IN EIGENER SACHE

Die neue Ausgabe ist da – und wir sprechen über Kommentarkultur

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Wenn eine Gitarre zur Projektionsfläche wird …

Es gibt Dinge, die sich nur schwer erklären lassen: Warum gibt es Menschen, die sich an einer gut gemachten Gitarre so maßlos abarbeiten, als hätte man ihnen persönlich eine Saite zu wenig aufgezogen? Diese Frage drängt sich einem auf, wenn man die teils gehässigen Kommentare unter unserem Testbericht zur Vidar Guitars Nauta Reverse liest.

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Eine Gitarre, die – das sei vorweg betont – in unserem Test in Sachen Klang, Verarbeitung und Design wirklich gut wegkam. Und doch wird im Kommentarbereich geschossen, als ginge es darum, den letzten Platz im Weltall zu verteidigen.

Da ist von „Restholz-Optik“ die Rede, von „Kindergitarren“ und – das Highlight – einem Vergleich mit Do-it-yourself-Bausätzen eines großen schwedischen Möbelhauses. Möchte man da nicht am liebsten eine Tasse Kaffee nehmen, sich zurücklehnen und fragen: Was genau ist hier eigentlich los?

Manche Kommentare stechen besonders ins Auge, nicht nur durch ihre Schärfe, sondern auch durch ihre Ausführlichkeit. Da wird nicht nur die getestete Gitarre kritisch beäugt, sondern gleich der gesamte deutsche Gitarrenbau infrage gestellt. Man könnte meinen, Firmen wie Vidar Guitars besäßen die Frechheit, sich in ein Terrain zu wagen, das doch eigentlich den „Giganten“ aus den USA oder Japan vorbehalten sei. Dabei wird fast vergessen, dass es hier um ein handgebautes Einzelstück geht – klanglich, ästhetisch und handwerklich.

Erfreulich ist allerdings, dass auch besonnene Stimmen wie die von Branchen-Legende Dieter Gölsdorf (Duesenberg, Göldo) zu Wort kommen, der die Kommentarkultur treffend als „unnützes Geseiere“ bezeichnet. Woran liegt es also, dass ausgerechnet eine wirklich gut gemachte und fair bepreiste Gitarre zum Ziel von Häme wird? Vielleicht, weil es so einfach ist, sich im Schutz der Anonymität über Dinge zu empören, die uns eigentlich gar nichts angehen. Wer käme schließlich auf die Idee, jemanden auf der Straße dafür anzublaffen, dass er eine teure Designer-Jeans mit Löchern trägt? Im Internet ist das offenbar anders – hier wird nicht nur laut gedacht, sondern auch laut geurteilt. Die Philosophie dahinter? Offenbar eine Mischung aus Ignoranz und der seltsamen Überzeugung, dass der eigene Geschmack universell ist. Was nicht ins eigene Wertesystem passt, wird abgekanzelt …

(Bild: Dieter Stork)

Die Vidar Guitars Nauta Reverse ist kein Mainstream-Instrument und genau wie bei Kunst, Mode oder anderen Formen des kreativen Ausdrucks gilt: Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Und manchmal vielleicht auch in den Händen des Spielers, der einfach nur spielen will, anstatt sich mit Kommentaren auseinanderzusetzen.

In diesem Sinne: Lasst uns wieder über Musik sprechen, über das, was uns verbindet. Und falls ihr das nächste Mal eine Gitarre seht, die nicht euer Fall ist, denkt daran: Sie könnte genau die Gitarre sein, in die sich jemand anderes schockverliebt.

Nun zur neuen Ausgabe:

