Harte Arbeit und Gitarren-Magazine

Interview: Danny Bryant

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(Bild: Rob Blackham)

Auf seinem neuen Album ,Revelation‘ verarbeitet der britische Blues-Gitarrist den Tod seines Vaters und eines guten Freundes. Keine leichte Kost also, was die Texte angeht. Musikalisch bereitet die Platte aber jede Menge Freude: Souliger Gesang, Bläsersätze und Keyboards sorgen für Abwechslung vom Sound des klassischen Bluesrock.

Mit 16 aus der Schule raus, mit 18 Profimusiker, seitdem 2000 Konzerte und zwölf Alben – Mr. Bryant ist ein gutes Beispiel dafür, dass harte Arbeit auch heute noch zum Erfolg führen kann.

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Dass ein solcher Weg trotz aller Zielstrebigkeit auch holprig sein kann, versteht sich von selbst. Am Tag des Interviews steckte der aus dem 70 Kilometer nördlich von London gelegenen Royston stammende 38-Jährige mehrere Stunden in einer Vollsperrung, was die Zeit für Soundcheck, Essen, Hotel-Check-In und unser Interview stark zusammenschrumpfen ließ. Der Tour-Stress verdirbt dem Engländer trotzdem nicht die Laune. „Shall we talk?“ fragt er, öffnet sich ein Bier und hat sichtlich Spaß am Interview.

(Bild: Martin Schmidt)

Der Weg zum Blues

Du bist 1980 geboren. Zu deinen Teenagerzeiten waren Grunge, New Metal und Crossover angesagt. Wie bist du ausgerechnet zum Blues gekommen?

Ich bin damit aufgewachsen. Meine Eltern haben Bob Dylan und Bruce Springsteen gehört und hatten viel von Jimi Hendrix, Eric Clapton und Rory Gallagher. Meine Mum hat Jimi Hendrix als Teenager gesehen, vor 20 Leuten, bevor er berühmt wurde! Mit 14 habe ich Oasis gehört, die damals sehr angesagt waren, aber als ich die Gitarre für mich entdeckte, fand ich den Blues viel ansprechender, weil die Gitarre so im Vordergrund stand. Typen wie Hendrix oder Clapton schienen mir ziemlich cool zu sein.

Hast du Unterricht genommen?

Nein, ich wollte einfach eine Gitarre haben und meine Eltern kauften mir eine. Mein Vater hat zu Hause viel Akustik-Blues gespielt und mir die ersten Akkorde gezeigt. Und dann kamen die Gitarren- Magazine. Das war noch vor YouTube. Den englischen Gitarrenheften waren zu der Zeit erstmals CDs beigelegt und ich habe viel von den zugehörigen Tabs gelernt. Notenlesen kann ich aber nicht, selbst Tabs fallen mir bis heute schwer. Ich spiele größtenteils nach dem Gehör.

Im Gegensatz zu vielen anderen Bluesrockern hört man in deinem Spiel wenig Stevie Ray Vaughan oder Jimi Hendrix…

Ich liebe diese Typen, aber der erste, der meine Aufmerksamkeit erregt hat, war Walter Trout. Meine Eltern haben mich zu vielen seiner UK-Shows gefahren und er wurde so etwas wie mein Mentor und Lehrer. Wir saßen im Hotelgarten und er hat mir Licks gezeigt und mich unter seine Fittiche genommen.

SRV habe ich gehört, aber ein paar Jahre nach seinem Tod gab es so viele Leute, die wie er gespielt haben… und zwar richtig gut! Meine ewigen Favoriten sind Buddy Guy und B.B. King. Ich bin kein großer Techniker. Ich mag Gitarristen mit Feeling und Ecken & Kanten.

Spielst du auch andere Sachen als Blues?

Zu Hause spiele ich meist akustischen Country-Blues, nur zum Spaß. Wenn eine Tour ansteht, arbeite ich an meinen Chops, aber den Rest der Zeit sitze ich einfach mit einer Gitarre vor dem Fernseher.

Ich wäre gerne auch Produzent, aber ich bin nicht besonders gut, was Technik angeht. Mein Produzent hat versucht, mir einiges zu erklären, aber ich verstehe es einfach nicht (lacht). Meine Demos mache ich mit dem iPhone und einer Gitarre.

Revelation

Dein neues Album präsentiert deine Songs in verschiedenen Besetzungen. Wie findest du die richtige für den jeweiligen Song?

Allgemein eignen sich die bluesigeren Songs wie ,Truth Or Dare’ oder ,May I Have A Talk With You’ für diesen Big-Band-Horn-Sound. Die Bluesrock-Songs spiele ich dann mit der regulären Besetzung.

Wo habt ihr das Album aufgenommen?

In einem Dorf namens Emneth, zwischen Cambridge und Norwich. Ich lebe in der Nähe. Wir waren ein paar Wochen da. Die straighten Blues-Songs nehme ich gerne live auf. Für die „Song-Songs“, wie ich sie nenne, spiele ich eine Rhythmusgitarre zum Click ein. Dann kommen Bass und Drums dazu und anschließend mache ich Gesang und Gitarre neu, um einen besseren Sound hinzukriegen.

Bist du auch in die technischen Aspekte involviert?

