Vorliebe fürs Extreme

Metal Guitars: Kyle Rasmussen & Vitriol

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(Bild: Simon Hawemann)

Das ungestüme Death-Metal-Abrisskommando Vitriol hat in den letzten Monaten mit seinem Debüt ‚To Bath From the Throat of Cowardice‘ gehörig von sich reden gemacht. Wie der Zufall es so will, bin ich mit Band Mastermind und Gitarrist Kyle Rasmussen schon eine ganze Weile befreundet, und so konnte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, mit ihm über seine Musik und Gitarren zu sprechen.

Beide Dinge spiegeln seine Vorliebe fürs Extreme wider, so viel sei schon mal verraten…

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Kyle, deine Band Vitriol ist momentan mit Vader auf Tour. Wie schlägst du dich und welche Gitarren hast du mitgebracht?

Die Tour ist bisher großartig gelaufen, danke der Nachfrage! Als Fan verfolge ich Vader schon mein halbes Leben lang und ich würde sagen, ihre Live-Performance ist so gut gealtert wie ein feiner Wein. Meine Nr. 1 auf Tour ist wie immer meine Daemoness Confessor V mit einem EMG-81er-Set. Als Backup habe ich die neue Jackson Rhoads mit vio­letten Wölkchenahorn Furnier dabei. Die ab Werk installierten Duncans habe ich durch ein EMG-Het-Set mit goldenen Kappen ersetzt.

Kyles Daemoness Confessor hat ein…
… Vitriol-Logo auf dem Vibratofach-Deckel.

Du hast ein erfolgreiches Instagram-Profil unter dem Namen @victoriousweapons. Bei dir dreht sich alles um Gitarren mit extremen Korpusformen. Wann bist du auf den Geschmack gekommen und gab es Zeiten, in denen du traditionellere Gitarren gespielt hast?

Meine Liebe für die Gitarre an sich ging Hand in Hand mit meiner Vorliebe für extreme Korpusformen. Mein Stiefvater nahm mich seinerzeit mit ins lokale Guitar Center, um mir meine erste Gitarre zu kaufen. Er ließ mir freie Wahl und ich griff zu einer Ferrari-roten B.C. Rich Warlock. Als passionierten Slayer Fan machte ihn meine Auswahl mächtig stolz! Die Warlock blieb viele Jahre lang meine Lieblingsgitarre, aber da man in den späten 2000ern damit eher belächelt wurde, gab ich dem Gruppen- und Szenezwang irgend­wann nach und wechselte zu einer Ibanez RGT320 Superstrat, die ich noch immer besitze. Aber ich konnte meine Vorliebe für extre­mere Formen nicht lange verleugnen, also besorgte ich mir nach ungefähr zwei Jahren eine ESP NV. Der Rest ist Geschichte…

Würdest du sagen, dass deine Popularität auf Instagram mit dazu beigetragen hat, dass extremere Formen wieder salonfähiger werden?

Das hoffe ich doch! Das Instagram Profil habe ich gestartet, um meine Begeisterung für eine Gitarrennische zu teilen, die meiner Meinung nach absolut missverstanden wird. Scharfkantige und spitz zulaufende Korpusformen haben nicht nur den Ruf kitschig und klischeehaft, sondern auch von schlechterer Qualität zu sein. Als junger Metalhead mit einem starken Hang zu der ästhetischen Sprache des Genres empfand ich diese messerscharfen Instrumen­te allerdings immer als faszinierend. Und dieser Faszination versu­che ich weiterhin auf den Grund zu gehen!

Ich bin ohnehin ein großer Fan davon, wenn sich der Geist eines Musikgenres in physischer Form manifestiert. Und extreme Kor­pusformen sind für mich der perfekte Ausdruck eben davon. Meine Intention hinter dem @victoriousweapons-Instagram-Profil ist es, anderen Menschen Metal- und Gitarrenkultur durch eine etwas romantischere Brille näherzubringen, da beides auf dieser Ebene sehr viel zu bieten hat.

