Interview

Subway to Sally: Studio-Report mit Ingo Hampf

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(Bild: Subway To Sally, Ingo Hampf)

Nach einer fünfjährigen Pause veröffentlicht Deutschlands wichtigste Mittelalter-Rockband Subway To Sally Anfang März ihr neues Studioalbum ‚Hey!‘. Es ist das insgesamt 13. in der fast 30-jährigen Bandgeschichte und in produktionstechnischer Hinsicht sicherlich eines ihrer gelungensten. Im Zentrum der überzeugend hart rockenden, teilweise sogar schwermetallischen Scheibe steht Gründungsmitglied, Gitarrist und Lauten-/Mandoline-/Mandola-Spieler Ingo Hampf.

Seine Mixtur aus folkloristischen Melodien, martialischen Metal-Riffs und raffinierten Hooklines stellt sich in jedem der zwölf Songs immer wieder neu und anders dar, trägt aber trotzdem seine eigene, typische Handschrift. Wir haben mit Ingo über die Produktion der neuen Scheibe gesprochen, uns sein Werkzeug erklären lassen, wollen aber zu Beginn erst einmal wissen, wie der mittlerweile 55 Jährige überhaupt zur Musik gekommen ist.

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Ingo, bevor wir über euer neues Album ‚Hey!‘ sprechen: Wie bist du aufgewachsen und wann hast du zum ersten Mal eine Gitarre in die Hand genommen?

Aufgewachsen bin ich in der damaligen DDR. Ich stand auf den Glam Rock der späten 1970er, also Gary Glitter und The Sweet, vor allem aber T. Rex, von denen ich ein Riesenfan war. 1979 bekam ich von meinem Großvater eine Konzertgitarre geschenkt, irgendein billiges Ostmodell, für das mein Opa insgesamt fünf Mal zu einem Kaufhaus fahren musste, um es zu bekommen. Auf dieser Gitarre lernte ich meine ersten Griffe und Akkorde.

Dann zogen meine Eltern mit mir nach Potsdam. Dort hörte mich eines Tages ein Nachbar auf dem Balkon klimpern. Er war Gitarrenlehrer und nahm mich für die kommenden sechs Monate unter seine Fittiche. Übrigens ist der Kontakt zu ihm bis heute nicht abgerissen, auch wenn er mittlerweile etwas völlig anderes macht. Durch meinen Nachbarn lernte ich nicht nur Tonleitern und Griffe, sondern auch die richtige Philosophie zum Musikmachen, sprich:

Warum sollte man überhaupt auf die Bühne gehen? Weshalb steht man dabei höher als alle anderen? Sein Credo lautete: Man muss etwas zu sagen haben, wenn man auf die Bühne geht.

Kannst du dich an deine erste E-Gitarre noch erinnern?

Und ob! Es war eine Jolana Iris, ein Telecaster-Nachbau aus der Tschechoslowakei. Man musste an dem Ding allerdings noch ziemlich viel herumschrauben, um es wirklich spielbar zu machen. Zum Beispiel mit einem Les-Paul-Steg, den einem die Oma aus dem Westen mitbrachte.

Mein erster Verstärker war übrigens – ob man´s glaubt oder nicht – ein Dr.-Reismann-Funkverstärker aus dem Zweiten Weltkrieg, der dazu neigte, des Öfteren abzurauchen. Danach bekam ich einen Echolette-Gesangsverstärker mit einer Box, die ich mit Lautsprechern aus alten Fernsehern und Audio-Möbeln bestückte. Ich lernte damals Elektro-Maschinenbau und wusste deshalb, wie so etwas geht.

Ingos Hauptgitarre: sein Kreuchwig-Signature-Modell
Ingos Studio-Instrumente

Und deine erste Profigitarre?

Eine Ibanez Stratocaster als Bausatz, Ende der Siebziger, mit wirklich tollem Holz. Leider fehlte der Schriftzug auf der Kopfplatte, weswegen ich sie wieder verkaufte und mir dafür eine schwarze Squier Strat zulegte.

Die war zwar scheiße, sah aber gut aus. (lacht) Übrigens habe ich die Ibanez meinem damaligen Kumpel und heutigen STS-Kollegen Bodenski verkauft und sie bei ihm letztes Jahr wiederentdeckt. Er hat sie mir dankenswerterweise zurückgegeben.

Mein erster richtiger Amp war ein Gallien-Krueger-Combo aus den Achtzigern mit zwei 8“-Speakern, dessen größter Vorteil ein DI-Ausgang war. Damals spielte ich in einer Top-40-Band, und für Songs von ZZ Top bis Huey Lewis war dieses Teil ziemlich optimal.

