Großes Kino

Test: Taylor GTe

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Andy Powers und Taylor Guitars haben es wieder getan: Ein komplett neues Gitarrenmodell mit dem Namen GT Grand Theater entwickelt, bei dem alles anders, alles neu ist, und das unter dem Motto „Smaller Size, Bigger Sound, Serious Fun“.

Die Idee zu einer neuen, kleinen Akustikgitarre hatte Andy Powers schon seit 2013, und seitdem arbeitete er unentwegt daran. 2018 stellten Andy und Taylor dann das neue V-Class-Bracing vor, das mittlerweile im Großteil der Taylor-Gitarren verbaut wird.

Anzeige

Einige Ideen des V-Class fließen auch in die neue GT-Serie ein. Aber Andy hatte die Idee, einen kleineren Body und eine kürzere Mensur zu kombinieren, ohne dabei aber Klangverluste in Kauf nehmen zu müssen. Daher hat er für dieses Modell das Bracing modifiziert, er nennt es jetzt C-Class, aber nicht weil die Streben die Form eines C haben, das „C“ stammt vom Wort „cantilevered“, was für freitragend steht (siehe dazu auch das Interview mit Andy). Ziel dabei: maximale Flexibilität der Decke, um aus dem kleineren Body das Optimum herauszuholen.

SMALLER SIZE, BIGGER SOUND, SERIOUS FUN

Das Grand Theater Modell wird in der amerikanischen Fabrik in El Cajon bei San Diego hergestellt. Es ist die kleinste dort gefertigte Gitarre. Die Maße der neuen Korpusform liegen aber genau in der Mitte des Taylor-Spektrums, exakt zwischen der großen Grand Concert und der (mexikanischen) GS Mini – siehe Abbildung. Die Form der Grand Orchestra, die Taylor mit dem größten Korpus, wurde herunterskaliert. Die Korpusbreite an der breitesten Stelle entspricht mit ca. 381 mm (15″) der der Grand-Concert, aber der Korpus ist kürzer.

Einfache Holzrosette und aufgeklebtes Schlagbrett (Bild: Dieter Stork)

Und auch die Mensur ist neu für Taylor. Die Länge der schwingenden Saite beträgt 613 mm und liegt damit auch genau zwischen GC und GS-Mini. Im Prinzip ist die Mensur exakt ein Bund kürzer als bei der 648-mm-Mensur, es ist also so, als ob man bei einer langen Mensur ein Kapo auf dem 1. Bund platziert. Die Gitarre ist mit .012er-Saiten bespannt, durch die kürzere Mensur ist der Saitenzug geringer, die Gitarre leichter zu spielen.

Auch hier hat Andy einen Vergleich: Nimm eine Gitarre mit 648er-Mensur mit .012er-Saiten, stimme einen Halbton tiefer und verwende ein Kapo am 1. Bund. Diese Saitenspannung entspricht exakt der der GT.

Die GT steht auch für die neue Taylor-Philosophie, die auch bei der erst letztens vorgestellten American-Dream-Serie zu sehen war: Schlicht und einfach, ohne Schnörkel, ohne aufwendige Verzierungen, aber dafür aus nachhaltigen Hölzern gebaut.

(Bild: Dieter Stork)

Die GT hat eine massive Fichtedecke, Zargen und Boden sind aus massivem Urban Ash gefertigt, ein Holz das aus in Wohngebieten bzw. Parks gefällten Eschenbäumen gewonnen wird und früher zu Brennholz oder Mulch verarbeitet wurde, aber ein ausgezeichnetes Tonholz ist. Im Prinzip macht Andy das, was früher die europäischen Geigenbauer gemacht haben: sie verwenden das Holz, das um sie herum wächst.

Der Hals – mit verstellbarem Stahlstab – ist aus (Plantagen)- Mahagoni gefertigt (siehe dazu auch das Interview mit Andy), das Griffbrett mit Acryl-Einlagen, der Steg und das Kopfplattenfurnier sind aus Eucalyptus. Der Korpus ist mit schwarzem Holzbinding eingefasst, die Kanten sind leicht abgerundet.

Das GT-Modelle ist dunkel gebeizt (Urban Sienna Stained), offenporig und extrem dünn lackiert, mit matter Oberfläche. Es werden leichte, verkapselte Mini-Mechaniken verwendet. Sattel und Steg sind aus Black Tusq bzw. Micarta gefertigt.

