Klassiker!

Test: Ibanez AS-200 Prestige

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In der Artstar-Prestige-Reihe legt Ibanez die AS-200 vor, jene berühmte semiakustische Jazzbox also, die John Scofield in den 80er-Jahren popularisierte und der er jahrzehntelang treu blieb.

(Bild: Dieter Stork)

Inzwischen hat der instrumentaltechnisch so bemerkenswert monogame John von Ibanez zwar sein eigenes Signature-Modell bekommen, aber das ist natürlich eng an das historisch bewährte AS200-Design (einschließlich der schönen alten Kopfplatte) angelehnt. In der Ibanez-Historie kann die AS-Reihe im Übrigen die längste Gesamtlaufzeit in der Produktion für sich verbuchen.

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Auch Max Frankl, einer der innovativsten und modernsten Jazz-Gitarristen Europas, hält der AS-200 die Treue. Viele werden den sympathischen Ibanez-Endorser von seinen Clinics kennen. Pünktlich zur Video-Premiere seiner Komposition ‚Eiszeit‘, von der neuen CD ‚72 Orchard Street‘, präsentieren wir das wunderbare Solo in einer superexakten Transkription, die keine Wünsche offenlässt.


Konstruktion

Bei der AS200 handelt es sich nach wie vor um die allerdings recht eigenständige Variation des flachen Double-Cutaway-Designs der ikonischen Gibson ES-335. Der Korpus der Ibanez-Prestige-Ausführung besteht aus laminiertem Flamed Maple. Symmetrisch angeordnete f-Löcher gewähren Einblick ins Korpusinnere, dessen Mitte ein durchgehender Sustainblock aus Ahorn füllt. Mit zusätzlichem Futter aus Fichte ist dieser präzise an die Decken- und Bodenwölbung angepasst. Umlaufende cremefarbene Multi-Bindings schützen die Korpuskanten.

Einteiliger Mahagonihals (Bild: Dieter Stork)

Der einteilige Hals aus Mahagoni ist in den Korpus eingeleimt, das gebundene Griffbrett aus Ebenholz (12″ Radius) trägt 22 Bünde von mittelstarkem Format mit perfekter Kantenverrundung (Prestige Fret End Treatment), sowie Pearl/ Abalone-Block-Inlays zur Lagenkennung. Eine kleine Volute am Halsrücken verstärkt den Winkelübergang zur eingebundenen Kopfplatte, welche mit leicht laufenden Mechaniken samt Kunststoffgriffen von Gotoh ausgestattet wurde. Der Knochensattel zeigt präzise Einrichtung; die Plakette mit „Prestige“-Prägung deckt die Konterschraube für den obligatorischen Halsstab ab.

Ebenholzgriffbrett mit Fret Edge Treatment-Bundierung (Bild: Dieter Stork)

Die Brücke im Tune-o-matic-Stil mit allerdings individuell in Breite und auch Höhe (!) verstellbaren Saitenreitern und das Stop Tailpiece kommen ebenfalls von Gotoh.

Zwei der bewährten Ibanez-Super-58-Humbucker- Pickups sind in cremefarbenen Rähmchen aufgehängt und werden wie üblich mit einem Dreiwege-Toggle allein oder zusammen geschaltet, wie auch die Steuerung der Elektrik über individuelle Volumeund Tone-Regler dem traditionellen Muster folgt. Der zusätzliche dreistufige Kippschalter (Tri Sound Switch) erweitert die konventionelle Auslegung der Schaltung um die Optionen der Parallel- und Einzelschaltung der Spulen des Halstonabnehmers.

Die Gitarre verfügt über eine klassische 628- mm-Mensur und goldene Hardware. Sie ist in Vintage Yellow Sunburst hochglänzend perfekt lackiert und zeigt in Summe hohes Fertigungsniveau – Made in Japan eben!

Praxis

Die AS200 spielt sich in jeder Position höchst komfortabel. Ihr recht breit und nicht zu dick ausgebauter, dabei wunderbar griffig weich abgerundet profilierter Hals bietet mit der perfekt gemachten, gratfreien und glänzend polierten Bundierung uneingeschränkt hochklassigen Spielkomfort. Dem gesellt sich nicht ganz unerwartet ein ausgeglichenes und substanzielles Klangverhalten hinzu, das von der stimmigen Konstruktion mit sattem Sustain und farbreichem Obertonambiente trefflich unterstützt wird.

Die gute Abstimmung in akustischer Hinsicht bietet natürlich den PAF-Style-Pickups bestes Fundament für eine bodenständig profunde Tonwandlung. Mit ihren vollkommen ausgeglichenen Widerständen von 7,2 kOhm sind sie natürlich nicht auf irgendeinen modischen Hochleistungskurs ausgerichtet, im Gegenteil, sie wollen dezidiert gesetzte, weitreichend interpretierbare und farbstarke Sounds in Szene setzen, in erster Linie also traditionellen Ansprüchen genügen. Darüber hinaus sorgt die schalttechnische Ergänzung um den Tri-Sound-Switch aber auch noch für ein erweitertes Klangrepertoire.

