Eine Talman für Fingerstyle und Tapping

Interview: Yvette Young & Covet

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(Bild: Daniel Grey)

Das Internet hat wirklich viele Vorteile. Einer davon ist, dass Gitarristinnen und Gitarristen nicht nur durch Werbebudgets, sondern viel mehr durch ihre technische und musikalische Begabung ins allgemeine Interesse rücken. Und waren die ersten Solo-Tracks von Yvette Young noch akustisch und mit Gesang versehen (‚Acoustics EP‘, 2014), so gibt es mittlerweile auch ein Klavier-Album von ihr (‚Piano EP‘, 2019). Besonders spannend für viele Gitarristen dürfte sie mit ihrer Band Covet sein, mit der sie 2018 das Erfolgsalbum ‚Effloresce‘ veröffentlichte.

2020 sollte in vielerlei Hinsicht ein großes Jahr werden. Das neue Album ‚Technicolor‘ steht in den Startlöchern, Touren waren gebucht und passend dazu kommt auch bald ihre Ibanez Signature Talman YY10 auf den Markt. Corona-bedingt verzögert sich natürlich einiges, aber Yvette sah es im Gespräch von der positiven Seite und meinte, nun hätte sie mehr Zeit zum Üben und für Freunde.

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INTERVIEW

Da nicht jeder mit deiner Musik vertraut ist, wie würdest du dich und deine Musik beschreiben?

Ich habe viele Projekte. Ich spiele Klavier, Violine und Gitarre, und oft ist die Musik sehr umfangreich, komplex und melodisch. Ich spiele bei meiner Band Covet und habe ein Solo-Projekt, bei dem ich akustische, fast Emo-Folk-Musik spiele und auch singe. Und dann gibt es da auch noch mein Klavierprojekt.

Du singst also in deinem Solo-Projekt aber nicht in deiner Band? Warum?

Für mich geht es immer um die Musik und darum, was die Musik braucht. Die Musik, die ich für die Band geschrieben habe, ist für sich schon sehr dicht, so dass ich das Gefühl hatte, dass sie keinen Gesang benötigt.

Ist der Songwriting-Prozess in der Band anders oder inwieweit ist die Band dabei einbezogen?

Bei beidem läuft das Songschreiben sehr ähnlich ab. Der Unter­schied zu meinem Solo-Zeug ist einfach, dass ich dort alleine schreibe. Für die Band fange ich mit dem Grundgerüst an, und die anderen fügen dann ihre Parts hinzu. Also meistens habe ich die Lieder schon zu 90-100% fertig. Manchmal arbeiten wir dann noch gemeinsam daran, wie der Song aufhören soll.

Dein Spielstil ist sehr speziell; das hört man nicht so oft … Wie hast du diesen Stil entwickelt?

Ich schätze, ich neige einfach zu Fingerstyle, weil ich ja auch Klavier spiele und Polyphonie sehr schön finde. Ich mag es ein­fach, wenn es mehrere Stimmen gibt, die wie beim Klavierspiel ineinanderfließen. Das mag ich auch an Barockmusik und Musik aus der Romantik sehr. Ich denke, aufgrund dieser Leidenschaft schreibe ich mehrstimmige Gitarrenmusik, und die beste Art das zu tun, ist eben Fingerstyle. Das Tapping ist das Ergebnis davon, dass ich Klavier mag und damit eben mehrere Stimmen gleich-zeitig spielen kann.

Planst du mehr von deinem Klavierspiel auch in der Band einzubringen oder es mit deinem Akustik-Solo-Projekt zu vermischen?

Ich weiß nicht, ob ich jemals wirklich richtig für die Band Klavier spielen werde, aber das Klavier ist noch immer meine Referenz. Schlussendlich schreibe ich aber dann doch mit der Gitarre. Ich versuche, beides zu trennen.

Yvettes Pedalboard und die grüne Ibanez-Signature-Talman (Bild: Yvette Young)

Sprechen wir über dein Equipment. Ich habe in einigen deiner Videos gesehen, dass du für eine Zeit lang auch eine Telecaster verwendet hast. Jetzt hast du dein eigenes Ibanez-Signature-Modell, richtig?

Genau. Ich fing mit Teles an. Ich habe eine Drum Machine gegen die SX-Tele eines Freundes getauscht. Außerdem habe ich früher auch die Ibanez RG von meinem Ex-Freund verwendet.

Besitzt du diese SX-Telecaster noch?

Ja, schon. Ich mochte sie eigentlich sehr! Die erste Talman, die ich dann hatte, war eine rosafarbene Sparkle-Talman und ich habe in sie sogar die Tonabnehmer von der SX-Tele eingebaut. Das sind handgewickelte Bill-Lawrence-Pickups.

Wie hast du zur Talman gefunden? Schließlich sieht man die ja nicht sehr oft und Ibanez hat sie nicht im regulären Sortiment, außer natürlich jetzt dein Signature-Modell!