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Inhalt


story

  • Eric Johnson: Die Rückkehr des G3-Gründungsvaters
  • Kissin‘ Dynamite: Die deutsche Platz-1-Rockband!
  • Alicia Vigil: Von Emo zu Extreme Power Metal
  • Jesper Munk: Do less better
  • TopGearCheck! … mit Charlie Bauerfeind
  • Victor Brandt & Cemetery Skyline: Zwischen Gothic Rock und Extrem-Metal
  • Nick DiSalvo über Gitarren, Effekte und den Sound von delving

test

  • Ibanez AZ22S1F-TXB & AZ24S1F-VLS, E-Gitarren
  • Reverend Pete Anderson Eastsider Custom Limited Edition, E-Gitarre
  • Mozer Chariot Mono, E-Gitarre
  • Arrow Gold Natural Mahogany, A-Gitarre
  • Fender Player II Mustang PJ Bass
  • Danelectro 58 Longhorn Bass Red Hot, E-Bass
  • Soldano X88IR, Tube-Preamp
  • LeSuire Avalanche Top und LS210T Box, Bass-Anlage
  • Falckenstein Guitars Custom Booster

workshops & kolumnen

  • Vintage Guitar Stories: 1964 Gibson Firebird V
  • Blues Bootcamp: Chromatik – Part 2
  • Solo Basics: ‚So What‘ – Part 2
  • Americana: Oriental Feel
  • Julia‘s Bass Lab: Spielpositionen – EQ in den Fingern
  • Till & Tone: Der Fisch hört mono und links!
  • Parts Lounge: Die Zukun des Röhren-Amps – Teil 2
  • Guitar Guru: Concorde und Hohner

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo Gitarre Bass Team,

    kann eurem Statement zustimmen.

    Vielen Kommentaren fehlt der Blick auf das positive. Neue Ideen und Design zeugen vom Mut einer Firma oder Menschen etwas Besonderes zu schaffen – das bringt uns alle nach vorne weil es Vielfalt und Einzigartigkeit in Gang setzt.

    Wir Musiker wollen bestimmt nicht alle die selbe Musik machen und Instrumente nutzen…

    Keep on rocking
    Reinhard

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  2. Kann Euch nur zustimmen! Ein Trost kann ich Euch allerdings mitgeben. Wenn es um Fußball geht, sind die Kommentare der sogenannten Fans der Traditionsvereine noch kilometerweit unter dem Niveau der selbsternannten Fachleute im Kommentarbereich hier bei Gitarre & Bass.
    mfg, der Ralf

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  3. A propos Anonymität: “Redaktion” scheint mir recht generisch.

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  4. Über Geschmackssache und besondere Vorlieben,bzw.über strikte Abneigungen betreffs neuartig gestylter Gitarrendesigns zu höheren Preisen kann ja jeder selbst darüber bestimmen,was gefällt oder auch nicht!

    Negative Kritiken und ehrliche Meinungen dazu,sollten durchaus immer erlaubt sein,und keineswegs ignoriert werden,denn jeder hat das Recht seine freie Meinung zu äußern.

    Schließlich finden Elektrogitarren,die nun mal nicht der beliebten Norm entsprechen,und obendrein auch noch sehr hochpreisig sind,allgemein betrachtet nicht so großes Interesse. Wenn sie dann sogar noch unlackiert,und mit zwei auffällig eingesetzten Holzkeilen im Bereich des unteren und oberen Halsbereichs versehen wurden,ist das faktisch nicht die übliche Verfahrensweise speziell bei E.-Gitarren,also eher ungewöhnlich. Lediglich nur im oberen Kopfplattenbereich zusätzlich angeschäftete Hälse gab es bereits in den frühen Jahren der seriellen Gitarrenfertigung bei den großen Markenlabels. Ob dies nun wirklich besonders gut aussieht oder sogar der besonderen Steifigkeit dient,sei mal dahingestellt.

    Aber,klar,“Schönheit“ liegt im Auge des jeweiligen Betrachters. Ich persönlich kaufe sehr gerne und ausschließlich Custom Shop Gitarren der bekannten amerikanischen Hersteller,die zweifellos stets super klingen,top verarbeitet wurden,und im evtl. Falle eines Wiederverkaufs immer eine besondere Wertigkeit besitzen! Und diesbezüglich darf man dann auch behaupten,daß das Know how der unbestrittenen Gitarren-Pioniere,wie z.B. Fender und Gibson wohl kaum von irgendeinem anderen neuen Hersteller übertroffen werden. Das Vertrauen und die Erfahrung in eben diese besagten Firmen sind nun mal der Garant für zufriedene Kunden. Wer dies heute jedoch ernsthaft anzweifelt,der scheint sich in der Welt der professionellen Gitarrenherstellung nicht besonders gut auszukennen. Und ja,ich finde es trotzdem auch gut,wenn man regionalen Gitarrenbauern die faire Möglichkeit gibt,ihre selbstgemachten Instrumente zu beachten. Und nein,ich werde nicht von den Markenherstellern gesponsert.

