Der kleine Bruder für unterwegs

Test: Line 6 HX Stomp

Anzeige
Line 6 HX Stomp(Bild: Dieter Stork)

Die Helix Familie erhält Zuwachs. Alle tollen Sounds gibt es jetzt also auch im Kompakt-Format. Und was ist nun anders als bei den großen Brüdern?

Nach dem Helix (Test in Ausgabe 03/2016), dem gleichen Gerät für‘s Rack (Test in Ausgabe 11/2016), dem etwas reduzierten Helix LT und der Effects-Only Variante HX Effects (Test in Ausgabe 06/2018) kommt nun ein weiterer Vertreter auf den Markt. Kleiner, leichter, günstiger lautet die Devise. Wo liegen die Gemeinsamkeiten, wo die Unterschiede? Und wie klingt das Ganze? Machen wir uns auf die Suche.

Anzeige

kompakt-format

Wie die großen Brüder, kommt der HX Stomp in schöner Verpackung daher und wirkt edel und wertig. Die leichten Sparkle-Anteile in der ansonsten schwarzen Lackierung mögen Geschmackssache sein, geben dem Gerät aber das gewisse Etwas. Die Wertigkeit kommt natürlich nicht zuletzt vom Die-Cast-Aluminium-Gehäuse, auf welchem dieselbe Art von Fußschaltern und Potis wie beim Helix genutzt wird. Die drei Potis unter dem Bildschirm wackeln minimal und fühlen sich beim Drehen leicht kratzig an, ansonsten gefällt mir auch die Haptik des Pedals sehr gut.

Für die Größe weist das Pedal eine ganze Menge Anschlüsse auf. Diese sind sehr durchdacht positioniert, sodass man für die meisten Anwendungen nur die Stirnseite des Geräts bemühen muss. Dies macht es möglich, das Pedal sehr platzsparend auf einem Board unterzubringen – vermutlich einer der häufigsten Anwendungsfälle. So finden sich auf der Stirnseite die Klinkenbuchsen für den Input, welche sich zwischen Instrument- und Line-Level umschalten lassen. Daneben liegen die Output-Buchsen, welche symmetrisch und unsymmetrisch genutzt werden können.

Reichen einem die drei Schalter des HX Stomp nicht aus, so schließt man an einer weiteren Buchse einfach bis zu zwei Expression-Pedale oder zwei weitere Fußschalter an. Auch Mischungen sind möglich. Möchte man die Firmware updaten, Effekte am Rechner editieren, oder direkt aufnehmen, so kann man das Gerät mittels USB-Port mit dem Rechner verbinden. Neben diesem haben wir noch die Buchse für das Netzteil.

Wem diese Anschlüsse nicht reichen, der findet an der Geräteseite noch mehr. Rechts haben wir einen Stereo-Send und zwei Mono-Returns. Über letztere können auch Mixer oder MP3-Player angeschlossen werden. Auf der linken Seite werden noch ein Kopfhörer Ausgang und MIDI In und Out/Thru Buchsen geboten. Das ist natürlich weniger, als beim Helix, aber schon eine beachtliche Menge für ein solches Pedal. Durch das kleine Format und das geringe Gewicht eignet sich das HX Stomp ideal fürs Pedalboard. Alternativ kann es auch (als Backup) immer in der Gitarrentasche wohnen und somit jederzeit dabei sein, wenn nicht viel Kram benötigt wird.

Line 6 HX Stomp(Bild: Dieter Stork)

bedienung

Alle Amps, alle Effekte, fast alle Möglichkeiten des Helix und das in so einer kleinen Kiste? Muss das nicht schwierig zu bedienen sein? Zum Glück gar nicht. Das Helix-Konzept ist durchdacht und hat sich über die letzten Jahre bewährt. Wer eines der anderen Geräte kennt, wird sich hier sofort zu Hause fühlen.

Und wenn nicht: Die Lernkurve ist sehr flach. Auf „View“ schaltet man um, ob man im Spielmodus oder im Bearbeitungsmodus ist, das mittlere Poti wird zum Scrollen durch Presets oder Effekte genutzt und rechts führt man eine Aktion aus, man bestätigt beispielsweise das Verschieben eines Blocks. In der unteren Reihe werden mittels Poti die einzelnen Effekte der Kategorie gewählt, mittels Page-Tasten wählt man welche Parameter man gerade sieht. Befindet man sich im PlayModus, so wählen die Page-Taster den Modus der Fußschalter.