Was sind deine Lieblings-Korpusformen?

Die 1990er Ur-Warrior von Jackson ist meine absolute Lieblings-Korpusform. Sie ist schlichtweg perfekt. Designer Mikey Wright muss eine höhere Macht angezapft haben als er die Linien, Kanten und Proportionen der Warrior kreiert hat. Und die B.C. Rich Ironbird verdient ebenfalls ihre neu erwachte Popularität. Sie ist womöglich die fieseste aller extremen Korpusformen. Und mit einer Speed V kann man auch nichts falsch machen.

Kyles USA-Jackson-Warrior-Gitarren in verschiedenen Finishes
Kyles USA-Jackson-Warrior-Gitarren in verschiedenen Finishes
Kyles USA-Jackson-Warrior-Gitarren in verschiedenen Finishes

Deine Band Vitriol ist nahezu zeitgleich mit deinem Instagram-Profil gewachsen. Denkst du, dass der Erfolg von beidem zusammenhängt?

Die Zusammenhänge liegen eher in meinem persönlichen Leben. Ich befand mich schlichtweg in einer ungemein fokussierten Phase, in der ich jede Menge Energie und Output produziert habe. Und diese Energie habe ich in wirklich alles in meinem Leben gesteckt, was zu der Zeit in irgendeiner Form gewachsen ist. Unser Label Century Media wusste allerdings nichts von meinem Social-Media-Auftritt als sie uns unter Vertrag genommen haben. Für Vit­riols Durchbruch ist einzig und allein unser Playthrough-Video für den Song ‚The Parting Of A Neck‘ verantwortlich − das haben wir nämlich unabhängig von meinem Instagram-Profil auf YouTube veröffentlicht. Dennoch profitieren Vitriol von meinem Instagram-Profil und es ist mir wichtig, dass @victoriousweapons weiterhin Gitarren mit extremen Korpusformen zelebriert.

Bleiben wir bei Vitriol: Ihr habt letztes Jahr euer Debüt-Album ‚To Bathe From The Throat Of Cowardice‘ veröffentlicht −ein absolut kompromisslos wütendes und brutales Death-Metal-Werk. Denkst du, dass du Vitriol in Zukunft in eine noch extremere Richtung treiben kannst, oder hast du für die nächste Veröffentlichung andere Pläne?

Um ehrlich zu sein hatte ich mehr als einmal das Gefühl, mich in Sachen Extremität in eine Einbahnstraße komponiert zu haben. Ich habe allerdings gelernt darauf zu vertrauen, dass ich jederzeit neu definieren kann, was „extrem“ für mich eigentlich bedeutet. Vitriol wird immer mit dem absoluten Limit spielen, aber die Form, in der wir unseren Hang zum Extremen ausleben, wird sich immer wei­terentwickeln.

Ich war unlängst dazu in der Lage mich von euren Live-Fähig­keiten zu überzeugen. Wie intensiv ist es, derart extreme Musik live zu spielen?

Es ist ein Albtraum! Wir sind nicht ohne brutale Selbstzweifel an diesen Punkt gelangt. Vitriol als Band aufzubauen war die reinste Sisyphusarbeit, um nicht zu sagen regelrechte Folter. Ohne mei­nen geradezu selbstmörderischen Dickkopf und ziemlich substan­zielle Komplexe wären wir glaube ich nie so weit gekommen. Vitriol ist eine Band, die wirklich nur einer dunklen, hasserfüllten Quelle entspringen konnte. Extreme Musik hat mir immer alles bedeutet, aber gerade deswegen hat mich der Stand der Dinge in der Szene oftmals einfach nur verbittert. Wir wollten nicht eine weitere lieblose und sterile Band sein, die damals wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, sondern die Grenzen ausloten. Ich bin froh, dass wir es durchgezogen haben. Mittlerweile ist es weniger anstrengend für uns, als es wahrscheinlich aussieht. Unser Muskelgedächtnis ist eine höllische Droge!


