„ … ohne dieses Pedal funktioniert Korn nicht!“

Wieder ganz die Alten: KoЯn-Gitarrist James „Munky“ Shaffer im Interview

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In Zeiten, in denen die 7-Saiter-Community auf der Suche, nach möglichst präzisen und chirurgisch genauen Metal-Gitarren-Sounds ist, machen James „Munky“ Shaffer und sein Kollege Brian „Head“ Welch von Korn auf dem neuen Album ,Requiem‘ genau das, was sie seit fast 30 Jahren tun: den ultimativen Dampfwalzen-Sound heraufbeschwören.

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Kaum eine Band der New-Metal-Ära aus den späten 90ern ist so gut gealtert wie Korn. Die Jungs aus Kalifornien sind in einem gewissen Rahmen stets ihrem Stil treu geblieben, haben aber immer wieder Experimente gewagt, die keine andere Band ihrer Zeit so versucht hätte. Die letzten zwei Jahre hat die Gruppe äußerst produktiv genutzt und ein Album geschrieben, das nicht nur erstaunlich befreit und organisch klingt, sondern damit auch an die Großtaten der frühen Alben wie ,Issues‘, oder ,Untouchables‘ anknüpft. Schon der Opener ,Forgotten‘ hat eine Durchschlagskraft, wie man sie bei kaum einer anderen Metal-Band zu hören bekommt. Auch die erste Single ‚Start The Healing‘ kombiniert auf clevere Art und Weise die gnadenlosen Rhythmus-Gitarren mit einem ausgesprochen eingängigen Refrain. Wie es zu den Aufnahmen von ,Requiem‘ kam und welches Equipment er dabei verwendet hat, erzählt uns James Shaffer im Interview.

INTERVIEW

Hallo James, wie ist es, ein Album in Zeiten einer globalen Pandemie aufzunehmen?

Das war irgendwie verrückt, aber es hat mein Leben gerettet. Ich hatte einfach ein großes Problem damit, nur drinnen zu sein. Wenn wir auf Tour sind, ist ja die ganze Welt unser Spielplatz, wir spielen Konzerte, proben, machen hier und da mal ein Video. Irgendwann habe ich dann die anderen angerufen mit den Worten: „Leute, lasst uns mal ein bisschen Musik machen.“ Natürlich mit Tests vor und nach der Probe. Ich konnte dabei einfach total viel Stress abbauen. Das war genau das, was wir brauchten. Und wir wussten nicht mal, ob die Songs jemals jemand zu hören bekommen würde. Die Lage sah ja nicht gut aus. Es hätte auch unser letztes Album werden können.

Aber das Ergebnis ist mehr als überzeugend. Mich erinnert die Platte sehr an eure Alben aus den frühen 2000er-Jahren.

Oh, danke! Mich erinnern die Songs auch an einen Mix aus ,Issues‘ und ,Untouchables‘.

Besonders der Opener ‚Forgotten‘. Das Riff klingt einfach gewaltig!

Ja, auf jeden Fall. Der erste Song muss einfach richtig groß klingen, dazu haben wir uns eine Menge Gedanken gemacht. Da muss einfach so ein „Are you ready?“-Feeling entstehen.

Habt ihr die Songs denn zusammen live oder Track-by-Track eingespielt?

Wir waren alle hier in Nord-Kalifornien zusammen im Studio. Wir haben zunächst mal eine Menge Riffs mit ProTools aufgenommen. Danach haben wir sehr traditionell gearbeitet. Manche Kids kennen das heutzutage ja gar nicht mehr. Die haben hunderte von Spuren im Mix. Wir haben alle zusammen gespielt und Rays Schlagzeug dabei klassisch auf Tape aufgenommen. Danach haben wir das Ganze in ProTools editiert – das willst du heutzutage wirklich nicht mehr mit einer Bandmaschine machen müssen, die Tage sind zum Glück vorbei. (lacht) Dieses Feeling, dass da wirklich ein magnetisches Tonband läuft, hat die ganze Sache noch ein wenig spannender gemacht.

Konnte Fieldy den Bass auf dem Album spielen? Er nimmt sich ja eine Auszeit von der Band und ich war mir nicht sicher, wen man auf dem Album hören kann.

Bei den Writing-Sessions war er nicht durchgehend dabei, aber zum Glück konnte er den Bass auf dem gesamten Album einspielen. Manchmal war es so, dass er mir angeboten hat, seine Parts einzuspielen, wenn er mit einem Song nicht zurechtkam. Aber das wollte ich auf keinen Fall. Ich habe gesagt: „Dude, du bist der Bassist. Wenn ich das spiele, klingt das wie ein Gitarrist, der versucht Bass zu spielen.“ Er ist einfach so unglaublich talentiert.

Lass uns doch über dein Equipment sprechen. Du bist schon seit Ewigkeiten Ibanez-Endorser. Daran hat sich wahrscheinlich nichts geändert, oder?

