Built for Billy:

Helliver Trapezoid für ZZ-Top-Gitarrist Billy Gibbons

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2015 folgte der Münsteraner Gitarrenbauer Oliver Baron nach einem ZZ-Top-Konzert der erhofften Einladung in die gut abgeschirmte Garderobe des legendären Gitarristen Billy Gibbons. Anlass für das Interesse des Meisters war die Vorlage eines speziell auf Billy zugeschnittenen Helliver-Gitarren-Modells namens Trapezoid, das man ihm über seinen Guitar-Tech Elwood Francis angetragen hatte.

Billy Gibbons auf der Bühne
Billy Gibbons live on stage (Bild: Franz Holtmann)

Es entspann sich dann ein Gespräch, das mehr und mehr ins Detail ging und damit zeigte, dass Oliver Baron sich perfekt eingefühlt hatte in die Bedürfnisse des texanischen Stargitarristen. Der, angetan vom geringen Gewicht, den guten Spieleigenschaften und der potenten elektrischen Auslegung mit Amber-Pickups, kaufte nicht nur dieses erste Trapezoid-Modell, sondern spielte es bereits in der Show am folgenden Abend, zu der er den Gitarrenbauer wiederum einlud. Nach dem Konzert setzte man sich noch einmal zwei Stunden zusammen, diskutierte konstruktive Optionen und Billy skizzierte seine Ideen auf Hotelnotizzetteln.

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Man wurde sich einig über den Bau eines weiteren Modells, das dann ganz konsequent auf Gibbons’ individuelle Ansprüche hin abgestimmt sein sollte. In erster Linie sollte diese Gitarre so leicht wie nur möglich sein. Billy: „Ich will jedes Gramm sparen, das man sparen kann.“ Dann soll sie noch eine bestimmte Optik bekommen, einen changierenden Flip/Flop-Lack für den Billy die gewünschten Farbpigmente konkret benennt und dazu noch Pinstripe-Verzierungen. Erste Voraussetzung für die Konstruktion waren die leichtesten auffindbaren Tonhölzer, wobei vorausgesetzt werden darf, dass bei Helliver sowieso nur selektierte leichtgewichtige Materialien zum Einsatz kommen: Mahagoni für Body und Hals, Ahorn für die Decke, Palisander für das Griffbrett.

Der trapezförmige Korpus mit dem kleinen Cutaway erhielt zunächst großzügige Kammerfräsungen, immer natürlich nach der Maßgabe, die Stabilität nicht zu beeinträchtigen. Um das Gewicht noch weiter zu reduzieren, entschied sich Oliver für kleine Lochbohrungen, die er von oben in die verbliebenen, parallel verlaufenden Sustain-Leisten in der Korpusmitte setzte. Die darauf platzierte 4 mm starke Ahorndecke und das dünne Alu-Pickguard (1 mm/100g) machten den Body komplett.

„Reverend Willy G“ verfügt über eine riesige, über die Jahre gesammelte Kollektion von Fotos, die sich allesamt auf Leichtgewichtskonstruktionen der Gitarre beziehen. Seinen Vorschlag, einen gehöhlten Hals zu verwenden, verwarf Oliver aber, da er über ein extrem leichtes Mahagoni verfügte und der Stabilität unbedingt den Vorzug geben wollte. Am Ende wog der Hals mit Halsstab, aber noch ohne Mechaniken trotzdem lediglich 365 g.

Hals-Pickup? Tone-Poti? Da kam ein klares Nein von Gibbons. Es reichte also ein einzelnes Volume-Poti aus Aluminium, aber auch das lässt sich von unten ja noch ausbohren – und wieder ein paar Gramm gespart! Wie auch am Halsstab, der von Oliver von Hand gefertigt wurde. Sein 4mm-Trussrod wiegt knapp 50 Gramm, der 5 mm-Standard liegt bei 75 Gramm. Dazu kamen die kleinen, sehr leichten Gotoh-Stealth-Mechaniken (nur 12 Gramm das Stück).

Da die Elektrik der ersten Trapezoid ihm so gut gefiel, wollte Billy auch für sein neues Custom-Modell einen Humbucker von Amber-Pickups. Verbaut wurde ein einzelner „Classic Rock“-Pickup mit Alnico-2-Magnet, prinzipiell ein PAF-Typ mit nur leicht kraftvollerer Auslegung. Der Bau und das aufwendige Flip/Flop-Finish nahmen einige Monate in Anspruch und letztlich kam das Instrument mit einem Gewicht von 2,1 kg über die Ziellinie und war damit immerhin ein ganzes Kilogramm leichter, als die erste von Billy erworbene Trapezoid.