    In diesem Sinne viel Spaß und Freude an den schönen Gitarren,egal,ob von den berühmten Markenlabel-Giganten,oder den kleinen Gitarrenbauern wo her auch immer.

    Happy Weekend!

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    1. Also die bekannten amerikanischen Hersteller haben doch immer wieder erhebliche Schwächen gezeigt, ich hatte in 55 Jahren aktiver Musikerzeit leider schon viele negative Erlebnisse mit Gibson und Fender, auch Custom-Shop Modellen. Nicht von ungefähr ist Gibson schon pleite gegangen! Also blinder Glaube an deren Qualität ist unangebracht. PRS hat sich da z.B. schon besser etabliert. Deutsche Gitarrenhersteller geben sich nach meiner Erfahrung mehr Mühe im Detail, verwenden weniger maschinelle Massenfertigung und gehen auf die individuellen Wünsche des Kunden ein. Der nachfolgende Support ist dort ebenfalls deutlich besser. Ich gebe deshalb allen eine Chance, bin bei den Amerikanern sehr vorsichtig, habe aber auch deren Gitarren in meiner kleinen Sammlung. Made in Germany sollte aber immer einen hohen Stellenwert haben statt America First. Nik Huber und Schwarz finden sich schon bei mir, K‘Mo und andere deutsche Gitarrenbauer stehen noch auf der Wunschliste;-)
      Bleibt offen und vor allem: Macht Musik!

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  5. Ich persönlich liebe und spiele alte Gretsches aus den 50ern und 60ern, die damals (Ende 1960) noch erschwinglich waren und bin sg. “modernen” Gitarren gegenüber etwas skeptisch. Die Instrumente, die ich im Laufe eines langen, professionellen Musikerlebens gespielt habe, haben mich nicht überzeugt. Geschmäcker sind halt verschieden. Wenn die Vidar klingt wie eine alte 6120 oder Jet, dann sofort her damit. Wenn nicht, dann bleib ich lieber beim Altbewährten.

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  6. Tja, und schon geht’s munter weiter…

    Leute. Es ist doch eigentlich ganz einfach: Kauft & spielt, was euch gefällt!

    Dann solltet ihr doch eigentlich zufrieden sein – aber das reicht nicht oder?
    Es muss über den Geschmack anderer Menschen hergezogen werden.
    Es muss laut posaunt werden, man/frau kaufe “AUSSCHLIESSLICH Custom Shop-Instrumente der großen amerikanischen Hersteller” – na meinetwegen!
    Da das aber irgendwie nicht genug zu sein scheint, muss gerechtfertigt werden (btw etwas durchaus Deutsches, dieses Erklären von Dingen, die überhaupt nicht erklärt zu werden brauchen – oder?); und schon beginnen die Peinlichkeiten: Die kaufe man, weil (Achtung, wir gehen in den stereotypischen Tiefflug!) diese Custom-Shöpper “stets super klingen,top verarbeitet wurden,und im evtl. Falle eines Wiederverkaufs immer eine besondere Wertigkeit besitzen”… C R I N G E !
    Und der Nächste spielt nur Vintage-Kram, weil “moderne” Gitarren ihn “skeptisch” machen (er war sein Musikerleben nie überzeugt!), und (YAY, der nächste Limbo!) jetzt soll für ihn klingen wie eine Gretsch…
    C R I N G E zum 2.!

    Leute. Spielt wasauchimmer ihr spielen wollt – ES IST OK!