Genau, ich habe die allermeisten Parts mit meiner Custom-Gitarre aufgenommen, die ich zusammen mit Ibanez entworfen habe. All die Jahre haben sich meine Gitarren immer weiterentwickelt, aber im Grunde ist es doch immer die gleiche Siebensaiter geblieben. Im Moment habe ich ein Apex-Model mit einer Evertune-Brücke. Ich weiß, manche können das System nicht leiden. Aber mein Leben macht es so viel einfacher, vor allem, wenn wir live spielen. Die Lackierung ist matt-silbern, was echt cool aussieht. Das war die Gitarre, die ich am meisten gespielt habe. Außerdem habe ich ein paar Vintage-Gitarren benutzt. „Head“ hat seine ESP-Gitarren gespielt, die ich absolut großartig finde. Der Hals fühlt sich einfach unglaublich gut an – natürlich nicht so gut, wie bei Ibanez. (lacht)

Wie sah es denn mit Effektgeräten aus?

Bei diesem Album habe ich versucht, mal ein bisschen weniger Effektpedale zu benutzen, um mich mehr auf die Akkorde zu konzentrieren. Später, bei den Overdubs, habe ich dann doch einige Pedale eingesetzt, aber es war mir wichtig, damit nicht die ganze Zeit Vollgas zu geben.

Hast du klassische Röhrenamps verwendet oder moderne Modeler?

Ich mache das immer so: Ich habe grundsätzlich ein Setup mit drei 4x12erBoxen. Eine Marshall und zwei von Mesa. Ich splitte mein Signal und verteile es dann auf drei unterschiedliche Amps: den Diezel Herbert, einen Mesa Triple Rectifier und einen Bogner… Wie hieß der gleich…?

Vielleicht ein Bogner Uberschall?

Ja, ganz genau den meine ich! „Head“ benutzt einen Diezel VH4, einen Triple Rectifier und einen meiner alten Marshalls, der total gemoddet ist. Wenn wir beide spielen, hörst du also einen Mix aus sechs verschiedenen Amps, die wir nach unserem Geschmack zusammenmischen. Ich bin übrigens ein echter Verfechter von Röhrenamps. Klar, hier zuhause habe ich auch ein paar Modeler zum Herumspielen. Aber wenn ich aufnehme, will ich einen Röhren-Amp, eine Box, ein Shure SM57 und ein Royer-Ribbon-Mikrofon haben.

Verfolgst du live den gleichen Ansatz?

Oh ja, live bin ich mit sechs Triple-Rectifier-Amps unterwegs.

Wie bitte? Mit Sechs???

Ja. Ich habe immer zwei verzerrte Amps und einen für cleane und etwas abgedrehtere Sounds. Und jeder Verstärker hat ein Backup. Keine Sorge, da laufen nicht sechs Mesas gleichzeitig. (lacht) Aber der Triple Rectifier ist einfach ein Workhorse. Das Ding ist wie gemacht für den Tour-Alltag.

Heutzutage jagen viele Gitarrist:innen, die eine Siebensaiter benutzen, einem sehr präzisen und tighten Sound hinterher. Ihr habt das nie gemacht. Euer Sound war immer super gewaltig, fett und zu einem gewissen Grad auch dreckig. Siehst du das auch so?

Ich sag dir was: Einer der Gründe, warum das absolut zutrifft, ist, dass wir diesen super fetten Low-End-Sound mögen, ich aber auch ein großer Fan von so kratzigen LoFi-Klängen bin. Unser gescoopter Gitarrensound hat außerdem dem Bass die Möglichkeit gegeben, sich sehr gut im Mix durchsetzen zu können. Das hat sich irgendwie gegenseitig beeinflusst. Dadurch kannst du bei uns eigentlich immer gut hören, was jeder spielt. Ich muss allerdings sagen, dass wir beim neuen Album versucht haben, die Mitten ein wenig mehr in den Vordergrund zu rücken.

Gibt es für den Korn-Sound so etwas wie eine Geheimwaffe, ohne die nichts geht?

Da wären ein paar Sachen, die mir einfallen. Aber wenn mir morgen mein ganzes Zeug geklaut werden würde, würde ich mir danach als erstes das Whammy von DigiTech holen. Dieses Pedal benutzen wir seit Tag 1 und es ist auf jedem Album zu hören. Als wir damals ‚Follow The Leader‘ aufgenommen haben, hat uns irgendwer so ein Teil gegeben. Wir haben alle möglichen Pitch-Up-, Pitch-Down- oder Dive-Bomb-Effekte damit gemacht. Seitdem ist das Whammy immer auf meinem Pedalboard gewesen. Ich habe hier hinter mir (deutet auf eine Kiste) noch ein paar ganz alte rumliegen, die total kaputt sind. Wir benutzen die richtig viel und ohne dieses Pedal funktioniert Korn nicht!

James, danke für deine Zeit.


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2022)

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