Interview mit ...

Alphonso Johnson: Zuhören ist der Schlüssel!

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Alphonso Johnson, wer war das eigentlich nochmal? Santana, Weather Report, Jazz Is Dead …? Da war doch was! Hier ein kleines Update.

(Bild: Marie Haacks, Marian Menge)

Wo soll man bei dieser Biografie bloß anfangen? Bei Weather Report oder bei Santana? Vielleicht doch lieber mit George Duke? Oder Phil Collins? Der Reihe nach …

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Bereits Anfang 1970 startete der 1951 geborene Alphonso Johnson seine Bassisten-Kariere durch die Zusammenarbeit mit verschiedensten Jazz-Musikern wie Horace Silver, Woody Herman und Chet Baker. 1973 wurde er der Nachfolger von Miroslav Vitous bei Weather Report; diese Zusammenarbeit dauerte aber nicht länger als bis Ende 1975. Nach seinem Ausstieg ging es für Alphonso weiter die Kariere- Leiter hoch, denn die nächsten Jahre spielte er in der Band von George Duke und Billy Cobham, dann mit Eddie Henderson, Bob Weir, Phil Collins, Santana, Wayne Shorter, dem Jazz-Gitarristen David Gilmore, und vielen weiteren! In den letzten Jahren hat man von ihm als Musiker wenig gehört, aber das heißt nicht, dass er seinen Bass in die Ecke gestellt und die Karriere an den Nagel gehängt hat. Denn seit einiger Zeit ist Alphonso Johnson als Bass-Lehrer unterwegs und war in dieser Funktion in Japan, ganz Amerika, Großbritannien, Australien, Frankreich und Deutschland unterwegs. Wir trafen Alphonso beim Warwick Bass Camp im idyllischen Markneukirchen.

Interview

Alphonso, welches deiner Stücke würdest du als Visitenkarte nehmen und empfehlen, wenn man dich und deine Art zu spielen kennenlernen will?

Alphonso Johnson: Es gibt eine Live-Aufnahme mit dem Namen ,Alivemutherforya‘, die ich mit der Cobham Duke Band aufgenommen habe. Meiner Meinung nach spiegelt sie verschiedenste Facetten meines Spielens wieder. ‚Alivemutherforya‘ enthält Jazz und Funk, und auch ein Solo von mir. Ich finde, dass meine Interaktion mit den anderen Band-Mitgliedern hier ebenfalls sehr gut zur Geltung kommt … Ja, ich glaube, das ist ein toller Song um mein Bass-Spiel kennenzulernen.

Du bist mit Sicherheit ein großes Vorbild für viele Bassisten. Was denkst du, wie jemand die Balance zwischen äußeren Einflüssen und seinem eigenen Stil bewahren kann?

Alphonso Johnson: Eigentlich ist das Wichtigste, dass man sich selbst ein Fundament, so eine Art Bass- Basis erschaffen hat. Handwerkszeug und Ausdrucksmittel eben. Und all das, was dich beeinflusst hat kannst du gelegentlich als Extra mit einfließen lassen. Als ich angefangen habe Bass zu spielen, habe ich es geliebt, Ron Carter am Kontrabass zuzuhören. Ich habe jeden Bass-Part gelernt, den er spielte. Aber bei den meisten Gigs, die ich damals hatte, passte diese Art von Musik einfach nicht. Das bedeutete aber nicht, dass sein Einfluss verloren ging, denn ich versuche bis heute seinen Style bruchstückartig beizubehalten und ihn in die Musik, die ich gerade spiele einzubauen. Das hat dann die Auswirkung, dass ich die Noten länger schwingen lasse oder ich stelle mir einfach nur vor, wie er diese Bassline jetzt spielen würde. Ich denke dies ist ein guter Weg die äußeren Einflüsse in sein eigenes Spiel zu integrieren, ohne sich selbst in diesen zu verlieren.

Wenn er deine Musik in jungen Jahren so sehr geprägt hat, spielst du dann heute auch noch so ein bisschen wie Ron Carter?

Alphonso Johnson: Klar! Manchmal versuche ich auch konkret daran zu denken wie er spielt. Er spielte immer diese kleinen, zusätzlichen Noten und besaß die Fähigkeit, die Grundstruktur eines Stückes zu durchbrechen, ohne den Song zu zerstören. Er baute kleine Wendungen ein, änderte das Stück so, dass nicht immer alles auf den Punkt war, aber es trotzdem noch gut geklungen hat! Ein anderer Musiker, an den ich denke, ist Oscar Pettiford, der trotz seines rasanten Tempos immer sauber spielte. Es kommt halt immer darauf an, welche Einflüsse ich in dem Moment für richtig halte und von wem ich mich inspirieren lassen möchte.

(Bild: Marie Haacks, Marian Menge)

Wo und wann hast du überhaupt das erste Mal einen Bass gehört?

Alphonso Johnson: Ich denke, das war, als ich das erste Mal eine alte Single-Aufnahme des Songs ‚Summertime‘, gesungen von Billy Stewart, hörte. Ich war einfach fasziniert von seiner Art, und die Dinge, die er mit seiner Stimme machte, blieben mir im Ohr: Dadaadaaaa, dadi da …. (Alphonso singt) Ich wollte unbedingt diese Art von Musik machen, und daher habe ich mich hingesetzt und den Bass-Part dieser Aufnahme gelernt. Es erfüllte mich wirklich, zu der alten Single zu spielen; Ich fühlte mich wie ein richtiges Band-Mitglied! Die Gefühle, die das bei mir auslöste waren eine große Inspiration weiterzumachen. Man kann schon sagen, dass ,Summertime‘ mich zum Bass gebracht hat! Lass es mich so beschreiben: Es war am Anfang wie bei einem ersten Date. Du bist aufgeregt, weißt nicht was du sagen sollst – und sagst garnichts. Ich setzte die Nadel des Plattenspielers also immer wieder zurück an den Anfang, so lange, bis ich fehlerfrei und richtig mitspielen konnte. Ich wollte nicht nervös sein sondern selbstbewusst zum Bass greifen, die Nadel an den Anfang der Platte setzen und losspielen. Und das erste Mal, als ich das geschafft habe, fühlte ich mich einfach großartig!

Wenn du Musik hörst, konzentrierst du dich dann auf die Basslinie oder eher auf das Musikstück als Ganzes?

Alphonso Johnson: Ich denke, ich versuche allem zuzuhören. Wenn es ein Gesangsstück ist, dann höre ich nicht nur auf den Gesang, sondern vielmehr auf den Text, ich versuche dann die Message aufzugreifen, die der Sänger/ die Sängerin vermitteln will. Dann frage ich mich, ob die Musik der Intention des Text,s hilft und was beim Überbringen der Nachricht stört. Glücklicherweise ist es meist so, dass die Musik unterstützend hinter dem Sänger und seinem Text steht und alles miteinander harmoniert. Ich höre mir also alles an, das Keyboard, die Drums etc.. Aber was mich richtig hellhörig macht, das sind die kleinen einzigartigen Dinge, die einen Song besonders erscheinen lassen: Wenn ich z.B. einen Country-Song höre, in dem jemand ein Jazz-Lick spielt, dann finde ich das toll. Alles was ein bisschen anders ist, das hat direkt meine Aufmerksamkeit. Ich mag sowas. Und das geht sicher nicht nur mir so. Wir wollen überrascht werden.

Was ist das Wertvollste, das du in deiner Kariere mitnehmen konntest?

Alphonso Johnson: Wie sage ich mehr mit weniger? Die Frage habe ich mir in meiner Zeit bei Weather Report oft gestellt. Ich habe ebenfalls gelernt, was es bedeutet richtig zuzuhören und wie das am besten geht, vor allem wenn alle anderen spielen. So erfahre ich, was genau meine Aufgabe ist. Ich kann mich nicht in den Mittelpunkt drängen, wenn dort schon ein anderer ist oder umgekehrt, wenn alle leise und bedacht spielen, dann muss ich mit meinem Bass eventuell lauter sein. Ich bin froh über diese Erfahrungen!

Chuck Rainey hat in einem seiner Workshops mal gesagt, dass viele Musiker generell einfach zu viele Noten spielen …

Alphonso Johnson: Wenn sie mit dem was sie spielen ihre momentanen Gefühle ausdrücken, ist das für sie selbst auch vollkommen in Ordnung – und es funktioniert. Und ich denke, es gab und gibt generell viele Musiker, die sehr, sehr viele Noten spielen. John Coltrane, Scott LaFaro und so viele andere große Künstler haben ebenfalls unglaublich viel gespielt – aber bei ihnen beschwerte sich nie jemand. Als Schüler will man lernen, sich selbst auf dem Bass auszudrücken. Mir ist es wichtig, dass ich in meinen Clinics so wichtige Themen wie Space, Pausen in der Musik, das richtige Zuhören etc. anspreche. Wenn man zuhört, dann redet man nicht, oder nur ganz sanft – egal ob in der Musik oder bei einer Unterhaltung. Man hört sich gegenseitig zu! Um deine Frage jetzt zu beantworten: Ich denke, dass es wichtig ist, dass die Musiker das spielen, was sie für richtig halten. Dabei dürfen sie auf keinen Fall aus den Augen verlieren, was um sie herum los ist, denn anders könnte es schnell in einer musikalischen Katastrophe enden. Es ist auch wichtig, sich selbst mal einzugestehen, dass man gerade vielleicht zu viel spielt und dies dann zu verändern. Aber all das bekommt man nur über aufmerksames Zuhören raus! Zuhören! Und es ist die Entscheidung eines jeden einzelnen individuellen Musikers ob er auf das was er hört dann auch eingeht.

(Bild: Marie Haacks, Marian Menge)

War es für dich sehr schwer, das Zuhören zu erlernen?

Alphonso Johnson: Nein. Einfach deshalb, weil ich in einem Orchester angefangen habe Bass zu spielen. Ich musste also den Violinen, Klarinetten und all den anderen Holzblasinstrumenten gleichzeitig mein Gehör schenken.

Lernt man das genau so, wenn man erst mal fünf Jahre zu Hause zu Aufnahmen spielt, und dann erst in eine Band geht?

Alphonso Johnson: Nein, denn das ist nicht einfach. Es ist etwas, das man konstant im Zusammenhang lernen muss um besser zu werden! Wenn du immer nur vor deinem Computer sitzt und bloß deinen Bass und irgendeine Aufnahme oder ein Playback hörst, ist das eine Sache. Wenn du dann mit einer echten Band spielst, ist es nicht einfacher alles direkt zu erfassen. Hier beim Bass Camp ist gerade das eine großartige Erfahrung für viele junge Bassisten, eben Teil einer Gruppe zu sein! Viele kannten das vorher vielleicht noch nicht, und es könnte ihnen eine Menge bringen!

Ich danke dir für das Interview, es war ein schönes Gespräch!

Alphonso Johnson: Danke, das fand ich auch!


Aus Gitarre & Bass 01/2017

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