Stomp Amp

Test: Orange Terror Stamp

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(Bild: Dieter Stork)

Der auf der NAMM 2020 neu vorgestellte Orange Terror Stamp ist quasi zum Zeitpunkt dieses Tests noch die orangene Mauritius unter den Gitarrenverstärkern, dürfte allerdings alsbald in vielen Läden in der Neuheiten-Ecke zu finden sein. Fragt im stationären Fachhandel, denn so viel vorweg – es wird sich lohnen, diese kleine Kiste anzuspielen.

Die 1968 gegründete und in Borehamwood, Hertfordshire UK ansässige Firma Orange Amplification ist spätestens seit der Erfindung des Lunch-Box-Amps nicht nur bei der Stoner-Rock, Seventies-Retro oder Schwermetall spielenden Fraktion total angesagt, sondern konnte sich im letzten Jahrzehnt zum absoluten Schwergewicht in der Branche mausern. Das allerdings eben nicht ausschließlich wegen der markanten Farbgebung der Orange Verstärker, sondern vielmehr aufgrund der zunehmenden Popularität von Kleinstverstärkern in Vollröhrenbauweise.

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Der erste, typische Lunch-Box-Amp in kleinem Metallgehäuse war nämlich der im Jahre 2006 vorgestellte Orange Tiny Terror und dieses Konzept wurde dann recht zeitnah von sehr vielen Mitbewerbern kopiert. Plötzlich schien es für nahezu jeden Hersteller obligat zu sein, einen kleinen Amp – oftmals auch in eben diesem Lunch-Box-Gehäuse aus Metall – im Sortiment zu haben.

Dieser Trend ist seitdem nahezu ungebrochen und auch heutzutage, fast anderthalb Jahrzehnte später, scheint das Kaufinteresse an kleinen, leichten Verstärkern nicht abgenommen zu haben, sodass Orange auch weiterhin in der Produktion und Sortimentsgestaltung ein Augenmerk auf diese Bauform hat.

(Bild: Dieter Stork)

Der schon seit 2012 recht populäre Orange Micro Terror, ein Hybridverstärker mit Röhrenvorstufe und 20 Watt Transistorendstufe stand vermutlich Pate für unseren Testkandidaten.

DIE ÄUSSEREN WERTE

Flach wie eine Briefmarke (um das Wortspiel aufzugreifen) ist der Stamp bei Weitem nicht und tatsächlich erinnern die Abmessungen des Gehäuses eher an einen Stapel Briefumschläge. Dennoch ist der Stamp angenehm klein und mit nicht einmal vierhundert Gramm ein echtes Leichtgewicht.

Das mitgelieferte, externe Netzteil ist leider eher von der größeren Sorte und dafür gibt es einen kleinen Abzug in der B-Note von mir. In diesem speziellen Fall scheint es allerdings zumindest im Kontext einiger Pedalboards Sinn zu ergeben, das Netzteil nicht auch noch in das Gehäuse des Verstärkers zu integrieren, kann man so doch ganz einfach den Amp auf dem Pedalboard und das Netzteil unter dem Board befestigen, sofern man denn dort Platz findet. Dieses zweiteilige Konzept kann also effektiv Platz einsparen.

BEDIENELEMENTE UND FUNKTIONEN

Der Stamp ist wirklich übersichtlich gestaltet. Zwei Volume-Regler, zwischen denen man per Fußtaster hin und her schalten kann um einen Lead Boost zu bewirken, ein Shape-Regler, wie man ihn aus dem Dark Terror, oder auch Micro Dark kennt und ganz rechts noch einen Gain-Regler – das war’s.

IST DER LAUT!

Schon ab der ersten Sekunde wundere ich mich über die konservative Leistungsangabe des Herstellers. Der kleine Stamp drückt mit den angegebenen 20 Watt an einer Marshall oder Orange 4×12er-Box mit Vintage-30-Speaker enorm.

Sogar 2×12er scheinen hier für eine ordentliche, im Proberaum durchaus nutzbare Lautstärke zu reichen. Da habe ich in der Vergangenheit schon vermeintliche 200 Watt leistende Class-D-Endstufen gehört, die nicht so druckvoll waren. Natürlich sind das keine 50 Watt Vollröhre – die von mir bevorzugte, traditionelle Endstufe mit genau passender Leistung für Rock- und Metal-Sounds, aber dennoch würde ich mir Chancen ausrechnen, mit diesem kleinen Verstärker im Band-Kontext zumindest hörbar zu sein.

