Ein sehr gut klingendes Gerät für einen echt guten Preis

Test: Line 6 Pod Go

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(Bild: Dieter Stork)

Mit der Helix-Serie ist Line 6 in puncto Sound und Features ein großer Wurf gelungen. Nun wird der etwas in die Jahre gekommene Name „Pod“ wiederbelebt. Der Pod Go soll das Angebot gekonnt nach unten abrunden. Ob das klappt?

Im Gegensatz zu älteren Pod-Generationen zeichnet sich die Helix-Reihe ja insbesondere durch komplett neue Algorithmen aus, die in unseren bisherigen Tests immer sehr gute Klangergebnisse lieferten. Zunächst ist es also etwas verwirrend, dass nun wiederum der Name Pod ins Spiel kommt. Doch unter der Haube verbirgt sich waschechte Helix-Technologie. Diese ist in eine praktische Form gegossen und wird hier verhältnismäßig günstig angeboten. Was bleibt dabei wohl auf der Strecke?

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HARDWARE

Die Verpackung des Pod Go ist bereits etwas weniger schick, als das bei den Helix-Brüdern der Fall ist. Soweit aber kein Problem, die landet ja eh sofort im Keller. Neben dem Gerät findet man hier ein USB-Kabel und natürlich ein externes Netzteil. So kann man direkt loslegen.

Das Gerät selbst ist mit seinen etwas über 2 kg erstaunlich leicht. Und so verwundert es auch nicht weiter, dass die Ingenieure von Line 6 sogar noch die Möglichkeit gefunden haben, auf der Unterseite eine Art Griffmulde unterzubringen. So kann man den Pod bei Bedarf noch mal ein Stück einfacher herumtragen. Auch anschlussseitig zeigt sich die Limitierung aufs Wesentliche: Wer MIDI, ein Mic-In, Digitalausgänge oder einen Variax-Anschluss benötigt, der muss zum großen Bruder greifen. Es ist aber nicht so, als würde hier etwas Essenzielles fehlen: Neben dem Input und dem Anschluss für ein weiteres (Expression-)Pedal findet sich ein Stereo-FX-Loop, ein Dual-Mono-Main-Out, Amp-Out und ein Kopfhörerausgang. Alles in Klinke ausgeführt. Daneben liegen USB-Anschluss und sogar ein Power-Schalter.

(Bild: Dieter Stork)

Wenn man ehrlich ist, findet sich hier also vermutlich alles, was etwa 90% der Durchschnittsgitarristen so brauchen und auch nutzen. Insbesondere, dass sogar ein Stereo-Effektweg integriert ist, sollte hervorgehoben werden. Das erweitert die Möglichkeiten natürlich sehr deutlich und wird später noch spannend, wenn wir uns entscheiden müssen, welche Blocks in ein Preset kommen.

Die Front des Geräts kommt sehr aufgeräumt daher. Das 4,3″ große Farbdisplay ist der Dreh- und Angelpunkt. Es stellt immer gut ablesbar und sinnvoll gestaltet die Informationen dar, die man sich wünscht. Sei es die Übersicht über Patches, welche Effekte auf welchem Fußschalter liegen oder auch die Parameter beim Editieren eines konkreten Blocks. Letztere werden immer in Fünfergruppen dargestellt und lassen sich direkt durch die Potis unterhalb des Displays bedienen. Direktzugriff sozusagen. Diese könnten zwar etwas schwergängiger sein, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Und wenn man mal mehr als fünf Dinge regeln will, kann man mit den „Page“-Tastern rechts einfach weiter schalten. Was man aktuell sieht, wird durch den View-Taster bestimmt und mittels Action-Button löst man unterschiedliche Aktionen aus. Sehr praktisch finde ich auch den großen Lautstärkeregler an der Front, der sich zur Not zuhause auch mal in Socken bedienen lässt. Hier vermisse ich allerdings ein wenig die vom Helix bekannte, separate Steuerung für die Kopfhörerlautstärke. Alle Buttons wirken etwas weniger solide als ich es vom Helix in Erinnerung habe und bitten jetzt nicht unbedingt um Fußtritte im Bühnenalltag. Sie liegen aber weit genug außerhalb der Schusslinie, sodass ich mir da keine ernsthaften Sorgen mache.

Auf der unteren Hälfte der Front finden sich die acht Fußschalter, welche von LED-Ringen umrandet werden und so je nach Preset darstellen können, mit welchem Effekttypus sie gerade belegt sind. Auf der rechten Seite findet sich dann noch das Expression-Pedal, welches einen sehr angenehmen und distinkten Druckpunkt bietet, um zwischen Wah und Volume (beziehungsweise anderen Effekten) umzuschalten.

Das Pedal ist voll durchgedrückt, wenn es in einer Linie zur leicht schrägen Front des Gehäuses steht. Dadurch ergibt sich für mich persönlich ein etwas unangenehmer Winkel, aber das mag persönliche Anatomie sein.

Fassen wir zusammen: Ein Helix ist hochwertiger und bietet mehr Anschlüsse. Aber braucht man die wirklich? Und wie viel Geld will man für Scribble-Strips (so nennt Line 6 die kleinen Displays über einzelnen Fußschaltern, welche je nach Belegung verschiedene Dinge anzeigen können) ausgeben? Soweit aus meiner Sicht eine sehr gute Marktpositionierung des Pod Go durch die Produktmanager von Line 6. Setzt sich dies bei der Software so fort?

AMPS, EFFEKTE & SOFTWARE

Klar: Hier haben wir es mit echten Helix-Algorithmen zu tun. An der Stelle wurde auf jeden Fall nicht gespart. Wie kann das Gerät dann sogar günstiger als der HX Stomp sein? Nun, wenn man neben den Sounds auch auf die Routings und die Bedienung schaut, ergeben sich schon einige Unterschiede. Während man bei den Helix-Produkten zwar unterschiedlich viel Rechenleistung und damit auch Blöcke zur Verfügung hat, ist man im Routing doch ziemlich frei. Beim Pod Go hat man dagegen eine grundlegend semi-statische Signalkette, welche immer Folgendes enthält: Ein Wah, ein Volume, einen Amp (oder Preamp), ein Cab (oder eine Impulsantwort), einen Preset-EQ und den Effektloop. Soweit so statisch. Auf die übrigen Plätze darf man dann vier zusätzliche Effekte verteilen und diese Elemente auch umherschieben.

Somit ist klar: Mal hier abzweigen, mal dort ein Delay parallel zur Hauptsignalkette… all das ist hier nicht möglich. Der Nachteil: Die Flexibilität geht verloren. Der Vorteil: Hier muss niemand Angst haben, sich in endlosem Tweaking zu verlieren. Die grundlegende Signalkette steht, und wenn ich lieber ein anderes Drive hätte, dann tausche ich das eben aus. Was aber natürlich auch auffällt: Wenn ich nie im Leben ein Wah benutzen will, hängt dennoch immer eins in meinen Presets. Auch als reines Effektgerät (ohne Amps und Cabs) ist in den allermeisten Fällen wohl das HX Effects die bessere Wahl.

Wer möchte, kann sich die Pod-Go-Edit-App auf dem PC oder Mac installieren. Mit ihr ist es möglich, die Presets am größeren Bildschirm zu bearbeiten und zu speichern. Ebenso wird sie benötigt, um die Firmware upzudaten oder eigene Impulsantworten auf das Gerät zu spielen. Und wenn man mal ehrlich ist, sind die beiden letzten Argumente eigentlich die einzig guten. Ich habe in meiner Testphase jedenfalls nur die Oberfläche des Gerätes genutzt, um Presets zu bauen oder zu ändern. Das geht, selbst ohne Manual, so wunderbar intuitiv, dass ich die meiste Zeit keinen Grund sah, meinen Rechner überhaupt einzuschalten. Als kleines Goodie kann ich aber die Homepage von Ben Vesco (www.benvesco.com) empfehlen. Dort kann man sich die json-Dateien herunterladen, um sich die Namen der Modeling-Vorbilder anzeigen zu lassen. Aus einem „Minotaur“ wird damit beispielsweise der „Klon Centaur“.

Seit dem letzten Test eines Helix-Gerätes gibt es bereits weitere generelle Updates und neue Modelings. Allein im letzten Helix-Update sind beispielsweise der Revv Gen Purple Amp, zwei neue Cabs und sechs neue Effekte dazugekommen. Ein Helix-Update ist zwar nicht direkt ein Pod-Go-Update, dennoch stehen die Modelle uns hier auch zur Verfügung.

(Bild: Dieter Stork)

KLANG UND BEDIENUNG

Und es klingt nach: Gar nichts. Hä? Korrekt angeschlossen? Ja. Lautstärke aufgedreht? Ja. Gitarre und Kabel in Ordnung? Ja. Keine Idee mehr … Vielleicht einfach mal neu starten. Und siehe da, auf einmal erwacht der Pod nicht nur optisch zum Leben. Nun erklingen endlich die erwünschten Sounds. Bevor wir auf diese genauer eingehen: Die 1.0er-Software des Pod Go war nicht so berauschend. Daher möchte ich hier anmerken, dass das vorliegende Gerät bereits mit der Version 1.10 ausgeliefert wurde. Zitat aus den Release Notes: „Bug fixes: Lots. Seriously lots“. Allerdings wird auch erwähnt, dass es noch einige „known issues“ gibt. Da mein initiales Problem während des Tests nie wieder aufgetreten ist, bin ich geneigt das zu vergessen …

Wenn das Gerät aber erstmal läuft, ist es wirklich toll. Die Bedienung ist kinderleicht und entweder durch Presets zu steppen oder Effekte ein- und auszuschalten muss einem niemand erklären, das ergibt sich ganz natürlich. Und tatsächlich sind auch die Presets bereits sehr brauchbar abgestimmt. Bei anderen Tests verfalle ich oft ziemlich schnell ins Tweaken, lade eine Impulsantwort aufs Gerät oder Ähnliches. Hier nicht.

