Ultraleichte Eleganz

Test: Inverse Guitars Manta Bass Fretless

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(Bild: Martin Epding)

Die meisten Bässe, die der Markt so hergibt, gehören in die Abteilung FSO – Fender Shaped Objects. Manche Bässe verweigern sich hingegen nicht nur dieser, sondern jeder Kategorisierung. Umso spannender kann die Begegnung mit einem Bass wie dem Inverse Manta sein, der jeglicher „Fenderigkeit” unverdächtig ist.

Der Manta würde für mich wunderbar in einen retro-futuristischen Film passen, in dem die Bord-Band des eher freundlich-wissenschaftlich als martialisch ausgelegten Raumschiffs jazzige Kompositionen zum Besten gibt.

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SCIENCE-FICTION?

Wo fange ich bei einem Bass an, an dem so ziemlich gar nichts gewöhnlich ist? Am besten wie immer: mit den Hölzern und der Ausstattung. Formal habe ich es mit einem Headless-Bass zu tun, mit durchgehendem Hals, der zudem bundlos ist.

Die Flügel für den langgestreckten Korpus, dessen zwei tief ausgeschnittene Hörner links und rechts der Mechaniken tatsächlich an einen Mantarochen erinnern, sind aus europäischer Fichte. Ein Holz, das aus dem Gitarrenbau nicht wegzudenken ist, aber normalerweise als Decke bei akustischen Instrumenten zum Einsatz kommt. Aber wenn es da klingt, warum dann nicht auch bei einem Solidbody-Bass? Ich kann schon verraten: Es klingt. Sehr gut sogar!

Es verschwindet komplett unter hochglänzendem, schwarzem Lack, der ein paar eingesunkene Stellen erkennen lässt – der Bass ist praktisch ein Prototyp. Die vorderen Hörner sind in 3D-Manier dünner gearbeitet, was dem Manta Bass sowohl ein dynamisches Shaping als auch eine exzellente Balance und ungehinderten Zugang zu den höchsten Lagen verleiht.

Der Hals und somit die Korpusmitte bestehen aus Ahorn mit zwei dicken Streifen aus Sipo-Mahagoni. Die Rückseite geht ohne spürbaren Übergang von Hochglanz am Korpusrücken in Mattschwarz im Spielbereich über. Vorne ist die Konstruktion dagegen mit Klarlack in Hochglanz abgesetzt.

Das Griffbrett, unter dem unsichtbar noch zwei Kohlefaserstäbe eingesetzt wurden, besteht aus ebenfalls lackiertem Blackwood und sieht auf den ersten flüchtigen Blick aus wie Palisander, hat aber weder damit noch mit dem Blackwood Forest etwas zu tun. Tatsächlich handelt es sich um ein Kompositholz, das in China hergestellt wird und in einem an der Universität Melbourne entwickelten Verfahren chemisch behandelt wurde.

Die ewige Diskussion, ob Dots bei einem Fretless an die gleichen Stellen wie bei einem bundierten Bass gehören, oder dahin, wo die Bundstäbchen wären, löst Inverse mit rechteckigen Einlagen über fast die gesamte Breite. Während die Lagenmarkierungen dank ihrer Größe und Platzierung an der Griffbrettkante bestens ablesbar sind, sind die Bundmarkierungen so gut wie unsichtbar.

Erst im Nachleuchten im Dunkeln sind sie zu erkennen, ebenso das Firmenlogo in der 12. Lage, sofern sich die Luminlays zuvor mit Licht „aufgeladen” haben. In einem klassischen Fall von paralleler Evolution hatte Inverse-Gründer Martin Epding Anfang der 80er-Jahre einen Headless-Bass entworfen, ohne von Ned Steinbergers Entwicklung zu wissen, dem er auf der Frankfurter Messe staunend begegnete. Wie man sieht, hat ihn das Prinzip nicht losgelassen. Er zitiert sogar den Steinberger-Prototypen.

Bevor dieser auf seine Brücken-/Stimmmechanik-Kombination kam, hatte er wie beim Manta Bass normale Mechaniken, die sich allerdings hinter der Brücke statt auf der Kopfplatte befanden. Beim Manta sind sie zwei links, zwei rechts auf dem dreieckigen Korpusende angeordnet.

