Modern und Vintage: Das Beste aus beiden Welten?

Ultraoriginal und ultragut: Fender American Ultra II Precision Bass im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Einer umfangreichen Vorstellung bedarf der Fender Precision Bass wohl kaum. Von vielen geliebt, von einigen als „oll“ abgetan. Klar ist aber: Als Urgestein und Kultobjekt ist er aus der Basswelt nicht wegzudenken. Doch auch diese Legende wird ab und an einer Modernisierung unterzogen.

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Kaum ein Bass ist ikonischer als der Fender Precision Bass. Seit seiner Einführung in den 1950ern hat er unzählige Musikrichtungen geprägt, von Rock über Funk bis hin zu Jazz, Metal und Motown. Aus gutem Grund ist jeder zweite verkaufte E-Bass ein „Preci“ oder eine Variante davon. Doch mit der Zeit hat sich nicht nur die Musik weiterentwickelt, auch Instrumente müssen mit den modernen, steigenden Anforderungen Schritt halten. Gänzlich ohne moderne Technologien geht es heutzutage nicht mehr. Fender ist sich dessen bewusst und präsentiert mit dem American Ultra II Precision Bass die neueste Interpretation des beliebten Workhorses. Doch wie viel „Ultra“ steckt wirklich drin? Und kann die Neuauflage den legendären Charakter des P-Basses trotz aller modernen Features bewahren?

ES SIND DIE DETAILS

Auf den ersten Blick bleibt Fender sich treu. Der American Ultra II Precision Bass sieht unverkennbar nach einem (fast) klassischen P-Bass aus. Doch schaut man genauer hin, fallen die modernen Anpassungen auf und damit meine ich nicht den zusätzlichen Singlecoil-Pickup an der Bridge. Der Korpus ist klassisch aus Erle konstruiert. Fender setzt auf eine ergonomisch optimierte Korpusform, die mit subtilen Konturen für mehr Komfort sorgt. Besonders auffällig ist der abgerundete Halsfuß, der den Zugang zu den hohen Lagen verbessert. Das muss das „cutting edge design“ sein, mit dem der Hersteller sein Produkt bewirbt. Bei aller Häme hat diese kleine Änderung allerdings tatsächlich eine spürbar positive Auswirkung. Dass der Hals nun mit fünf anstelle von vier Schrauben befestigt ist, wird der Konstruktion sicherlich auch nicht schaden.

In moderner Manier kommt für die Oberflächenversiegelung ein tiefblauer Polyurethan-Lack zum Einsatz, der anders als traditionelle Nitrolacke dem Zahn der Zeit ohne große Veränderungen trotzen sollte. Die Lackierung selbst ist dabei auf höchstem Niveau ausgeführt. Fender bietet den Bass außerdem noch in Schneeweiß, einem dunklen Braunton sowie in einem klassischen Sunburst an. Die hochglanzlackierte Oberfläche fühlt sich edel und widerstandsfähig an. Sehr positiv aufgefallen ist mir das Schlagbrett. Dieses besteht bei der Ultra-II-Serie aus massivem Aluminium und wirkt somit um ein Vielfaches hochwertiger und edler als traditionelle Varianten aus Kunststoff. Ebenso edel wirkt der Hartschalenkoffer, der zum Lieferumfang gehört. Dessen Innenleben ist exakt auf das Instrument angepasst und bietet somit viel Schutz ohne die Gefahr des Herumrutschens. Der Koffer selbst ist sehr wertig gefertigt, ohne wackelnde oder scheppernde Teile. Seine Verschlüsse rasten sauber und sicher ein, so muss das.

(Bild: Dieter Stork)

Versteifte Hälse gehören bei den allermeisten Herstellern inzwischen zur normalen Ausstattung und Fender macht hier keine Ausnahme. Zum Einsatz kommen dabei Einlagen aus Kohlefaser, die besonders leicht aber dennoch enorm steif sind und den Ahornhals so gegen Verziehen schützen. Mit gewichtsreduzierten Bauteilen ist die Hardware ebenfalls auf dem aktuellen Stand der Technik. Fender verbaut hochwertige Ultralite-Mechaniken, die das Gewicht an der Kopfplatte reduzieren und für eine bessere Balance sorgen. Gegenüber dem vintage „Blechwinkel“-Steg klassischer Modelle bietet die verbaute HiMass Bridge mindestens ein besseres Handling und das Potential für einen stabileren Kontaktpunkt zwischen Saite und Korpus.

ERGONOMIE

Der American Ultra II Precision Bass bringt mit etwa 4,2 Kilogramm ein durchschnittliches Gewicht auf die Waage und sticht damit weder positiv noch negativ hervor. Wobei eine Wertung dahingehend sowieso schwierig ist, fallen die Präferenzen zu diesem Thema teils doch sehr unterschiedlich aus. Tatsächlich positiv fällt hingegen die ausgeglichenere Gewichtsverteilung auf. Der Ultra II zeigt deutlich weniger ungewolltes „Abkippen“ in die Waagerechte. In den höheren Lagen macht sich der abgerundete Halsfuß angenehm bemerkbar. Soli oder schnelle Läufe sind auf diesem P-Bass ein gutes Stück komfortabler.