Einfach mal schauen, welches Preset grob passen könnte und dann fühlt man sich meist auch schon sehr wohl. Wenn man dann doch etwas mehr Mitten vom Amp will, ist der Regler dazu direkt vorhanden. Neben meinen alten Favoriten (siehe Helix-Tests auf www.gitarrebass.de) wie dem Stone Age 185 gefallen mir tatsächlich die erst später hinzugekommenen sehr gut, wie der bereits genannte Revv, aber auch der PRS Archon oder der Ben Adrian Cartographers.

Oft holen Impulsantworten ja nochmal eine ganze Menge raus, hier bin ich aber mit vielen Stock-Cabs schon ziemlich zufrieden. Auch bei den Effekten hat sich einiges getan und es gibt so herrliche Neuerungen wie das Xenomorph Fuzz, das vom Subdeca Harmonic Antagonizer inspiriert ist. Das ist mal ein Sound. Gepaart mit der Orange-Simulation und einem Reverb könnte ich damit vermutlich ganze Gigs spielen.

Generell sind alle Effekte auf einem sehr hohen Niveau. Auch das eher schwierige Pitch-Shifting funktioniert gut und macht dank des integrierten Expression-Pedals viel Spaß als Whammy-Effekt. Klingt hier alles so gut wie bei einem Axe-Fx? Die Frage muss man stellen, aber sie wird immer schwieriger zu beantworten. Ich glaube, so ganz ist der Pod noch nicht da, aber bis das FM3 auf dem Markt ist, vergleichen wir hier auch ein Gerät für unter € 500 mit einem für knapp € 2600.

WELCHES HELIX DARF ES SEIN? ODER DOCH WAS GANZ ANDERES?

Wie erwähnt, stellt der Pod eine gelungene Erweiterung des Helix-Fuhrparks dar, differenziert sich aber schon im Namen etwas vom Rest. Welches Gerät soll man nun kaufen? Eigentlich gar nicht so schwer: Hast du hohe Ansprüche an den Sound, aber nicht unbedingt an die Anschlüsse oder den Wunsch nach komplexen Signalketten? Pod Go. Hier ist man in der Anzahl der Blöcke limitiert, aber der externe Effektweg kann perfekt dafür genutzt werden, sich wieder etwas Platz zu verschaffen und das Lieblingspedal weiter zu nutzen, welches man ohnehin nicht verkauft hätte. Wenig Platz auf dem Board, aber das Schweizer Taschenmesser fehlt noch? HX Stomp.

Eigentlich willst du nur Effekte? HX Effects. (Hätte der Pod Go dessen Formfaktor und die Scribble-Strips, wäre er bei mir geblieben.) Du willst maximales Routing, aber was ich gerade mit den Scribble-Strips meinte, ist dir einfach nicht klar? Helix LT.

You want it all? Helix. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass der letzte Pod der HD500X war. Der war auch cool, ist aber einfach nicht mehr zeitgemäß. Ebenso muss ich sagen, dass ich nur in ganz speziellen Situationen (du musst unbedingt einen Drum-Computer an Bord haben?) ein Mooer eher empfehlen würde. Ein spannender Gegner wird sicher das Fractal Audio FM3. Aber bestimmt auch mindestens doppelt so teuer.

RESÜMEE

Teufelchen: Eingeschränkte Anschlüsse und eingeschränkter Signalweg. Engelchen: Na und? Spitzensound. Alles Sinnvolle dabei, bis auf wenig Spezialkram.

Die Wahrheit: Beides natürlich. Ich bin mir sicher, dass dieses Gerät ganz viele Gitarristen sehr glücklich machen kann. Absolut betrachtet, hat man hier ein sehr gut klingendes Gerät für einen echt guten Preis. Dazu ist es auch noch leicht, klein und bekommt gratis Updates mit neuen Funktionen. Runde Sache und für alle die bisher kein Ausschlusskriterium gefunden haben eine ganz klare Kaufempfehlung!

PLUS

  • Intuitive Bedienung
  • Sounds
  • Gewicht
  • Preis


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2020)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hi, scheint vielversprechend. Ist das Teil wie auch seine Helix-Brüder mit entsprechenden Presets für den Bass nutzbar?
    Wäre interessant für Bassisten.

    Tom

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Hallo Tom,
      na klar.
      Sorry, dafür hat der Platz im Test nicht mehr gereicht, ich werde probieren in Zukunft darauf zu achten das auch entsprechend zu erwähnen.
      Der Pod Go kommt mit allen Amps seiner größeren Helix-Brüder. Darunter mittlerweile auch etliche Bass-Amps.
      Hier findest du das thematisch sortiert und den Original-Amps zugewiesen. (etwas runterscrollen zu den Bass Amps): https://dshowmusic.com/line-6-helix-amp-models/

      Beste Grüße,
      Florian

      Auf diesen Kommentar antworten
  2. Gibt es eine Möglichkeit, das Eingangslevel der Gitarre abzusenken?
    Ich spiele gern unterschiedliche Gitarren mit unterschiedlich starkem Output – und dann ist der Clean-Sound plötzlich angezerrt…
    Grüße, Tom

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Ja, mit dem volume-regler an der Gitarre.

      Auf diesen Kommentar antworten

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