Natürlich war die Spannung groß, als die Saiten endlich aufgezogen waren. Fragen standen im Raum: Lässt sich mit einer solch leichten Gitarre wirklich saftig abrocken? Hat sie genug Arsch in der Hose? Die fertiggestellte ultraleichte Gitarre übertraf dann aber sogar alle Erwartungen, verfügte über eine ausgesprochen gute Balance und korrespondierte mit dem aufgespannten Saitensatz in Billys .008 auf .040er-Stärke ganz wunderbar, ließ es also keineswegs an Substanz und Sustain fehlen.

Am 11. Juli – ZZ Top gastierte im Kölner Tanzbrunnen – war es dann soweit: Oliver Baron präsentierte Gibbons vor dem Konzert das zweite, von Billy selbst mitgestaltete Custom-Trapezoid-Modell. Der texanische Meister und sein Guitar Tech Elwood waren absolut hingerissen, feierten das Leichtgewicht und dessen sonore Kraft begeistert ab. Elwood verschwand dann kurz, um die Gitarre zu checken, kam aber umgehend zurück, alles sei super, und Billy kam dann auch schon bei der letzten Zugabe mit seinem neuen Baby auf die Bühne. Apropos Zugabe: Zur Gitarre überreichte Oliver dem Reverend als kleines Special noch ein in Form und Ausstattung zur Gitarre passendes selbstgebautes Effektpedal, den „B.F.G. Beefed Up Fuzzoid“.

Das reguläre Trapezoid-Modell kann mit Zugriff auf verschiedene Optionen, aber jeweils nur in einmaliger Farbgebung in Auftrag gegeben werden. Die Trapezoid-Hollow ist, abgesehen von den zusätzlichen Lochbohrungen der Gibbons-Custom-Ausführung (macht ca. 150 Gramm Unterschied – dafür darf man auch .010erSaiten aufziehen), nur als exakte Nachbildung in der dargestellten Ausstattung und Optik zu haben.

Billy, sicherlich bieten dir viele Gitarrenbauer Instrumente an, und du bist ja auch bekannt für dein Interesse an neuen Gitarren: Wonach suchst du noch nach all den Jahren? Kann man dich immer noch überraschen?

Billy Gibbons: Das Ziel, komfortable E-Gitarren zu kreieren, bleibt eine spannende Herausforderung. Gewicht und Haptik wirken zusammen im Hinblick auf gute Bespielbarkeit, ebenso wie Verbesserungen bei der elektrischen Übertragung. In jeder Gitarre steckt eine Überraschung.

Ich habe Oliver Baron dabei beobachtet, wie er deine Helliver Trapezoid mit Hingabe gebaut hat, bis hin zum ausgefrästen Volume-Knopf, um noch das kleinste Gramm zu sparen und dir einfach das ultimative und komfortabelste Werkzeug in die Hand zu geben. Hat er am Ende sein Ziel erreicht?

Billy Gibbons: Mit seinen handwerklichen Fähigkeiten ist Oliver in der Lage, eine ganze Reihe sehr eleganter Instrumente zu erschaffen. Mit der Umsetzung seines Trapezoid-Modells hat er die Messlatte in Sachen konstruktiver Durchbrüche im Gitarrenbau höher gelegt … Barons erste Version der Trapezoid gab schon Hinweise darauf, was in der kleinen Nische ultraleichter Instrumente noch möglich sein könnte. Die aktuelle Kreation bringt das Modell aus dem toten Winkel heraus ins klare Licht und ist eine Freude zu spielen. Super fine!

Welche Aspekte deiner Custom Trapezoid sind besonders eindrucksvoll für dich?

Billy Gibbons: Die Trapezoid hat eine ungewöhnliche optische Anziehungskraft. Der Name sagt alles!

Was denkst du über den Amber-Pickup von Wolfgang Damm (der vor Jahren den P94-Pickup erfunden und an Gibson verkauft hat) in deinem Trapezoid-Modell?

Billy Gibbons: Wolfgang Damm ist eine Bereicherung für die elektrische Gitarre. Sein Amber-Pickup in der Trapezoid ist eine umwerfende Ergänzung zum potenten Ton dieses Instruments. Ich weiß ja nicht, welche Art von Magie er bei seiner Arbeit anwendet … Fest steht, dass gerade der sogenannte Mystery-Factor, also das, was nicht genau erklärt werden kann, die unwiderstehliche Anziehungskraft eines Instruments ausmacht.

