „Wir befinden uns gerade in meinem Heimstudio Black Vatican und arbeiten an einem neuen Album: neue Country-Donuts mit Black-Label-Geschmack.“

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Leckere 30 Songs schrieb Wylde und rief seine Band für die Aufnahmen zum elften Longplayer ‚Doom Crew Inc.‘ ins sakrale Heimstudio. Nebenbei konzipierte er geradezu absurd komische Musikvideos, von denen ‚Set You Free‘ in Lichtgeschwindigkeit die Millionengrenze in Sachen Klicks riss. Auch in Sachen Wylde-Audio-Equipment war er aktiv, überarbeitete die Website seiner Company und entwarf gleich mal fünf neue Gitarrenmodelle, von denen die ersten auf ‚Doom Crew Inc.‘ direkt ihre Feuertaufe bestanden.

Zakk, du warst in der Corona-Zeit ziemlich aktiv.

Ich habe die Pause so gut es ging genutzt und die Zeit mit meiner Frau, meinen Kindern und den Hunden verbracht. Nach ein paar Wochen habe ich zu meiner Frau gesagt, wenn sie schon immer mal mit einem professionellen Hundeausführer schlafen wollte, habe sie genau jetzt die Chance dazu! (lacht) Ich hatte auch viel Zeit, um meinen Sohn zu seiner Karate-Klasse zu begleiten. Ich habe jede Sekunde geliebt zu Hause zu sein. Ich glaube, eine Menge Leute haben diese Corona-Zeit, in der sich die Welt ein bisschen langsamer drehte, genutzt, um mehr Zeit mit ihren Familien zu verbringen. Ich fand’s richtig gut.

Nebenbei hast du im Black Vatican 30 Ideen ausgearbeitet. Was muss ein Song besitzen, damit er deine Qualitätskontrolle passiert?

Die Songs, die es aufs Album schaffen, sind die, die mich sofort am meisten ansprechen. Obwohl wir tatsächlich 30 Songs aufnahmen, habe ich am Ende nur zwölf mit Melodien und Texten ausgearbeitet. Der Rest wartet darauf irgendwann fertiggestellt zu werden. Erstmal muss das Album jetzt raus, auf Tour live gespielt werden.

Internet-Clips wie ‚How are Wylde Audio guitars made?‘ oder das Song-Video zu ‚Set You Free‘ zeigen, welche Rolle Humor in deiner Musik spielt.

(lacht) Nun, im Video zu ‚Set You Free‘ spielen vier Typen Tanzmusik, zu der man eigentlich überhaupt nicht tanzen kann! Ich wollte damit den Abschlussball meiner Highschool 1985 nachstellen, inklusive Badesalz in der Bowle, kleinerer Ausfälligkeiten und Prügeleien. Ein ganz wundervoller Abend! (lacht) Aber ernsthaft: Wir versuchen einfach nur eine gute Zeit zu haben, wenn wir arbeiten! Für mich ist albern sein ganz natürlich. Ich mache also einfach nur, was für mich völlig normal ist. Und glücklicherweise mögen unsere Fans das.

Black Label Society (Bild: Justin Reich)

„Weniger ist mehr, außer die Gitarrensoli!“ attestierst du ‚Doom Crew Inc.‘. Es gibt tatsächlich deutlich mehr Soloparts deines Gitarristen Dario Lorina.

Dario ist unglaublich! Er spielt Gitarre, Keyboard, er singt, macht den Abwasch, kümmert sich um die Kochwäsche und macht eine extrem leckere Hähnchen-Piccata! (lacht) Er nimmt dafür gerne Kapern statt Salz, weil die genügend Würze mitbringen. Aber ernsthaft: Es war eine Entwicklung, dass Dario mehr und mehr Soli übernimmt. Live, wenn ich Keyboard spiele, hat er sowieso schon meine Soloparts gespielt. Im Laufe der Jahre habe ich ihn dann gefragt, ob er mehr Parts mit mir gemeinsam spielen wolle, wie in ‚Suicide Messiah‘ oder ‚Stillborn‘. Das entstand vor allem durch die Live-Shows, wo wir zum Beispiel in ‚Fire It Up‘ ausführliche Gitarrensoli zelebriert haben. Auf dem neuen Album ist Dario jetzt nochmal deutlich mehr eingebunden. Diesmal haben wir das Frage-Antwort-Spiel voll ausgereizt.

Ihr spielt auch viele Harmonielinien zum Beispiel in ‚Ruins‘ oder ‚Gather All My Sins‘.

Aber klar! Und wir hatten eine gute Zeit! (lacht) Vorbild sind ganz klar die Allman Brothers, Thin Lizzy und Judas Priest. Für mich war das eine Entwicklung jetzt dorthin zu kommen. Am Anfang ist ein Album eine weiße Leinwand. Und wo immer dich deine Fantasie hinführt, dahin geht’s halt.

