Keith Richards über seine Buddys

Keith Richards: Meine Gitarren sind immer für mich da

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Was hält Keith Richards eigentlich von Boutique-Amps? Oder ist es wahr, dass sich der Rolling Stone Kopien seiner teuren Fender-Gitarren anfertigen lässt? Vor Jahren nutzten wir bei einem Interview die Gelegenheit, Keith Richards nach seinen Gitarren und seinem Equipment zu fragen – und dabei mit einigen Mythen aufzuräumen…

Keith Richrads im Studio

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Stimmt es, dass du früher öfters mal Bass im Studio gespielt hast?

Keith Richards: Richtig. Aber weißt du was: Das tue ich immer noch. Übrigens genau wie Mick. Wir wechseln öfter Mal die Instrumente. Und Mick hat zum Beispiel etliche Gitarren-Parts beigesteuert. Außerdem spielt er dieser Tage eine verdammt geile Mundharmonika. Das hat er echt drauf.

Demnach bist du früher für Bill Wyman eingesprungen?

Keith Richards: Das war kein wirkliches Einspringen. Es war eher so, dass das einfach Teil des Songwritings war. Etwa bei ,Sympathy For The Devil’. Das basiert in erster Linie auf der Bass-Linie. Und Bill meinte nur: „Mann, du hast es geschrieben. Also spiel es auch.“ (lacht)

So einfach war das. Und meistens ist es wirklich nur eine Frage des Tauschens und Wechselns, was ich sehr genieße. Es hat nicht einfach jeder seine starre Rolle, sondern da ist wirklich Bewegung drin, und jeder probiert irgendetwas. Ich spiele zum Beispiel Klavier auf dieser Platte.

Und dann kommt es ja auch immer wieder vor, dass du im Studio aufschlägst und es sind erst ein oder zwei von den Jungs da. Was machst du da?

Keith Richards: Ich meine, du hast Lust zu spielen oder keinen Bock so lange zu warten, bis alle da sind. Also legst du einfach alleine los. Und bis alle eingetroffen sind, hast du vielleicht schon ein neues Stück fertig. Du nimmst es auf und spielst damit herum.

Es ist ein einziges Rumspielen – egal mit welchem Instrument. Und das genieße ich. Das ist Freiheit, Mann. Sechs Saiten, fünf Saiten, vier Saiten oder ein Haufen Tasten – scheißegal. Nur mit den Stöcken und den Fellen, das ist Charlies Ding. Davon lasse ich die Finger.


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Und wie viel wildes Experimentieren ging bei den Stones vor Einführung von ProTools ab?

Keith Richards: Nun, du könntest eigentlich sagen, dass jede einzelne Session ein einziges Experiment war. (lacht) Du darfst nicht vergessen, was das für eine Zeit war, in der wir mit dem Aufnehmen angefangen haben.

Da gab es riesige technische Veränderungen, und zwar in kürzester Zeit. Unsere allererste Aufnahme entstand zum Beispiel noch auf einer Zweispur-Maschine. Kein Jahr später haben wir dann schon auf 4-Track gearbeitet, was ein riesiger Unterschied war. Und noch ein paar Monate weiter waren es dann schon acht Tracks, anschließend 16 Tracks und plötzlich 24. Der reine Wahnsinn. Und ein einziges, großes Experiment.

Denn du hattest jedes Mal so und so viel neue Spuren zur Verfügung, was immer eine riesige Umstellung war. Da warst du auf völlig neuem, unbekanntem Gebiet, und hast wie wild experimentiert. Mit anderen Worten: Du hast dich jedes Mal aufs Neue gefragt: „Brauche ich überhaupt so viele Spuren? Was soll das Ganze?“

Insofern hast du immer mit der neuesten Technologie rumgespielt. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Das geht immer weiter und weiter. Dabei benutzen wir eigentlich schon lange kein richtiges Studio mehr, sondern einfach einen Raum, der zwei Mal so groß ist wie meine Garderobe.

Da sind dann auch das Pult und der Produzent. Eben, damit wirklich jeder dasselbe hört. Und das ist viel besser, als nach getaner Arbeit in den Kontrollraum zu kommen und frustriert festzustellen, dass es dort ganz anders klingt. Das war früher nämlich immer das Problem – dass du die Musik im Studio ganz anders gehört hast, als auf der anderen Seite der Scheibe. Also haben wir uns von dieser Barriere getrennt, was wirklich eine große Hilfe ist. Zumindest für eine Band wie uns… (lacht)

G&B: Das hört sich sehr plausibel an. Stimmt es, dass ,Street Fighting Man‘ seinerzeit auf einer akustischen Gitarre und einem alten Kassettenrekorder entstanden ist, den du ganz bewusst übersteuert hattest?

Keith Richards: Richtig. Und genau so ist auch ,Jumpin‘ Jack Flash‘ entstanden. Da war keine E-Gitarre im Spiel, sondern das war alles rein akustisch. Ich habe einen alten Philips-Kassettenrekorder benutzt, einen der ersten, die es überhaupt gab, und ihn einfach übersteuert. So, wie man es sonst mit einem Verstärker macht.

Frag mich bitte nicht wie ich darauf gekommen bin. (lacht) Es war einfach einer dieser genialen Einfälle, die zu einem besonderen Sound führten – und zu dem Stoff aus dem Legenden sind. Mann, wer hätte das gedacht… Wahrscheinlich war ich einfach nur zu dicht, um das Aufnahmevolumen vernünftig zu regulieren…

G&B: Dabei warst du einer der ersten, die gezielt mit ganz kleinen Röhren-Amps mit wenig Leistung aufgenommen haben. Wie kam’s?

