Tonholz der Zukunft?

Interview: Nik Huber über Paulownia

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Nik Huber

Im Moment lässt sich ein starker Trend zu besonders leichten Gitarren beobachten. Von Gitarrenbauern werden demgemäß hohe Aufpreise für den Einsatz entsprechend schwer zu beschaffender Tonhölzer verlangt. Selbst die schlichte Erle kann in der richtigen Gewichtsklasse dann mit bis zu € 2000 plus zu Buche schlagen. Ist das gerechtfertigt und wo führt das hin?

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Kann das besonders leichte Material Paulownia vielleicht eine Alternative darstellen und was ist überhaupt dran an dieser modischen Forderung: leicht, leicht, leicht muss es sein? Ein Gespräch über das Thema mit Nik Huber, dessen prototypischer Paulownia-Krautster wir in diesem Test ihre Klanggeheimnisse entlockt haben.

Interview

Nik, was hat dich auf dieses besondere Holz des Blauglockenbaums aufmerksam gemacht?

Das kam schlicht und ergreifend durch meine Begeisterung für das Surfen. Man kann ja wie in den 60er-Jahren hohle Surfbretter aus Holz bauen und ich habe mich in Internetforen nächtelang reingelesen, wie man das macht. Da kam immer wieder das Thema Paulownia auf, ein Holz das ursprünglich aus Asien stammt und viele spannende Qualitäten besitzt. Es ist sehr leicht, dabei stabil und wahnsinnig salzwasserresistent, es schimmelt und verpilzt nicht und es hat einen ganz hohen Flammpunkt. Die Japaner bauen ihre Kimono- Schränke daraus, d. h. wenn die Holzhütte abbrennt, ist der Kimono immer noch in Ordung (lacht).

War das deine erste Begegnung mit Paulownia?

Nein, bei meinem zweiten Gitarrenbauerkurs auf Formentera war da ein Amerikaner, der hatte damals ein Stück Paulownia dabei. Ich dachte Swamp Ash, sagt der: no, Paulownia. Ich dachte damals: ist halt irgendein Jargon für Esche, wie Korina für Limba, bin dem also überhaupt nicht nachgegangen, konnte mir aber diesen Namen merken.

Jetzt begegnete dir dieser Name also in den Surfer-Foren.

Genau, ich erinnerte mich also an dieses superleichte Holz, das der Michael damals mitgebracht hatte, dachte okay, wo krieg ich’s her, kann ja nicht so schwer sein. Dann hab ich angefangen im Internet zu graben – aber das kannst du voll vergessen. Für meine ersten Versuche mit den Surfbrettern hab ich zuerst nur Paulownia-Leimholzböden finden können, stabverleimtes Material, das ich dann an der Leimfuge auseinandergeschnitten habe und das für Länge dann stückeln musste. Aber das konnte es nicht sein, für ein Stand Up Pedalboard von 3,5 m musste ich das länger haben. Ich hab also weiter recherchiert und irgendwann bin ich dann auf die Website von „Treeme“ gestoßen.

Das ist jetzt schon ein paar Jahre her, oder?

Ja genau, ich weiß gar nicht, ob das damals überhaupt schon Treeme hieß, jedenfalls hatten die ein Büro in Frankfurt. Da hab ich dann angerufen, mein Problem geschildert, aber auch gesagt: es geht nicht nur um Surfbretter, ich interessiere mich grundsätzlich für dieses Holz, denn hauptberuflich baue ich Gitarren. Schon in der Woche drauf haben wir uns verabredet, total nett unterhalten und irgendwann haben die mir dann die ersten Planken Holz vorbeigebracht.

Nik Huber
Nik Huber in seiner neuen Werkstatt (Bild: Franz Holtmann)

Noch kommt das Material aus Asien, oder?

Richtig, ursprüngliche Herkunft ist China, aber inzwischen sind auch bei uns schon verschiedene Großplantagen angelegt, aber die Bäume, die wir dann verarbeiten wollen, die wachsen noch. Das ist aber schnell wachsendes Holz, das nach 12 Jahren schon erntereif ist. Im Moment will Treeme nicht Holz verkaufen, das haben sie ja noch nicht, aber sie haben jede Menge Bäume gepflanzt. Jetzt wollen sie das Holz bekannt machen, als besonders gutes Material, welches für viele Bereiche extremvorteilhaft sein kann. Was mich für den Gitarrenbau interessiert: es ist leicht und resonant und es ist enorm stabil in Relation zum Gewicht. Wenn du es in die Hand nimmst und biegst, merkst du, dass es unheimlich straff ist und wenn du dagegen klopfst hat es einen schönen Ton wie Fichte, total gut – will schwingen! Ich fang gerade mit einer Gitarre an, bei der Body und Hals aus Paulownia sein werden und das Ding wird federleicht.