DIE DEFINITIVE DEATH METAL VOLLBEDIENUNG

Vitriol – To Bathe From The Throat Of Cowardice (Bild: Century Media Records)

VITRIOL: TO BATHE FROM THE THROAT OF COWARDICE

Nach einer fulminanten EP, die im Death-Metal-Underground schon ordentlich Staub aufwirbeln konnte, haben Vitriol bei Century Media einen Plattenvertrag an Land ziehen können und gegen Ende 2019 ihr Debüt veröffentlicht. Für das Label dürfte die Band aus Portland momentan so ziem­lich das Extremste im Programm sein – Vitriol sind absolut gnadenlos!

Ab der ersten Sekunde bricht ein absolut brutales Gewitter an aggressiv-technischem Gitarrenspiel, virtuosem Bassspiel, zwei brutalen Stimmen und einem Fundament aus schier endlosen Double-Bass- und Blast-Beat-Attacken herein. Der Fuß wird nur selten vom Gas genommen – es scheint fast, als ob die Musiker von Vitriol den Hörer in die Mangel nehmen wollen, um auch noch das letzte bisschen Energie aus ihm herauszuprügeln.

Klingt übertrieben? Mitnichten! Der Death Metal der Band gehört mit zum Kompromisslosesten, was das Genre je hervor gebracht hat. Ab und an eingestreute Grooves verführen zwar dazu, zu glauben, dass man sich mal etwas erholen kann, aber bevor man sich versieht, wird man schon wieder gnadenlos verdroschen.

Das Ganze ist natürlich nichts für schwache Nerven! Vitriol gehen dahin wo es wehtut. Stellt euch vor, man würde Hate Eternal mit einer Überdosis Steroiden vollpumpen und ihr bekommt eine ungefähre Ahnung, wie hart ‚To Bathe From The Throat Of Cowardice‘ wirklich ist.


Extreme Gitarrenformen sind ein untrennbarer Teil der Ästhe­tik von Vitriol. Für manche mögen diese Instrumente viel­leicht klobig aussehen – wie machen sie sich denn auf Tour?

Meiner Erfahrung nach sind diese Gitarren sogar sehr praktisch. Der Mythos vom Gegenteil hält sich hart, aber das kann ich nicht nachvollziehen. Am Gurt bevorzuge ich sogar V- oder X-förmige Gitarren gegenüber traditionelleren Formen. Ich habe auch kein Problem, sie im Sitzen zu spielen und würde behaupten, dass die Warrior wahrscheinlich sogar die bequemste Gitarrenform aller Zeiten ist − im Stehen und Sitzen. Ich kann mir vorstellen, dass die Leute hier einfach voreilige Schlüsse ziehen und erst mal einfach etwas schlecht reden, das sich anders anfühlt. Eine zunächst fremdartige Erfahrung wird mit einer schlechten gleich­gesetzt. Wenn man sowieso keinerlei Interesse daran hat, etwas künstlerisch oder kulturell anderes auszuprobieren, lässt sich natürlich leicht schlecht darüber reden.

B.C. Rich Ironbird aus dem USA Custom Shop
USA B.C. Rich King V im schwarz-grauen Crackle Finish
Bernie Rico Vixen mit Spalted-Maple-Decke

Was steht für dich und Vitriol dieses Jahr noch an?

Dylan von Daemoness Guitars und ich arbeiten ständig an den verschiedensten kreativen Ideen − nicht nur was Gitarren angeht, sondern auch an anderweitigen künstlerischen Projekten für Vitriol. Ich kann noch nichts konkretes sagen, aber wir würden gerne bald eine weitere Daemoness in den Händen der Band sehen. Und was die Band angeht: unser Debüt Album hat noch eine Menge Dampf. Wir werden also noch mehr touren. Außer­dem werde ich mit Naas Alcameth (Nightbringer, Akhlys, etc.) am neuen Bestia Arcana Album arbeiten, worauf ich mich schon sehr freue.

Danke fürs Gespräch und genieße den Rest der Tour!

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2020)

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