Ich weiß, was mir gefällt. Ich mag Close-Miking und ein Raum-Mikro, das drei bis vier Meter entfernt steht. Auf die Art bekommt man oft einen sehr schönen Raum-Hall. Den mischen wir dann dazu. Bei einem Album haben wir auch mal Amplitube für einen Overdub benutzt, aber ich mag richtige Amps. Ich höre gerne die Luft, die sie bewegen und ihre Power.

Unterscheiden sich die Live-Versionen stark von denen aus dem Studio?

Wir bleiben ziemlich nahe an der Aufnahme. Manchmal ziehe ich das Gitarrensolo in die Länge und gebe der Band Zeichen, wann der Song enden soll. Bei der Bigband spielen die Bläser nach Noten, da ist alles festgelegt, was für mich zuerst sehr ungewohnt war. Ich habe jahrelang im Trio gespielt und einfach gejammt.

Gear

Welche Amps hast du auf dem Album benutzt?

Zwei Blackstars – einen Combo namens HT Club 40 und ein handverdrahtetes Artisan-Topteil – sowie meinen Fender Super Reverb, ein Blackface-65-Reissue. Live benutze ich nur den Blackstar-Combo.

Bei der Bigband füge ich noch einen Blackface Twin dazu, den ich meistens miete. Es ist ein sehr simples Setup, ich wechsle zwischen den Amps hin und her, benutze sie nie gleichzeitig und habe auch keine Pedale davor.

Blackstar HT Club 40 MK II
Dannys „Pedalboard“: ein Boss Tuner

Und die Gitarren?

Auf Tour habe ich eine Custom-Shop-61-Stratocaster, mein Fret-King-Signature- Modell und eine fünf Jahre alte Gibson Les Paul dabei. Die rote Strat ist für die bluesigen Songs, die Fret-King für den rockigen Kram und die Les Paul, wenn es richtig heavy werden soll. Im Studio kam noch eine 1974er-Strat, eine B.B. King Lucille, eine Les Paul aus dem Custom Shop und eine Standard Firebird dazu.

Deine Signature-Gitarre hat ja schon viele Soundmöglichkeiten.

Ja. Sie hat einen P-90 am Steg, den man mit dem Tone-Poti auf einen richtigen Singlecoil herunterregeln kann. Außerdem kann ich die zwei Singlecoils zu einem Humbucker kombinieren.

Entspricht die Gitarre genau deinen Vorstellungen?

Nun, sie haben mir gesagt, ich könne genau das haben, was ich will. Es sollte ein Strat-Modell sein. Ich wollte einen Humbucker am Hals und den P-90 am Steg und das ging klar. Sie sagten auch, ich kann jede Farbe haben und ich sagte cool, dann Grün. Da hieß es nein. Dann wollte ich Weiß und es hieß, sie muss blau sein (lacht). Dann wollte ich ein Non-Tremolo-Modell und sie sagten, Trevor Wilkinson sei bekannt für seine Tremolo-Systeme, also nein (lacht). Dann hab ich gesagt: „Baut sie einfach!“ (lacht)

Dannys Custom-Shop-Strat
Art & Lutherie Akustikgitarre
Gibson Les Paul, Fret King, Custom-Shop-Strat und Blackstar-Combo

Hast du jemals etwas anderes gemacht als Musik?

Ich bin mit 16 von der Schule gegangen, so früh wie es in England eben ging. Dann habe ich in Läden Regale eingeräumt und geübt. Mit 18 fing ich an in Pubs zu spielen und wurde Profi-Musiker. Viele Leute sagen zu mir, dass das mutig gewesen sei, aber wenn du 18 bist, zu Hause wohnst, nicht verheiratet bist und kein Haus abbezahlen musst, ist das nicht schwer. Daraus hat sich alles entwickelt, ich hatte einfach Glück. Wenn ich heute so eine Entscheidung treffen müsste, würde das viel mehr Mut erfordern.

Ist das Touren deine Haupteinnahmequelle?

Ich bin wirklich gerne „on the road”, und ich verdiene auch ausschließlich damit meinen Lebensunterhalt. Das neue Album ist auf Platz 1 in den englischen Blues-Charts, aber ich könnte niemals nur von diesem Geld leben. Ich muss spielen und auf Tour gehen, aber das ist OK. Es ist toll, wenn man sein Geld mit Musik verdienen kann!

Bist du dann auch in alle Aspekte deiner Karriere involviert?

Meine Frau managt mich, in den verschiedenen Ländern habe ich Booking-Agenten und dann habe ich noch eine Plattenfirma, aber ich behalte alles im Auge.

Du bist auch auf Facebook sehr aktiv. Segen oder Fluch?

Facebook ist ein großartiges Promotion-Werkzeug. Heute haben die Leute diesen Zugang und erwarten von dir als Künstler einfach mehr. Du musst Sachen teilen und mit ihnen in Verbindung treten.

Ich liebe es, nach der Show die Leute am Merch-Stand zu treffen, bin aber etwas schüchtern, was die Selbstvermarktung angeht, aber es ist einfach notwendig. Meine Frau treibt mich an, Videos zu machen oder bei Facebook aktiv zu sein.

Hast du neben Gitarrespielen und Touren noch Zeit für andere Dinge?

Ich lese viele Bücher, aber die haben auch meist mit Musik zu tun. Ich mag Biografien und Bücher über die Geschichte des Blues. Ich habe fast jedes Werk über den Blues gelesen. (lacht)

 

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2019)

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