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Test: Maybach Little Wing

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(Bild: Dieter Stork)

Das Maybach-Modell Little Wing tritt mit jeder Menge Retro-Mojo an und wächst dank stimmiger Konstruktion und bester Zutaten mit klanglicher Finesse weit über seine zierliche Gestalt hinaus. Ready for Take-Off?

Maybach, in erster Linie bekannt für seine traditionell ausgerichtete Modellpolitik, hat sich in den letzten Jahren – und nicht zuletzt durch die Kooperation mit Nick Page – einen richtig guten Ruf in der Szene erworben. Die in hohem Fertigungsstandard in Tschechien erstellten und stets mit hochwertiger Elektrik ausgestatteten Instrumente etablieren sich zunehmend stärker am Markt. Nicht billig, aber immer preiswert verdienen die höchst interessanten Maybach-Produkte, wie die hier vorgestellte Little Wing, unser aller Aufmerksamkeit.

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VORFLUGKONTROLLE

Die Little Wing erinnert in der Cutaway-Version schon an die Gibson Les Paul, auch wenn ihre Korpusdimensionen etwas geringer ausfallen. In der Länge haben wir mit 44 cm vom Halsansatz bis zum Gurtpin gemessen sogar eine Übereinstimmung, lediglich die Maße oberhalb und unterhalb der Taille sind in der Korpusbreite um rund 1 cm reduziert. Basis für den Body bildet bei der Little Wing aber ein ausgefräster Mahagoni-Block, dem ein massiver Mittelteil und gut breite Zargen belassen blieben.

Hübsche f-Löcher in der Ahorndecke betonen die semiakustische Konstruktion (Bild: Dieter Stork)

Die plane Decke des Testmodells aus geflammtem Ahorn mit stilvoll geschnittenen f-Löchern wurde darauf platziert. Natürlich gibt es das Modell aber auch mit Arched Top, also mit einer gewölbten Decke – etwas teurer, versteht sich. Die Rückseiten und die Zargen des Instruments sind schwarz lackiert, die Decke dagegen erstrahlt in einem attraktiven Havanna Burst. Der Hals aus Mahagoni ist in Höhe des 16. Bundes mit Long Tenon großflächig bis unter den Hals-Pickup reichend in den Korpus eingesetzt, das Griffbrett aus Ebenholz verfügt über 22 kantenglatt abgerichtete mittelstarke Bünde und Dot-Inlays zur Lagenkennung.

Die mit nur wenig Winkel herausgeführte durchbrochene Kopf platte (Larson-Style) mit eingelegtem Maybach-Logo ist mit drei links, drei rechts seitlich montierten Open-Gear-Mechaniken von Kluson in Nickelausführung ausgestattet. Zwischen dem akkurat bearbeiteten Knochensattel und einer TOM-Bridge (Nashville-Style, Messing) mit Stoptail aus Aluminium schwingen die Saiten mit einer Mensur von 630 mm.

Fensterkopfplatte mit Maybach-Inlay (Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Die Maybach Little Wing ist mit zwei PAF-Style „Spirit of ’59“-Humbuckern von Amber Pickups ausgestattet, welche von je zwei Volume- und Tone-Reglern (CTS-Pots) mit stilvoll angepassten goldenen TopHat-Knöpfen kontrolliert und mit einem unterhalb der Bridge auf die Decke positionierten 3-Way-Toggle (Switchcraft) konventionell angewählt werden. Das mit Nitrocellulose versiegelte Instrument wurde einem leichten Aging-Prozeß unterzogen und zeigt dezente Lackrisse. Geliefert wird Little Wing in einem schönen, festen Case mit floralem Bezug und grünem Interieur.

STARTFREIGABE

Die kleine Maybach ist ein richtiges Spielzeug, aber im besten Sinne des Wortes: Man nimmt sie einfach gerne in die Hand und hat Spaß mit ihr. Der rundliche Hals ist mit „59 Fat Neck“ gut beschrieben (erhältlich ist das Modell auch mit 60s-SlimTaper-Profil). Bei gut 43 mm Sattelbreite füllt dieser sich, im Gegensatz zum zierlichen Korpus, sehr erwachsen gebende Hals die Hand schon gut, ist aber derart gefällig geschnitten, dass keinerlei Gefühl von klobig oder unkomfortabel eintritt. Im Gegenteil: Alle Techniken gehen locker von der Hand, nicht zuletzt natürlich auch wegen der perfekt gemachten Bundierung und des professionellen Setups. Auch in Sachen Ansprache, Intonation und Tonlänge gibt es über das gesamte Spektrum hinweg keinerlei Klagen.

Das Klang-Design des Little-Wing-Modells ist nicht unerheblich von seiner semiakustischen Bauweise geprägt. Will meinen, es tönt schon akustisch angespielt kraftvoll, harmonisch bestens abgestimmt und recht laut. Saitentrennung? Perfekt! Ansprache? Schnell! Sustain? Beachtlich! Klangausdruck? Offen, knackig und frei! Gehen uns jetzt die Adjektive aus? Also weiter – Verstärker läuft: Die elektrischen Widerstände der Amber-Humbucker von Wolfgang Damm liegen mit 7,6 kOhm am Hals und 8,4 kOhm in der Stegposition im erwarteten Rahmen und geben der Little Wing eine starke verstärkte Stimme.

Kongeniale Spirit-of-59-Humbucker von Amber Pickups (Bild: Dieter Stork)

Der Hals-Pickup erweist sich als rund und warm und weich, dabei aber wunderbar klar zeichnend, also im besten Sinne mellow clean. Melodisches Spiel ist jazzy und lockend. Kein altmodischer Box Tone, eher ein Geschmack von Holz, was sich mit etwas mehr Gain dann auch zu etwas trocken dunkel Raunendem von starkem Charakter hochfahren lässt. Sehr schön rund und definiert entfaltet sich im Overdrive der gehaltene Ton, lässt Obertöne sanft einschweben. Der Ausdruck ist von vokaler Kraft, mit dem kundig geführten Plektrum lassen sich Melodien facettenreich und dynamisch gestalten.

Gehen wir auf den Steg-Humbucker, so schalten wir quasi das Fernlicht an. Der Ton springt vor, gewinnt enorm an kompakter Dichte und Präsenz. Mit diesem Sound machen wir ein ganz anderes Fass auf – aber Hallo! Bissig und schnell kommt der Ton auf den markant herausgestellten Anschlag hin, reißt perkussiv auf, drängt vor. Sehr funky und picky bei klar eingestelltem Verstärker, brennt er bei angehobenen Zerrstellungen lichterloh die Hütte ab. Im Gegensatz zum Kollegen da im kühlen Norden ist dieser heiße Südländer mehr so von der Sorte Sturm & Drang. Pointiert in der Darstellung, markant im Attack-Verhalten und bei gehaltenen Noten obertonsatt voranstürmend, da zahlt sich die semiakustische Bauweise aus, die dem Ton Flügel verleiht – ah, Little Wing (ganz groß)!

Aller guten Dinge sind drei und diesem Spruch verleiht die Kombination beider Amber-Pickups nachdrückliche Bedeutung. In einem tollen Ausgleich zwischen den in dieser Gitarre überraschend unterschiedlich zur Geltung kommenden „Spirit of ’59“-Pickups präsentiert sich in der Mittelstellung des Schalters dann noch ein offen aufblühender Sound mit schlank und klar zeichnendem Bass, weniger präsenten Mitten, dafür aber regelrecht aufjauchzendem Höhenglanz. Das perlt ganz wunderbar und verliert seinen Reiz auch ganz und gar nicht in höheren Crunch- und Gain-Positionen.

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