Der .strandberg Boden Bass Standard ist als kompromissloses Instrument gedacht, das auch allerhöchsten Ansprüchen genügen soll. Mit einem Gewicht von deutlich unter 3 kg, seinem extravaganten Design und einem überaus exotischen Halsprofil präsentiert sich der Bass jedoch alles andere als standardmäßig oder bodenständig.*
In der Gitarrenwelt ist .strandberg* inzwischen ein Name mit Gewicht. Das ergonomische Design erfreut sich vor allem, aber längst nicht nur im (Prog)Rock bei Acts wie Plini, Haken und Porcupine Tree großer Beliebtheit. Auch über die Bands von Gwen Stefani, Jacob Collier oder Steve Vai finden die Instrumente des schwedischen Unternehmens ihren Weg in den Mainstream und auf die Bühnen dieser Welt.
Grund genug, sich mit eigenen Augen und Händen einen Eindruck von den Qualitäten dieses extravaganten Designs zu machen und zu prüfen, ob auch der Tieftöner dem guten Ruf gerecht wird.
FUNKTION TRIFFT ÄSTHETIK
Geliefert wird der Boden Bass Standard in einem sehr flachen und kompakten, aber sehr robust wirkenden Gigbag. Auffällig ist dabei sofort, dass die Kombination aus Bass und Gigbag in etwa so viel wiegt, wie mancher Bass ohne Umverpackung. Das Gigbag ist so aufgebaut, dass es auch ohne Instrument von selbst steht und der Bass schnell entnommen werden kann, ohne dass die Tasche vollständig geöffnet werden muss.
Wenn man durch den Reißverschluss greift, um den Bass ans Tageslicht zu befördern, fühlt es sich aufgrund des geringen Gewichts ein wenig so an, als würde etwas fehlen. Das Auspacken fühlt sich so beinahe etwas surreal an. Laut Hersteller bringt der Bass etwa 2,7 kg auf die Waage. Ein Wert, den meine hoch wissenschaftlich eingesetzte Küchenwaage zu bestätigen weiß.
Dieser Wert ist in meinen Augen nichts anderes als phänomenal und nein, Saiten, Tonabnehmer und Mechaniken müssen nicht erst noch montiert werden. Dieses Gewicht wird im betriebsbereiten Zustand erreicht. Das ist natürlich nur dank der enorm kompakten Konstruktion des Korpus möglich. Im Gegensatz zu den Entwürfen manch anderer Hersteller wurde die optische Gefälligkeit dabei aber nicht radikal hintenangestellt.
Es ist .strandberg*, zumindest in meinen Augen, gelungen, eine absolut stimmige Symbiose aus Design und Funktionalität zu entwerfen. Von einem Kompromiss möchte ich hier nicht sprechen, denn es kommt weder das eine noch das andere zu kurz.
Die verwendeten Materialien sind dabei fast schon banal: Hals und Griffbrett sind aus geröstetem Ahorn gefertigt, wobei der Hals zusätzlich mit Walnuss und Carbon versteift ist. Beim Korpus kommt dunkel lackierte Linde zum Einsatz, die mit einem sehr ansprechenden Furnier aus hellem Riegelahorn verziert ist. Die Maserung ist dabei nicht markant hervorgehoben. So weist die Decke nur einen dezenten, an Perlmutt erinnernden Schimmer auf, was mir persönlich gut gefällt.
(Bild: Strandberg)
In Kombination mit der schwarzen Hardware ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild, bei dem die Konstruktion selbst für ausreichend Blickfang sorgt. Für alle, die es noch etwas dunkler mögen, gibt es das Modell „Charcoal”, das grau gebeizt ist. Extravagante Farbkombinationen bleiben zumindest vorerst den Gitarrenmodellen vorenthalten.
ERGONOMIE IM FOKUS
In der Einleitung erwähnte ich ein besonderes Halsprofil. Auf den ersten Blick mag das vom Hersteller „EndurNeck” getaufte Profil befremdlich oder gar abschreckend wirken. Kein Wunder, sind wir über die Jahrzehnte und Jahrhunderte doch darauf konditioniert worden, dass Hälse im Querschnitt mehr oder weniger runde Halbkreise zu sein haben. So ein Kantholz wirkt dann doch etwas befremdlich.
Ola Strandberg ist irgendwann jedoch aufgefallen, dass unser Daumen dieser Form gar nicht entspricht, wir legen schließlich nicht das Daumengelenk als Hauptauflagepunkt an den Hals, sondern die Kuppe. Durch das absolut flache Auflageprofil verteilt sich der Druck auf den Daumen deutlich gleichmäßiger als es bei einem runden Halsprofil der Fall ist. D-Profile verfolgen einen ähnlichen Ansatz, das EndurNeck-Profil legt aber noch drei Schippen obendrauf.
Die Daumenauflage erfährt entlang des Halses eine Verschiebung und führt Daumen und Hand so in eine ergonomische Haltung. Sowohl die „akademische” Handhaltung, bei der Daumen und Mittelfinger ungefähr auf einer Höhe liegen, als auch das entspannte Ablegen des Daumens parallel zur Halsrichtung sind nach einer kurzen Gewöhnungszeit von wenigen Minuten äußerst angenehm. Der Plan geht auf.
(Bild: Strandberg)
Dass der tiefe Cutaway uneingeschränkten Zugriff auf alle Bünde bietet, muss wohl höchstens am Rande erwähnt werden. Die Bünde selbst sind relativ flach und an den Kanten ausreichend abgerundet. Gemessen am Preis könnten die Bundkanten noch etwas angenehmer sein, aber wirklichen Grund zur Bemängelung gibt es eigentlich nicht.
Ab Werk ist das Setup für meinen Geschmack bereits perfekt. Wer höhere Saitenlagen bevorzugt, muss aber wohl nachjustieren. Im Auslieferungszustand schweben die Saiten gerade so über den Bünden, und das, ohne bei normal starkem Spiel zu schnarren. Insgesamt liegt die Verarbeitung auf einem sehr hohen Niveau.
Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass der Halsfuß etwas aus dem Body heraussteht. Ich vermute(!), dass Shimming hier als Ursache zu suchen ist und die kleine Kante bei jedem Exemplar etwas anders ausfallen wird. Bei einem Instrument, für das im günstigsten Fall 2500 Euro fällig werden, je nach Farbe und Saitenzahl noch mehr, hätte ich mir etwas geringere Toleranzen gewünscht. Wäre dieses Detail nicht, gäbe es so gut wie keine Indizien darauf, dass der Bass aus fernöstlicher Serienfertigung stammt. Meckern auf hohem Niveau.
Gravierende Gründe zur Beanstandung gibt es nicht. Der Boden Bass spielt sich wie von selbst und bietet über alle Lagen ein konsistentes Spielgefühl.