Welche Gitarren habt ihr benutzt? Im Video zu ‚Set You Free‘ spielst du eine Wylde Audio Bullseye Nomad, Dario das neue Heathen-Modell.

Ja, genau. Die Heathen, die Dario spielt, ist im Grunde eine Odin als Double-Cutaway-Modell. Das waren die beiden Hauptgitarren für ‚Doom Crew Inc.‘. Die meisten Rhythmus-Tracks sind Nomads, für die Soli habe ich die Heathen oder die eine oder andere Odin bemüht.

Und über welche Amps? Deinen Marshall JCM800 2203ZW oder deinen Wylde Audio Master 100?

Die Marshalls spiele ich live, im Studio habe ich den Wylde Audio Master 100 Watt Head gespielt. Im Grunde ist der ja wie ein Marshall, nur ein bisschen heißer. Dieser Amp ist ganz schlicht. Kein Schnick-Schnack. Nur purer Ton!

Wie sah es mit Effekten aus?

Im Solo von ‚Set You Free‘ habe ich meinen MXR ZW90 Phase benutzt, Dario hat ihn ein wenig auf ‚Shelter Me‘ eingesetzt. Abgesehen davon habe ich mein Dunlop ZW45 Cry Baby Wah benutzt, aber nicht als Effekt, sondern als Treble-Boost. Dann mein MXR ZW44M Berzerker Overdrive und den Dunlop ZW357 Rotovibe auf ‚Farewell Ballad‘. Halt meine Dunlop-Effekte, die ich immer benutze.

Du hast im Laufe der Jahre eine Vielzahl an Gitarrenmodellen mit verschiedensten Shapings und Finishes angeboten, die aber nie kontinuierlich, manchmal sogar nur für kurze Zeit erhältlich waren und heute nur noch auf dem Gebrauchtmarkt zu finden sind. Die Produktpalette von Wylde Audio ist recht verwirrend.

Und wir haben noch einige neue Gitarrenmodelle gebaut, mit neuen Shapings, die in Kürze rauskommen werden! (lacht) Es wird die Thorax geben, die Vulture, Condor, Radar und die schon erwähnte Heathen. Mehr will ich noch nicht verraten. Ihr werdet sie in Kürze auf meinen Social-Media-Kanälen sehen.

Neue Gitarren in den Startlöchern: Zakk hat die Zeit der Pandemie genutzt und einige neue Modelle für Wylde Audio entwickelt. (Bild: Jen Rosenstein)

Auch die Barbarian Nordic Ice ist dieses Jahr neu erschienen. Welche Features waren dir wichtig?

Nun, deren Halsform finde ich absolut perfekt. Ich könnte kaum glücklicher sein. Und natürlich ihr Sound! Meine Gibson-Custom-Shop-Gitarren haben alle einen fantastischen Qualitätsstandard. Auch die Epiphone-Modelle sind großartig. Die Qualität meiner eigenen Gitarren muss sich also an diesem Level orientieren und messen lassen. Und ich bin total zufrieden, wie sich meine neuen Gitarren spielen lassen und wie sie klingen.

Es scheint dir richtig Spaß zu machen ständig neue Gitarrenmodelle zu erfinden.

Ja, klar! Was die Body-Shapings angeht, experimentiere ich mit allen erdenklichen klassischen und exotischen Designs, stets mit einem kleinen verrückten Dreh. Es macht mir auch Spaß auszuprobieren, wie der vordere Teil einer Gitarre mit dem hinteren Teil einer anderen zusammenpasst. Ich denke mir etwas aus, zeichne das auf und heraus kommt oft eine schräge, durchgeknallte Gitarrenform, die meist geradezu absurd hässlich ist! (lacht) Genau genommen so hässlich, dass sie schon wieder genial ist! (lacht noch lauter)

Mein Kumpel John füttert dann sein Computerprogramm mit meinen Zeichnungen, berechnet den Body und erarbeitet das exakte Design. Dann gibt es ein erstes Modell aus Karton um zu sehen, ob das Instrument zu groß oder zu klein ist. Danach folgt ein Prototyp aus Holz. Zunächst der Body, dann der Hals. So entwickelt sich ein neues Modell. Der Prozess macht mir totalen Spaß. Als wir zum Beispiel die Nomad fertig hatten, war ich riesig stolz. Die ist echt perfekt geworden.

(Bild: Jen Rosenstein)

Arbeitest du auch so intensiv an deinem Sound? Bist du da auch offen für Neues?

Lass es mich so sagen: Ein Pickup ist im Grunde nichts anderes als ein Mikrofon, in das du singst. Wenn du tausende Dollar für ein Telefunken-Mikrofon ausgibst, willst du seine Klarheit, sodass du eine Stecknadel auf der anderen Seite des Raumes fallen hören kannst. Wenn du dagegen ein Shure SM57 nimmst, kostet das vergleichsweise wenig, ist aber ebenfalls perfekt in dem, was es kann. Was ich damit sagen will: Es hängt davon ab, was du willst.