Diese können entweder einzelne Effekte schalten, Presets hoch- und herunterschalten, jeweils einem Preset zugewiesen sein, oder jeweils einen Snapshot auswählen. Möchte man dem Schalter einen anderen Effekt zuweisen, so wählt man einfach den Effekt aus und berührt dann kurz mit der Hand den Fußschalter. Schon wird man gefragt, ob man den Effekt diesem Switch zuweisen will. Super einfach und sehr effizient.

Das meiste ist also tatsächlich so geblieben wie beim großen Helix. Es ist nur alles etwas zusammengeschrumpft, aber immer noch gut bedienbar. So reichen für die meisten Anwendungsfälle auch die drei Potis unter dem Display, mit denen Effektwerte eingestellt werden können (das große Helix hat hier sechs).

Natürlich kann man auch alles ganz bequem am Rechner einstellen. Hierfür benötigt man die HX Edit Software (bei deren Download man unweigerlich auch dem Empfang von Werbe-Mails zustimmen muss). Die Optik des Programms orientiert sich stark am Interface des Gerätes, so fühlt man sich sofort zu Hause. Das Editieren der Presets geht hier noch leichter von der Hand. Man bräuchte das Tool nicht unbedingt, aber es macht das Leben etwas leichter. Zudem kann man hier Presets und Impulsantworten importieren.

unterschiede zum rest der helix-familie

Warum braucht die Welt nun also ein HX Stomp, wenn es auch die großen Brüder gibt? Tatsächlich vor allem wegen Größe und Gewicht. Funktional ist hier nichts dazugekommen, das wäre natürlich beim günstigsten Vertreter der Reihe auch unüblich.

Neben der schon erwähnten Reduktion der Anschlüsse und Änderung in der Bedienung ergeben sich auch Software-seitig Unterschiede. So kann das HX Stomp maximal sechs Blöcke gleichzeitig verarbeiten. Je nach Nutzungsverhalten kann das total reichen, oder eben leider zu wenig sein. Zur Veranschaulichung nehmen wir kurz an, man möchte das Pedal als vollwertigen Ersatz für Effekte und Amp nutzen. Dann landet man beispielsweise bei Comp, Drive, Amp+Cab, Modulation, Hall, Delay. Fertig. Mehr geht auch wirklich nicht.

Und dann kommt es auch darauf an, welche Effekte man wählt. Pitch Shifter, Looper, manche Stereo Effekte? Alle CPU-hungriger als ein einfaches Fuzz. So reduziert sich die Zahl der nutzbaren Blöcke durchaus mal auf fünf. Zum Vergleich: Beim großen Helix sind es etwa 12. Das ist zwar schade, aber beim Blick auf den Preis auch irgendwie verständlich. Zum HX Effects oder dem Helix fehlen auch die coolen Scribble Strips, also die Mini Displays über jedem Fußschalter. Hier wird – wie beim Helix LT – durch die Farbe des LED Rings um den Schalter angezeigt, mit welcher Effektart dieser gerade belegt ist.

Gegen das HX Effects grenzt sich das HX Stomp ganz klar durch die integrierten Amps und Boxen ab. Damit erklärt sich auch, dass die beiden Geräte fast gleich teuer sind: Das vorliegende Pedal hat dahingehend mehr Funktionen, aber die weniger opulente Hardware. Wer sich nun Gedanken um die Qualität macht, der kann aufatmen. Vom Klang her sind HX Stomp und Helix nicht zu unterscheiden. Das HX Stomp bietet dieselben Amps und Effekte, so wie die gleichen 24-bit/192kHz A/D/A Wandler etc.

Line 6 HX Stomp(Bild: Dieter Stork)

sounds

Wir haben uns schon einige der Helix-Geräte angeschaut, daher sei an dieser Stelle erneut auf die Tests des Helix Rack und HX Effects verwiesen. Es sind allerdings zwischenzeitlich neue Amp-Kanäle und Effekte hinzugekommen. Sollte dir also beispielsweise immer schon das Boss DS-1 gefehlt haben, so ist eine Emulation nun integriert.

