Zwei Wege zum Ziel

Test: Ibanez AE325-LGS

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(Bild: Dieter Stork)

Der japanische Hersteller schafft es immer wieder, beim vermeintlich ausgereizten Thema Electro-Acoustic neue Akzente zu setzen.

Besonders erfreulich ist dabei die Art und Weise, wie sorgfältig sich jedem Detail gewidmet wird – und seien es nur die Saitenpins. Die AE-Serie spielt im Ibanez-Portfolio eine zentrale Rolle, die Modelle haben ein Maximum an Company-Genen und ihre ureigene Korpusform schafft Wiedererkennungswert.

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WAS FÜRS AUGE

Die AE325 hat optisch wirklich etwas zu bieten. Die Decke aus massiver Sitka-Fichte – verstärkt mittels Ibanez-typischem XM-Bracing – besticht dabei mit einer Schalllochumrandung aus Abalone und einer edel anmutenden Holzeinfassung des Schalllochs. Das durchsichtige Schlagbrett stört dabei nicht das Gesamtbild. Auch das geflammte Okoume-Holz für Zargen und Boden macht richtig was her, die Korpuskanten werden durch ein eher unauffälliges, schwarzes Binding stabilisiert.

Auch der Steg aus Ebenholz verdient eine Erwähnung, denn er ist „scalloped“, also unterhalb der Saiten ausgehöhlt, was ihn leicht macht und die Schwingungsübertragung befördern soll. Die Saiten sind hier mit den hauseigenen Advantage Bridge Pins fixiert – sie lassen sich besonders gut herausziehen, können nicht zu tief versenkt werden und verhindern, dass sich die Saitenenden innen verhaken.

Wenn wir uns den Hals anschauen, der für besondere Stabilität fünfstreifig ausgeführt ist (Mahagoni/Pau Ferro), fällt der Blick natürlich zuerst auf die Griffbrett-Inlays im Weinreben-Design. Sauber sind diese in das Griffbrett aus Macassar-Ebenholz eingelegt. Die Hauptrolle spielen hier dann aber doch die 20 Jumbo-Bünde, die erstklassig poliert und zusammen mit den Griffbrettkanten sorgfältig verrundet wurden. Für sehr gute Orientierung sorgen fluoreszierende Dots im oberen Griffbrett-Binding.

Die Saiten liegen, bei einer Mensur von 648 mm, auf Stegeinlage und Sattel aus Knochen und landen letztendlich bei den geschlossenen verchromten Mechaniken. Die Kopfplatte wirkt mit der schwarzen Oberfläche und dem Lilien-Inlay eher oldschoolig elegant.

Kommen wir zum E in der Modellbezeichnung: Für die elektrische Verstärkung der 325 hat man sich etwas Besonderes ausgedacht. Es gibt hier nicht Piezo oder Magnet-Pickup, es sind ein Piezo-PU unter der Stegeinlage und ein Magnet-Tonabnehmer am Griffbrett-ende installiert. Klar, nicht völlig neu. Aber hier hat man nicht nur ein, mittels zweier Volume-Regler auf der Zarge mischbares, Signal beider Quellen am Klinke-Out im Gurtpin, sondern wahlweise noch einen zweiten Output.

Zwei Outputs für den Stereo-Betrieb (Bild: Dieter Stork)

Wird dieser belegt, bekommt man die Signale getrennt voneinander und kann sie dann auf zwei Kanälen völlig unabhängig abmischen. Oder man schickt die beiden Signale durch eine A/B-Box und hat so zwei Sounds auf Abruf zur Verfügung (Picking/ Strumming; Rhythmus/Solo etc.). Starke Optionen!

WAS FÜRS OHR

Der Hals ist ein Knüller, liegt satt in der Hand, hat ein griffiges Matt-Finish, die Verrundung der Griffbrettkanten ist sehr gelungen (Comfort Grip nennt Ibanez das), die knapp 44 mm Breite am Sattel lassen den Fingern gut Platz für ein entspanntes Spiel, das sich dank Cutaway auch in höchsten Lagen fortsetzt.