Keith Richards: Weil diese großen Verstärker kaum zu kontrollieren sind, und mich das immer wahnsinnig genervt hat. Klar, ich habe auch große Boxen und all so was im Studio zur Verfügung, aber meistens verwende ich eben kleine Amps.

Zuletzt waren es aber meist Fender Twins. Ich habe zwei Fender-Twin-Combos mit den Rückseiten aneinander gestellt, und das ist es eigentlich, womit ich derzeit am liebsten arbeite. Sie sind einfach zu handhaben und erfüllen ihren Zweck. Was will man mehr?

G&B: Und wie sieht es mit all diesen Boutique-Amps aus? Hast du da schon viel ausprobiert?

Keith Richards: Ja, Phil, mein Techniker, bringt ab und zu mal einen davon mit. Und wenn du mich fragst, sind die Teile sehr interessant. Gerade die von den kleineren Firmen. Deswegen habe ich dafür auch immer ein offenes Auge und Ohr. Und das ist so eine Sache, mit der ich mich meistens auf Tour beschäftige.

G&B: Indem du dir das Equipment eurer Support-Bands ansiehst oder gar in irgendwelche Geschäft gehst?

Keith Richards: (lacht) Nein, Mann, die kommen zu mir! Da ist immer irgendein Typ von einer Firma, der sagt: „Hi Keith, schau mal, was ich hier habe. Willst du dir den mal anhören?“ Und das tue ich dann. Ich spiele stundenlang damit rum und meistens bekomme ich die Dinger auch noch geschenkt.

Du kannst dir nicht vorstellen, was sich bei so einer Tour an Gepäck ansammelt. Ich breche mit zwei Amps auf, und komme mit 20 nach Hause. Der Wahnsinn. Aber die Dinger sind wirklich cool. Und ich spiele gerne damit rum. Sie haben einen tollen Klang.

G&B: Wie steht es mit dem Relic-Boom? Stimmt es, dass du indirekt dafür verantwortlich bist, weil du einer der ersten warst, die Kopien von deinen teuren, alten Fender-Gitarren haben anfertigen lassen, um sie nicht mit auf Tour nehmen zu müssen?

Keith Richards: Das ist Quatsch. So etwas habe ich nie getan. Ich benutze weiterhin die Originale, und nichts anderes. Für die Kopien sind die Japaner zuständig, Mann. (lacht) Aber ich habe damit nichts zu tun.

Nicht, weil die Kopien schlecht wären, aber es ist nun mal so, dass ich meine 50er, 54er, 56er und 57er Fender habe, und die immer noch prima funktionieren. Wofür brauche ich da eine Kopie? Nichts ist besser als das Original, das kannst du mir glauben! (lacht) Weil ich es spiele.

(In früheren Interviews und in Statements von Stones-Mitarbeitern war allerdings immer mal wieder zu hören, dass Keith auch auf alt getrimmte, 100% exakte Kopien seiner Lieblinge auf der Bühne stehen hat. Eventuell dienten die aber wirklich nur als Soundcheck-Instrumente für die Roadies, als Deko oder Lockmittel für Vintage-Diebe; d. Red.)

G&B: Welches Verhältnis hast du zu deinen Gitarren? Sind sie so etwas wie gute Freunde?

Keith Richards: Und ob! Das sind alte Buddies mit denen ich schon viel erlebt habe und die zu mir halten. Egal, was auch passiert – sie sind immer für mich da. Was aber nicht nur für die Telecaster-Gitarren gilt, sondern auch für ein paar Gibsons. Etwa eine 59er Les Paul und eine ES-350T, wirklich nette Teile.

Und was neue Gitarren betrifft, so habe ich prinzipiell nichts dagegen, aber ich spiele halt keine Replicas. Meistens handelt es sich um irgendwelche Unikate, die jemand eigens in Handarbeit für mich gebaut hat.

Ich bin irgendwo und plötzlich hält mir jemand eine Gitarre ins Gesicht und sagt: „Hey, ich habe dieses Modell für dich gebaut – extra für dich.“ Verrückt, oder? Ich bin dann immer total gerührt, dass sich jemand solche Arbeit für mich macht. Aber letztlich – und das ist nicht böse gemeint – greife ich doch auf meinen alten Kram zurück.

G&B: Auf dem Album ‚A Bigger Bang‘ auch?

Keith Richards: Ja, Mann, das ist derselbe Kram, den ich seit eh und je verwende – ohne Ausnahme. Und dafür gibt es keine andere Erklärung, außer dass ich halt ein verdammter Gewohnheitsmensch bin. Ich bleibe bei dem, womit ich mich wohlfühle. Privat wie bei meinen Instrumenten.

Und wahrscheinlich gibt es da draußen Millionen von großartigen Gitarren, die ich noch nie probiert habe, und die vielleicht sogar viel besser sind. Aber weißt du was: Ich brauche meine alten Teile. Und ich stehe eigentlich gar nicht so auf neue Sachen. Alte haben viel mehr Seele. Sie sprechen zu mir, ich höre ihnen zu und dann spielen wir zusammen ein Lied. So einfach ist das. (schüttelt sich vor Lachen)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Das Interview zeigt wieder mal, dass Keith ein “normaler”, nicht abgehobener Mensch geblieben ist (wohl im Gegensatz zu Mick Jagger). Ich mag ihn und kann mit seiner Einstellung zu dem alten Musikkram gut leben.

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