Generell stellt Line 6 eine der kompetentesten Plattformen des aktuellen Marktes. Mit über 300 Blöcken sollte für jeden etwas dabei sein. Die Legacy-Effekte aus den älteren Pedalen haben völlig zurecht mittlerweile Kultstatus und auch die neuen Kreationen können sich durchaus hören lassen.

Für einen Test empfehle ich einfach mal die Ampmodelle WhoWatt100, Soup Pro, Mandarin 80 und German Mahadeva. Diese machen mir persönlich viel Spaß und es fällt mal wieder auf, wie praktisch es sein kann, wenn gleich die „passende“ Box zum Amp mit ausgewählt wird. Wenn man Letzteres nicht möchte, kann man auch Amp und Box generell als getrennten Block einfügen oder natürlich externe Impulsantworten laden. Gerade letzteres Feature erweitert die Soundmöglichkeiten ungemein.

Während mir die Distortions und insbesondere die Fuzzboxen für ein Multi sehr gut gefallen, sind die Reverbs zwar ohne jede Frage völlig live-tauglich, erreichen aber nach wie vor nicht die aktuelle Topliga. Aber auch hier muss man im Auge behalten, dass man einzelne Reverb-Pedale zum Preis des ganzen HX Stomp kaufen kann.

Line 6 HX Stomp(Bild: Dieter Stork)

resümee

Line 6 hat mit dem HX Stomp eine sehr interessante Alternative im aktuellen Modeler-Markt geschaffen. Natürlich stellen Helix und Helix Rack die aktuellen Flaggschiffe des Hauses dar. Denen macht der HX Stomp in Sachen Umfang und Bedienung auch keinerlei Konkurrenz. Was er aber doch tut, ist, die gleichen Sounds für viel weniger Geld mitzubringen. Und so sehe ich vor allem drei Anwendungsgebiete:

1) Als Einstiegsdroge, für alle, die sich bisher um das Thema Modeling gedrückt haben, aber die Vielseitigkeit kennenlernen wollen, ohne gleich vierstellig zu investieren.

2) Als Kompakt-Rig für alle, die zur Not auch mal mit dem „kleinen Besteck“ zurechtkommen und ohne viel Gepäck oder aber mit Backup reisen wollen.

3) Für alle, deren Pedalboard fertig und exquisit bestückt ist, denen aber vielleicht noch ein oder zwei Effekte fehlen und die gerne mal direkt ins Pult spielen wollen. Sei es als Alternative für den Mischer bei Gigs oder auch um einfach schnell Proben mitschneiden zu können. All diese Anwendungsgebiete meistert das HX Stomp mit Bravour. Als alleiniger Modeler ohne viel drumherum dürfte er vielen Nutzern aber zu geringe Leistungsreserven haben. Es können maximal sechs Blöcke gleichzeitig genutzt werden, steht man auf rechenintensive Effekte, so sind es schnell auch mal nur fünf.

Line 6 präsentiert hier ein sehr spaßiges und qualitativ hochwertiges Gerät. Für jeden der nicht die One-Stop-Shop-Modeling-Lösung sucht, sondern bereit ist, kleine Kompromisse in Kauf zu nehmen oder schon zusätzlich anderes Equipment hat, ist das HX Stomp meine neue, eindeutige Kaufempfehlung.

PLUS
• Sounds
• Bedienung
• Impulsantworten ladbar
• Editor Software
• Preis
MINUS
• 6 Blöcke können wenig sein, manchmal sogar nur 5 verfügbar

Line 6 HX Stomp

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2019)

Produkt: Gitarre & Bass Jahresabonnement Plus
Gitarre & Bass Jahresabonnement Plus
Lies GITARRE & BASS als Heft und als digitale Ausgabe auf deinem Smartphone, Tablet und PC.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Hi,
    neulich habe ich bei youtube (von Paul Glover) einen Vergleich zwischen dem großen Helix, dem Stomp und der Software gesehen und da waren auf alle Fälle Unterschiede zu hören, obwohl der Tester die beiden Helix Geräte als Soundkarte genutzt hat und deswegen auch direkt und ohne Umwege in den Rechner ist. Der große Helix klang da doch irgendiwe fetter, vor allem bei den Crunch und Distortion Sachen…
    Patrick

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar zu Patrick Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren