Strammes Spielzeug

Test: Vintage 25th Anniversary Series V6H und V75

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(Bild: Dieter Stork)

Vintage Guitars feiert Geburtstag – Gratulation! Die vorgelegten Jubiläumsausführungen V6H und V75 – eine Single Cutaway-Variante (V100) gibt es überdies auch noch – kommen lediglich in einer Auflage von jeweils einhundert Exemplaren auf den Markt.

Die erste Vintage-Serie namens VC1 kam 1995 heraus. In Kooperation mit dem umtriebigen Hardware-Experten und Designer Trevor Wilkinson wollte man von Anfang an erschwingliche, aber gut gefertigte Instrumente erstellen. Unter dem Dach der John Hornby Skewes & Co. Ltd. (JHS), einem Vorreiter für die Vermarktung von preiswerten Gitarren, wurde seitdem eine große Palette von traditionell orientierten Modellvarianten erfolgreich an den internationalen Markt gebracht. Zur Vintage-Familie gehören im Übrigen auch noch Fret King Electric Guitars, Pilgrim Banjo’s and Mandolins, Laka Ukuleles und Encore Electric and Acoustic Guitars.

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TRADITIONELLE DESIGNS – ERSCHWINGLICH FÜR JEDERMANN

Im klassisch geprägten Sortiment der Vintage-Produktion gehören die Modellversionen V6H und V75 zu den vielverkauften Erfolgsmodellen. Die bewährten S-style- und T-style-Designs bekamen für die limitierten Jubiläumsausgaben ein Two-Tone Silver Burst Finish und 25th Anniversary Headstock Decals.

Die verbliebenen Specs der Kandidaten im einzelnen: Das V6H-Modell ist eine Strat-style-Variante mit SSH-Pickup-Konfiguration, also mit Humbucker am Steg. Der Double-Cutaway-Korpus mit den bekannten Komfortkonturen wurde aus zweiteilig gefügter amerikanischer Erle gefertigt. Der aufgeschraubte und in bernsteinfarbener Tönung glanzlackierte Hals aus Ahorn (Hard Rock Maple) bekam ein Griffbrett aus Palisander aufgesetzt, in dem 22 polierte Bünde und Dot Inlays zur Lagenkennung Platz fanden.

Abgeglichener Hals-Korpus- Übergang bei der V6H (Bild: Dieter Stork)

Auffälliges modernes Detail ist die spielförderliche Abgleichung des Bereichs der Halsaufnahme am Boden vorn mit angepasster Halsplatte und entsprechend versetzter Schrauben. Der parallel herausgeführte Kopf wurde mit gut laufenden Wilkinson WJ55-E-Z-Lok Machine Heads ausgestattet, von denen aus die Saiten ohne Niederhalter über einen NuBone-Sattel von GraphTech geführt werden. Am Korpus sind sie dann in die an drei Federn aufgehängte, aufliegend montierte traditionelle Wilkinson WVC-Vibrato Bridge mit gegossenem Block und Sätteln aus Edelstahl eingehängt.

Die Elektrik der V6H umfasst zwei Wilkinson-WOVaS-Singlecoil-Tonabnehmer in der Hals- und Mittelposition. Dazu gesellt sich ein Wilkinson-WOHZBb-Doublecoil-Pickup mit Zebra-Bobbins am Steg. Angewählt werden die Tonabnehmer mit einem 5-WegeSelector-Switch. Zur Verwaltung stehen bereit: der Master-Volume Regler oben mit dem folgenden Tone-Regler 1 für den Hals-Pickup und dem „Custom Mod“-Tone-Regler 2 für den Mittel- und Bridge-Pickup unten hinten. Dem letzteren ist eine Coilsplit-Funktion per Push/Pull mitgegeben.

Die Jubiläumsversion des T-Modells V75 verfügt ebenfalls über einen 2-piece American Alder Body, natürlich traditionell unkonturiert, und über einen Hals aus Hard Rock Maple. Allerdings handelt es sich hier um einen Einteiler, dessen Greiffläche – ein Griffbrett aus Ahorn ist es im engeren Sinne nicht – mit Glanzlack versiegelt wurde. Dementsprechend ist am Halsrücken auch der Skunk Stripe zu finden, ein Nussholzstreifen, mit dem die Nut nach Einsetzen des Halsstabs verschlossen wurde.