    Andererseits wär’s ggf. mal angebracht für so manche*n, sich Gedanken darum zu machen, warum er/sie so dogmatisch “ich kaufe NUR/spiele NUR” unterwegs ist (Spoiler: Selbstwert…) – und ob er/sie durch eine solch festgefahrene Meinung:
    1. sich selbst nicht um viele (womöglich schöne) Erfahrungen bringt…
    2. sich durch das Äußern hanebüchener Pauschalurteile, wie oben, der Lächerlichkeit preisgibt…

    Warum reicht es manchen Menschen nicht, einfach ihre Gitarre zu spielen?!
    Also mich macht das noch glücklicher, als über Gitarren zu quatschen! ;o))

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  7. Ich verstehe die Aufregung mancher Leute absolut nicht. Ist doch ganz einfach: wenn mir etwas nicht gefällt, kaufe ich es nicht und sehe keinen Grund für einen Kommentar.

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  8. Fakt: jeder kauft,und spielt „seine“ Gitarre,die ihm persönlich am besten gefällt. Auch unter den großen Labels gab es mitunter auch „echte Krücken“.
    Die regionalen Gitarrenbauer sind jedoch auch nicht immer davon ausgeschlossen! Würde hierzu gerne meine eigenen Erfahrungen schildern:
    Habe mir z.B. vor einigen Jahren eine handgefertigte Custom E.-Gitarre im Raum Brandenburg/Landkreis Oberhavel/bei Berlin nach meinen Vorstellungen bei einem Gitarrenbauer anfertigen lassen,und sie war letztendlich dann doch viel teurer,dauerte eine beachtliche Zeit,und hatte am Ende dann leider einige gravierende Mängel. Nachbesserung ja,-aber es war trotzdem richtig ärgerlich,schließlich geht man beim heimischen Gitarrenbauer davon aus,daß er eine saubere Arbeitsleistung abliefert,und dies im besonderen Maße sich selbst schuldig bleibt. Von wegen,immer sehr sauber und absolut akkurat in „solider“ einheimischer Handwerkskunst gefertigt! Wenn etwas wirklich Störendes „nachgebessert“ wird,bleibt die Enttäuschung im Nachhinein trotzdem sehr groß. Das zukünftige Vertrauen ist dann irgendwie dahin.
    Bezüglich der Meinung zur Vidar Gitarre halte ich mich hier mal zurück,denn für mich gilt eine top Gitarre als bestens bespielbar,wenn ich sie auch direkt vor Ort ausprobieren und dadurch beurteilen konnte. Bei der Vidar Gitarre scheint ein Probespielen wohl nicht möglich zu sein,da sie anscheinend nur auf Bestellung angefertigt wird. Und auf lobhudelnde Aussagen mancher Leute,die ihre eigenen Vorlieben zur Bespielbarkeit und Soundeigenschaften in den Vordergrund heben,gebe ich rein gar nichts. Dies resultiert allein schon daraus,daß mancher evtl. einen ultra fetten Halsdurchmesser bevorzugt,und ein anderer lieber einen extrem dürren Hals bevorzugt. Und da gibt es noch viele weitere wichtige Faktoren,die ein jeder für sich selbst entscheiden muß.

    Die Vorstellungen von neuen (bezahlbaren) Gitarren in Gitarre & Bass finde ich generell prima,-jedoch,wie gesagt,vertraue ich hinsichtlich der Optik,Verarbeitung und Bespielbarkeit besser meinem persönlichen Empfinden.

    Und die egoistische Meinung,daß „Made in Germany“ Gitarren stets einen höheren Stellenwert als Gitarren aus den U.S.A. haben sollten,teile ich keineswegs! Das ist doch sehr anmaßend,intolerant,und entspricht absolut nicht den realen Vorstellungen objektiv orientierter Musiker,die gerne und häufig die unterschiedlichsten Gitarrenlabel spielen!

    Ich finde,daß Gitarristen schon ein recht „ulkiges“ Völkchen sind,ich schließe mich da manchmal auch nicht aus. Vermutlich liegt es daran,daß jeder glaubt,daß er mit seinem virtuosem Spiel unerreicht ist,und andere Gitarristen stets ihren ganz eigenen Brei kochen. Als bestes Vorbild für Toleranz und Respekt,nenne ich hier mal den leider viel zu früh verstorbenen Blues-und Rockgitarristen Rory Gallagher (R.I.P.),dessen Virtuosität bis heute unerreicht bleibt! Rory war ein echtes Original und an Höflichkeit nicht mehr zu toppen!
    Wir sollten uns immer daran erinnern!

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