Der Shape-Regler ermöglicht es, im Zusammenspiel mit Gain und Volume-Steller eine großzügige Auswahl an Basissounds einzustellen. Von beinahe unverzerrt mit leichter Übergangszerrung über Classic-Rock bis hin zu Stoner Metal oder, sofern gewünscht, brutaleren Spielarten ist hier im Knopfumdrehen alles machbar. So gutmütig und variabel wie hier beim Stamp ist die Wirkungsweise des Shape Reglers nicht einmal im Dark Terror und die Gain-Reserven des Stamp sind so großzügig, dass man sogar mit leicht gewickelten Singlecoils moderne Metal-Spielarten realisieren kann.

Ein Verstärker im Pedalboard-Format muss selbstverständlich im Zusammenspiel mit anderen Pedalen möglichst optimal funktionieren und gerade in dieser Disziplin hatten Orange Produkte bisher leider den Ruf, dass die Amps nicht sonderlich musikalisch mit traditionellen Fuzz-Pedalen klingen.

Anders beim Stamp – hier kann ich mit Germanium Treble Boostern und Fuzz-Pedalen aussagekräftige Sounds erstellen. Die Vorstufe quittiert selbst heftige Lautstärkeanhebungen über 20 Dezibel mit gutmütiger Verzerrung und angenehmer Coloration in den oberen Mitten. Vermutlich profitiert hier das Produkt auch von der technisch völlig anders realisierten negativen Gegenkopplung einer Transistorendstufe.

Der serielle Einschleifweg funktioniert ebenfalls recht neutral und bleibt weitestgehend übersteuerungsfest bis zu dem Punkt, ab dem sich dann eben die Endstufe bei Proberaumlautstärke in das Klangbild einmischt. Hier erwarte ich ob der Konstruktion aber auch keine Wunder und bin froh über den zweiten Master-Volume-Regler, denn mit diesem lässt sich dann das letzte Quäntchen Lautstärke aus dem Stamp herauskitzeln.

Negativ fällt einzig und allein der Klang des Kopfhörerausgangs aus. Hier scheint Orange dann leider doch den Rotstift angesetzt zu haben und arbeitet vermutlich mit simplen Filtern erster Güte um ein paar Höhen und Bässe zu beschneiden. Das klingt leider nicht nach Lautsprecher, wird aber in dieser Preisklasse auch von den Mitbewerbern selten wirklich besser gelöst.

Orange Terror Stamp(Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Sehr kleine und leichte Verstärker, die mit Klettband direkt auf dem Pedalboard befestigt werden können, gibt es gar nicht so viele. Electro-Harmonix hat mit dem Magnum 44 Pedalboard-Power-Amp eine vermeintlich clevere Alternative im Sortiment, die laut Herstellerangabe eben gut 40 Watt Leistung abgeben soll. Allerdings ist der Magnum 44 lediglich eine Endstufe und zudem stellte sich im Vergleich mit dem Orange Stamp heraus, dass der Stamp an vier Vintage-30-Speakern tatsächlich lauter und druckvoller klingen kann.

RESÜMEE

Mit dem Orange Terror Stamp ist dem Hersteller ein großer Wurf gelungen und vermutlich wird sich dieses pragmatische Helferlein demnächst auf etlichen Pedalboards wiederfinden. Ob als Ersatzverstärker, falls mal der eigene Röhren-Amp nicht zur Verfügung steht, als zweite Klangfarbe zum Bi-Amping oder als ständige Lösung für Proben und kleine Clubshows. In all diesen Disziplinen punktet der Stamp und das zu einem Anschaffungspreis von unter € 200. Volltreffer.

PLUS

  • sehr gut klingender Hybridverstärker
  • klassische Orange-Klangfarbe
  • Dynamik und Transparenz der Sounds
  • geringes Gewicht

MINUS

  • großes Netzteil
  • Klang des Cab-Sim-Out

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 1/2023 Digital
Gitarre & Bass 1/2023 Digital
Im Test: Mooer GTRS W 800 WH Headless +++ Soldano Super Lead Overdrive Pedal +++ Epiphone Noel Gallagher Riviera +++ Fender American Vintage II 1975 Telecaster Deluxe +++ LTD Phoenix 1000 Fishman +++ Orange Sustain, Distortion & Phaser +++ Ibanez Tom Quayle Signature +++ Maestro Sustainer, Envelope Filter, Phaser, Tremolo +++ Fender American Vintage II 1960 Precision Bass +++ Eventide H90 Harmonizer

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