(Bild: Martin Epding)

Die Saiten werden am oberen Ende durch ein originell geformtes, 3D-gedrucktes Headpiece gefädelt, das mit Messingrohren an den Hals gekoppelt ist. Auf dem Weg zu den Tunern passieren sie einen sauber und fretless-gerecht gekerbten Sattel und die gute alte Schaller-Brücke.

Diese lässt sich in Saitenhöhe, Oktave und Saitenabstand einstellen, ab Werk sind es hier gut 18 mm. Die Tonabnehmer sind Eigengewächse, deren Holzgehäuse sehr schön an die Gesamtkonstruktion angepasst sind. Aus manchen Perspektiven betrachtet, verschwinden sie praktisch aus der optischen Wahrnehmung.

Die Potiknöpfe sind aus Holz und lassen sich nicht nur gut und griffig drehen, sondern im Fall der beiden Volume-Regler auch ziehen, womit die Humbucker getrennt voneinander gesplittet werden können. Hinzu kommen eine passive Höhenblende sowie ein sehr langhebeliger 3-Wege-Minischalter.

Für die Ausgangsbuchse ist ein klassisches Strat-Schiffchen montiert, was das einzige fenderige Element an diesem Bass sein dürfte. Der abschließende Blick ins E-Fach zeigt neben akkurater Verkabelung saubere und lückenlose Abschirmung mit Kupferfolie – sehr gut.

(Bild: Martin Epding)
(Bild: Martin Epding)

 

EINTAUCHEN IN KLANGMEERE

Bei manchen Instrumenten bekommt man schon anhand des Fotos ein Gefühl dafür, wie sie sich wohl tragen. Der Inverse Manta hängt genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Dank Headless-Konstruktion und langgestrecktem Korpus hat der Bass eine perfekte Balance und ist mit seinem geringen Gewicht von 3,2 Kilo prädestiniert für entspanntes Spiel.

Der Hals hat mit seinem deutlich abgeflachten Rücken ein sehr eigenes, trapezförmiges Profil, das den Daumen fast automatisch führt und erst in den höchsten frei zugänglichen Lagen rundlicher auf Korpusdicke zunimmt. Das Setup ist für meinen Geschmack perfekt – so soll es bei einem Boutique-Bass schließlich auch sein.

Vor allem, wenn ich das Testinstrument persönlich vom Erbauer vorbeigebracht bekomme. Sollte dennoch der Wunsch nach einer Justierung bestehen, ist das unkompliziert möglich. Die Schaller-Brücke ist leicht einzustellen und die Halskrümmung lässt sich über ein Speichenrad am Halsende verändern.

Dann nur noch kurz Stimmen … was dann tatsächlich eine (kleine) Hürde darstellt. Ganz frei liegen die Mechaniken nicht, zudem merke ich schon etwas mehr Widerstand, die Saiten durch die Bohrungen in der Brücke zu bewegen, auch wenn der Zug immerhin absolut gerade ist. Daran habe ich mich aber schnell gewöhnt, außerdem ist der Bass ausgesprochen stimmstabil.

Aufgezogen sind D’Addario Chromes, geschliffene Saiten, die mit dem Griffbrett pfleglich umgehen und dabei reichlich Höhen zu bieten haben. Diese präsentiert der Bass dann auch schon trocken gespielt – und entwickelt dabei eine beachtliche Lautstärke für einen Solidbody ohne jede Resonanzkammer.

Eingestöpselt führe ich das Kabel im Stehen eigentlich immer über den Gurtpin, was beim Manta einen etwas komischen, weiten Schwung ins Kabel bringt. Vielleicht lässt sich das noch anders lösen? Und noch etwas bringt die Korpusform mit sich: Der Bass lässt sich zwar stabil an die Wand lehnen, tut sich aber mit den meisten herkömmlichen Ständern schwer. Zuhause nicht unbedingt das Problem, aber auf der Bühne …

So, weiter im Text/Test. Auch am Amp zeigt der Manta ein gesundes Höhenverhalten. Die Humbucker sind offensichtlich auf feine Zeichnung ausgelegt und nicht auf fetten Output, was angesichts der Gain-Regler in den meisten Verstärkern völlig unproblematisch ist.