Die zum Test vorgelegte Krautster ist aber nicht deine erste Gitarre aus Paulownia?

Vor ein paar Jahren hab ich schon mal einen Auftrag gebaut, wo mir das Stück Holz zur Verfügung gestellt wurde, ich wusste also, dass es funktioniert. Das war eine Dolphin, die hatte aber einen Mahagonihals und ein Ahorntop. Was mich jetzt bei dieser Gitarre interessiert, ist, wie das im Vergleich funktioniert. Krautsters haben wir ja schon viele gebaut und da weiß ich ziemlich genau, was dabei herauskommt. Deshalb habe ich gesagt, bauen wir erst einmal eine mit Ahornhals und gucken dann mal. Demnächst werde ich für Treeme dann auch eine Limited Serie bauen, das werden Dolphins sein mit allem Zippzapp.

Die Firma Treeme will also durch demonstrativ vorgestellte Instrumente dieses Holz Gitarrenbauern nahebringen?

Genau! Es ist aber nichts Neues auf der Welt, Paulownia wurde auch außerhalb Chinas im Instrumentenbau schon eingesetzt. Ich hab z. B. auf der letzten Santa- Barbara-Show einen japanischen Gitarrenbauer gesehen, der Akustik-Gitarren komplett aus Paulownia gebaut hat – unfassbar leichte Instrumente. Die Treeme- Jungs hatten vorher schon zwei Instrumente von österreichischen Gitarrenbauern fertigen lassen, die ihr auch besprochen habt. Heinz Rebellius hat die getestet – sein Fazit: es fehlt an nichts! Wir werden jetzt also ein zweites Instrument nachlegen und der Anspruch von Treeme für die demnächst anstehende Dolphin- Serie ist auch, dass wir ohne jegliche Tropenhözer auskommen und definitiv alles aus Paulownia gemacht wird.

Nik Huber
Teilen einer Paulownia-Bohle (Bild: Franz Holtmann)

Was hast du persönlich denn im Vergleich zu deinen Standard-Krautsters gehört?

Na ja, es ist halt nicht dieses dicke Mahagonibrett, was wir ja auch nicht brauchen. Es wird alles sehr transparent, luftig, das ist eine wahnsinnig resonante Gitarre. Die ist schon trocken sehr laut und hat gar nicht mal so wenig Bässe. Wenn ich jetzt eine reine Les Paul Junior haben wollte, dann würde ich kein Paulownia nehmen, aber wenn ich nach einer frischen, tranparent klingenden und durchsetzungsstarken Gitarre suche, dann liege ich genau richtig. Also, ich bin jetzt schon sehr gespannt auf die Krautster mit Paulownia- Hals.

Du hattest ja die Krautster zuvor auch schon mit Cedro angeboten, nicht?

Ja, die bauen wir jetzt regelmäßig. Entstanden ist die Idee aus der Not, weil wir das Mahagoni nicht startklar hatten. Ich hatte aber Cedro und es war wahnsinnig leicht und es wurden extrem tolle resonante, superfederleichte Gitarren und die kamen wahnsinnig gut an. Dieses Potential unterstelle ich jetzt auch den Paulownia-Instrumenten, schon allein aus der Sympathie heraus, dass es so leichte Gitarren werden.

Ist denn dieser Mythos, der sich um leichtes Holz inzwischen gebildet hat überhaupt berechtigt? Was denkst du darüber?

Ich zitiere mal einen Telecaster- Kenner, der ganz viele Teles besessen hat und immer noch spielt: die ganz leichten sind gar nicht die Besten. Er nimmt nie die ganz leichten. Es ist natürlich sympathisch, eine leichte Gitarre zu haben, aber Gewicht als alleiniges Kriterium für eine Gitarre halte ich für Quatsch, denn eine Wahnsinnsgitarre bezieht sich wirklich auf viel mehr. Es gibt gute Gründe, eine schwergewichtige Les Paul zu spielen, keine Frage, die hat auch ihren Sound. Aber wenn ich persönlich vor dieWahl gestellt würde, 5 kg oder 3,5 kg, fiel meine Entscheidung, schon aus praktischen Gründen, zugunsten der leichteren 3,5 kg-Gitarre.

Wie stehst du zu hohen Aufpreisen, die inzwischen sogar für leichte Standardhölzer wie Erle verlangt werden?

Tatsächlich ist die Beschaffung von richtig leichten Qualitäten nicht nur bei der Erle extrem schwer geworden.Wenn das dann noch für einteilige Bodies reichen soll, wird es schon eng. Große Firmen können sowas seriell sowieso nicht anbieten und man bekommt dann im Custom-Gitarrenbau schon ein sehr besonderes Modell. Naja, das Thema wird jetzt gerade vielleicht doch etwas zu stark hochgespielt und die übertriebene Mythenbildung und Aufpreispolitik riecht manchmal schon etwas nach Geschäftsidee, aberman hat ja immer die Wahl.

Paulownia-Body
Anlegen der Schablone für Paulownia-Body (Bild: Franz Holtmann)

Deine vorgelegte Paulownia-Krautster mit Ahornhals wiegt jetzt auch nur noch 2,5 kg, mit Paulownia-Hals wird die dann ja noch leichter.

Ja sicher, da kannst du noch einmal ein paar Hundert Gramm abziehen. Ich möchte den Hals auch ohne Graphit-Verstärkungen machen, weil ich dem Holz das durchaus zutraue. Wir werden einen sehr effektiven Halsstab drin haben, einfach, gebogen eingelegt, aber auf zwei Wegen verstellbar. Ich sehe Paulownia überhaupt nicht als Kompromiss, sondern als vollwertiges, amtliches Tonholz für eine Gitarre, die durchaus ihren eigenen Charakter haben soll. Es muss auch keineswegs bei der Krautster bleiben, eine Rietbergen aus Paulownia könnte z. B. auch hochinteressant sein.

Schön auch die positiven Nebeneffekte von Paulownia, wie seine große Absorbierung von CO2, eine enorme Sauerstoffproduktion und die Nachhaltigkeit im Anbau.

Ich finde das ganze Thema mit all diesen tollen Aspekten interessant: dass es ein extrem nachhaltiges Holz ist, dass Bäume gepflanzt werden, die das Klima verbessern, dass wir keinen Regenwald abholzen, einfach gut. Aber auch diese Brücke, vom Surfbrett zur Gitarre, ist für mich extrem motivierend: quasi zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, auf beiden Feldern meine Ideen vorantreiben zu können. Und da ist dann auch noch diese nette Firma, die mir das Material zur Verfügung stellt und letztlich auch noch Arbeit gibt.

Nik Huber
Auch als Surfbrettbauer macht Nik Huber eine gute Figur. (Bild: Franz Holtmann)

Die Suche nach alternativen Tonhölzern ist natürlich auch Folge von immer strengeren Reglementierungen im Bereich der Tropenhölzer.

Die Notwendigkeit, Alternativen zu finden, wird natürlich mit jeder Form von für Hölzer beizubringender Papiere größer. Wenn ein Holz bedroht ist und es wird geschützt, finde ich das super! Die Reglementierung finde ich absolut richtig, wenn das dem Holz wirklich hilft – das ist aber leider nicht so. Es ist hanebüchen, was da mit dieser CITES-Geschichte läuft, welche Leute die Entscheidungen treffen und wie weit die von jeglicher Praxis entfernt sind. Wenn wir nur einen Bruchteil der Bäume vor den ständigen Brandrodungen in Brasilien herausholen könnten, wären wir für Jahrzehnte versorgt. Ganz abgesehen davon, dass beim Möbel- und Bootsbau längst nicht solch strenge Kriterien wie im Gitarrenbau angelegt werden. Wir jedenfalls haben extrem damit zu tun. Find ich nicht gut, wie das läuft, aber natürlich will ich jede Art von bedrohter Species, ob Fauna oder Flora schützen. Wenn es kein Mahagoni mehr gibt? Dann nehmen wir eben was anderes und werden Wege finden, toll klingende Gitarren aus Paulownia, Erle, Kirsche oder anderem, evtl. auch thermogetrocknetem, nachhaltigem europäischem Holz zu bauen.

Wann wird man die ersten Paulownia-Gitarren von dir öffentlich begutachten können?

Ich hoffe, auf dem Guitar Summit in Mannheim die erste Paulownia-Dolphin dabei zu haben. Die zweite Krautster bauen wir nun schon direkt, das ist aber auch ein Projekt außerhalb unserer Monatsplanung. Ich hab da einfach Riesenspaß dran, zu hören und zu forschen.

Spannendes Projekt, wir werden das weiter beobachten!