Schlägt man den ersten Akkord an, horcht man auf. Was für ein Sustain! Ich könnte den Test hier zu Ende schreiben, und die Ibanez würde immer noch ausklingen. Na gut, das ist leicht übertrieben, aber die Schwingungseigenschaften der AE325 sind durchaus beeindruckend. Das Klangbild ist dabei schnell im Antritt, frisch und lebendig, hat gemäßigte Bässe und Strahlkraft. Die Ibanez ist ein Allrounder im allerbesten Sinne – Fingerstyle und Plektrumspiel stehen sich kein bisschen im Weg. Über Acoustic-Amp gespielt – auch hier sind ja meist zwei Kanäle vorhanden – ergeben sich schnell zwei Erkenntnisse.

Magnet-Pickup am Griffbrettende (Bild: Dieter Stork)

Erstens: klingt gut! Zweitens: Der Klangunterschied zwischen den zwei grundverschiedenen Pickups ist nicht so groß, wie ich gedacht hätte. Man mischt sie aber, über den Main-Output gespielt, instinktiv zusammen, das klingt definitiv lebendiger und natürlicher als einer der beiden PUs alleine. Legt man jeden Tonabnehmer auf einen extra Kanal, kann man sich einen fetten Gesamt-Sound zusammenbauen, vielleicht mit mehr Bässen auf der einen Seite und mehr Höhen vom anderen Pickup. Das funktioniert super – da hat man mit den beiden Volume-Knobs auch gleich noch eine Quasi-Klangreglung. Über eine Stereo-Anlage ergeben sich dann natürlich noch Panorama-Optionen und Breitwand-Sounds.

RESÜMEE

Um es mal ganz platt auszudrücken: Die AE325-LGS ist eine schöne Gitarre. Das Matt-Finish, der Okoume-Body – sehr schick. Die Inlays und Verzierungen sind dezent gehalten und nicht zu kitschig. Der Hals fühlt sich klasse an, der Spielkomfort ist dank perfekter und penibler Konstruktion und Werkseinstellung allerbestens. Der Klang ist vollmundig, frisch und mit einem satten Sustain gesegnet. Über eine Anlage gespielt, gehen einem die Klangmöglichkeiten so schnell nicht aus. Das Ibanez-Team hat mich zum wiederholten Mal positiv überrascht.

PLUS

  • Design, Finish
  • Hölzer, Hardware
  • Handling, Haptik
  • Pickup-Konzept
  • Klang, Sustain, Dynamik

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 3/2024
Gitarre & Bass 3/2024
IM TEST: Gibson Les Paul Modern Figured +++ Seymour Duncan Hyperswitch +++ Baboushka Guitars More Glitter, Baby +++ Fender Aerodyne Special +++ Soldano Astro-20 +++ Mooer GTRS S900 +++ Harley Benton BZ II NT Deluxe +++ Tech 21 Street Driver 48 Frank Bello Signature +++ Boss RE-202, SDE-3000EVH & DM-101

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Da fragt man(n) sich dann doch völlig berechtigt,weshalb eigentlich die Ibanez AE 900 aus japanischer Fertigungsstätte für immerhin satte 3.000,-€uro sofort aus dem Programm genommen wurde?

    Die nun nicht mehr erhältliche AE 900 war eine sehr exzellente Gitarre aus Japan,die jedoch vermutlich dann doch „etwas“ zu edel,bzw. zu „speziell“ im Preissegment der hochpreisigen Gitarren war.Die Klangeigenschaften dieser AE 900 knüpfte zweifellos an die gute alte Aera der damalig in überwiegender Handarbeit gefertigten Gitarren aus Japan an.

    Ich bin aber heute längst nicht mehr sehr erstaunt über die extrem schnelle Entscheidung,kurzfristig,und ohne jedweden Ersatz,gerade erst ins Programm eingeführte gute Gitarren ohne erkennbar nennenswerten Grund sofort wieder aus dem Sortiment zu reißen.
    Diese sehr radikalen Entscheidungen versteht anscheinend selbst noch nicht einmal das derzeit verantwortliche Produkt-Management bei Ibanez.

    Ohne es vorab wohl überhaupt zu ahnen,gelangen derartig „kurzlebige“ Gitarren für Sammler und Liebhaber in den Kreis der begehrten Raritäten,die irgendwann dann zu Höchstpreisen angeboten werden können.

    Dies trifft gezielt auf besonders viele asiatische Gitarrenhersteller zu!
    Ibanez ist davon garantiert nicht ausgeschlossen.

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