Multi for the masses
Test: Harley Benton MSB-5
von Joris Henke, Artikel aus dem Archiv
Es war unaufhaltsam und nun ist es so weit. Bässe mit Fächerbundierung sind in der Preisklasse unter 400 Euro angekommen. In den letzten zehn Jahren stieg insbesondere im Metal die Nachfrage nach strafferen, klareren Bässen im Klangbild. Harley Benton will die Vorzüge dieser Bauweise nun unter die Massen bringen. Wie üblich zum kleinen Preis.
Dass bei einem Preis von rund 350 Euro an irgendeiner Stelle Abstriche gemacht werden müssen, dürfte von vornherein klar sein. In der Vergangenheit hat die Hausmarke des Versandhauses Thomann jedoch beeindruckend unter Beweis gestellt, wie viel Qualität sich für vergleichsweise wenig Geld auf den Markt bringen lässt. Im Vergleich zu den großen Namen wie etwa Dingwall fällt die Fächerung mit 35″ anstelle von 37″ auf der tiefen Saite eher milde aus. Ich bin gespannt, wie die Performance auf den tiefen Saiten ausfallen wird.
Im niedrigeren Preissegment finden sich für gewöhnlich vor allem Nachbauten ikonischer Instrumente. Preci, Jazz Bass, Stingray und so weiter und so fort. Beim MSB-5 lässt man eher exotischere Modelle Pate stehen. Während mich der Marquess (Ausgabe 02/22) an Bogart erinnerte, weckt der MSB Assoziationen zu einem anderen eher preiswerten Modell: Dem Brice Freak-Out von Rondo Music. Der dunkelgrüne Lack mit Glitzerpartikeln tut sein Übriges.
Thomann verkauft dieses Modell auch in drei weiteren Farbvarianten, von denen eine kein Glitzer enthält. Unter natürlichem Licht wirkt der Bass ein gutes Stück dunkler als auf den Produktfotos beim Händler, was mir persönlich gut gefällt. Unter dem Lack verbirgt sich ein mit Ahorndecke versehener Korpus aus Okoumé.
Bei dem Preis erwarte ich keine makellose Verarbeitung, aber dennoch ein praxistaugliches Niveau und genau das liefert Harley Benton mit dem MSB5. Während die Lackierung an den relevanten Stellen im Großen und Ganzen sauber ausgeführt ist, sieht man etwa bei der Halsverschraubung oder den Pickup-Fräsungen die ein oder andere Lacknase. Da die restliche Verarbeitung aber keinerlei Grund zur Beanstandung gibt, gehen diese kleinen, optischen Makel in Anbetracht des Preises für mich völlig in Ordnung.
Der fünfstreifige Hals aus geröstetem Ahorn und Okoumé ist sauber in die Halstasche eingepasst und auch der Übergang vom Hals zum angeschraubten Teil des Singlecut-Designs ist sauber ausgeführt.
Diese Art der Verschraubung soll die fertigungstechnischen Vorteile einer Schraubkonstruktion mit den Schwingungseigenschaften eines geleimten Halses vereinen und so vor allem für mehr Sustain im Bassbereich sorgen. Für ein langanhaltend angenehmes Spielgefühl sorgen die sauber eingelassenen Edelstahlbünde.
In der Preisklasse ist das wirklich bemerkenswert, Edelstahl findet oft nur im höherpreisigen Sektor Verwendung. Gleiches gilt auch für die fluoreszierenden Bundmarker an der Seite des Griffbretts. Die restliche Hardware ist funktional, aber wenig aufregend.
(Bild: Harley Benton)
OHNE ECKEN, MIT KANTE
Dank der sauber abgerichteten Bünde und des äußerst großzügigen Cutaways besteht beinahe uneingeschränkter, bequemer Zugang zu allen Lagen des Griffbretts. Warum beinahe? Aufgrund der Verschraubung des Halses mit der oberen Korpus-Hälfte fehlt ab dem zwölften Bund etwa ein Drittel der Halsbreite, da diese der Verschraubung zum Opfer gefallen ist.
Hierdurch hat der Daumen der Greifhand spürbar weniger Raum und zumindest in der ersten Zeit stoße ich regelmäßig mit der Daumenspitze gegen den Korpus. Hier braucht es definitiv etwas Eingewöhnung.
Aufgrund der sehr milden Fächerung von 35″ auf 33,3″ gestaltet sich das Greifen sehr entspannt, wobei ich persönlich einen rutschhemmenden Gurt brauche, um den Bass mühelos aus der Waagerechten herauszuhalten. Eine leichte Kopflastigkeit lässt sich nicht leugnen, ist aber auch nicht das Ende der Welt und insgesamt im normalen Rahmen. Entgegen der progressiv angehauchten Optik ist das Shaping des Halses eher traditionell. Das Halsprofil ist eher rund und tendenziell eher dicker, wobei sich die Dicke zwischen den Registern kaum unterscheidet.
(Bild: Harley Benton)
Das könnte dich auch interessieren