Twang . Surf . Reverb .

Test: Surfy Industries SurfyBear Reverb

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Surfy Industries SurfyBear Reverb(Bild: Dieter Stork)

Dick Dale ist tot, der Fender Tube Reverb zurzeit nicht erhältlich … da kommt der Surfy Bear Reverb aus dem Norden Europas gerade recht, um etwas Surf-Twang zurück ins Leben des Offset-Gitarristen zu bringen.

konzept & konstruktion

Über den originalen Tube Reverb streiten sich die gitarristischen Geister bis heute. Als Vorschaltgerät konzipiert, funktioniert er nur mit einem cleanen oder ganz leicht crunchenden Amp und ist daher auf ganz spezielle Klänge festgelegt – von Surf über Garage bis zu Roots-Rock. Die Endstufenzerre der späten Sechziger war definitiv nicht das passende Anwendungsgebiet der mit braunem, schwarzem oder weißem Tolex bezogenen Kiste und so verschwand sie mitsamt des Musikstils Surf gegen Ende der Sechziger von der musikalischen Bildfläche. Wer sich aber ernsthaft mit dem klassischen Surfsound beschäftigt, stellt fest, dass genau diese spezielle Anwendungsweise – ein Hall vor einem Röhrenamp – sehr viel zum authentischen Klang beiträgt.

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Surfy-Industry-Kopf Björn Isheden hat sein eigenes Konzept des Surf-Reverbs entwickelt. Der Surfy Bear Reverb verzichtet auf die Röhren des Vorbilds und ersetzt diese durch JFET-Transistoren. Statt des Ausgangsübertragers kommt eine Konstantstromquelle zur Anwendung, was Platz und Kosten spart. Der so entstehende Reverb ist deutlich flacher als die Verstärker-große Originalversion und passt gut auf den Combo oder das Topteil. Zwei Varianten sind erhältlich:

Der Reverb Tank Classic erinnert optisch durch den Tolex-Bezug stark ans Vorbild. Man findet dieselben Regler für Hall-Länge (Dwell), Ton und Mix zwischen Original und Effektsignal und im Inneren eine klassische Accutronics Hallspirale mit zwei Federn, die durch ein Plexiglas-Fenster auf der Unterseite sichtbar ist. Genau wie das Original besitzt diese Version keine True-Bypass-Schaltung, selbst bei ausgeschaltetem Effekt durchläuft das Gitarrensignal also die komplette Elektronik.

Die Metal-Version hat nichts mit dem musikalischen Stil zu tun, sondern bezieht sich auf das Gehäuse. Statt Retro-Tolex und Holz gibt es ein schwarzes, stabiles Metallgehäuse mit großem Aufdruck. Technisch ist diese Version etwas modernisiert. Anstelle des Pilot-Lights gibt eine Dual-LED Auskunft in lila oder blau über den Schaltungszustand. Ein externer Fußschalter kann direkt per Klinkenbuchse auf der Oberseite angeschlossen werden.

Zudem gibt es einen Volume-Regler, der für einen Clean-Boost nach dem Hall sorgt. Im Gegensatz zum Vorbild aus den Sixties, das den Output leicht absenkt, kann man so den nachfolgenden Amp bei gleichem Pegel oder sogar lauter ansteuern. Ist der Reverb aus, sorgt bei dieser Variante eine True-Bypass-Schaltung für Signaltreue.

Die Gummifüße auf der Gehäuseunterseite können abgeschraubt werden und durch die entstehenden Öffnungen kann man den Hall auf einem Pedalboard fixieren. Angesichts der Abmessungen zwar eine recht platzintensive Möglichkeit, die aber das Nachregeln oder An-/Ausschalten deutlich einfacher macht als beim Original. Pluspunkte in Bezug auf Handling also für die Metallvariante – wenn man auf die Retro-Optik verzichten kann. Für Bastler gibt es den Surfy Bear auch als Bausatz, ohne Hallspirale, der dann in ein eigens Gehäuse eingebaut und mit einer Hallspirale eigener Wahl kombiniert werden kann.

Surfy Industries SurfyBear Reverb(Bild: Dieter Stork)

twang!

Das Schöne am Retro-Effektgerät, ist die einfache Handhabung. Mit zwei Kabeln und dem Drehen von drei Reglern ist der Surfy Bear einsatzbereit. Beginnen wir mit der Version im Metallgehäuse. Mit Dwell, Mix und Tone in der Mitte stellt sich direkt ein authentischer Tube-Reverb-Sound ein. Dick Dale lässt grüßen. Im Gegensatz zu meinem Blackface-Tube-Reverb von 1964 klingt der Surfy Bear etwas kraftvoller und bassiger, er lässt das Originalsignal von Amp und Gitarre eher in Ruhe und färbt es nicht ein. Das wirkt etwas klarer und direkter, hat aber trotzdem den authentischen Charakter.

Die Hallspirale produziert einen schönen Ausklang, der genau die richtige Länge hat und nicht undifferenziert wirkt. Auch der Attack der rechten Hand bleibt gut erhalten. Genau wie das Vorbild, reagiert der Surfy Bear auf die Anschlagsstärke – schlägt man sanfter an, verbinden sich Hall und Originalsignal, bei härterer Arbeitsweise rückt der Hall hinter den angeschlagenen Ton.

Auch der Volume-Regler funktioniert einwandfrei. Bei Stellung 5 bleibt das Original-Level von Gitarre und Amp erhalten, bei Ein- und Ausschalten des Halls gibt es also keinen Lautstärkeunterschied. Will man es etwas klassischer, senkt man das Volume leicht ab und steuert den Amp etwas sanfter an. Das ist gerade bei alten Röhren-Amps reizvoll, denn so kann man den Amp etwas mehr in die Sättigung fahren, leicht crunchen lassen, bekommt aber durch das niedrigere Eingangssignal trotzdem einen cleanen Sound, der deutlich lebendiger klingt als bei einem modernen Amp.

Ausgehend von der Mittelstellung kann man mit Dwell oder Mix den Hall sehr fein abstimmen und ihn eher in Richtung eines im Amp integrierten Federhalls klingen lassen. Das ist gerade für Nicht-Surf-Anwendungen interessant, denn auch für Jazz, Blues oder in Verbindung mit harmonischen Zerrpedalen eröffnet ein Vorschalthall neue Soundwelten. Der Surfy Bear arbeitet dabei zu 95 % wie das Vorbild.

Der alte Reverb hat durch die Röhrenschaltung noch eine gewisse subtile Tiefe, die dem Surfy Bear fehlt. Dafür ist die Transistorvariante verlässlicher und reagiert nicht ganz so sensibel auf das, was vorne dran hängt – mache Gitarren oder Verzerrerpedale produzieren mit dem Klassiker ungewollte Frequenzen oder Spikes, die gerade bei der Studioanwendung störend sein können.

Der Surfy Bear Classic klingt was den Hall angeht identisch. Ganz wie das Original senkt er den Pegel jedoch leicht ab, was ihn etwas sanfter und weniger punchy klingen lässt. Man ist etwas festgelegter, da der Volume-Regler und die True-Bypass-Schaltung fehlt, was aber den Freund des klassischen Surfsounds nicht stören dürfte. Dafür bekommt man optisch mehr geboten, denn die Tolex-Variante sieht einfach schicker und atmosphärischer aus.

Surfy Industries SurfyBear Reverb(Bild: Dieter Stork)

alternativen

Da Fender zurzeit keinen Tube-Reverb anbietet, bleibt nur der Gebrauchtmarkt für teure Originale aus den Sechzigern oder die RI-Version der 90er. Beide Varianten liegen preislich aber in ganz anderen Regionen als der Surfy Bear. Der Tube Amp Doctor bietet einen Bausatz an, der nach den Kosten für den Zusammenbau aber ebenfalls deutlich teurer wird. Eine authentische Spring-Reverb-Simulation im Pedalformat bietet der Catalinbread Topanga oder der Boss RV-1.

resümee

Authentischer Tube-Reverb-Klang ohne Röhren geht! Beide Surfy Bear-Modelle liefern den Sound, den man von Dick Dale und Co kennt in hoher Qualität. Gerade die Metal-Variante des schwedischen Geräts hat ein paar Features an Bord, die das Leben des Surf-Gitarristen im 21. Jahrhundert deutlich leichter machen. Das Anpassen des Ausgangspegels und die True-Bypass-Schaltung kurieren einige Probleme des Vorbilds und eröffnen neue Anwendungsgebiete des Vorschalthalls. Mit knapp € 300 ist diese Variante preislich eher an einem guten Hallpedal dran als am Vintage-Vorbild. Wer statt moderner Features mehr Wert auf RetroOptik legt, kann mit der Classic-Version seine Nostalgie-Triebe besänftigen, inklusive der leichten Pegelabsenkung des Originals. „Surf‘s Up“ kann ich da nur sagen!

Internet: www.surfyindustries.com (nur Direktvertrieb)

Preise: € 285 / 380

PLUS
• authentische Tube-Reverb-Sounds ohne Röhrenverschleiß
• moderne Features (Clean Boost, True Bypass) bei der Metal-Variante
• deutlich günstiger als das Original


Interview mit Björn Isheden / Surfy Industries

Hi Björn, erzähl uns etwas über deinen Background. Bist du Musiker oder Elektroniker?

Ich bin Elektriker, habe aber in den 80ern in vielen Bands Gitarre gespielt. Analoge Schaltungen sind zu meiner Leidenschaft geworden, besonders die Klassiker aus den Fünfzigern und Sechzigern. Die Techniker damals waren Meister im Kreieren von einfachen, sauberen Schaltungen ohne die Dinge zu komplizieren.

Wann hast du Surfy Industries gegründet?

Vor ungefähr sieben Jahren. Ich habe eine analoge Schaltung entworfen, die so genau wie möglich den klassischen Fender 6G15 Reverb ersetzt. Jede Röhre des Originals wird durch einen Class A Mosfet Driver und JFET Transistor ersetzt. Ich habe sehr viele dieser Boards gebaut und wurde sehr beliebt im Surf Guitar 101 Forum. Vor drei Jahren habe ich mich dann mit Lorenzo Valdambrini, dem Organisator des Surfer Joe Summer Festivals in Italien zusammengetan und die Firma Surfy Industries in Schweden registriert.

Ist das dein Hauptjob?

Bis jetzt betreiben Lorenzo und ich das als Teilzeitjob. Aber die Dinge ändern sich, wir verbringen immer mehr Zeit mit neuen Produkten, der Herstellung und dem Verkauf.

Hat die Firma eine bestimmte Philosophie?

Unsere Wurzeln liegen in der Surf-Gemeinde und das sehen wir als ein Zeichen für Qualität an. Vintage-Sounds und nasser, natürlich klingender Hall sind essentiell für Surfmusik. Für uns ist es wichtig, nicht zu schnell zu wachsen, eine Produkt-Linie zu haben, an die wir glauben und dem Sound treu zu bleiben den wir lieben. Qualitäts-Produkte und freundlicher, guter Support sind unsere Prioritäten.

Erledigst du die ganze elektronische Arbeit selbst?

Die Herstellung erfordert immer mehr Zeit. Mittlerweile arbeiten wir mit sieben schwedischen Firmen, die uns bei der Herstellung und dem Zusammenbau helfen. Die finalen Tests und Einstellungen mache ich selbst.

Verkauft ihr nur direkt oder habt ihr auch einen Vertrieb?

Wir verkaufen online, aber die Anzahl von Vertrieben und Läden steigt. Eine Liste findest du auf unserer Website surfyindustries.com.

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2019)

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