Im Interview

Rob Caggiano: Gitarrist bei Volbeat

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(Bild: Ross Halfin)

Als vor neun Jahren der amerikanische Gitarrist Rob Caggiano zu den dänischen „Elvis-Rockern“ Volbeat stieß, war die Band gerade im Umbruch. Ihre vier ersten Alben waren nach einem etwas mühsamem Start zu Topsellern (die 2010er-Scheibe ‚Beyond Hell / Above Heaven‘ überstieg mühelos die Millionengrenze), die Tourneen zu glänzend besuchten Triumphzügen avanciert.

Intern dagegen schien einiges in Unordnung: Ein Jahr nach Bandgründung war Gitarrist Teddy Vang ausgestiegen, sein Nachfolger Franz Gottschalk wurde als Konsequenz auf angebliche Respektlosigkeiten gegenüber Mitgliedern der Crew nach nur vier Jahren gefeuert. Lediglich ein Jahr mehr in der Band blieb Thomas Bredahl, der nach persönlichen Differenzen 2011 geschasst wurde.

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Für eine unmittelbar bevorstehende Nordamerika-Tour wurde zunächst Mercyful-Fate-Gitarrist Hank Shermann als temporärer Leih-Gitarrist nominiert, wenig später mit Caggiano ein ehemaliges Mitglied der US-Thrash-Metaller Anthrax verpflichtet. Mit ihm scheinen Volbeat etwas mehr innere Stabilität und musikalische Reife gefunden zu haben. Caggiano war nicht nur an den drei bisherigen Erfolgsplatten ‚Outlaw Gentlemen & Shady Ladies‘ (2013), ‚Seal The Deal & Let’s Boogie‘ (2016) und ‚Rewind, Replay, Rebound‘ (2019) beteiligt – teilweise sogar als Gitarrist und Bassist –, sondern ist nun als Sologitarrist auch auf dem aktuellen Opus ‚Servant Of The Mind‘ zu hören.

Wir haben dies zum Anlass genommen, uns mit dem 45-Jährigen über seine Funktion bei Volbeat, aber auch über seine Jackson-Signature-Gitarre und ein neues, von den dänischen Soundtüftlern Skrydstrup für ihn entwickeltes Schaltsystem zu unterhalten.

Rob, seit vielen Jahren arbeitest du nicht nur als Gitarrist und Komponist, sondern auch als Toningenieur und Produzent. Welcher dieser Funktionen gilt dein Hauptaugenmerk? Und als was betrachtest du dich bei Volbeat?

Ich sehe mich als ganzheitlichen Musiker, der nicht nur Gitarre spielt und komponiert, sondern auch – sofern es gewünscht ist – einzelne Songs und ganze Alben im Studio produziert oder eine komplette Produktion als Toningenieur betreut. Einen Fokus auf einzelne Bereiche gibt es bei mir nicht.

Es heißt, dass du bei Volbeat auch kompositorisch beteiligt bist.

Ja, das stimmt normalerweise auch, aber in diesem Fall war es nicht so intensiv wie bei früheren Alben. Aufgrund des Lockdowns war die Situation diesmal bekanntlich deutlich schwieriger. Denn normalerweise jammen Volbeat im Vorfeld einer Studioproduktion mit allen Bandmitgliedern im Proberaum. Aber da ich in New York lebe und dort während der Pandemie festsaß, mussten die Jungs, die in Dänemark relativ dicht zusammen wohnen, im Proberaum natürlich ohne mich an ‚Servant Of The Mind‘ arbeiten. Ich bekam also nur mehr oder minder fertig arrangierte Songs zugeschickt, finde aber, dass ich trotzdem einige der besten Soli meiner Karriere abgeliefert habe.

Inwieweit unterscheiden sich denn deine neuen Soli von denen auf früheren Volbeat-Scheiben?

Nun, wenn man mit einer Band einen Song im Proberaum immer und immer wieder spielt, um sich bestmöglich auf die Studioproduktion vorzubereiten, findet man natürlich von ganz alleine zunehmend besser in diese Nummer hinein. Eine solche Möglichkeit hatte ich diesmal nicht, daher musste ich mir zuhause die Songs der Platte immer und immer wieder anhören und mich geradezu dazu zwingen, mich inspirieren zu lassen. Abgesehen davon macht es im Proberaum einfach viel mehr Spaß, wenn man mit der gesamten Band die Stücke spielt.

Rückblickend auf das Jahr 2012, als du zu Volbeat kamst: Was waren damals deine Ziele? Und welche Erwartungen an dich gab es von Seiten der Band?

