Test: Ibanez Iceman IC420FM-VLS

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(Bild: Dieter Stork)

Anfang der 70er-Jahre vom Hoshino-Team designt, kamen 1975 sowohl Greco als auch Ibanez mit Iceman-Modellen auf den Markt, allesamt gefertigt vom renommierten japanischen Hersteller Fujigen.

Während diese Gitarren bei Greco unter Mirage Series liefen, taufte Ibanez sie zunächst The Flash, um sie kurz darauf in Iceman (IC) umzubenennen. Neben Steve Miller und später auch J von White Zombie verhalf vor allem Kiss-Gitarrist Paul Stanley seit 1977 u.a. mit einigen PS-Signature-Varianten diesem exotischen Design zu Popularität. Über die fast fünf Dekaden hat Ibanez immer wieder mal unterschiedliche IC- und PS-Modelle aufgelegt, 2015 sogar ein Budget-Modell mit verschraubtem Hals, 1995 die edle Paul Stanley Limited Edition PS10, aktuell die PS1CM mit dem legendären Cracked Mirror Top für rund sieben Riesen, die es kurzzeitig auch in Gold gab. Mit der neuen IC420FM betritt Ibanez jedoch bezahlbarere Preisgefilde.

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(Bild: Dieter Stork)

AUFWÄRMEN

Der eingeleimte Okoume-Hals trägt ein Griffbrett aus Jatoba, einem südamerikanischen Tropenholz, welches für seine überdurchschnittliche Härte und Strapazierfähigkeit bekannt ist. Ebenso cremefarben eingefasst wie die Kopfplatte, bietet es 22 vorbildlich bearbeiteten Medium-Jumbo-Bünden Platz. Parallelogramm-Inlays aus Acryl – den 12. Bund ziert eine zusätzliche Abalone-Einlage – und Sidedots erleichtern die Orientierung. Auf der Rückseite des praxisgerecht abgerichteten Kunststoffsattels stabilisiert ein Kragen den Übergang zur großen Kopfplatte. Den Zugang zum Halsstab verschließt ein Plastikplättchen, ungelabelte gekapselte Tuner gestatten geschmeidiges präzises Stimmen.

Performer Bridge und QuikChange Stoptail

Korpusseitig führt eine klassische Ibanez Gibraltar Bridge die Saiten. Gehalten von einem QuikChange-Tailpiece, werden diese nicht durchgefädelt, sondern einfach in dessen schräg angeordneten Schlitze von oben eingehängt. Nicht weniger klassisch sind auch die mit Keramikmagneten und Flying-Finger-Kappen ausgestatteten Ibanez Super-80-Humbucker, die mittels Dreiweg-Toggle-Switch, zwei Volume- und zwei Tone-Potis auf gewohnte Weise kontrolliert werden. Dank ihrer gerändelten Gummiringe ermöglichen die Sure-Grip-Knöpfe eine komfortable Handhabung der butterweich rotierenden Potis.

Extrem griffig: Sure-Grip-Knöpfe mit Gummiringen

Handling, Sound und Resümee auf Seite 2

Super 80 Humbucker mit Flying-Finger-Kappen

WOHLFÜHLEN

Trotz ihres extravaganten Korpusdesigns und der großen Kopfplatte erweist sich die Iceman 420 sowohl am Gurt als auch auf dem Bein als perfekt ausgewogen. Wer die Halsprofile von Ibanez RG- und ähnlichen Modellen kennt, wird das der IC420 als kräftig oder fleischig empfinden. Vintage-Experten würden es als 1963er Gibson-Profil einstufen. Es liegt höchst angenehm in meiner Hand, die Finger umgreifen es völlig entspannt, und die top verrundeten Kanten der hohen Bunddrähte erlauben schnelle Lagenwechsel.

Unverstärkt gibt sich die chinesische Iceman extrem schwingfreudig, überrascht mit wunderbar ausgewogenen, kraftvollen, seidig warmen, obertonreichen Klangbildern und wird von einem standfesten, langsam und gleichförmig abklingenden Sustain unterstützt. Ihre direkte und präzise Ansprache entwickelt in Kooperation mit der flinken, vitalen Tonentfaltung beste Dynamik, die nuanciertes ausdrucksstarkes Spiel beflügelt.

Ein Blick ins E-Fach

Die neu aufgelegten Ibanez Super 80 Humbucker präsentieren sich dank ihrer Keramikmagnete recht leistungsstark, was der Vergleich mit Vintage PAFs prompt bestätigt. Sie klingen druckvoll und rund, klar, transparent und lebendig, zeigen präzise Saitentrennung und erweitern zudem das Obertonspektrum der Gitarre. Der Hals-Pickup liefert klare, warme aber dennoch straffe Bässe, glockig perkussive Mitten und samtig spritzige Höhen. Der Stegnachbar kommt indes etwas knackiger und aggressiver daher und zeigt mit geschmackvoll abgestimmten Höhen und Obertönen gesundes Durchsetzungsvermögen. Der Kombi beider Super 80 drückt der Hals-Pickup eindeutig seinen Stempel auf, denn der Klangunterschied ist angesichts nur leicht reduzierter Bässe und etwas mehr „Glocke“ nicht so prägnant wie man es von dieser Pickup-Konstellation gewohnt ist.

Auch am intensiv zerrenden Amp performt die IC420 beeindruckend. Selbst beim Hals-Pickup bleiben Akkorde klar und definiert, nichts wummert oder matscht. Der Steg-Humbucker rockt, was das Zeug hält, bleibt dabei angenehm bissig, setzt sich dank prägnanter Mitten selbst im dichtesten Band-Gefüge durch und lässt dabei nur wenig von seiner Dynamik liegen. Leadsounds leben von der Klarheit und Vitalität der Pickups und nicht zuletzt vom Sustain der Gitarre. Die gleichmäßig regelnden Potis gestatten präzise Kontrolle von Output/Gain und Ton.

RESÜMEE

Mit der Iceman IC420FM-VLS – alternativ als IC420-ABM auch in deckendem Antique Blue Metallic erhältlich – präsentiert Ibanez eine neue Variante seines Klassikers und greift dabei neben weniger geläufigen Hölzern auf bewährte hauseigene Zutaten zurück. Zu nennen wären die leistungsstarken Super 80 Humbucker (mit goldenen 70er-Jahre Flying-Finger-Kappen!), Gibraltar Bridge, QuikChange-Stoptail und Sure-Grip-Reglerknöpfe.

Sowohl die Ergonomie als auch die Resonanzeigenschaften betreffend bietet unsere Protagonistin höchsten Spielkomfort. Trotz traditioneller Humbucker-Schaltung bietet sie ein breites Klangangebot mit exzellenten Clean-, durchsetzungsstarken High-Gain-Sounds und sämtlichen Schattierungen dazwischen. All das meistert sie mit guter Dynamik und stabilem Sustain. Ansprechendes Design, vorbildliche Verarbeitung und ein Ibanez-Gigbag als Sahnehäubchen ergeben ein gelungenes Gesamtpaket zum fairen Preis.

PLUS

  • Design
  • Sounds
  • Ansprache, Dynamik & Sustain
  • Ibanez-Super-80-Pickups
  • Verarbeitung
  • Spielbarkeit
  • Preis/Leistung


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2024)

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