Zweiter Gurthalteknopf inklusive, Volume und zwei Tonregler des ES-Systems. Gut zu erkennen die Maserung der Eucalyptus-Zargen (Bild: Dieter Stork)

Natürlich sind Hals und Korpus mit der patentierten Halsverbindung ausgestattet, die es jederzeit einem Fachmann ermöglich, eine Anpassung des Halswinkels vorzunehmen – wenn es denn mal nötig wäre. Die Gitarre kommt mit einem Light-Saitensatz (.012 bis .053), diesmal in der beschichten Version von D’Addario (Phosphor Bronze coated). Die GT-Modelle sind optional auch mit dem Taylor-Pickupssystem ES-2 erhältlich, dann nennt sich die Gitarre GTe.

Anschlussbuchse und Batteriefach für den 9-V-Block

PRAXIS

Kurz und bündig? Schlicht, einfach, ohne jeden Schnörkel und Verzierungen, aber extrem leicht, unglaublich leicht zu bespielen und mit einer Klangfülle, die eine Wucht ist. Da resoniert und schwingt alles mit, egal ob man die GT leicht oder kräftig spielt. Die Gitarre ist sehr dynamisch; vom leichten Anschlag bis zum fetten Strumming reagiert die Gitarre extrem positiv. Sie komprimiert nicht, sondern spricht direkt an. Sie ist erstaunlich offen und ungebremst und dennoch ausgewogen mit einem erstaunlichen Bassanteil (für diese kleinen Korpusmaße).

Muss man bei anderen Gitarren ein wenig um die Klangentfaltung kämpfen, heißt gezielt und bewusst anschlagen, geht bei der GT alles wie von selbst – leicht locker, fett und dennoch brillant. Eine Gitarre für jede Lebenssituation … auf der Couch, im Garten, auf der Bühne und selbst bei Aufnahmen überzeugt sie durch ihre Leichtigkeit.

Dazu kommt die angenehme Bespielbarkeit durch die kürzere Mensur, die optimale Saitenlage und der angenehm leichte Saitenzug, der aber nie zum Scheppern neigt. Elektrisch verstärkt passiert genau das, was bei Taylor immer passiert. Man merkt es kaum, es ist einfach lauter und es fehlt ein bisschen was an Wärme, aber das ist systembedingt. Die Gitarre kommt in einem Taylor Aero-Case, für mich eine Mischung aus Koffer und Gigbag. Sehr praktisch, sehr leicht und eben auch preiswerter als die herkömmlichen Koffer.

RESÜMEE

Die Grand Theater ist Inspiration pur. Ich habe mich selber dabei ertappt, wie ich stundenlang im Wohnzimmer auf dem Instrument gespielt habe, egal was, egal wie, egal ob leichtes oder schweres Songmaterial, Strumming oder Picking – es hat Spaß gemacht und mich immer wieder Neues probieren lassen, auch mit Drop-Tunings oder Capo, dieses Modell hat mich immer weiter angetrieben. Diese Gitarre ist eine tolle Erweiterung des Taylor-Programms und das Motto stimmt allemal: Smaller size. Bigger sound. Serious fun.

PLUS

● Soundfülle
● Modell für jede Anwendung
● C-Class-Bracing
● Verarbeitung
● Verwendung von nach haltigen Hölzern
● Bespielbarkeit
● Intonation


Interview mit Andy Powers

(Bild: 2019 Patrick Fore Photography)

In den letzten Jahren hat Taylor immer mit High-End-Highclass-Modellen für neue Serien begonnen und sich dann langsam nach unten gearbeitet. Bei der GT scheint es anders zu sein. Ist das absichtlich? Wollt ihr eine andere Gruppe von Musikern ansprechen? Oder folgen später weitere, exklusive Modelle?

Mit den GT-Gitarren möchten wir alle Gitarristen, egal welches Level sie haben, oder welche Musik sie spielen, ermutigen, Spaß beim Musizieren zu haben. Ein Motiv dieser Gitarren ist der Glaube, dass es Spaß machen sollte, sie zu spielen. Die einfache, direkte Ästhetik macht sie nicht übermäßig teuer und wertvoll und ermutigt einen Spieler, einfach die Gitarre zu genießen und die Erfahrung mit anderen zu teilen. Man könnte sagen, das sind lässige und freundliche Gitarren, die es ernst meinen, und mit denen man Spaß hat. In Zukunft werden wir sicherlich andere Versionen bauen und sie mit traditionelleren ästhetischen Details ausstatten. Das wesentliche Design dieser Gitarre ist eine fantastische Plattform, auf der in Bezug auf Größe, Proportionen und musikalisches Ansprechen aufgebaut werden kann.