Ehrlich gesagt, hatte ich keine besonderen Ziele, als ich bei Volbeat anheuerte. Ich kam nach Dänemark, jammte mit der Band, es fühlte sich augenblicklich großartig an, und ich wusste sofort, dass wir eine Menge toller Alben machen werden. Ich spürte intuitiv, dass man mit dieser Band ausgesprochen viel Spaß haben kann. Konkrete Vorgaben und Erwartungen ihrerseits gab es keine an mich. Wir fühlten uns sofort wie eine Einheit, da musste niemand mehr dem jeweils anderen erklären, was er erwartet. Es passte halt alles auf Anhieb perfekt zusammen.

Rob Caggiano mit Sänger/ Gitarrist Michael Poulsen (Bild: Brittany Bowman)

Und das, obwohl du als ehemaliges Mitglied der Thrash-Metal-Band Anthrax eigentlich aus einem härteren Lager kamst.

Das stimmt, ich liebe den Heavy Metal, aber darüber hinaus habe ich noch viele andere musikalische Präferenzen. Bei den Volbeat-Kollegen ist dies ganz ähnlich, auch sie haben ganz unterschiedliche Einflüsse. Deshalb passt es ja auch so gut mit uns, weil jeder über den Tellerrand des Rock’n’Roll hinausblicken kann und offen für andere Ideen ist.

Kannst du bitte mal die Signalkette deines aktuellen Volbeat-Equipments erläutern?

Ich spiele bei Volbeat derzeit ausschließlich meine eigene Jackson Rob Caggiano Signature Shadowcaster, mit Ernie-Ball-Slinky-RPS-Saiten in den Stärken .010 – .052 oder .009 – .046, je nach Tuning. Die Signalkette startet bei einem Shure-Axient-Wireless-System, von dort fließt das Signal in meine „Space Station“, beginnend mit einem Skrydstrup-Input-Selector für die elektrischen und akustischen Signale. Dann geht es weiter in zwei Fryette-Sig:X-Heads, die eine mehrfach mikrofonierte Marshall-Box hinter der Bühne ansteuern, sowie in zwei Fryette-Two/Ninety/Two-Rack-Endstufen für die Backline-Boxen auf der Bühne.

Ausgerüstet sind alle meine Boxen mit Celestion-Heritage-G12-65-Lautsprechern, die in Großbritannien hergestellt wurden. Hinzu kommen ein Atomic AmpliFIRE 12, ein Dunlopbzw. MXR-Rack-Wah und verschiedene Effekte, darunter Pedale von Alexander Pedals, Catalinbread, Spaceman, Death By Audio, Daredevil Pedals, MXR, Strymon und andere.

Wie steuerst du diese Signalkette?

Über die Skrydstrup-Master-Interfaces, wobei allerdings sämtliche Schaltungen von meinem Gitarrentechniker Jerry „Kink“ Carillo übernommen werden. Die „Space Station“ verfügt über einen speziell von Skrydstrup angefertigten 3-kanaligen Vorverstärker im 1073er-Stil und – für die Soli – einen Custom-Kompressor im 1176er-Stil. Der Skrydstrup nimmt die Post-Mikrofon-Signale auf und liefert sie an die Toningenieure, sodass ich die gewünschte Klangtiefe nicht nur auf der PA, sondern auch auf meinem Westone-Audio-UM-50-In-EarMix habe. Last but not least: Als Akustikgitarre habe ich eine Gretsch Falcon Rancher mit Ernie-Ball-Earthwood- oder Paradigm-Saiten. Als Plektren bevorzuge ich V-Picks.

Deine Jackson Shadowcaster ist bei Volbeat also immer dabei?

Ja, fast immer. Ursprünglich angefangen habe ich allerdings mit einer Kramer Baretta.

Sprich: das Eddie-Van-Halen-Modell.

Na ja, fast. Meine Baretta war in schwarz, obwohl ich natürlich allzu gerne eine rot-weiß-gestreifte gehabt hätte. Aber mein Vater schenkte mir mit 14 nun einmal dieses schwarze Modell, und ich war trotzdem glücklich. Und ja: Natürlich musste ich als ultimativer Eddie-Van-Halen-Fan unbedingt eine Baretta besitzen. Leider habe ich sie irgendwann verkauft. Ich weiß nicht einmal mehr, wann genau das war und an wen ich sie verkauft habe. Ich weiß nur, dass ich das inzwischen sehr bedauere, denn diese schwarze Baretta hätte ich liebend gerne noch immer in meinem Besitz.

Mit der Baretta stand bereits früh fest, dass du den typischen Humbucker-Sound bevorzugst, oder?

Ja, das ist wohl so. Ich besitze zwar auch ein paar Telecaster, speziell für die Studioarbeit oder wenn ein paar andere Sounds gefragt sind. Aber Humbucker begleiten mich mein ganzes musikalisches Leben und sind auch in meiner neuen Jackson Pro Series Rob Caggiano Shadowcaster verbaut.