Infos zu Nik Huber:

www.nikhuber-guitars.com

Infos zu Paulownia-Tonholz:

www.treeme.com


(Aus Gitarre & Bass 06/2018)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Die Fender Brad Paisley Signature Telecaster aus der Road Worn Serie hat dieses Holz seit 2017 verarbeitet und wiegt unter 3 KG. Hervorragende Pickups, Potis, Nitrolack und Hölzer sorgen für ein erstklassiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Wenn man gleichwertiges oder besseres in Teleform haben möchte, muß man mindestens die AVRI-Serie oder gar Custom Shop Instrumente bemühen

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Ausführliches zum Thema findet sich auch auf dem Telecaster-Forum tdpri.com.

    links: http://www.tdpri.com/search/59751654/?q=paulownia&o=relevance&c%5Bnode%5D=46

    Paulownia ist dort schon seit Jahren im Gespräch und wird fleißig verbaut.

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. Paulownia zählt zu den Blauglockenbaumgewächsen.
    Seine Heimat ist Ostasien.
    Wie kann Holz das aus Asien importiert wird nachhaltig sein?
    Wie kann Holz von Bäumen die in europäischer Lage nicht einheimisch sind und als invasiv gelten,
    aber hier angepflanzt werden, nachhaltig sein?
    In der Schweiz gilt der Baum als invasiver Neophyt und steht auf einer Beobachtungsliste.
    Bei invasiven Arten ist zu befürchten das sie sich unkontrolliert ausbreiten und heimische
    Pionierarten verdrängen.
    Pionierbäume siedeln sich ohne fremde Einwirkung zB. als erstes auf kahl geschlagenen Waldstücken von allein an.
    Heimische Pionierarten sind die Birke und die Traubenkirsche um nur zwei zu nennen.
    Die Birke kann etliche Kilometer wandern, da ihr Blütenstaub weit vom Wind getragen wird.
    Stimmt es das Paulownia viel CO2 Speichert?
    Es ist bewiesen das schnellwachsende Bäume im Verhältnis zu langsam wachsenden Bäumen
    sehr viel weniger CO2 speichern (siehe Reichholf „Waldnatur“, und Peter Wohlleben „Das geheime Leben der Bäume“).
    Paulownia ist ein extrem schnell wachsender Baum.
    Gut, im Gitarrenbau wird im Holz das CO2 besser gespeichert, als in der Verbrennung, wo es zu 100% wieder freigesetzt wird.
    Der Ansatz ist falsch.
    Das die Forstwirtschaft daran interessiert ist Geld zu verdienen liegt auf der Hand – Forst und Wirtschaft.
    Das sie dabei seit Jahrhunderten ignoriert wie naturnaher Wald wirklich lebt, ertragen wir heute in Konsequenz als Teil des Klimawandels.
    Muss denn wieder der gleiche Unsinn, aber dieses Mal mit Planzen wie der Douglasie oder Paulownia, von vorn beginnen?
    Kiefer und Fichte haben sich als Reinfall erwiesen. Auch das ertragen wir heute als Teilunterstützer des Klimawandels.
    Es ist für mich ökologisch nicht vertretbar Paulowniaholz für den Instrumentenbau einzusetzen.
    Von Nachhaltigkeit kann überhaupt nicht gesprochen werden, wenn über dieses Holz gesprochen wird.
    Selbst die bereits in Brandenburg in Plantagen angebauten Exemplare Paulownia, haben zwar einen
    kurzen Transportweg, aber bitte, dieser Baum ist in Europa nicht autochthon.
    Wir haben alle Arten von Holz für den Gitarrenbau vor unserer Tür stehen.
    Erstklassigen Spitz-, Berg- und Feldahorn, leichte Esche, leichte Erle, hervorragende Fichte aus hohen Lagen, und dazu kurze Transportwege.
    Kontrolle über die Herkunft und Trocknung ist wesentlich.
    Kirsche, Apfel, Birne, Pflaume und andere Obstbäume aus unserer Region eignen sich hervorragend zum Gitarrenbau.
    In den 50er und 60er Jahren haben viele deutsche Gitarrenbauer bereits mit Buche und Birke experimentiert. Höfner, Hopf, Klira um nur einige zu nennen.
    Wer sich mit den heimischen Bäumen und ihrer Umgebung auskennt, kann vor Ort ernten und für den Nachwuchs sorgen.
    Das ist Nachhaltigkeit und unterstützt die Tradition im Gitarrenbau.
    Leo Fender hat nachweislich das Holz genutzt das vor seiner Tür stand.
    Ahorn und Esche, später die Erle, aber aus uralten Beständen. Aus rationalen Gründen und Bearbeitungskriterien.
    Dieses Holz existiert nicht mehr, aber vor unserer Tür in Deutschland stehen Bäume mit dem gleichen Alter.
    Lets go,
    GUITARDOC, Lutz Heidlindemann

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