Der Super 58 Humbucker am Hals kommt in der AS200 zunächst dementsprechend rund und klar tönend zum Zuge. Sein maßvoller Output sorgt für straffe Bässe, ein rundes Mittenfeld und frei heraus singende Höhen. Stimmlich sauber aufgelöst verfügen Akkorde über eine konturierte plastische Darstellung mit schönem Timbre. In klaren und leicht angezerrten Einstellungen deckt diese fast schon unspektakuläre und doch so grundlegend vitale Klangauslegung die von Jazz- und Blues-Musikern erhobenen Ansprüche an einen sauberen und runden Ton mit Leichtigkeit und Souveränität ab. Da geht aber durchaus auch mehr, wenn ihm Rock-Sounds abverlangt werden.

Die Konstruktion der Gitarre lässt ja höhere Lautstärken problemlos zu und auch darin macht die AS200 über den Super 58 am Hals dann eine gute Figur. Sie liefert stabile und bestens abfedernde Powerchords, knackige Riffs und weich schmatzende Lead Sounds.

Der Pickup am Steg ist von gleichem Kaliber und Output, tritt folglich im Klarklang mit ähnlich sauberer, höchst akzentuierter Performance auf. Bestens geeignet für bewegliche Funky-Spielweisen ist er aber auch der perfekte Partner für die offen und leicht kehlig tönende Kombinationsschaltung beider Tonabnehmer. Wie sein Partner am Hals fühlt er sich aber auch den etwas angehobenen Lautstärken im Overdrive durchaus nicht abgeneigt. Souverän kommt er mit kraftvoll pointierter Darstellung im Sinne traditioneller Rock-Sounds rüber. Perkussiv im Anschlag, schnell in der Tonentfaltung und mit sattem Sustain gesegnet lässt er auch in diesem Metier Freude aufkommen. Klar, dieser leicht nasale, konsequent traditionell ausgerichtete Ton ist vielleicht nicht das Richtige für Leute von der IG Metall – Interessensvertreter der Hardcore-Fraktion halten aber eh nach anderen Instrumenten Ausschau (die Ibanez bekanntlich ebenfalls im Fundus hat).

Ist die Ausbeute an dezidierten Sounds bis zu diesem Punkt schon unbedingt rühmenswert, so gibt Ibanez uns bei der AS200 mit dem Tri Sound Switch überdies noch einige Optionen auf Bonus- Sounds an die Hand, die das Klangspektrum erfreulich erweitern. Der Schalter nimmt lediglich auf den Hals-Pickup Einfluss, welcher sich darüber mit paralleler Verdrahtung oder per Coil Split als Singlecoil betreiben lässt. Die anliegenden Klangvariationen in der Einzelschaltung stehen dabei schon für sich, interessant ist aber auch die weitergehende Differenzierung mit zugeschaltetem Steg-Pickup unter Einbezug des Volume-Reglers. Darüber sind sehr schöne Misch-Sounds von eher dezenter Variation zu erzielen, die dem spitzohrigen Sound-Scout aber viel Spielraum für seine Klangforschungen lassen.

Resümee

Ibanez bemüht den Begriff Prestige nicht ohne Grund, denn mit der AS200 dieser Reihe hat der japanische Gitarrenbauer ein absolut hochklassiges Pferd im Stall. Die stimmige und technisch souverän umgesetzte Konstruktion bietet höchsten Spielkomfort und ein flexibel angelegtes Tonambiente, das sich, ausgehend von traditionell gesetzten Sounds, für vielgestaltige Klangauslegungen empfiehlt.

Der breite Hals mit seinem eleganten Griffbrett samt Fret-Edge-Treatment-Bundierung fühlt sich einfach toll an, die Super 58 Humbucker liefern PAF-style Sounds mit schönem Vintage Flair und alles an dieser Gitarre ist eigentlich genau so angelegt, um den Sco in dir zu wecken. Du spürst jedenfalls sofort, warum der große John genau diese Gitarre spielt, wie sie Einfluss auf dein Spielverhalten nimmt – oder ist das wieder einmal nur so eine erinnerungsträchtige Synapsen-Erregung?

Egal – die AS200 kann jedenfalls auch durchaus mehr und in dieser Prestige-Ausführung ist sie ohne Frage eine Semiacoustic der Extraklasse!

PLUS

  • klassisches Design
  • Schwingverhalten
  • Super 58 Pickups
  • profunde Sounds
  • breites Halsprofil
  • Fret Edge Treatment
  • ausgezeichneter Spielkomfort
  • perfekte Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2014)

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