Mit DiMarzio-Tonabnehmern, vermute ich.

Exakt. DiMarzio-PUs spiele ich schon seit vielen Jahren, schon seit Anthrax-Zeiten. Damals war es übrigens der Tone Zone.

Der, wenn ich mich richtig erinnere, beinahe ein Eddie-Van-Halen-Signature geworden wäre.

Oh, du kennst das Gerücht? Angeblich wollte DiMarzio den Tone Zone als Eddies Signature-Pickup veröffentlichen, doch dann soll Steve Lukather ihn zu einem anderen Modell überredet haben. So jedenfalls lautet die Version, die ich gehört habe. Keine Ahnung, ob das stimmt.

(Bild: Brittany Bowman)

Es heißt, dass der von dir verwendete DiMarzio-Air-Norton-Pickup auf dem legendären Tone Zone basiert.

Richtig. Ich mochte den Sound des Tone Zone immer schon, hatte aber ein paar Wünsche, was ich geändert haben wollte. Larry DiMarzio ist seit vielen Jahren mein Freund, deshalb hat er meine Wünsche berücksichtigt.

Welche Wünsche hattest du konkret?

Ich wollte, dass der Pickup in den Höhen und auch in den Bässen etwas aggressiver klingt. Gleichzeitig sollte es aber ein runder, ausgewogener Sound sein, der nicht zu bissig wird, weil ich für die notwendige Verzerrung lieber den Gain-Regler meines Amps nutze. Wir entwickelten ein paar Prototypen, bis ich mit dem Resultat zufrieden war.

Die ganze Zeit über hatte ich Steve Blucher (DiMarzio-Pickup-Techniker, Anm. d. Verf.) an meiner Seite, ein Magier, ein echter Zauberer. Es ist unfassbar, welche Sachkenntnisse er hat. Ich wusste nicht immer sofort, wie ich mich artikulieren sollte, wenn mich noch etwas störte. Aber Steve wusste sofort, was ich meinte und änderte es dann prompt. Der erste Prototyp entsprach noch nicht zu 100% meinen Vorstellungen, beim zweiten waren wir bereits relativ nahe daran, und beim dritten oder vierten hatten wir dann exakt das Ergebnis, das ich mir gewünscht hatte.

Kommen wir von den Pickups zu Gitarren generell: Was muss dein Instrument haben, um für dich perfekt zu sein?

Das richtige Holz, die richtigen Pickups, eine gute Balance, einen leicht bespielbaren Hals, eine ausgefeilte Elektronik, und natürlich ein cooles Aussehen. Eine Signature-Gitarre ist ja so etwas wie die Erweiterung von einem selbst, da muss dann natürlich alles bis ins kleinste Detail stimmen. Zumal die eigene Gitarre sehr wichtig für die Kreativität ist. Ich muss zugeben, dass es bei Jackson lange gedauert hat, bis ich mit dem Resultat wirklich zufrieden war.

Aha! Weil?

Na ja, weil ich vorher eine eigene ESP-Signature hatte, basierend auf der ESP Horizon, mit dreiteiligem Ahorn-Hals und zwei DiMarzio-Pickups, und ich damit sehr zufrieden war. Diese Gitarre fungierte über viele Jahre als mein Hauptinstrument, sowohl auf der Bühne als auch im Studio.

Danach hatte ich für eine gewisse Zeit eine Jackson Outcaster, die ich mir irgendwann 1996 oder 1997 zugelegt hatte. Die Outcaster war eine Solidbody-Version der Surfcaster. Damals arbeitete ich in einem Musikgeschäft und entdeckte dort die Outcaster an der Wand. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich nahm sie sofort mit nach Hause, sie hatte einen Lipstick-Coil und einen Humbucker. Diese Outcaster habe ich überall hin mitgenommen.

Mit Jackson verabredete ich dann, dass wir eine Art neuere Version der Outcaster designen, allerdings mit einigen geänderten Features hinsichtlich des Halses. Am meisten aber habe ich bei Jackson über Hölzer gelernt. Meine ESP-Gitarre hat einen zweiteiligen Japanische-Esche-Korpus, eine Holzart, die ich unbedingt auch für die Neuauflage der Outcaster verwenden wollte. Aufgrund der internationalen Holzbeschränkungen ging das aber nicht, weil die von mir gewünschte Holzsorte entweder nicht verfügbar oder ihr Import illegal war.

Wir versuchten es beim ersten Prototypen stattdessen mit Sumpfesche, aber die klang nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, außerdem war sie auch viel zu schwer. Schließlich entschieden wir uns für einen Erle-Body, der großartig aussieht und sehr fleischig klingt.

Vielen Dank für das Gespräch, Rob, und alles Gute für die Zukunft!

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2022)

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