Blauglockentöne

Test: Suhr Classic T Paulownia

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(Bild: Dieter Stork)

Der Name Suhr steht für High-End-Gitarrenbau mit deutlichen Bezügen auf die Tradition. Das Modell Classic T mit Paulownia-Body erschien 2020 in limitierter Auflage. Für Europa wurde nun noch einmal ein Custom Run in anderen Farben aufgelegt (je 24 Exemplare in Butterscotch und Trans White).

Paulownia? Da war doch was – richtig: In Ausgabe 06/2018 hatten wir zum Thema Paulownia bereits ein vertiefendes Gespräch mit Nik Huber über dieses sehr interessante Holz des Blauglockenbaums, zu dessen bemerkenswerten Eigenschaften Dinge wie schneller Wuchs, hohe statische Festigkeit bei leichtem Gewicht, hoher Flammpunkt und nicht zuletzt die große Absorptionsfähigkeit von CO2, die enorme Sauerstoffproduktion und die Nachhaltigkeit im Anbau zählen.

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TRADITION IN PERFEKTION

Der an das klassische T-style-Design angelehnte, plan belassene und in kreidebleichem Transparent White lackierte Korpus von rund 4,5 cm Brettstärke aus zweiteilig gefügtem Paulownia bekam gerundete Kanten und im Cutaway hinten eine Auskehlung zur Verbesserung der Bespielbarkat hoher Lagen. Aus gleichem Grund wurde auch der Bereich der Halsaufnahme unterhalb der Platte mit den vier Schrauben zur Halsbefestigung leicht schräg angelegt.

Spielförderliche Abgleichungen im Bereich der Halsaufnahme und im Cutaway hinten (Bild: Dieter Stork)

Der einteilige, wunderbar samtig versiegelte Hals aus Roasted Maple mit C-Profil bekam ein Griffbrett aus Indian Rosewood mit Compound Radius (9″ auf 12″) aufgesetzt, in dem 22 bestens verarbeitete mittelstarke Stainless-Steel-Bünde Platz finden; Punkteinlagen im kittfarbenen Clay-Dots-Stil sorgen für sichere Lagenkennung.

Roasted Maple Neck mit 60s C Vintage Profil und Stainless-Steel-Bundierung im Palisandergriffbrett (Bild: Dieter Stork)

Die pointiert gestaltete Suhr-Kopfplatte trägt das Firmen-Logo und ist mit Suhr-Locking-Tunern ausgestattet. Die Saiten laufen mit geradem Zug über einen schmalen Kunststoffsattel von Tusq und werden am Body von der Wilkinson-3-Saddle-Classic-T-Bridge mit Saitenreitern aus Messing per Strings-thru-Body-Methode gekontert.

Wilkinson-Bridge mit Saitenreitern aus Messing (Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Der hauseigene, auf ein schwarzes Pickguard geschraubte Classic-T-Neck-Pickup mit Nickel/Chrome-Cover und der klassisch auf eine Bridge Plate montierte Classic-T-Bridge-Pickup, beide mit AlNiCo-5-Magneten gewickelt, stehen zur Tonumsetzung parat. Kontrolliert werden die Tonabnehmer ganz traditionell über die auf eine Control Plate gesetzten Volume- und Tone-Regler mit jeweils generellem Zugriff auf Output und Tonfarbe. Wie gewohnt simpel und effektiv schaltet der Dreiwegeschalter die Pickups in bekannter Weise allein oder zusammen.

Die makellose, detailgenaue Verarbeitung und spieltechnische Einrichtung lässt bei Suhr prinzipiell nichts zu wünschen übrig. Geliefert wird die Suhr in einem festen schwarzen Rechteckkoffer.

SPECIAL SHADES OF PAULOWNIA

Das Konzept ist bekannt, Optimierungen lassen sich aber immer noch durch anspruchsvolle Materialwahl und eine besondere Detailgenauigkeit in der Fertigung erzielen. Vor allem was Letztere angeht, wartet Suhr inzwischen mit einem ungemein hohen Standard auf, und der hat jenseits allen technischen Feinschliffs immer auch den Spieler bzw. die Spielerin und deren Bedürfnisse im Blick. Das so auf den Punkt gezogene Classic-T-Modell bekam nun durch den Paulownia-Korpus einen besonderen Akzent, der sich aber nicht in ökologischen Ambitionen erschöpft, sondern auch für die Klangbildung Sinn ergibt.

Mit der Classic T Paulownia geht zunächst einmal ein ungemein leichtes Instrument in Stellung. 2,8 kg, das ist nett zu tragen und leicht zu handhaben, auch wenn wir selbstverständlich wissen, dass manch kreuzschweres Trumm von Gitarre natürlich ebenfalls seine Bedeutung haben kann. In diesem Fall ist aber weniger durchaus mehr, denn das offene und luftige Schwingverhalten dieser Suhr nimmt sofort für sie ein.

Der gute erste Eindruck wird von rundum glänzenden Spieleigenschaften nachdrücklich bestätigt. Dieser toll geschnittene, samtig griffige Hals mit fein abgeglichener, kantenglatter und annähernd verschleißfreier Bundierung im aufsteigend flacher werdenden Griffbrett (Compound Radius) ist ein Gedicht. Bei flach eingestellter Saitenlage schwingen die Saiten ansatzfrei ohne Nebengeräusche in allen Lagen und Bendings laufen wie auf Schienen.

Jetzt gilt’s, der Amp ist startbereit und will gefüttert werden: Knöpfen wir uns den Hals-Pickup alleine vor, so setzt dieser alle Aktionen mit recht weicher Höhenrundung um, zeichnet Akkorde aber sehr gut aufgelöst und transparent durch. Das vermag auch der Steg-Pickup, aber bei direktem Umschalten haut der mit scharfem Höhen-Top deutlich mehr Präsenzen raus und steht damit natürlich weit vorn. Ein kraftvoll bissiger Lead-Pickup also, wie er im Buche steht.

Sehr schön im Ausgleich dieser unterschiedlichen Charaktere tönt dann die Kombination beider Pickups. Mit frischer Glocke und leicht ausgekämmt sind hier perlfrisch glänzende Sounds zu haben, wie sie auch Keef gefallen würden. In klaren Verstärkereinstellungen ist auf jeden Fall die höchst aufgeräumte Klangstaffelung bemerkenswert. Gleichmäßig und gleichberechtigt addieren sich die Stimmen zu plastisch abrollenden Mehrklängen, keine Saite tanzt hier aus der Reihe.

Schalten wir den Amp auf Crunch, so gefällt der Hals-Pickup mit einem nun überraschend gut ausgebauten inneren Kern im einzelnen Ton. Das gibt Linien Stringenz und Kontur, einen dezidiert knackigen Ausdruck mit weitgehend offenen Höhen, durchaus fenderig, ohne aber oberflächlich plagial zu werden.

Gehen wir auf den Steg-Pickup, so kocht der bereits in leichten Gain-Strukturen die Suppe deutlich heißer. Niedrigtemperaturgaren interessiert den nicht so, der will das Grillgut well done und cross! Allerdings schnappt er nicht einfach wild um sich, sondern lässt sich schön am Zügel führen. Das ändert sich zwar auch nicht wirklich bei heißer arbeitenden Röhren – gut, wer wollte seine Raubkatze denn nicht unter Kontrolle halten – allerdings ist der Twang und Aufriss mit dem das Tier jetzt an der Kette zerrt doch bemerkenswert. Der Ton zeigt sich im Overdrive höchst reizbar, spricht willig an und prescht mit rasantem Höhenbiß vor – Snap! Überdies sorgt die markant herausgestellte Anschlagsperkussion für eine griffig-plastische Umsetzung.

Verglichen mit einer hinzugezogenen 67er Fender Tele ist das tonfarbliche Gefälle doch recht deutlich. Die Fender tritt mit insgesamt engerem Ton auf, der allerdings beim Hals-Pickup etwas höhenreicher ausfällt. Dagegen agiert der Steg-Pickup der Tele deutlich schneidiger, drückender, mit diesem speziellen Mitten-Schmack und damit vielleicht auch originärer. Na ja, wer hat’s erfunden? Die Suhr tönt in der Tendenz voller, breiter, feinkörniger aufgelöst und kraftvoller. Das soll aber nun kein Werturteil sein, sondern lediglich der Einschätzung dienen.

Die den Suhr-Gitarren eigenen, sehr transparenten und famos gestaffelten Sounds entsprechen vielleicht mehr modernen Anforderungen, was die Flexibilität in der Anwendung angeht, als die der Originale. Letztere sind enger gefasst, haben aber unsere Hörgewohnheiten geprägt. Die Instrumente von Suhr decken dagegen ein weites Spektrum ab und malen trotz der formalen Anlehnungen nicht einfach vorgegebene klassische Muster aus. Prominente Spieler wie Guthrie Govan, Ian Thornley, Scott Henderson oder Pete Thorn wissen das zu schätzen und entreißen diesen Gitarren absolut charaktervolle Sounds.

 

RESÜMEE

Mit dem Special Run für Europa gewährt Suhr nun noch einmal Zugriff auf ein Classic-T-Modell mit Paulownia-Korpus. Diese spezielle Ausführung des bewährten Designs bringt leichtes Gewicht und souveränes Klangpotential von durchaus eigener Prägung unter einen Hut. Sounds, die von weich gerundetem, transparent zeichnendem Hals-Pickup bis hin zum bissig präsenten Tonabnehmer am Steg reichen. Mit einer stets plastischen Klangzeichnung ist die Classic T Paulownia eine Gitarre für viele Gelegenheiten.

Von jazzy Comping, über klassischen Crunch bis hin zu drückendem Twang macht diese Gitarre ein Fass voller praxisgerecht angelegter, hochklassiger Sounds auf. Nicht zuletzt sind die rundum fabelhaften Spieleigenschaften zu loben, welche bei Suhr mit toll geformten, perfekt bundierten und griffigsamtig versiegelten Hälsen eigentlich immer zu erwarten sind. Dass Paulownia gute Umweltverträglichkeit bietet, ist ein schöner Bonus. Vor allem aber ist es leicht und resonanzstark, überzeugt also durch gute Eigenschaften für die Tonbildung. Großartige Gitarre!

PLUS

● Design
● Leichtgewicht
● Resonanzstärke
● Sounds
● Roasted Maple Neck
● Halsprofil & Bundierung
● Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2022)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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Die Yamaha SG1801PX Phil X Signature im Test von Gitarre & Bass!

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Viel Geld für ein Brett mit Kunststoffsattel und Willkinson Bridge

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