Wird es Modelle mit Cutaway geben?

Im Laufe der Jahre der Entwicklung dieser Gitarre habe ich einige potenzielle Cutaway-Designs durchprobiert. Bisher gefällt uns die Funktionsweise des symmetrischen Korpus (ohne Cutaway) am besten, da sie den maximalen Luftraum innerhalb dieser speziellen Korpusform ermöglicht. So können wir das meiste aus diesem kleinen Body herausholen. Aus dem gleichen Grund verzichten wir auch auf den Armrest, der uns wiederum Raum wegnehmen würde.

Ihr verwendet lokale und nachhaltige Hölzer. Fichte, Urban Ash, Eucalpytus, sogar Einfassungen aus heimischem Holz. Welches Material wird für den Hals verwendet?

Der Hals unter dem Eukalyptus-Griffbrett besteht aus traditionellem Mahagoni, das sowohl aus unseren Mahagoni-Kooperationsprojekten in Mittelamerika als auch aus Mahagoni aus Plantagen auf Fidschi stammt. Die Verwendung von Material aus diesen gesunden Quellen trägt zur langfristigen Wertschöpfung dieser Waldressourcen bei.

Das Testmodell, das wir hier in Köln haben, hat eine Fichtendecke mit einer sehr groben, breiten Maserung und markanten braunen Streifen. Ist das bei allen Modellen der Fall oder ist das ein Zufall?

Man findet heute immer häufiger Fichte mit breiterer Maserung, einfach weil die Bäume heute in weniger dichten, gepflanzten Wäldern wachsen als in vorherigen Generationen, und das führt zu schnellerem Wachstum und damit weiterer Maserung. Natürlich mögen wir die enge Maserung der Fichtendecken, aber die mit der breiteren können wirklich fantastisch klingen, wenn sie gut aufgeschnitten sind. Wir sortieren das Holz für diese Gitarren nicht ausschließlich nach der Breite der Maserung, sondern neben anderen Kriterien auch nach der richtigen Mischung von Dichte und der Qualität der Richtung der Maserung des Holzes, da es radial (Quarter Sawn) aufgesägt ist.

Ich kenne Gitarrenbauer, die dieses Holz gerne verwenden, weil es wärmer und weicher klingt als feinmasigeres. Kannst du das bestätigen?

Es gibt eine große Anzahl von Parametern, um zu bestimmen, wie ein bestimmtes Stück Holz klingt. Bei Fichte beeinflussen die Breite der Maserung, die Steifheit entlang und quer zur Maserung, das Gewicht, der Winkel der Mikrofasern und die Resonanzwerte die musikalische Reaktion der Decke auf einzigartige Weise. Es ist sehr verlockend, breitere Fichtendecken als warm, bassig oder dunkel zu stereotypisieren, aber die Realität ist komplexer.

Zur C-Class-Verstrebung: Ich habe die Innenseite der Oberseite noch nicht gesehen. Beim V-Class-Bracing haben die Verstrebungen die Form eines V. Aber hat diese Verstrebung die Form eines C?

Die Architektur der Deckenverstrebung ist etwas kompliziert zu beschreiben, da das C in C-Class von dem Wort freitragend (engl. cantilevered) stammt, und nicht eine Verstrebung in der Form eines C ist. Die Anordnung der Verstrebungen ist in gewisser Weise mit dem Stil der V-Class verwandt, da sie auf dem gleichen Verständnis basiert, dass die Steifigkeit zu einem langen Sustain beiträgt, während Flexibilität erforderlich ist, um Volumen zu erzeugen.

Auf der Unterseite der Decke sind selbst die Verstrebungen, die wir als freitragend betrachten, nicht offensichtlich sichtbar, ohne die gesamte Gitarre in einem zusammengebauten Zustand zu sehen. Denn freitragend bezieht sich auf absichtlich unterstützt und nicht unterstützte Teile der Hauptverstrebungen, um die Ansprache der Decke auf eine einzigartige Weise zu beeinflussen .

Die Verstrebungen der C-Klasse scheinen nicht symmetrisch zu sein. Trotzdem ist der Klang wie bei den V-Class-Modellen, denn die Gitarre klingt sauber und wunderbar intoniert. Gibt es eine Erklärung dazu?

