Verborgene Pyramiden

Test: Wreck Guitars W Minor 5

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(Bild: Dieter Stork)

Die ägyptischen Pyramiden kennt man. Auch die Pyramiden Mittelamerikas oder die Zikkurats Mesopotamiens sind den meisten noch geläufig. Von kroatischen Pyramiden hatte ich dagegen bislang noch nicht gehört. Und dann sind sie auch noch verborgen, nicht im Sand oder Dschungel, sondern … Lest selbst.

Überhaupt hatte ich noch nicht oft einen Bass aus Kroatien in den Händen. Der ebenso talentierte wie freundliche Danijel Kopar aus der kleinen Stadt Zabok unweit von Zagreb könnte dafür sorgen, dass kroatische Bässe häufiger zum Gesprächsthema werden.

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Schnörkellos edel

Wie genau definiert man eigentlich einen Edelbass? Naja, neben einer ausgefuchsten Holzkonstruktion sollte eine mühelose Bespielbarkeit gegeben sein, und eine ausgesprochen gleichmäßige Ansprache aller Töne in allen Lagen. Ist der Wreck W Minor da qualifiziert? Ist er absolut!

(Bild: Dieter Stork)

Die bookmatched Palisanderdecke versteckt sehr elegant den durchgehenden Hals aus drei Teilen Ahorn, die mit zwei dünnen Wengestreifen gesperrt sind. Noch eleganter sind die Pickup-Kappen, deren Oberseite direkt aus dem Deckenholz geschnitten ist – Chapeau! Auch die eigenwillige, aber für mich schöne Kopfplatte ist mit Palisander belegt, während das Griffbrett aus Vogelaugenahorn ist. Von hinten zeigt sich dann der Hals samt der angeleimten Eschenflügel.

(Bild: Dieter Stork)

Was man nicht sehen kann, ist das Chambering des Basses. Statt einfach Löcher zu bohren oder ein Schwimmbecken zu fräsen, arbeitet Danijel eine Vielzahl kleiner, gleichmäßiger Pyramiden aus. Das soll neben der Gewichtsersparnis die Stabilität erhalten und gleichzeitig den Klang beeinflussen. In den Varianten mit geschlossener Decke soll der Ton dabei komprimierter sein als mit F-Löchern. Über den Abstand zur Decke im Zusammenspiel mit der Dicke ebenselbiger und der Wahl des Holzes für die Korpusflügel lässt sich der Sound von Bass zu Bass immer wieder neu variieren.

Aber auch die Formgebung der Korpusrückseite ist mir so noch nicht untergekommen: Eine Kombination aus durchgehendem Shaping der oberen Kante mit einer dezenten Hohlkehle etwas oberhalb der Mitte und einer halbrund ausgearbeiteten verrundeten Linie die sich vom unteren Korpusflügel zur Mitte des Halses zieht – so extravagant wie bequem!

(Bild: Dieter Stork)

Der E-Fach-Deckel ist standesgemäß ebenfalls aus Holz und sauber eingepasst. Die Batterie hat hier kein eigenes Fach, was bei einem Stromverbrauch von 2,3 mA aber vertretbar ist – und rein passiv funktioniert der Bass ja auch schon. Trotzdem wären mir dann Gewindeschrauben lieber, so leiert auch nach Jahren nichts aus.

In der Verarbeitung gibt es an dem Bass auch nach Durchsicht mit der Lupe nichts auszusetzen. Die Bundierung ist akkurat ausgeführt, die Bundenden schön verrundet und auch schwierige Holzübergänge sauberst gearbeitet.

Schaller Mechaniken sind seit Jahrzehnten Standard, hier findet sich mit den M4 Light die um 40% gewichtsreduzierte Variante. Schaller liefert auch die Gurtpins samt Locking-System, während die Brücke von Göldo stammt. Die Zink-Druckguss-Brücke hat Stahlreiter, die sich im Spacing von 16 bis 18 mm einstellen lassen und ab Werk genau mittig justiert sind. Die Saiten werden einfach eingehängt, was immer eine große Erleichterung ist, vor allem wenn es mit dem Saitenwechsel schnell gehen muss.

Durchgehend knackig

Die allgemein verbreitete Meinung in der Basswelt lautet: Ein Bass braucht einen durchgehenden Hals für gutes Sustain – für gutes Attack einen Schraubhals. Der W Minor gehört, das sei schon vorweggenommen, zu den Bässen, die das aushebeln, denn er paart ein in der Tat sehr gutes Sustain mit flotter Ansprache, tragend bei breitem Spiel, zackig zum Beispiel bei knackigem Plektrumeinsatz. Das Beste aus beiden Welten also.

Was an diesem Wreck Bass auffällt, ist die exzellente Bespielbarkeit. Das geht mit dem Hals los, der einfach unglaublich gut in der Hand liegt. Das liegt an der Kombination aus angenehmem Finish und der flachen D-Form, die aber noch genug Fleisch für die Greifhand lässt.

Die Griffbrettkanten sind großzügig verrundet und die Saiten nicht zu nah an den Rand geführt, was dann der linken Hand ein sehr „schmales“ Gefühl vermittelt.

Die weit zum Korpusende gerückte Brücke sorgt dafür, dass die tiefen Lagen für die linke Hand näher heranrücken, was im Zusammenspiel mit den leichten Schaller-Mechaniken im Sitzen wie im Stehen eine tolle Balance ergibt, frei von jeder Kopflastigkeit. Viel bequemer kann ein Bass nicht sein, auch wenn der W Minor 5 nicht zu den ultraleichten Bässen gehört, dafür hängt er aber sehr stabil. Beste Voraussetzungen also für lange Sessions bei Aufnahmen oder auf der Bühne!

(Bild: Dieter Stork)

Und wo geht die Reise nun hin, wenn man den Bass einstöpselt? Die Tonabnehmer des ebenfalls kroatischen Herstellers Dolezal liegen recht tief in den Fräsungen, was aber in der recht starken Magnetwirkung begründet liegt, die den Ton sonst unsauber machen würde. Sollte man die Pickups dennoch höher haben wollen, müsste entsprechend unterfüttert werden. Für den guten Ton ist es definitiv nicht nötig.

Der Bass hat mit ab Werk seriell verschalteten Abnehmern die lispeligen Höhen, die viele edle Bässe auszeichnen, sie drücken dabei aber auch kräftige Mitten und konkrete und fette Bässe raus, die dem W Minor Substanz und Tragfähigkeit geben. Gehören die Abnehmer damit hierzulande zu den Exoten, dürfte die Glockenklang-Dreiband-Elektronik bekannt sein. Frequenzen und Regelbereiche für Boost und Cut sind sorgfältig abgezirkelt, haben sich schon reichlich bewährt und sorgen für perfekte Anpassung an vielfältige musikalische Situationen.

(Bild: Dieter Stork)

Mein Lieblings-Feature ist allerdings die passive Höhenblende, die greift, wenn die Aktivelektronik per gezogenem Volume-Poti aus dem Signalweg genommen wird. Beherzt runtergedreht wird der Ton rund, mit deutlicher Tiefmittennase, bleibt aber immer fest im Bass.

Ich mag‘s, wenn der aktive EQ nicht nötig ist, um einen Bass zum Klingen zu bringen, sondern eine zweite Klangebene zum schon vollwertigen Passivton anbietet. Und ja – auf beiden Ebenen liefert der Wreck W Minor 5 ab! Die leichte Kompression, die der Bass von Haus aus mitbringt, gibt einerseits den Tönen eine schöne Gleichmäßigkeit bis in die tiefen Register auf der fetten H-Saite, andererseits aber auch Substanz in den leicht erreichbaren oberen Lagen – das Shaping am Übergang vom Hals zum Korpus erinnert mich übrigens sehr angenehm an meinen alten Ken Smith. Wie schon angesprochen hat der W Minor bei alldem einen guten Knack im Anschlag, was ihn immer klar artikulieren lässt.

Resümee

Dieser Bass hat echtes Suchtpotential, er spielt sich wie selbstverständlich und klingt einfach immer gut! Wieviel Einfluss da nun die ominösen Pyramiden haben, die sich unter der Decke verstecken, kann ich nur mutmaßen, das Ergebnis überzeugt auf ganzer Linie. Die Orientierung an den Klassikern der 80er und 90er statt an denen der 60er gibt Danijel Kopar die optimale Grundlage für seine handgebauten Kreationen, von denen der Wreck W Minor 5 zu den schlichteren gehört, aber damit gerade in seiner Eleganz glänzen kann.

PLUS

  • eigenständige Konstruktion
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Ton

MINUS

  • Batteriefach (siehe Text)

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2019)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Sehr guter Testbericht! Endlich wieder eine Alternative zu den
    “großen” Marken vom Fließband. Die Verarbeitung, Auswahl der
    Hölzer + der Elektronik spricht für sich – ebenso das Finish!
    Ein Bass soll auch das Auge begeistern und hebt den Sound
    zusätzlich. Der angesprochene Minuspunkt: auch mein Edelbass
    von Neuser hat ein verschraubtes Batteiefach im gleichen Holz
    wie der Rücken – beim Batteriewechsel ist eben Gefühl gefragt,
    dann leiert das Bohrfutter auch nicht aus – überdrehen forbitten…!

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  2. So ein edler Bass, und dann eine billige Gussbrücke vom Gölsdorf? Da hätte der Hersteller doch besser zum Original von ABM aus massiven Messing oder Alu greifen sollen, die ca. 70 Euro Mehrkosten solllten doch nicht das Problem sein.

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