Meine EMG-Pickups sind aus meiner Sicht die perfekten Mikrofone für meinen Sound. Sie besitzen Klarheit und Punch. Selbst wenn du eine Menge Distortion dazugibst, geben sie meinem Sound trotzdem eine gewisse Transparenz. Deswegen benutze ich sie. Und zwar ausschließlich! Natürlich gibt es keinen „richtigen“ oder „falschen“ Sound. Alles ist gut, was auch immer für dich am besten funktioniert.

Dein Gitarrentechniker Stephen Murillo hat mal erklärt, dass du für Downtunings zum Teil vier verschiedene Saitenstärken benutzt, und zwar für die E-, A- und D-Saiten.

Genau. Ich benutze ja einige tiefe Tunings, das C#-Tuning zum Beispiel ist das Black-Sabbath-Tuning! Und je tiefer die Stimmung, desto dicker müssen halt die Saiten sein, um nicht auf dem Griffbrett zu schlabbern. Wenn ich jedoch in Standardstimmung spiele, benutze ich .010-.046-Saiten.

Da du gerade Black Sabbath ansprichst: Du hast auf Ozzys Studioalbum ‚Ordinary Man‘ nicht mitgespielt (Anm. d. Red: Andrew Watt bekam den Job). Auch auf Ozzys kommendem Album bist du nicht dabei. Mal ehrlich: war das ein bisschen enttäuschend für dich?

Nun, Ozzy weiß, dass ich immer für ihn da bin. Ich fand ‚Ordinary Man‘ großartig und bin auch mit Andrew befreundet. Es ist also alles okay. Ozzy hat auch immer betont, dass er nicht der Lead-Sänger von Black Label Society sein wolle. Ich verstehe das gut. Er sagte: „Zakk, du machst jetzt dein eigenes Ding!“ Und er macht halt seines. Aber Ozzy weiß, dass ich immer für ihn da sein werde. Und wenn er vorbeikommt und wir unsere Hunde baden oder zusammen essen, dann ist das auch cool. Ich bin nur einen Anruf entfernt.

Ein Wort zum Projekt Generation Axe wo du mit Steve Vai, Nuno Bettencourt, Yngwie Malmsteen und Tosin Abasi spielst. Steve erzählte, schon das erste Treffen bei Mates Inc. in North Hollywood sei großartig gewesen.

Wir alle kennen uns seit Jahren. Und Steve meinte, so könnten wir uns nebenbei mal die ganzen Horrorgeschichten des Musikgeschäfts erzählen. Die meiste Zeit wälzten wir uns auf dem Boden vor Lachen. Am Ende sagte Steve, er ist total froh, dass er dieses Konzept zusammengestellt hat, allein schon wegen unserer vielen Geschichten. Es ist wirklich unfassbar, wie viele Spinal-Tap-Momente jeder einzelne von uns erlebt hat! Als junger Musiker kannst du dir noch nicht vorstellen, was für skurrile Begebenheiten du noch erleben wirst. Aber im Laufe der Jahre, wenn du diese Momente erlebt hast, musst du oft schwören, dass du das nicht erfunden hast! (lacht)

Letzte Frage: ‚Doom Crew Inc.‘ ist eine Verbeugung vor eurer Road-Crew und natürlich vor euren Fans. Möchtest du denen hier etwas direkt sagen?

Hi Leute, dieses Album hat mehr High-Energy-Kalorien-Verbrennungs-Yoga-Dance-Songs als alles andere, was ihr bisher von Black Label Society gehört habt! (lacht) Paula Abdul wird uns vor der Tour noch die passenden Tanzschritte eintrichtern! Ich muss mich noch daran gewöhnen, auf der Bühne Gitarre zu spielen, zu singen und gleichzeitig zu tanzen! Das ist echt nicht leicht, Leute! (lacht)

Vielen Dank fürs Gespräch!


equipment

● Gitarren: Wylde Audio Odin Grail, Heathen, Nomad, Blood Eagle, Barbarian, Gibson Custom Shop Bullseye Les Paul, SG, Flying V

● Amps & Boxen: Marshall JCM 800, JCM 800 2203ZW, Wylde Audio Master 100, Wylde Audio Master 50

● Effekte: MXR ZW90 Phase, Dunlop ZW45 Cry Baby Wah, Dunlop ZW357 Rotovibe, MXR ZW44M Berzerker Overdrive, MXR M169 Carbon Copy Analog Delay

● Kabel/Saiten/Plektren/Zubehör: Monster Cable, Sure Wireless System, Dunlop Tortex Black Label Society Picks 1,0 mm, Dunlop Signature Strings, Wylde Audio Supreme Guitar Strings .010-.046 bis .010-.060

● Recording-Equipment: Shure SM57, Manley Stereo Pultec EQ

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2021)

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