Am schlanken T-style-Kopf finden wir Deluxe-Wilkinson-WJ55-Mechaniken, von denen aus die Saiten unter einem Niederhalter hindurch zum GraphTech-NuBone-Sattel geführt werden. Die Wilkinson-3-Saddle-WTB-Bridge am Korpus besteht aus einer Grundplatte aus kalt gewalztem Stahl mit drei längenkompensiert ausgearbeiteten Messingsätteln.

Elektrik: Ein Wilkinson-WVTN-Alnico-Singlecoil-Pickup in der Halsposition und ein Alnico-WVTB-Pickup am Steg sorgen für die traditionell ausgerichtete Tonwandlung. Dem schließen sich auf Platte montierte generelle Volume- und Tone-Regler und der bekannte Dreiwegeschalter stimmig an.

Von den modelltypischen Baudetails einmal abgesehen, haben wir es bei den vorliegenden Vintage-Jubiläumsversionen mit Gitarren mit recht ähnlichen Genen zu tun, was die verwendeten Tonhölzer angeht. Die Gitarren wurden in klaglos gutem Industriestandard inklusive einwandfreier Hochglanzlackierung gefertigt. Geliefert werden die „Vintage 25th Anniversary“-Versionen in bestickten Canvas-Gigbags mit „Certificate of Authenticity“.

Gute Hardware: Wilkinson WTB Bridge mit Messingreitern (Bild: Dieter Stork)

„BIGGER BANG FOR THE BUCK“

Große Klatsche für kleines Geld? Die Jubiläumsausführungen der bewährten Modellversionen V6H und V75 sind jedenfalls jeden geforderten Cent wert – soviel sei vorab schon einmal verraten. Beide Gitarre spielen sich mit ihren wohlgerundeten Halsprofilen und gut gemachten Bundierungen ausgezeichnet. Der klangfarbliche Akzent ist trotz vergleichbarer Tonhölzer für Korpus und Hals dank differierender Griffbretter und Hardware leicht unterschiedlich gesetzt.

Das Strat-style-Modell V6H kommt akustisch mit straffer Basstonentfaltung und stimmlich gut aufgelösten Akkorden an den Start. Es tönt etwas dunkler als die T-style V75, welche mit etwas leichterem und trockenerem Ton auftritt. Von der Ansprache her gibt es bei beiden Modellen keine Klagen. Für den Preisbereich, in dem wir uns bewegen ist das akustische Basisklangvermögen unserer Probanden sogar bemerkenswert gut.

Im höheren Tonbereich auf den Basssaiten der V6H könnte man schon über das oberhalb des 12. Bundes auftretende Phänomen Stratitis klagen. Der Ton klingt wie angesaugt, was er ja, durch die auf die Saiten einwirkenden Magnetkräfte der vorderen Pickups, auch ist, wirkt aufsteigend stumpfer und sackt im Sustain ab. Aber das ist ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes natürliches Phänomen, und wer nutzt diesen Bereich schon wirklich oft?

Hören wir nun mal, was uns diese Jubiläumsgitarren elektrisch anbieten können:

Die V6H trumpft mit den klassischen Singlecoil-Tonfarben dieses Gitarrentyps auf, was die Hals- und Mittel-Pickups angeht. Ausgeglichen, nicht sehr laut, aber aufgeräumt in der Stimmverteilung, lassen sich recht authentische Klangfarben aufrufen. Im Overdrive zeigen beide Pickups ebenfalls richtig stramme Sounds mit viel Kehle und guter Ansprache.

Schalten wir auf den Steg-Humbucker, so geht das Pferdchen steil. Will meinen es macht einen ordentlichen Satz in der Lautstärke nach vorn, denn der Doppelspuler liefert einen starken Output. Die hohe Wicklungszahl nimmt ihm einiges an Höhen, in klaren Verstärkereinstellungen tönt es demgemäß eingeschränkt, die Mitten dominieren. Diese Zentrierung macht dann im Zerrkanal natürlich ein Fass auf. Krachige Lead-Sounds sind kein Problem, auch wenn es letztlich ein wenig an Eleganz und Geschmeidigkeit fehlt. Aber wie war das noch? Kosten nicht manche Pickups mehr als dieses ganze Instrument?