Ich glaube, Mike Orrigo (Anm. d. Autors: Ibanez Artist Relations Manager) war derjenige, der meinte, dass ich sie ausprobieren soll. „Wir haben da eine Gitarre für dich, die deinem Stil ent­spricht.“ Mittlerweile werde ich oft von Leuten gefragt, was für eine Gitarre sie sich kaufen sollen, und ich sage immer, dass ich es auch nicht weiß. Aber jetzt mit meinem Signature-Modell hoffe ich natürlich, dass es viele Gitarristen gibt, die auch so eine haben wollen. Einer von Minus the Bear und Noodles (Anm. d. Autors: aka Kevin John Wasserman von The Offspring) spielt ebenfalls eine Talman.

Du sagtest ja, dass dir die Bill-Lawrence-Pickups so gefallen. Jetzt verwendest du aber Seymour Duncan. Weil sie ähnlich sind? Oder wolltest du etwas Neues?

Durch die Bill-Lawrence-Pickups ist mir aufgefallen, dass ich Tonabnehmer mit geringerem Output mag. Zuvor habe ich total komprimierte EMGs gespielt, weil die in meiner Extended-Range-Strandberg waren. Ich hatte einfach keine Ahnung und spielte, was halt verbaut war. Ich habe dann getestet, wie sich die Seymour Duncans mit meinem Equipment verhalten und fand das sogar noch besser als die Pickups von Bill Lawrence. Ich habe einfach das Gefühl, dass die Seymour Duncans es mir erlauben, mit dem Level an Ausdruck zu spielen, das ich mir wünsche.

(Bild: Laurie Monk)

Wie funktioniert das eigentlich, wenn man eine eigene Signature-Gitarre bekommt? Hast du deine Wünsche angegeben, oder hat dir Ibanez Vorschläge gemacht?

Sie haben mir technische Daten geschickt, an denen einige Dinge ändern konnte. Ich bin kein Gitarren-Designer. Ich weiß nur, was ich gut finde und ich erinnere mich daran, wie ich auf der Tour durch Großbritannien war und in einem Telefongespräch Mike um Rat gefragt habe: „Was hältst du vom Halsumfang oder davon, diese Art von Pickup einzubauen.“ Es war eine Zusammenarbeit.

Und ich schätze du bist sehr zufrieden damit, oder?

Ja, wirklich sehr! Die einzige Kleinigkeit ist, dass die Talman ein anderes Halsprofil hat als meine Ibanez Prestige. Der U-förmige Talman-Hals ist einfach ein bisschen dicker.

Du hast ja schon erwähnt, dass du eine Strandberg hast. Die spielst du aber nicht mehr so oft, oder?

Ja, genau. Der Grund ist nicht, dass ich die Gitarre nicht mag, sondern dass ich einfach kein Extended-Range-Zeug mehr schreibe und eine Band habe, bei der ich den Bassisten nicht übertönen will. Die Gitarre hat ein tiefes Tuning und ich habe das Gefühl, dass es mich in bestimmte Schubladen zwängt, wenn ich damit spiele. Ich benutze sie nur, wenn ich Bassspuren schreiben will.

Du hast mir ein Foto von deinem Pedalboard geschickt und ich würde gern mehr mit dir darüber sprechen, weil ich Effekte liebe. Was ist dein Lieblings-Gerät?

Puh, lass mich nachdenken. Da gibt es viele. Nur Pedale, oder … ?

Wie du willst!

Ich bin von einigen sehr begeistert. Was ich live wirklich brauche, ist mein Kompressor von EarthQuaker Devices, weil er mir hilft, alles etwas auszugleichen. Ich spiele oft mit hoher Lautstärke und es ist mir wichtig, dass es ausgewogen klingt. Aber ich benutze ihn auch als eine Art zusätzlichen Clean Boost. Wenn ich meinen Verstärker mit Top Boost spiele, benutze ich den Kompressor, um den Sound zu pushen.

Jetzt muss ich doch noch fragen, warum dein Avalanche Run verkehrt herum auf dem Bord ist.

Das war einfach ein Fehler, weil wir es im Studio umgestellt haben und es eilig hatten – aber ich hab’s wieder umgedreht.

Du verwendest Vox Amps, richtig?

Ja, Vox haben mir den AC10 fürs Studio geliehen.

War das mit Vox ein glücklicher Zufall? Oder wie kam es dazu?

Ich habe von Anfang an Vox gespielt. Mein erster Amp im College war, glaube ich, ein AC4 oder so. Ich bin zum Gitarrenladen gegangen und habe gesagt, dass ich einen kleinen Amp für meine Studentenwohnung brauche. Sie hatten diesen Vox-Amp und ich war einfach in den Klang verliebt! Dann bin ich schließlich auf den AC15 umgestiegen, den ich recht lange verwendet habe. Er musste dann irgendwann zur Reparatur, weil er stark gerauscht hat. Ab da wechselte ich zu einem AC10, den ich bis heute besitze, für Demos zuhause verwende und einfach liebe.

Ja, der Sound ist wirklich gut. Ich habe deine Videos angeschaut, wo du ohne Effekte nur mit deinem Amp zuhause spielst und es klingt großartig!

Ganz ehrlich, die Talman mit den Seymour Duncans einfach in den AC10 und dazu ein bisschen Amp-Reverb, das ist genau mein Ding.

Du könntest also alle deine Pedal-Boards loswerden!

(lacht) Ja, ich schließe einfach die Gitarre an, und es klingt toll. Das ist mir wirklich wichtig. Ich habe das Gefühl, dass der Großteil meines kreativen Prozesses spontan ist, und wenn ich schreiben will und inspiriert bin, ist das Letzte was ich möchte, dass ich mich lange vorbereiten muss. Meine Gitarre neben mir zu haben, angeschlossen und bereit zum Losspielen, und dabei trotzdem gut zu klingen, ist für mich einfach die beste Ausgangslage und motiviert mich zu spielen!

Du hast auch erwähnt, dass du das Tap-Dancing auf dem Pedalboard magst. Sonst hätte ich dich gefragt ob du schon mal überlegt hast, dir ein Multieffekt-Gerät oder ein Axe-Fx anzuschaffen.

Ich besitze ein Line 6 Helix. Aber bis jetzt mag ich eigentlich lieber einzelne Pedale und stehe auf analoge Effekte. Ich mag auch manche digitalen Effekte, aber es hängt einfach davon ab, was ich brauche. Außerdem mag ich es, ein vielseitiges Board zu haben und an den Knöpfen herumzuspielen. Ich schätze es gehört für mich einfach zu einem Live-Gig dazu, dass die Leute mir während des Spielens zuschauen, wie ich mit den Füßen meinen Looper betätige und sonstiges komisches Zeug mache. Das ist auch Teil des Auftritts.

Die Leute mögen es also deine Füße anzuschauen?

Ja, all die Fußfetischisten lieben mich! Sie mögen es einfach, zu meinen Auftritten zu kommen und meine Füße zu fotografieren. (lacht)

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2020)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Jetzt scheint Ibanez völlig frei zu drehen,denn was diese „ulkige“ Yvette Young in dem „abgedrehten“ Video-Werbe-Clip mit ihrem neuen giftig grünem Ibanez Talman YY 10 Signature Gitarrenmodell dort optisch und akustisch präsentiert,grenzt bisweilen schon an „Childrens Guitar Workshop for Crazy Little Kids“ made by Ibanez.
    Irgendwie klingt ihr extrem hektisches Gitarrenspiel wie Joe Satriani auf Speed.Dabei besitzt Satriani’s schnelles Spiel noch melodisches Feeling,und ausreichend Struktur
    Da „muß“ man(n) sich dann schon sehr für interessieren,sorry,ich kann mit diesem ultra-turbo-schnellen Gefiepse dieser jungen Yvette Young absolut gar nichts anfangen.
    Habe es wirklich versucht gut zu finden,hat aber „leider“ nicht geklappt.
    Total „außerirdische Klänge“.Kann ich rein gar nichts mit anfangen.Ja,klar,meine eigene persönliche Meinung.Wird hier ja auch respektiert,logisch,sind ja alle tolerant.
    Wer diese Yvette ganz toll findet,soll sich auch daran erfreuen können.
    Vielleicht gibt es ja sogar auch Liebhaber,die sich demnächst die schrille Ibanez YY 10 Signature Talman zulegen möchten,auch gut,prima.
    Ich dagegen,schüttele nur noch den Kopf über diese neue (eigentlich aber doch irgendwie alte) Talman,die Ibanez vermutlich willkürlich,je nach Lust und Laune mal aus ihrem Programmkatalog entfernt,oder plötzlich wieder in extrem schrillem Outfit als Signature Talman einführt.
    Ich weiß wirklich nicht,was seit geraumer Zeit in den anscheinend total wirren Köpfchen der aktuell agierenden Ibanez Produktdesigner tickt,aber mich begeistert diese schräge Philosophie der grellen Farben und fast unüberschaubaren Modellvielfalt absolut nicht mehr.
    Ibanez war damalig innovativ,hatte richtig gute Ideen,prima Gitarren zu fairen Preisen,saubere Qualität und optisch ansprechende Formen,ohne völlig im Dreieck zu hopsen.Doch damit ist es längst vorbei! Scheint an dem neuen Management zu liegen,das alles ohne Rücksicht auf Verluste austesten will.
    Und dies in einer Epoche,in der auch wegen Corona bald alles ganz still stehen könnte.Was ist da los bei Ibanez?
    Momentan wirkt Ibanez wirklich richtig hilflos,weiß wohl nicht mehr was die einstigen Kunden sich wünschen würden,hört nicht mehr zu,kreiert neue höchst merkwürdige Designs und schert sich so rein überhaupt nicht darum,was ernsthafte Gitarristen/innen zukünftig ordern wollen.

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