Das „Modern D“-Profil des Halses bietet dabei ein schlankes, angenehmes Spielgefühl. Die satinierte Rückseite garantiert eine butterweiche Haptik ohne klebrige Finger, während das Ebenholzgriffbrett mit seinem Compound-Radius für ein entspanntes Greifen sorgt. Die Bundkanten runden das das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes ab. Auch Halsformen sind Geschmackssache, aber das „Modern D“-Profil dürfte sowohl traditionelle als auch moderne Geschmäcker treffen. Es ist nicht zu dünn, aber auch nicht so klobig wie die „Baseballschläger“ einiger Vintage-Precis.

Elektronik, Sound und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

DER ELEFANT IM RAUM

Moderne Konstruktion ist ja schön und gut. So wird aus einem Preci immer noch kein Alembic. Doch was ist, wenn man „die eine“ ungeschriebene Regel ignoriert und aus dem simplen und bodenständigen Preci einen Aktivbass mit nicht nur einer sondern gleich zwei Batterien macht?

Dann erhält man den Precision Bass der Ultra-II-Serie. Hier kommt gleich eine 3-Band-Elektronik zum Einsatz, um eine möglichst breite Palette an Eingriffsmöglichkeiten bereitzustellen. Zwei Batterien werden hier genutzt, um die Elektronik mit 18V versorgen zu können, was die Aussteuerungsreserven bedeutend erhöht und so sicherstellt, dass der verbaute Preamp keine negativen Auswirkungen auf die Dynamik hat. Auch nicht bei impulsstarken Stilen, wie einer geslappten E-Saite oder kräftigen Anschlägen mit dem Plek. Als Tonabnehmer kommen zwei „Vintage“-Split-Coils zum Einsatz, wobei der Bridge-Pickup dabei in klassischer J-Bauform ausgeführt ist. Durch die Split-Coil-Konstruktion sind beide Pickups brummfrei. Sowohl Pickups als auch Elektronik sind selbstverständlich aus der hauseigenen Fertigung.

SOUND & PRAXIS

Natürlich stellt sich die entscheidende Frage: Klingt der Ultra II damit immer noch wie ein echter Precision Bass? Die Antwort lautet: Ja, aber mit mehr Möglichkeiten.

Durch Drücken und Ziehen des Volume-Potis lässt sich die Elektronik in den Bypass versetzen, wodurch nur noch die Höhenblende auf das Signal wirkt. In diesem passiven Modus klingt der Bass nach genau dem, was man von einem guten P-Bass erwartet: Fette, druckvolle Mitten, definiertes Attack und warmes Low-End – perfekt für Rock, Pop, Blues oder alles, was nach einem soliden Fundament verlangt. Für einen knackigeren, drahtigeren Sound kann der J-Style-Tonabnehmer mittels Pickup-Blende stufenlos hinzugemischt werden. Der Einsatz eines Blend-Potis gefällt mir deutlich besser als die bei traditionellen Bässen sonst oft anzutreffende Ausstattung mit zwei Volume-Potis. Für sich genommen, also ohne den P-Pickup, liefert der Bridge-Pickup den typischen, nasalen und etwas bassarmen Sound wie man ihn von Jazz-Bässen kennt. Dank der Konstruktion aus zwei separaten Spulen herrscht in dieser Einstellung jedoch trotzdem angenehme Stille ohne störendes Singlecoil-Brummen.

So weit erfüllt der Ultra II alle Ansprüche und Erwartungen.

Der aktive Modus bringt eine weitere Dimension ins Spiel. Fender verbaut eine 18V-Aktiv-Elektronik mit einem 3-Band-EQ, mittels derer sich der Klang flexibel anpassen lässt. Gerade bei der erwähnten Einstellung mit nur dem J-Pickup gehört eine dezente Anhebung der Bässe zumindest für mich quasi zum Pflichtprogramm. Dadurch, dass dies nun direkt am Bass möglich ist, spart man sich den Gang zum Verstärker oder ein EQ-Pedal und kann die verschiedenen Grundsounds der möglichen Pickup-Kombinationen direkt am Bass praxistauglich abrufen.

Dass die verbauten Pickups die Bezeichnung „Vintage“ tragen, soll keineswegs heißen, dass sie schlapp oder dumpf klingen. Sie sollen lediglich ihren Vorbildern aus der „guten alten Zeit“ im Klang entsprechen. Wer trotzdem noch mehr Brillanz im Sound sucht, etwa für drahtige Slap-Sounds, erreicht dies ganz leicht unter der Zuhilfenahme des aktiven Höhenreglers. Der Regelweg ist gut kontrollierbar, sodass mir beim Testen nicht sofort die Ohren abfallen und auch das zusätzliche Rauschen begrenzt sich auf ein sehr überschaubares Maß.

Für das richtige Maß an Fülle im Mix sorgt der Mittenregler. Über den kleinen Kippschalter kann dessen Einsatzfrequenz vom Hoch- in den Tiefmittenbereich verschoben werden. So lässt sich beispielsweise eine gute Abstimmung mit den Gitarren im Mix treffen. Die passive Höhenblende ist auch im aktiven Modus im Signalweg und bietet so das Beste aus beiden Welten. Wer also die Wahl zwischen traditionellem und modernem Sound haben möchte, wird hier bestens bedient.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Fender präsentiert hier seine moderne Top-Serie und das merkt man. Von der Qualität der einzelnen Komponenten bis zur Umsetzung und Verarbeitung ist alles auf dem hohen Niveau, das man von einem „Made in USA“-Fender erwarten würde.

Plus

  • Verarbeitung
  • Klassische und moderne Sounds
  • Spielbarkeit
  • Ausstattung


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)

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