 

Oliver Baron posiert mit der finale Version der Custom Trapezoid Hollow für Gibbons
Oliver Baron mit der Gibbons Custom Trapezoid Hollow in seiner Werkstatt (Bild: Franz Holtmann)

Einige Spieler fordern Gewicht für einen fetten, sustainreichen Ton. Musst du irgend etwas kompensieren bei einem so ultraleichten Instrument wie der Trapezoid?

Billy Gibbons: Nun ja, vielleicht gibt es Gitarristen, die bestimmte Bestandteile bei einer E-Gitarre bevorzugen, die man als essenziell betrachten könnte. Unabhängig von der ultraleichten Konstruktion der Trapezoid ist es für mich einfach grundsätzlich immer nur eine Frage von Anschließen und Loslegen! Das muss funktionieren. Ohne Umwege!

Peter Finger, ein deutscher Virtuose der Akustikgitarre und talentierter Gitarrenbauer zugleich, erzählte mir einmal, dass er nur deshalb Gitarren baue, um für sich das perfekte Instrument zu finden. Aber nie erreicht er den finalen Punkt, immer denkt er da geht noch was in Sachen Farbe oder Ausdruck. Was denkst du? Ist es vorstellbar, dass die Suche ein Ende findet?

Billy Gibbons: Wann das vermeintliche Ende erreicht ist, ist sicher sehr subjektiv, ähnlich wie bei den alten Stradivaris. Den Ton einer Ein-Zentner-Violine zu kreieren, könnte beispielsweise eine nachvollziehbare Herausforderung sein. Obwohl…?!

Welche Rolle spielt der Look? Sind unsere guten alten E-Gitarren nicht längst auch ein Mode-Ding? Die richtigen Klamotten für bestimmte Gelegenheiten?

Billy Gibbons: Im Moment zieht es mich zu Dingen mit hohem Wiedererkennungswert hin. Dabei sind noch eine Million attraktive Designs denkbar, Dinge von Reiz, die irgendwann vielleicht sogar selbst wieder als traditionell gelten werden.

Oliver Baron und Gibbons posieren mit der Helliver Trapezoid
Übergabe an Reverend Willy vor dem Konzert in Köln … (Bild: Franz Holtmann)

In Deutschland, ich denke in den USA nicht weniger, verbreitet sich eine Art Burst-Fieber, allgemein gesagt ein “alt ist besser”-Vintage Hype … du kennst sie alle, hast die besten gefunden und gespielt – wie denkst du über Vintage-Gitarren heute? Benutzt du die noch?

Billy Gibbons: Vintage…? Definitiv! Es wäre bemerkenswert, Instrumente aus der noch gar nicht so fernen Vergangenheit exakt nachzubilden. Aber wir wissen wohl alle, dass das sobald nicht passieren wird. Das gewisse Etwas, das vielen Instrumenten aus den 40er-, 50er-und 60er-Jahren innewohnt, ist hypnotisierend. Wo ist diese Zeitmaschine, wenn wir mal eine brauchen?

Eine Frage, die mich persönlich bewegt: Welche Gitarre spielst du auf der originalen Aufnahme von ,Jesus Just Left Chicago‘?

Billy Gibbons: Die Gitarren-Sounds auf ,Jesus Just Left Chicago‘ wurden aus einer schönen 1955er Fender-Hardtail-Strat herausgekloppt. Mit Ahornhals usw. Ein weiteres starkes Beispiel, wie Vintage einen Vibe kreiert. Diese Gitarre kommt immer noch zum Einsatz.

Gibbons perfomt mit der fertigen Helliver Trapezoid
… und schon bei der Zugabe im Tanzbrunnen auf der Bühne im Einsatz (Bild: Franz Holtmann)

Ich denke, du wirst Unterschiede zwischen Bühne und Studio machen, was die Instrumente angeht. Welche Gitarren bevorzugst du für Aufnahmen?

Billy Gibbons: Die Auswahl der Gitarren für Bühne und Studio und was die Anforderungen daran betrifft, ist einfach: Richte das Mikrofon auf den Sweet-Spot, stöpsele ein und hau rein! Unser bald erscheinendes erstes Live-Album mit Aufnahmen aus aller Welt zeigt genau das: Thrashin’ and bashin’ on a solidbody with abandon.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

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