Den muss ich gleich noch etwas mehr bemühen, wenn ich per Zug am Poti auf Single-Coil schalte, was den Ton noch feingliedriger macht. Je nachdem, ob ich mit oder ohne Split spiele und welchen Pickup ich splitte, lassen sich schon einige nutzbare Klangvariationen abrufen. Sie werden alle von gutem und gleichmäßigem Sustain in allen Lagen angetrieben. Immer wirkt der Ton sehr nah, detailliert und intim.

Für schnelle Soundwechsel nutze ich den etwas spiddelig wirkenden Kippschalter, für feinere Variationen versuche ich’s mit den Volume-Reglern. Das funktioniert eher so lala. Obwohl sie von guter Bourns-Qualität sind, wirken sie wie Schalter: Drehe ich zum Beispiel den Halsabnehmer leicht zurück, stützt er den Stegabnehmer sehr schön, sodass dieser seine stärkeren Tiefmitten gut in Szene setzen kann.

Noch einen Millimeter weiter gedreht, ist der vordere Pickup dagegen praktisch verschwunden. Mit vertauschten Rollen passiert dasselbe: Drehe ich einen Volume-Regler ganz zu, ist der Bass stumm, wie bei der klassischen Gibson-Schaltung. Damit kann ich durchaus leben.

Ein gleichmäßigerer Regelweg bis zu diesem Punkt wäre allerdings gut. Das ist in einer gepflegten Custom-Schmiede aber kein Problem. Martin kümmert sich darum. Beste Regelcharakteristik legt dagegen der Tone-Regler an den Tag.

Er gibt dem Sound beim Zudrehen eine zunehmend dunklere, mittigere Farbe, die deutlich elektrischer klingt. Zum Humbucker passt das für meinen Geschmack besser als zum Single-Coil, vielleicht wäre ein drittes Push/Pull-Poti mit schaltbaren Kondensatorwerten eine gute Option.

(Bild: Martin Epding)

RESÜMEE

Wenn man sich den Inverse Manta umhängt, sollte man schon einen gewissen Willen mitbringen, auf der Bühne aufzufallen. Dafür bietet der Bass mit exzellenter Bespielbarkeit, absolutem Komfort in puncto Gewicht und Balance sowie außergewöhnlicher Klangentfaltung mit sehr klarer Note beste Voraussetzungen, um sich auch musikalisch auffällig in Szene zu setzen.

Martin Epdings Entwurf ist alles andere als eine x-te Kopie gängiger Modelle – und das ist auch gut so. Man spürt die liebevolle Arbeit an allen kleinen und großen Details – funktionaler wie optischer Natur –, und die umfangreichen Gedanken und Erfahrungen, die in diesen Bass eingeflossen sind.

Und in den nächsten einfließen werden, denn Martin hat bereits Pläne für eine Version mit stärkeren Pickups und weiteren Verfeinerungen, wie runde Aufsätze für die Mechaniken, die das Stimmen deutlich vereinfachen dürften.

Das ist ja das Schöne an einem so kleinen Betrieb, der quasi eine reine Custom-Schmiede ist: Auch wenn der Inverse Manta Bass für mich so, wie er ist, stimmig ist, ist eine Anpassung an den persönlichen Geschmack kein Problem – andere Mensuren, Pickups und Finishes sind überhaupt kein Problem. Wer nun neugierig geworden ist und den Manta persönlich begutachten möchte, sollte sich ein Ticket für den Guitar Summit sichern und dem Stand von Inverse Guitars einen Besuch abstatten!

Plus

● Konzept
● Sound
● Werkseinstellung
● Bespielbarkeit
● Gewicht
● Abschirmung

Minus

● Regelcharakteristik Volume-Potis

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2025)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. WOW … das ist ja mal eine echte Augenweide …

    Schön, dass es so innovative “Kleinbetriebe” mit ganz großen Würfen gibt!

    Auf diesen Kommentar antworten

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