Anfang der Neunziger hast du dann Subway To Sally gegründet.

Richtig. Gemeinsam mit ein paar Freunden dachte ich über ein neues Projekt nach. Anfangs spielten wir teilweise Depeche Mode-Nummern als Folk-Versionen. Irgendwann entstand die Idee, dass auch ein Dudelsack prima passen würde, und so kam unser heutiger Sänger Eric Fish in die Band. Er konnte nämlich Dudelsack spielen.

Und woher stammt der für diese Musikrichtung etwas sonderbare Bandname?

Na ja, irgendeinen Namen musste das Kind ja haben. Und nach Vorbildern wie Element Of Crime, Fury In The Slaughterhouse oder Poems For Laila kamen wir halt auf Subway To Sally.

Damals noch mit deinem Gallien-Krueger-Combo?

Gallien Krueger ja, Combo nein. Damals hatte ich einen Gallien-Krueger-Preamp in Verbindung mit einer Peavey-Endstufe und einer Marshall-Box. Als Gitarre hatte ich eine Ibanez im Steve-Vai-Stil, weil ich seinerzeit auch auf diese Art Gitarrenspiel stand.

Davon bist du mittlerweile ziemlich weit entfernt, zumal dein Repertoire an Instrumenten mit Mandoline, Mandola oder Laute heutzutage deutlich größer ist als damals.

Das stimmt, wobei ich schon vor Subway To Sally Mandoline spielen konnte. Ich hatte mal einen Job als Orchesterwart an der Gebrüder-Benda-Bezirksmusikschule in Potsdam. Dort gab es natürlich alle möglichen Instrumente, auch Flöten, Kesselpauken und Blasinstrumente. Natürlich hat man dann auch mal eine Mandoline oder Mandola in die Hand genommen und in entsprechende Bücher geschaut.

Jablonski-Parlor-Gitarre
Jablonski-Harfen-Cister
Liuto-Forte-Laute

Welches ist heute dein Lieblingsinstrument?

Ganz klar die Laute. Ich sehe mich heute auch eher als Gitarrenspielender Laute-Spieler. 1997 legte ich mir meine erste Laute zu und hab mich seither immer mehr damit beschäftigt. Es ist ein faszinierendes Instrument mit anderer Stimmung, einer anderen Spielweise als bei einer Gitarre.

Kommen wir zum aktuellen Subway-To-Sally-Album ‚Hey!`: Wie und wo hast du die Gitarren und Bässe aufgenommen?

Allesamt zu Hause in meinem eigenen kleinen Studio. Es gab vorher bereits eine Demophase, aber aus terminlichen Gründen habe ich schon mit der Produktion angefangen, bevor die Demophase endgültig abgeschlossen war. Beim Einspielen, wenn es dann um Overdubs, Feedbacks, Dopplungen und so weiter geht, werde ich so richtig kreativ. Das alles verläuft so intuitiv, dass ich mitunter später dann, wenn es auf Tour geht, erst noch einmal nachforschen muss, was ich da überhaupt aufgenommen habe.

Über welche Amps hast du die Gitarren eingespielt?

Allesamt mit meinem Lieblingssound eines Kemper Profiling Preamps. Zusätzlich habe ich fürs Editing und Reamping einen DI-Track aufgenommen. Das hat wunderbar funktioniert, sodass Simon Michael (STS-Schlagzeuger und Produzent der Scheibe, Anm. d. Verf.) im Nachhinein nicht allzu viel editieren musste. Ganz selten und vorsichtig hat er bei sehr tiefen Akkorden und engen Arrangements mit Melodyne ein bisschen das Tuning geglättet.

Danach hat er die Gitarren über meinen Kemper gereampt. Wir haben dabei Profiles verwendet, die wir mit meinem Setup des letzten Studioalbums erstellt hatten. Damals wurden ungefähr zehn Amps und sechs verschiedene Boxen ausprobiert. Als Profiles kamen dabei ein Peavey 6505+ Leadkanal an einer 2x12er-Mesa-Boogie-Rectifier-Box mit SM57- und Royer-R121-Mikrofonen sowie ein Mesa Boogie Dual Rectifier, dritter Kanal, ebenfalls an der 2x12er Rectifier Box, ebenfalls mit SM57 und Royer R121 zum Einsatz.

Ingos Kemper-Profil basiert auf dem Lead-Channel eines Peavey 6505+...
...und einer Royer R121 mikrofonierten Mesa 2x12“-Rectifier-Box.

Mit welchen Gitarren hast du ‚Hey!‘ eingespielt?

Vor allem mit meinem Kreuchwig Ingo Hampf Signature Modell, mit Esche-Korpus, einteiligem Hals aus Vogelaugenahorn, einem Reverse Headstock, ab dem 12. Bund scalloped, mit einem Sattel aus Karbon. Die Pickups sind Bill Lawrence L 500XL. Der Steg ist ein Gotoh Vibrato System. Hinzu kommt eine Kreuchwig-Bariton-Gitarre mit Tele-Brücke, Häussel-Tonabnehmern, Korpus aus Bubinga-Holz, gestimmt in Drop-A. Plus eine Epiphone Explorer in Drop-C-Tuning mit Häussel- Pickups.

Meine Signature-Gitarre habe ich immer links und rechts gedoppelt und – wenn tonal möglich – mit der Bariton ergänzt, ebenfalls je eine links und rechts. Wenn es aufgrund der Tonhöhe nicht ging, habe ich zum Doppeln die Explorer genommen.

Für die Overdubs habe ich meistens eine Kindergitarre eingesetzt, die eine komplette Oktave höher als die Bariton gestimmt ist. Man bekommt dadurch eine Art Harmonizer-Effekt. Die Akustikmodelle waren eine Jablonski-Parlor-Gitarre, eine Jablonski-Harfen-Cister und eine Liuto-Forte-Laute namens Archiliuto, die Michael Haaser gebaut hat.

Du bevorzugst Instrumente kleinerer Hersteller, nicht wahr?

Ja, ich habe damit ausnahmslos gute Erfahrungen gemacht. Helmut Kreuchwig – Spitzname „Keule“ – ist ein Berliner Gitarrenbauer, den ich seit den Achtzigern kenne. Er hat einige Sondermodelle für mich gebaut, beispielsweise zwei- und dreihalsige Gitarren, die ich vor allem live einsetze.

Außerdem wage ich mal zu behaupten, dass er die besten Strat-Hälse der Welt baut. Christian Jablonski ist ein Gitarrenbauer aus der Nähe von Salzburg und vor allem Spezialist für akustische Instrumente, jemand der ein Projekt wie die sogenannte Harfen-Cister umsetzen konnte. Michael Haaser wiederum ist ein Dresdener Instrumentenbauer, der für Liuto Forte arbeitet, eine innovative Firma im Bereich historischer Instrumente wie etwa Lauten.

Welche Tunings hast du verwendet?

Bei den normalen Gitarren Drop-C, also CGCFAD, bei der Bariton spiele ich in Drop-A. In dem Song ‚Island‘ gibt es zuzusätzlich ein Open Tuning, so Jimmy Page-mäßig in DADAAD, beziehungsweise – da Drop-Tuning – CGCGGC.

Welche Saitenstärken spielst du?

Ich verwende die Stärken 0.110.140.18 – 0.320.440.60.

Sind bei dir Studio- und Bühnen-Equipment identisch?

Ja, zumindest weitestgehend. Ich verwende auf der Bühne den Kemper als Pre-Amp in Verbindung mit einer Röhrenendstufe vom Berliner Michael Bender. Dazu eine 4x12er-Box, die allerdings nur als Monitor dient.

Ingos Kemper Profiling Head (Bild: Subway To Sally, Ingo Hampf)

Ich brauche sie, weil sie für den Gesamtsound und mein Spielgefühl wichtig ist. Meine Philosophie lautet: Eine E-Gitarre funktioniert nur mit Amp plus Box. Vor mir auf dem Boden habe ich lediglich eine kleine MIDI-Leiste liegen, zusätzliche Effekte wie Delays oder Flanger hole ich mir ausschließlich aus dem Kemper.

Welches sind auf ‚Hey!‘ die Songs, die du am aussagekräftigsten für deinen Sound hältst?

Zum einen der Opener ‚Island‘ mit einer Akustik-Gitarre in Open Tuning. Dann der Song ‚Die Engel steigen auf‘, eine neckische Nummer mit Pop-Zitaten aber hartem Sound, und das abschließende ‚Ausgeträumt‘, in dem ich die Bariton-Gitarre in typischer Black-Sabbath-Manier spiele.

Letzte Frage: Welches ist die wichtigste Lektion als Musiker, die du in den zurückliegenden fast 30 Jahren mit Subway To Sally gelernt hast?

Es mag vielleicht etwas esoterisch klingen, aber: Man muss die eigene Mitte finden und mit sich selbst im Reinen sein. So etwas muss man lernen, damit man unabhängig von Zuspruch und Applaus auf der Bühne wirklich bei sich selbst ist. Die Leute im Publikum spüren es, ob ein Musiker in sich ruht.

Danke Ingo, ich wünsche dir weiterhin alles Gute mit deiner Musik!

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2019)

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