Ah, und per Push/Pull (Tone-Regler unten) lässt sich der Humbucker nun auch noch splitten und liefert einen recht amtlichen Singlecoil-Sound. Der erweist sich im Verhältnis zu den anderen Pickups sogar als genau richtig positioniert, springt im Zerrkanal ebenfalls noch schön snappy vor. Fast scheint es, als sei dem gesetzten Standard hier einfach noch eine Extraspule zugefügt worden, um dem gut gestaffelten Strat-Sound die zusätzliche Option auf „Knüppel aus dem Sack“ zu geben! Das Volume-Poti läuft übrigens etwas schwer – nicht so gut für Blendmanöver mit dem kleinen Finger, aber wir wollen ja jetzt nicht kleinlich werden.

Die V75 hält nun mit Tele-typischem Ton dagegen. Der Singlecoil am Hals ist der Vertreter für eher weiche Sounds, tritt mit etwas zurückhaltenden Höhen an. Der auf Platte montierte Steg-Pickup haut dagegen richtig saftig raus, schaltet auf blendendes Fernlicht. Position und Kappe sorgen beim Halstonabnehmer für die milde Tonumsetzung, gut gestaffelte Akkordbilder und klassische Sounds sind aber dennoch kein Problem. Auch singende Linien lassen sich mit ihm im Overdrive leicht inszenieren, nur der letzte Glanz fehlt etwas.

Der Kollege am Steg tritt dagegen deutlich spritziger und hitziger auf, macht mehr Druck und springt, obwohl kaum höher im Widerstandswert, stark vor. Bang und Twang sind sein Metier und das nicht nur im Rahmen von gern mit Tele-Typen assoziierter Cowboy- oder Surf-Musik. Mit bissiger Aggression gibt er vor allem bei heftigeren Einstellungen eine starke Vorstellung und beeindruckt mit seiner offensiven Präsenz.

Die Kombination beider Pickups in Schaltstellung Mitte bleibt davon nicht ganz unbeeindruckt. Sie gibt noch einmal einen ordentlichen Schwung Höhen raus, auch wenn die hier deutlich glasiger erscheinen. Der etwas schlankere, dafür rundlichere Hals der V75 fühlt sich am Ende des ständigen Hin- und Herwechselns schon etwas anders an, als derjenige der V6H mit eher klassischem C-Profil – deine Hand muss entscheiden!

RESÜMEE

Die Vintage-Jubiläumsmodelle V6HSVB und V75SVB aus der 25th Anniversary Series können sich wirklich sehen lassen! Die klassisch zugeschnittenen Electrics überzeugen mit achtbarem Materialeinsatz und seriöser Bauweise, dazu sind sie mit ordentlicher Elektrik und bewährter Hardware ausgestattet und lassen sich auch noch bestens spielen.

In ihrer Preisklasse beeindrucken sie aber auch noch mit mehr als nur angemessenen Sounds, denn die Wilkinson-Pickups machen ihre Arbeit gut. Bei diesem erfreulichen Katalog von ansprechenden Features kann man einfach nicht umhin, den beiden Probanden ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis zu konstatieren. Der Interessent sollte sich allerdings recht bald auf die Socken machen, da diese gut gemachten Jubiläumsmodelle in Silver-Burst nur in begrenzter Auflage zu haben sind. Check!

PLUS

● traditionelles Design im Jubiläums-Look
● Schwingverhalten
● Pickups
● Sounds
● kräftiger Hals
● erprobte Hardware
● seriöse Verarbeitung
● gutes Preis-Leistungsverhältnis

MINUS

● V75 mit 3,8 kg etwas schwer

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

Produkt: Fender Stratocaster
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Na,super,da kommt doch noch echte Freude auf,denn hier stimmt endlich auch mal der Preis.Die Kopfplatte ist optisch eher eine Hybrid Kopie zwischen Tele-und Strat,was ja reine Geschmackssache ist.Mir gefällt dieser „Kompromiss“ des Heastock-Designs leider nicht so sehr,weil die Stylistik reichlich klobig ausschaut.Aber,wem es gefällt,der wird damit vermutlich happy.

    Ansonsten vermutlich endlich mal ein kleines Highlight in der Kategorie der bezahlbaren Gitarren,da die „Zutaten“ vom Hersteller Wilkinson recht ordentlich wirken.

    Gerne mehr von dieser Art der „limitierten Elektrischen“,die letztendlich sogar zu einem fairen Jubiläums-Preis geordert werden können.

    Wie hoch war denn eigentlich noch einmal die Anzahl dieser „Limited Edition?“

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    1. I have the number 53 of 100 of the v6h series here at home and each series got exactly 100 guitars each.

      Auf diesen Kommentar antworten

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