Während es sich beim Design der C-Class um ein deutlich asymmetrisches Design handelt, teilt es ähnliche Designkonzepte mit den Gitarren der V-Class. Da wir mit denselben strukturellen Konzepten arbeiten, können wir viele der gleichen musikalischen Vorteile in Bezug auf Dynamikbereich, klares Sustain und saubere Intonation erreichen.

Wurde (wie bei der V-Class) auch für die C-Klasse ein Patent angemeldet bzw. erteilt?

Da das Design der C-Class eine einzigartig originelle Verstrebungs-Architektur hat, wäre es nahezu unmöglich, es in der Form zu beschreiben, die unter dem traditionellen Patentschutz erforderlich ist. Angesichts all dessen, was derzeit auf der Welt vor sich geht, hielten wir es für wichtiger, einfach die Gitarren zu bauen und sie in die Hände der Spieler zu geben.

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 6/2023
Gitarre & Bass 6/2023
IM TEST: Harley Benton 25th Anniversary: Special Edition Guitars +++ IK Multimedia ToneX Software & Pedal +++ KMS Saddles & Bridges für Telecaster +++ Schecter Nick Johnston PT +++ Guild Surfliner HH +++ Sandberg Florence Bässe +++ Taylor Guitars 417e +++ Orange MK Ultra Marcus King +++ Fender Rumble 800 Combo

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Es ist gut,wenn beim Gitarrenbau immer wieder neu experimentiert und getüftelt wird.

    Taylor Gitarren klingen gut und sehen chic aus,jedoch finde ich die drei obligatorisch auf der oberen Zarge angeordneten häßlich fetten Potiknöpfe völlig deplatziert,bzw. optisch nicht besonders schön.

    Da sind andere Gitarrenfabrikanten bei der Gestaltung ihrer Elektrik hingegen weitaus innovativer.
    Die pfiffige Idee mit dem Batteriefach scheint bei der neuen Taylor Gitarre aber dann doch recht gelungen zu sein.Mich nervt z.B. das nervige Geklapper bei etlichen Ibanez Semi-Akustikgitarren,deren billige Batteriefachdeckel aus Plastik in der Praxis total fummelig und beim spielen richtig störend sein können,weil diese besagten Deckelchen die Vibrationen beim Anschlagen der Saiten zusätzlich verstärken,was sich sehr unangenehm bemerkbar macht!

    Und da man den fälligen Batteriewechsel bei einer 12-saitigen Eastman Jumbo Akustikgitarre mit Preamp stets erst ein Dutzend Saiten lösen muß,um an die 9 Volt Blockbatterie zu gelangen,zeugt nicht unbedingt von durchdachter Innovation!

    Dies alles sind Wahrheiten,die sich im Alltagsbetrieb nicht gerade als zukunftsweisend herausstellen.

    Da gilt es noch vieles zu verbessern.

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. schon seltsam….ein Hersteller fängt mit einer kleineren Gitarre an und alle anderen ziehen nach und stellen dies als etwas besonderes heraus. Ich hatte noch keine Gelegenheit die oben beschriebene Taylor anzuspielen. Spiele jedoch schon seit einigen Jahren eine Guld Junior die in der Größe der oben beschriebenen entspricht. Hat einen super Sound und ist empfehlenswert. Nach meiner Erfahrung sind bei Taylor ein großer Schwachpunkt die PU´s. Hatte vor 20 Jahren schon eine Taylor 314 ce die ich dann wieder abgegeben habe, weil die PU´s einige Frequenzen erzeugten, die nerven. Und damit war ich nicht alleine. Auf der Musikmesse hatte ich die Jungs von Taylor darauf angesprochen….aber als “Götter” des Gitarrenbau´s wollten die darüber nicht mit mir reden. Letzte Woche ein neuer Versuch mit einer 314 ce mit dem ES 2. Das ist sogar noch schlimmer. Mit dem Plektrum oder mit den Fingern gespielt entsteht dort ein zirpender Oberton der richtig nervt. Hat mit seidigen Höhen nichts zu tun.
    Es hat so jeder seine eigenen Vorstellungen. Mein Tip; sucht einen Laden der neben der Taylor auch andere Marken anbietet und vergleicht und vergleicht….da kann man die Gitarren bei Nichtgefallen wieder weghängen 🙂 Taylor stellt schon gute Akustikgitarren her….aber andere auch…und manchmal auch preiswerter!

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar zu Optimal😉 Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren